OGH 7Ob109/03k

OGH7Ob109/03k28.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan S*****, vertreten durch Dr. Andreas Lintl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Gulet T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Brunner und Dr. Elmar Reinitzer, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 9.866,06 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 27. März 2003, GZ 13 Nc 5/03i-7, womit ein Ablehnungsantrag der beklagten Partei zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger, dem anlässlich einer bei der beklagten Partei gebuchten Flugpauschalreise in London diverse technische Geräte aus seinem Hotelzimmer gestohlen wurden, begehrt in dem vor dem Handelsgericht Wien anhängigen Verfahren von der Beklagten seinen mit EUR 9.866,06 bezifferten Schaden ersetzt, weil der Hotelier (für den die Beklagte gemäß § 1313a ABGB hafte) seine Obhutspflicht verletzt habe. Strittig ist in diesem Zusammenhang vor allem noch, ob das Fenster (bzw. dessen Verriegelung) des Hotelzimmers des Klägers in ordnungsgemäßem Zustand war.

Das Handelsgericht Wien stellte im zweiten Rechtsgang mit Zwischenurteil fest, dass der Anspruch des Klägers dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es sei von einem Sicherheits- bzw. Konstruktionsmangel des betreffenden Hotelzimmerfensters auszugehen. Die Einvernahme zweier (von der beklagten Partei insbesondere zum Beweis dafür, dass die Fensterverriegelung dem englischen Standard entsprochen habe) namhaft gemachter Zeugen sei nicht notwendig gewesen, da die Beweisthemen, wozu die Zeugen geführt worden seien, irrelevant seien. Der Senat 5 des Oberlandesgerichts Wien (in der Zusammensetzung Senatspräsident des OLG Dr. Fritscher, Richterin des OLG Dr. Lovrek und KR Lüftner als fachmännischer Laienrichter) gab der gegen die Entscheidung der ersten Instanz erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der von der Beklagten im Unterbleiben der beantragten Zeugenvernehmungen erblickte Verfahrensmangel liege nicht vor, da die Beklagte widersprüchliches Vorbringen zur Verriegelbarkeit des Fensters erstattet habe.

Die Beklagte brachte daraufhin beim Handelsgericht Wien einen Antrag an das Berufungsgericht auf Abänderung des Ausspruches der Unzulässigkeit der Revision gemäß § 508 ZPO und beim Oberlandesgericht Wien einen Ablehnungsantrag gegen sämtliche Mitglieder des Senates 5 dieses Gerichtes mit der Begründung ein, das Berufungsgericht habe bei Behandlung der Mängelrüge zu Unrecht ein widersprüchliches Vorbringen des Beklagtenvertreters zur Verriegelung des Fensters angenommen. Dass es aus dem (nach einem Vorbringen des Klägers, wonach es denkbar sei, dass wegen der Schwierigkeit, das Fenster zu verriegeln, etwa das Hotelpersonal das Fenster nicht verriegelt habe und es daher nicht verriegelt gewesen sei) erstatteten Vorbringen des Beklagtenvertreters "BV bestreitet, das Fenster sei verriegelbar gewesen und sei von der Polizei geschlossen worden" abgeleitet habe, der Beklagtenvertreter habe bestritten, dass das Fenster verriegelbar sei, sei mit den Gesetzen der Grammatik und der Logik nicht vereinbar. Ein solcher "Kunstgriff" könne mit Oberflächlichkeiten oder Missverständnissen nicht mehr erklärt werden, wenn man bedenke, dass sie, die Beklagte, im Verfahren stets die Funktionsfähigkeit des Fensters und dessen Verriegelung betont habe. Weiters habe das Berufungsgericht dadurch, dass es frühere, im betreffenden Hotel vorgekommene Einbruchsdiebstähle ohne entsprechende Feststellungen auf das Hotelzimmer des Klägers bezogen habe, den Unmittelbarkeitsgrundsatz verletzt. Insgesamt lasse die berufungsgerichtliche Entscheidung daher deutlich erkennen, dass die Fähigkeit der entscheidenden Richter zu einer unvoreingenommenen und sachgerechten Beurteilung nicht mehr gegeben und es daher mit dem Grundsatz eines fairen Verfahrens nicht mehr vereinbar sei, die selben Richter über den Antrag nach § 508 ZPO entscheiden zu lassen. Von der Richterin Dr. L***** wurde auf Grund ihrer inzwischen erfolgten Ernennung zum Obersten Gerichtshof keine Stellungnahme zu diesem Ablehnungsantrag eingeholt. Alle übrigen Richter des Senates 5 erklärten, nicht befangen zu sein.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies der für Ablehnungen zuständige Senat 13 des Oberlandesgerichtes Wien den Antrag als unberechtigt zurück. Der Beklagten sei zwar zuzugestehen, dass sie mit dem zitierten Vorbringen die Verriegelbarkeit des Fensters nicht bestritten habe. Daraus lasse sich aber auch bei Berücksichtigung der (behaupteten) Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes noch kein schwerwiegender, eine Befangenheit indizierender Verfahrensverstoß ableiten. Bei objektiver Betrachtung bestehe kein Grund zur Annahme, die Mitglieder des Senates 5 würden sich bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Revision nach § 508 ZPO von anderen als rein sachlichen Motiven leiten lassen.

