OGH 7Ob100/08v

OGH7Ob100/08v28.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Klaus Fattinger und Mag. Martin Prett, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei Erich G*****, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen 9.552,17 EUR sA und Räumung, 1.) über den Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 6. Dezember 2007, GZ 2 R 271/07s‑16, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 17. September 2007, GZ 6 C 621/07s‑3, bestätigt wurde, und 2.) über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 6. Dezember 2007, GZ 2 R 272/07p‑17, mit dem der Rekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 7. November 2007, GZ 6 C 621/07s‑10, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00100.08V.0528.000

 

Spruch:

1.) Der Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss vom 6. Dezember 2007, GZ 2 R 271/07s‑16, wird zurückgewiesen.

2.) Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss vom 6. Dezember 2007, GZ 2 R 272/07p‑17, wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Bereits im Verfahren AZ 6 C 806/06w des Bezirksgerichts Villach, in dem die Klägerin vom Beklagten Pachtentgelte und die Räumung des gepachteten Gastlokals „Bahnhofswirtschaft am Bahnhof S*****" begehrt hatte, war auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 24. 7. 2006 die pfandweise Beschreibung der in das Bestandobjekt eingebrachten Fahrnisse und Einrichtungsgegenstände bewilligt worden. Nachdem die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Villach rechtskräftig zurückgewiesen worden war, begehrte die Klägerin mit neuerlich bei diesem Gericht eingebrachter Klage vom Beklagten - unter Berücksichtigung einer Gegenforderung und einer Teilzahlung ‑ dieselben Pachtentgelte und die Räumung des Pachtlokals. Gleichzeitig mit der Klage stellte sie wiederum den Antrag auf pfandweise Beschreibung der vom Beklagten in die Bahnhofsgastwirtschaft eingebrachten Fahrnisse.

Der Antrag wurde vom Bezirksgericht Villach mit Beschluss vom 17. 9. 2007 bewilligt. Das vom Beklagten angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass der neuerliche Vollzug der mit Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 24. 7. 2006 bewilligten pfandweisen Beschreibung bewilligt werde (ON 16). Die materielle Rechtskraft dieses im „Vorverfahren" AZ 6 C 806/06w des Bezirksgerichts Villach ergangenen Beschlusses sei wahrzunehmen. Der neuerliche Antrag sei aber nicht abzuweisen, sondern in Form eines Neuvollzugsantrags zu bewilligen, zumal seit der Bewilligung im Vorakt mehr als ein Jahr verstrichen sei und neue (andere) Gegenstände in das Pachtobjekt eingebracht hätten werden können und (wie die Protokolle über die zwei pfandweisen Beschreibungen zeigten) auch tatsächlich eingebracht worden seien.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob der Bewilligung der (deklaratorischen) pfandweisen Beschreibung nach § 1101 ABGB materielle Rechtskraft zukomme, ob ein neuerlicher Antrag zurückzuweisen sei, ob die Bewilligung der pfandweisen Beschreibung auf neue eingebrachte Gegenstände zu beschränken sei und ob ein neuerlicher Antrag als Neuvollzugsantrag zu behandeln sei.

Inzwischen hatte der Beklagte (wiederum) die örtliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Villach eingewendet, worauf die Klägerin die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Judenburg beantragte. Daraufhin erklärte sich das Bezirksgericht Villach mit Beschluss vom 7. 11. 2007 für örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Judenburg.

Auch dieser Beschluss wurde vom Beklagten bekämpft. Sein Rekurs wurde vom Rekursgericht mit der Begründung zurückgewiesen, gemäß § 261 Abs 6 ZPO sei gegen einen Beschluss auf Überweisung auf Antrag des Klägers mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreits ein Rechtsmittel nicht zulässig (ON 17).

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, weil eine Frage von der in dieser Gesetzesstelle genannten besonderen Bedeutung schon im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut nicht zu lösen gewesen sei.

Gegen die Beschlüsse des Rekursgerichts vom 6. 12. 2007, ON 16 und 17, richten sich der Revisionsrekurs bzw der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind unzulässig.

1.) Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluss GZ 2 R 271/07s‑16:

Die die Einbringung einer Bestandsklage voraussetzende pfandweise Beschreibung von Einrichtungsgegenständen und Fahrnissen des Mieters gemäß § 1101 ABGB wird durch die Art XIII Z 6 und XXVII EGEO (nur) verfahrensrechtlich zu einer Sicherungsexekution eigener Art (3 Ob 36/07a). In Ansehung des Verfahrens sind grundsätzlich die Vorschriften über die einstweiligen Verfügungen (§§ 378 bis 402 EO) anzuwenden (Neurauter in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO, Art XIII EGEO Rz 15 mwN; 3 Ob 36/07a ua). Gemäß § 402 Abs 1 EO gilt damit unter anderem die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (Konformität) hinsichtlich pfandweiser Beschreibungen grundsätzlich nicht (8 Ob 53/01d mwN; vgl RIS‑Justiz RS0037834).

