OGH 6Ob8/18x

OGH6Ob8/18x28.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia W*****, vertreten durch ihren Sachwalter Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in Mürzzuschlag, wider den Beklagten Bernhard J*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloss ua, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Rückabwicklung eines Kaufvertrags, über die außerordentlichen Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. November 2017, GZ 15 R 141/17s‑168, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 19. Juli 2017, GZ 24 Cg 180/11k‑161, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00008.18X.0228.000

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

 

Begründung:

Der Beklagte kaufte 2008 von der Klägerin eine ua land- und forstwirtschaftlich genutzte Liegenschaft, wurde als Eigentümer im Grundbuch einverleibt und bewirtschaftete die Liegenschaft in der Folge. Im vorliegenden Verfahren wurde dem Begehren der Klägerin auf Einwilligung des Beklagten in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin an der Liegenschaft bereits rechtskräftig stattgegeben, weil die Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrags nicht geschäftsfähig gewesen war. Im angefochtenen Berufungsurteil wurde diese Verpflichtung Zug um Zug gegen Zahlung von 147.268,08 EUR ausgesprochen. Das Berufungsgericht ließ die Revision nicht zu.

Im Revisionsverfahren ist nur mehr die Höhe der Zug-um-Zug-Zahlung strittig. Die Klägerin begehrt in ihrer Revision die Reduzierung der Zug-um-Zug-Zahlung um 97.744,96 EUR auf 49.523,12 EUR. Der Beklagte hingegen strebt in seiner Revision die Erhöhung der Zug-um-Zug-Zahlung um 153.299,52 EUR auf 300.567,60 EUR an.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen zeigen keine erheblichen Rechtsfragen auf und sind daher zurückzuweisen.

1. Zur Revision der Klägerin:

Sie meint, ihr stehe für den Zeitraum Dezember 2011 bis 3. 7. 2017, somit für 67 Monate, ein monatliches Benützungsentgelt von 1.458,88 EUR, gesamt somit 97.744,96 EUR zu, um welchen Betrag die Zug-um-Zug-Verpflichtung zu reduzieren sei. Nach den Feststellungen habe der Beklagte in 65 Monaten aus der Liegenschaft ein Einkommen von 118.915,27 EUR erzielt, monatlich also 1.829,46 EUR. Das begehrte Benützungsentgelt finde in diesem Einkommen Deckung.

Diese Argumentation verkennt, dass nach den erstgerichtlichen Feststellungen das vom Sachverständigen errechnete „fiktive Benützungsentgelt“ von 1.458,88 EUR keinesfalls erzielbar gewesen wäre, zumal darin keinerlei Instandhaltungsaufwand der Gebäude und der Wald- und Forstflächen und auch keine Betriebskosten für das Auszugshaus und das Zimmer der Klägerin berücksichtigt wurden.

Wollte man der Klägerin dieses Benützungsentgelt zuerkennen, wäre sie im Ergebnis besser gestellt, als wenn sie die Liegenschaft nie an den Beklagten übereignet hätte, weil sie diesfalls kein Benützungsentgelt etwa aus Verpachtung hätte erzielen können.

2. Zur Revision des Beklagten:

2.1. Pfandrecht

Der Beklagte hat 2009 einen von ihm aufgenommenen Kredit auf der Liegenschaft mit einer einverleibten Höchstbetragshypothek von 150.000 EUR besichert, wovon zuletzt noch 74.826,47 EUR aushafteten. Die Vorinstanzen haben diesen aushaftenden Betrag von dem errechneten Betrag, den die Klägerin dem Beklagten Zug um Zug bezahlen muss, abgezogen.

Der Beklagte meint, dies sei zu Unrecht geschehen, aus der bloßen Sachhaftung erwachse der Klägerin kein Nachteil.

