European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00079.24X.0515.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Das Berufungsgericht wies die auf Zahlung von 54.000 EUR als Ausgleich für ungerechtfertigte Bereicherung (§ 1435 ABGB) gerichtete Klage ab. Die (Um-, Aus- und Zubau-)Arbeiten, auf die sich die Kläger stützten, seien in einer Zeit, als noch die Rechtsvorgänger der Beklagten die Eigentümer der Liegenschaft gewesen seien, und diesen gegenüber als Leistungsempfänger erbracht worden. Die Beklagte, die die Liegenschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge erworben habe, sei für den geltend gemachten Anspruch nicht passivlegitimiert.
Rechtliche Beurteilung
[2] Die Revision ist mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig:
1. Die Kläger halten die Entscheidung des Berufungsgerichts für mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs „unvereinbar“. Sie greifen zwar dessen Beurteilung, es seien nach dem Inhalt der im vorliegenden Fall anzunehmenden Zweckvereinbarung, wonach die Kläger erwarteten, die Liegenschaft einmal von den Eltern des Erstklägers zu übernehmen/bekommen, diese die Leistungsempfänger gewesen, nicht an. Sie meinen aber, es könne – bestimmten, im Weiteren erörterten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs folgend – „auch“ derjenige Anspruchsgegner sein, bei dem die Bereicherung als jeweiligem Liegenschaftseigentümer letztlich verbleibe (gemeint offenbar: auch dann, wenn diese Person nicht als Leistungsempfänger zu qualifizieren ist). Das vom Berufungsgericht herangezogene Unterscheidungskriterium „Gesamtrechtsnachfolge – Einzelrechtsnachfolge“ finde sich in der Rechtsprechung des Höchstgerichts nicht.
2. Richtig ist jedoch, dass der Oberste Gerichtshof schon in etlichen Entscheidungen auf dieses Kriterium (Gesamtrechtsnachfolge) als auschlaggebend Bezug genommen hat (vgl nur 8 Ob 20/63 SZ 36/30; 7 Ob 142/65 SZ 38/81; 8 Ob 578/84; besonders deutlich zu den unterschiedlichen Rechtsfolgen von Gesamt- und Einzelrechtsnachfolge bei Ansprüchen nach § 1435 ABGB 1 Ob 165/21b [Rz 29]).
[3] Leistungen, die in Erwartung einer künftigen Erbeinsetzung, einer Wohnmöglichkeit oder späteren Liegenschaftsübereignung erbracht wurden, können zwar kondiziert werden (s nur Lurger in Kletecka/Schauer,ABGB–ON 1.09 § 1435 Rz 10), dies allerdings nicht von jedermann, sondern nach ständiger Rechtsprechung nur von dem sich aus der Zweckrichtung der Leistung heraus ergebenden Leistungsempfänger (vgl RS0020192; RS0033599 [T1]; RS0033737) oder dessen Gesamtrechtsnachfolger (so schon 7 Ob 142/65; vgl auch 8 Ob 578/84; 2 Ob 583/86; 1 Ob 165/21b; 4 Ob 151/22t).
3.1. Der Standpunkt der Revision, es ziehe schlicht aktuelles Eigentum (durch Einzelrechtsnachfolge) an einer Liegenschaft die Ersatzpflicht in Bezug auf zuvor gegenüber anderen als Leistungsempfängern eingetretene Bereicherungen nach sich und damit die Passivlegitimation des „neuen“ Eigentümers, kann aus den in ihr genannten Entscheidungen gerade nicht abgeleitet werden.