Das Rekursgericht hat nun den Beschluss der ersten Instanz vom 17. 9. 2007 mit der Maßgabe bestätigt, dass damit der neuerliche Vollzug der mit Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 24. 7. 2006 bewilligten pfandweisen Beschreibung bewilligt werde. Darin ist keine Abänderung, sondern tatsächlich eine Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses zu erblicken, weil die Parteien, insbesondere auch der Beklagte, durch die Vollzugsanordnung aufgrund einer einstweiligen Verfügung (der pfandweisen Beschreibung) zumindest im Ergebnis keineswegs mehr belastet wurden als durch den erstgerichtlichen Beschluss (vgl 3 Ob 184/93, RZ 1995/45). Die Ansicht des Rekursgerichts, dass eine pfandweise Beschreibung, solange eine Mietzinsforderung besteht, durch die Abweisung (hier Zurückweisung) der Zinsklage ihre Wirksamkeit nicht verliert, entspricht oberstgerichtlicher Judikatur (SZ 16/102; RIS‑Justiz RS0005602).

Da Vollzugsanordnungen aufgrund einer einstweiligen Verfügung - anders als einstweilige Verfügungen selbst und sonstige Beschlüsse, die in ihrer Tragweite der Erlassung, Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung sehr nahe kommen (vgl 4 Ob 2241/96d; JBl 1998, 662) und nicht bloße Formalentscheidungen sind (RdW 1997, 279) - der Konformitätssperre des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unterliegen (König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 6/81, 7 Ob 636/95), ist die Entscheidung des Rekursgerichts absolut unanfechtbar. Der Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Rekursgerichts GZ 2 R 271/07s‑16 ist daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

2.) Zum außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluss GZ 2 R 272/07p‑17:

Da eine Streitigkeit nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vorliegt (Klage auf Räumung und Zahlung rückständiger Pachtzinse), ist die Kritik des Revisionsrekurswerbers daran, dass das Rekursgericht den Entscheidungsgegenstand nicht mit 20.000 EUR übersteigend bewertet hat, ebenso wie die mit Beschluss vom 20. 3. 2008 erfolgte Ablehnung der Korrektur des Bewertungsausspruchs durch das Rekursgericht nicht entscheidungsrelevant; darauf ist daher nicht weiter einzugehen.

Wie der Revisionsrekurswerber selbst einräumt, ist der einem Überweisungsantrag stattgebende Überweisungsbeschluss nach dem klaren Wortlaut des § 261 Abs 6 fünfter Satz ZPO (außer im Kostenpunkt) unanfechtbar. Dieser Rechtsmittelausschluss gilt nach herrschender Meinung nur dann nicht, wenn eine ausdrücklich gegen § 261 Abs 6 ZPO verstoßende Überweisung ausgesprochen wurde, etwa die Überweisung ohne gesetzliche Grundlage erfolgt ist (weil der Kläger gar keinen wirksamen Überweisungsantrag gestellt oder der Beklagte keine wirksame Unzuständigkeitseinrede erhoben hat), oder weil an ein Gericht überwiesen wurde, das der Kläger gar nicht bezeichnet hatte, oder wenn die Überweisung gegen die Bindungswirkung einer Zuständigkeitsentscheidung verstößt oder das Gericht eine bereits geheilte Unzuständigkeit aufgegriffen hat (Rechberger/Klicka in Rechberger3 §§ 260 bis 261 Rz 11 mwN).

Einen solchen Grund für die Zulassung seines Rekurses gegen den Überweisungsbeschluss macht der Beklagte allerdings nicht geltend. Er behauptet lediglich, dass § 261 Abs 6 ZPO nicht anzuwenden sei, weil die vorliegende Mietzins- und Räumungsklage in Ansehung des Verfahrens AZ 6 C 806/06w des Bezirksgerichts Villach als Wiederaufnahmsklage zu behandeln sei. Davon kann aber schon nach dem klaren Wortlaut des § 530 Abs 1 ZPO keine Rede sein, weil über das in diesem „Vorverfahren" erhobene Klagebegehren nicht meritorisch entschieden wurde (nach § 530 Abs 1 ZPO kann ein Verfahren wieder aufgenommen werden, „das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist"), sondern die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen worden ist.

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage ist der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten daher zurückzuweisen, ohne dass dies noch einer weiteren Begründung bedarf (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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