Gegen diese Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien (als Erstgericht) erhebt die Beklagte (nur) insofern Rekurs an den Obersten Gerichtshof, als der Ablehnungsantrag auch gegen den Vorsitzenden und den Laienrichter KR Lüftner zurückgewiesen wurde. Die Rekurswerberin, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht, beantragt die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Ablehnungsantrag hinsichtlich des Vorsitzenden Sen.Präs. Dr. Fritscher und des Laienrichters KR Lüftner stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gemäß § 24 Abs 2 JN zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 19 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssache abgelehnt werden, weil ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Befangenheitsgründe sind im Gesetz nicht einzeln erwähnt (7 Ob 562/86 ua). Nach stRsp bildet selbst die Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund (RIS-Justiz RS0046019; Ballon in Fasching2, § 19 JN Rz 10 mwN). Verfahrensmängel oder eine unrichtige Beweiswürdigung rechtfertigen in der Regel eine Ablehnung nicht (Mayr in Rechberger2, § 19 JN Rz 6 mwN), es sei denn, die Verstöße wären so schwerwiegend, dass sie die mangelnde Objektivität des Richters erkennen lassen (RIS-Justiz RS0045916; RS0046090). Der Rekurswerberin ist - wie dies auch schon die erste Instanz getan hat - einzuräumen, dass dem Berufungsgericht eine Fehlinterpretation des Vorbringens der Beklagten unterlaufen ist. Nach den Gesetzen der Grammatik und im Lichte des gesamten übrigen Prozessvorbringens kann von widersprüchlichen Angaben der Beklagten zur Verriegelbarkeit des Fensters gar keine Rede sein. Dennoch kann die Auffassung des Senates 13 des OLG Wien, diese Fehlinterpretation indiziere keine Befangenheit der erkennenden Richter, gebilligt werden, zumal sonstige Anzeichen dafür, dass die Fehlentscheidung auf den Mangel einer unparteiischen Einstellung zurückgeführt werden müsste oder - wie die Beklagte offenbar unterstellt ("Kunstgriff") - gar absichtlich erfolgt wäre, nicht vorhanden sind. Nach objektiven Kriterien kann daher den beiden von der Beklagten weiterhin abgelehnten Richtern nicht zugesonnen und muss daher nicht befürchtet werden, sie könnten sich bei der nun anstehenden Entscheidung über den Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO von anderen als sachlichen Motiven bzw Erwägungen leiten lassen.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 40 ZPO. Im Übrigen ist eine Kostenersatzpflicht im Ablehnungsverfahren nicht vorgesehen (3 Ob 176/97x mwN; 2 Ob 227/00x ua).

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