3.2. Jedermann ist im Regelfall klar, dass er mit Maßnahmen, die zu einer Werterhöhung einer Liegenschaft führen, das Vermögen des Eigentümers vermehrt, weshalb– abgesehen von Ausnahmekonstellationen – der bei Erbringung der werterhöhenden Leistungen aktuelle Eigentümer als Leistungsempfänger angesehen wird. In den zu 8 Ob 13/05b, 6 Ob 164/08y und 3 Ob 93/10p geführten Verfahren waren die damaligen Beklagten schon im Leistungszeitpunkt Eigentümer der Liegenschaften gewesen. Ob dieses (von der Revision außer Acht gelassenen) Umstands war in diesen Fällen die Passivlegitimation bejaht worden. Wenn jene Beklagten auch noch zu einem späteren Zeitpunkt als dem für die Qualifikation als Leistungsempfänger maßgeblichen (Zeitpunkt der Erbringung der Leistung) weiterhin Eigentümer der Liegenschaft geblieben sind (was auch im zu 3 Ob 93/10p entschiedenen Verfahren immer noch zu zwei Dritteln der Fall war), kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, es käme für die Bejahung der Passivlegitimation bei einem Anspruch nach § 1435 ABGB allein auf „aktuelles“ Eigentum an.
[4] Besonders deutlich brachte dies der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 13/05b zum Ausdruck: Die Qualifikation der dort Beklagten (den vormaligen Schwiegereltern des Klägers) als Leistungsempfänger beruhte darauf, dass diese schon im Leistungszeitraum Eigentümer des Hauses gewesen waren. Späteren Vermögensverschiebungen (im Wege der Einzelrechtsnachfolge) als maßgeblich für die Frage der Passivlegitimation erteilte der 8. Senat eine eindeutige Absage. Es vermochte der Umstand, dass die Eltern diese Liegenschaft später ihrer Tochter (der vormaligen Ehefrau des Klägers) übergaben und die Tochter sie danach an ihre Eltern (zurück-)verkaufte, gerade nichts daran zu ändern, dass der Kläger durch den zuvor vorgenommenen Zubau bewusst das Vermögen seiner Schwiegereltern (als damalige Eigentümer) vermehrt hatte (siehe auch 1 Ob 165/21b [Rz 29]).
[5] In den Entscheidungen zu 1 Ob 134/08z und 3 Ob 223/18t waren die dort Beklagten zwar nicht selbst Leistungsempfänger gewesen. Die Kläger übersehen aber das von ihnen negierte Kriterium einer Gesamtrechtsnachfolge. In beiden Fällen waren die dort Beklagten Gesamtrechtsnachfolger der Leistungsempfänger gewesen.
[6] 3.3. Ausnahmsweise kann die angenommene Zweckbeziehung auch eine andere Person als den Eigentümer als Leistungsempfänger ausweisen. Ein solcher Ausnahmefall lag etwa anlässlich der Beurteilung zu 2 Ob 134/12p vor. Soweit damals von der Passivlegitimation der dort Beklagten auch für vor deren Eigentumserwerb erbrachte Leistungen ausgegangen wurde, obwohl sie „erst 2002“ Eigentümerin der (schon lange davor gemeinsam bewohnten) Liegenschaft geworden war, beruhte dies darauf, dass die Leistungen im Hinblick auf die zwischen ihr und dem dort Kläger bestandene Lebensgemeinschaft erbracht worden waren und die Beklagte vor dem Hintergrund dieser Zweckrichtung als Leistungsempfängerin angesehen wurde.
[7] 3.4. Eine Zweckrichtung dahin, dass die von den Klägern erbrachten Maßnahmen auf der Liegenschaft der (Schwieger-)Eltern, auf der die Kläger ungefähr 20 Jahre lang wohnten, ohne Miete oder Benutzungsentgelt für die Wohnung, die benutzten Garagen und Lagerräume zu zahlen, in irgendeiner Weise erkennbar gegenüber der Beklagten als Leistungsempfängerin erbracht worden wären, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. Gesamtrechtsnachfolge nach der verstorbenen Mutter, wie sie erstmals und unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot in der Revision behauptet wird, war weder Gegenstand des Tatsachen‑ noch des Rechtsvorbringens der Kläger im Verfahren erster Instanz.
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