Aus der schon vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 6 Ob 507/93 ergibt sich die Richtigkeit der Vorgangsweise der Vorinstanzen. Die Klägerin kann immer noch aus der Sachhaftung in Anspruch genommen werden, sodass davon, ihr sei die Hypothek nicht nachteilig, keine Rede sein kann. Sollte aber der Beklagte als Personalschuldner seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Hypothekargläubiger abdecken und damit die Voraussetzungen für die Lastenfreistellung der Liegenschaft der Klägerin schaffen, könnte er von dieser dann den Ersatz seiner Aufwendungen im Rahmen des § 331 ABGB verlangen.

2.2. Aufwand zur Erlangung der Sache

Der Beklagte bemängelt, er habe für die Liegenschaft 178.633,28 EUR bezahlt, bekomme aber nun im Rahmen der Zug-um-Zug-Verurteilung nur einen um 31.365,20 EUR geringeren Betrag zugesprochen; um diesen Betrag sei die Verurteilung der Klägerin zu erhöhen.

Dieses Argument übersieht, dass ja im Falle der Lastenfreistellung der Liegenschaft die Klägerin dem Beklagten weitere 74.826,47 EUR schuldet (vgl 2.1.).

2.3. Versicherungsprämien

Der Beklagte bemängelt, dass ihm die Vorinstanzen die von ihm für die Versicherung der Liegenschaft aufgewendeten Prämien der Bündelversicherung nicht zuerkannt haben.

Bei laufenden Versicherungsprämien ist evident, dass damit ein laufender Bedarf abzudecken ist, nämlich der Geldbedarf für die jeweils fällig gewordene Prämie, ohne dass in der Zukunft eine Vermögensvermehrung verbliebe (RIS‑Justiz RS0033921 [T9]). Die Ansicht, die Klägerin sei dadurch nicht bereichert, dass der Beklagte die Liegenschaft versichert, die – abgesehen von einem Zimmer und das Ausnahmehaus für die Klägerin – vornehmlich er selbst benützt, ist nicht korrekturbedürftig. Das Erstgericht hat dazu, welcher Anteil der Versicherung auf die Klägerin entfällt, eine Negativfeststellung getroffen. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt insoweit nicht vor. Für die Bereicherung der Klägerin ist aber jedenfalls der Beklagte beweispflichtig (RIS-Justiz RS0048088). Dieser Beweis ist ihm nicht gelungen.

2.4. Gemeindeabgaben (Grundsteuer, Abfall‑ wirtschaftsgebühr, Kosten der Straßenerhaltung)

Der Beklagte strebt die Tragung der Grundsteuer und Abfallwirtschaftsgebühr durch die Klägerin an. Dies ist aber schon deshalb nicht überzeugend, weil der Beklagte die Liegenschaft in dem betreffenden Zeitraum tatsächlich nutzte und aus ihrer Bewirtschaftung auch Einnahmen (118.915,27 EUR; vgl Punkt 1.) erzielte; es wäre nicht sachgerecht, wenn er über eine Verpflichtung der Klägerin zum Ersatz dieser Beträge im Ergebnis eine für ihn kostenlose Müllentsorgung erreichen könnte. Der Ansicht des Berufungsgerichts im ersten Rechtsgang, dass es sich bei dem Vorbringen, mit den Gebühren für die Müllentsorgung sei auch die Entsorgung des von der Klägerin verursachten Mülls abgedeckt worden, um eine unzulässige Neuerung handle, tritt die Revision nicht substanziiert entgegen.

Ähnliches gilt für die von der Gemeinde vorgeschriebenen Beiträge zur Straßenerhaltung: Auch dabei handelt es sich um Beträge zur laufenden Erhaltung. Das Erstgericht hat diesbezüglich eine bleibende Wertsteigerung im Umfang von 100 EUR festgestellt und diesen Betrag bei der Zahlungsverpflichtung der Klägerin auch berücksichtigt (RIS-Justiz RS0048088).

2.5. Arbeitsleistungen

Der Beklagte steht auf dem Standpunkt, er habe zahlreiche Arbeitsleistungen zum Nutzen der Klägerin erbracht. Unter Abzug der Erträgnisse (vgl Punkt 1. und 2.4.) und der von den Vorinstanzen zuerkannten Beträge gebühre dem Beklagten dafür der Betrag von 587.215,40 EUR.

