European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00060.16S.0530.000
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) – Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:
Das Rekursgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur sachlichen Unzuständigkeit wegen einer in der Satzung einer Wassergenossenschaft enthaltenen Schiedsgerichtsvereinbarung.
1. Auf die im Statut der klagenden Wassergenossenschaft aus dem Jahr 1962 enthaltene Schiedsvereinbarung sind noch die Bestimmungen der Zivilprozessordnung idF vor dem SchiedsRÄG 2006 anzuwenden (Art VII Abs 3 SchiedsRÄG). Dies ist zwischen den Parteien auch nicht strittig.
2. Nach § 577 Abs 3 ZPO aF musste ein Schiedsvertrag schriftlich errichtet werden. Nach § 599 Abs 1 ZPO aF fand dies auf Schiedsgerichte „sinngemäß“ Anwendung, die durch Statuten angeordnet werden, worunter Satzungen von Genossenschaften zu verstehen sind (Hausmaninger in Fasching/Konecny² IV/2 [2007] § 581 ZPO Rz 306 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur). Die Auffassung des Rekursgerichts, dass Wassergenossenschaften zwar keine Genossenschaften im Sinn des Genossenschaftsgesetzes, wohl aber Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (1 Ob 1/95), und ihre Satzungen ebenfalls Statuten nach § 599 ZPO aF sind, wird im Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof von keiner der Parteien bekämpft.
2.1. Die zum Schriftlichkeitsgebot ergangene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verlangte, dass die Schiedsvereinbarung in einer von den Parteien unterfertigten Urkunde oder jedenfalls in einer dieser Urkunde angeschlossenen Urkunde enthalten war; nur dann sei sichergestellt, dass den Parteien bei der Unterfertigung der Urkunde der Abschluss der Schiedsvereinbarung auch tatsächlich bewusst war (RIS-Justiz RS0119945, vgl auch RS0017285, [T2, T6]). Übereinstimmende, schriftlich zustandegekommene Willenserklärungen der Parteien waren somit unabdingbare Voraussetzung für die Gültigkeit des Schiedsvertrags (RIS‑Justiz RS0014320 [T1]), wohingegen etwa das Vertrauen des Vertragspartners auf einen äußeren Tatbestand oder die Berufung auf Treu und Glauben über eine Verletzung dieser Formvorschrift nicht hinwegzuhelfen vermochte (RIS-Justiz RS0014320 [T2]).
2.2. Zu Statuten iSd § 599 Abs 1 ZPO aF stellte bereits die Entscheidung 6 Ob 273/63 (SZ 37/31) klar, dass die bloße Unterschrift auf der Anwesenheitsliste eines Vereins nichts darüber aussagt, ob sich das jeweilige Mitglied damit auch der Schiedsklausel unterworfen hat. Zu 4 Ob 622/70 und 3 Ob 543/94 (JBl 1995, 596 [Rummel]) wurde ein schriftlicher Beitritt des Mitglieds zur Genossenschaft gefordert, wobei allerdings eine Unterfertigung der Beitrittserklärungen durch den Vorstand und eine besondere (ausdrückliche) Erklärung des Mitglieds, sich dem Schiedsgericht zu unterwerfen, nicht als notwendig angesehen wurden (1 Ob 1203/27 SZ 9/270).
Eine solche schriftliche Beitrittserklärung des Rechtsvorgängers des Beklagten zur Klägerin steht im vorliegenden Fall nach Auffassung des Rekursgerichts nicht fest; das Erstgericht stellte lediglich fest, dass der Vater des Beklagten auf der Mitgliederliste angeführt ist und seinen Beitritt erklärt hatte. Wenn aber das Rekursgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179); Zweck des Rekurses ist in einem solchen Fall nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz durch den Obersten Gerichtshof; ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (RIS-Justiz RS0042179 [T17, T22]).
2.3. Damit liegt zu der vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage ausreichend Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof vor.
3. Der Beklagte vermag aber auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen:
3.1. Bereits der Wortlaut des § 577 Abs 3 ZPO aF steht der vom Rekurs vertretenen „mündlichen Unterwerfungserklärung“ entgegen. Dass der Vater des Beklagten Gründungsmitglied und anschließend 36 Jahre lang Obmann der Klägerin war, ändert nichts daran, dass das Gesetz grundsätzlich eine schriftliche Schiedsvereinbarung forderte; die fehlende Schriftform konnte auch nicht durch eine Berufung auf Treu und Glauben oder die tatsächliche Ausführung eines Geschäfts ersetzt werden (1 Ob 273/00d). Wenn das Gesetz Schriftform verlangt, müssen alle anderen Beweise für das Zustandekommen einer Willensübereinstimmung unbeachtlich bleiben (RIS-Justiz RS0014320 [T6]).
3.2. Daran ändert auch nichts, dass im vorliegenden Fall nicht das Mitglied Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung geltend macht, sondern die Genossenschaft selbst. Für eine teleologische Reduktion des Schriftlichkeitsgebots dergestalt, dass sich stets nur die „schwächere Vertragspartei“ auf die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung berufen könnte, wie dies der Rekurs offensichtlich meint, besteht jedoch kein Anhaltspunkt. Das Formerfordernis der Schriftlichkeit bezweckt hier nicht bloß einen Übereilungsschutz, sondern hat aufgrund der weitreichenden Wirkungen einer Schiedsvereinbarung (Verzicht auf staatlichen Rechtsschutz) auch Beweisfunktion (Hausmaninger aaO § 583 ZPO Rz 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
4. Sollte Ergebnis des fortgesetzten Verfahrens sein, dass der Vater des Beklagten eine Schiedsvereinbarung gültig abgeschlossen hat, ist der Ansicht der Vorinstanzen beizutreten, dass diese Vereinbarung durch Übertragung der Liegenschaften des Vaters des Beklagten auf diesen mitübergegangen ist. Die Vorinstanzen haben dies unter Hinweis auf die Entscheidung 6 Ob 5/14z bejaht, in der es zwar um eine Kommanditgesellschaft ging, jedoch ausdrücklich klargestellt wurde, dass es eines nochmaligen gesonderten Beitritts des Rechtsnachfolgers zur Schiedsvereinbarung in der Form des (nunmehr) § 583 ZPO (entspricht § 577 Abs 3 ZPO aF) nicht bedarf. Dass dies bei einer Wassergenossenschaft anders zu sehen wäre (vgl § 80 Abs 1 WRG, wonach sich der Übergang der Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft in einer solchen Genossenschaft mit dem Erwerb einer in die Genossenschaft einbezogenen Liegenschaft vollzieht [1 Ob 1/95]), argumentiert die Klägerin in ihrer Rekursbeantwortung ohnehin nicht.
5. Die Klägerin hat in der Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen. Die Klägerin hat dessen Kosten selbst zu tragen.
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