Der Geschäftsunfähige muss sich als Nutzen anrechnen lassen, was seine Vermögenssituation nachhaltig verbesserte, indem er Anschaffungen von bleibendem Wert tätigte, richtige und fällige Schulden tilgte oder sich einen Aufwand ersparte, der ihm unter seinen Lebensumständen auch sonst erwachsen wäre (RIS-Justiz RS0116400). Der Geschäftsunfähige hat nur zurückzustellen, was bei ihm noch vorhanden oder zu seinem Vorteil verwendet worden ist (RIS‑Justiz RS0014647). Eine solche Leistungskondiktion setzt außer der Leistung des Entreicherten einen Vorteil des Bereicherten voraus, wobei für beide anspruchsbegründenden Elemente ebenso wie für die zur Vorteilsbewertung maßgebenden Umstände der Kondiktionsgläubiger behauptungs‑ und beweispflichtig ist (RIS-Justiz RS0014647 [T2]).

Das Erstgericht hat festgestellt, dass die laufenden Bewirtschaftungsleistungen des Beklagten wie Siloballenerstellungen, Hochstanderrichtungen, Grünland- und Wiesenmähtätigkeiten, Wildfütterungen, Brennholzherstellung und Schneeräumungskosten keine Wertsteigerung der Liegenschaft bewirkten und für die Klägerin im Wesentlichen keinen Nutzen brachten. Soweit die Vorinstanzen Wertsteigerungen feststellten (zB durch Leistungen des Beklagten: 34.600 EUR, Aufforstung: 522 EUR), wurden diese auch berücksichtigt. Die Behauptung des Revisionswerbers, der Betrieb sei anfangs heruntergewirtschaftet gewesen und nun ein auf den aktuellen Stand gebrachter, voll funktionsfähiger Musterbetrieb, findet in den Feststellungen in dieser Form keine Deckung.

Was jemand an eine Person bezahlt hat, die ihr Vermögen nicht selbst verwalten darf, ist er gemäß § 1424 Satz 2 ABGB insoweit wieder zu zahlen verbunden, als das Bezahlte nicht wirklich vorhanden, oder zum Nutzen des Empfängers verwendet worden ist.

Die vom Revisionswerber vertretene Meinung, diese Bestimmung und die dazu ergangene Rechtsprechung sei verfassungswidrig, wird nicht geteilt.

2.6. Traktorreparatur, Hochstandreparatur, Bodenverbesserung

Die Wertsteigerung beim Traktor wurde von den Vorinstanzen berücksichtigt, im Übrigen trat durch die Maßnahmen des Klägers keine Wertsteigerung der Liegenschaft ein.

2.7. Verkehrswertsteigerung

Der Beklagte macht geltend, der Wert der Liegenschaft sei zwischen 23. 12. 2008 und 11. 11. 2015 um 154.000 EUR gestiegen, auch dieser Betrag müsse ihm zugesprochen werden.

Der Revisionswerber übersieht dabei, dass davon nur 34.600 EUR (vgl Punkt 2.5.) auf seine Leistungen zurückzuführen sind, was ohnehin berücksichtigt wurde. Auf die (übrige) Wertsteigerung infolge allgemein gestiegener Grundstücks- oder Holzpreise hat der Beklagte keinen Anspruch.

2.8. Gebäudeinstandhaltung

Das Berufungsgericht hat im zweiten Rechtsgang den dem Beklagten zustehenden Betrag um 13.299,52 EUR reduziert, weil er den Gebäudeinstandhaltungsaufwand nicht ausreichend konkret dargelegt habe. Dadurch erachtet sich der Beklagte beschwert.

Nach der Rechtsprechung ist dem Bereicherungsrecht ein Ausgleich fiktiver Aufwendungen fremd (RIS-Justiz RS0018290 [T14]). Davon ausgehend hätten dem Beklagten Kosten für die Gebäudeinstandhaltung nur bei Feststellung konkreter Aufwendungen zugesprochen werden können. Die diesbezügliche Beurteilung des Berufungsgerichts hält sich somit im Rahmen dieser Rechtsprechung.

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