OGH 4Ob622/70

OGH4Ob622/7012.1.1971

SZ 44/2

Normen

Genossenschaftsgesetz §3
ZPO §577
ZPO §599
Genossenschaftsgesetz §3
ZPO §577
ZPO §599

 

Spruch:

Das Erfordernis der Schriftlichkeit der Errichtung eines Schiedsvertrages ist schon dann erfüllt, wenn beiderseits schriftliche Erklärungen vorliegen, die eine Unterwerfung unter ein Schiedsgericht erkennen lassen, also zB ein schriftlich abgefaßter Genossenschaftsvertrag (Statuten) und der Beitritt der einzelnen Genossenschafter durch schriftliche Erklärung

OGH 12. 1. 1971, 4 Ob 622/70 (LGZ Graz 5 R 251/70; BG Leibnitz C 620/70 )

Text

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Genossenschaft. Unter Berufung auf die Satzung der beklagten Partei, das Fehlen des in der Satzung vorgesehenen Schiedsgerichts und die von ihr erlassenen Traubenübernahmsbestimmungen begehrt er von ihr die Nachzahlung eines Betrages von S 6951.-. Er habe der beklagten Partei aus der Ernte 1969 4634 kg Trauben der Sorte Müller - Thurgau verkauft und hiefür eine Anzahlung von S 2.- per Kilogramm, somit S 9268.- erhalten. Nachträglich habe der Vorstand der Beklagten den Beschluß gefaßt, keine Nachzahlung zu bewilligen. Es sei zwischen den Parteien jedoch schlüssig vereinbart, daß der Mindestpreis pro Kilogramm Trauben der Sorte Müller - Thurgau S 3.50 zu betragen habe.

Die Beklagte erhob die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit, weil nach den Satzungen der beklagten Partei über diese Streitsache ein Schiedsgericht zu entscheiden habe.

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes zurück. Zur Begründung führte es aus:

Nach § 2 Abs 2 lit a der Satzungen der beklagten Partei hat diese unter anderem die Aufgabe, die Erzeugnisse ihrer Mitglieder, insbesondere Trauben zu verwerten und erforderlichenfalls zu verarbeiten. Gemäß § 39 Abs 1 der Satzungen werden Streitigkeiten über die Auslegung einzelner Bestimmungen dieser Satzungen und sonstiger Genossenschaftsangelegenheiten mit den Mitgliedern durch ein von der Generalversammlung bestelltes Schiedsgericht geschlichtet, welches darüber endgültig entscheidet. Der Klagsanspruch betreffe Genossenschaftsangelegenheiten, über die laut Satzung das dort vorgesehene Schiedsgericht zu entscheiden habe. Dieser auch für den Kläger durch Unterwerfung unter die Satzungen verbindliche, gemäß § 577 ZPO, wirksame Schiedsvertrag entziehe den Rechtsstreit der Entscheidungsgewalt des ordentlichen Gerichtes, obwohl das in den Satzungen vorgesehene Schiedsgericht bei Einbringung der Klage noch nicht bestellt war, da der Kläger auf Grund der subsidiär (§ 39 Abs 5 der Satzungen) anzuwendenden Bestimmungen der §§ 581 ff ZPO die Bestellung des Schiedsgerichtes erreichen hätte können.

Infolge Rekurses des Klägers verwarf das Rekursgericht die von der beklagten Partei erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit.

Der Oberste Gerichtshof stellte infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Verbindlichkeit der Statuten der beklagten Partei für ihre Rechtsbeziehungen zum Kläger als Genossenschafter wird nicht ernstlich bestritten. Da nach § 599 Abs 1 ZPO die Vorschriften über das Schiedsgerichtsverfahren auf Schiedsgerichte sinngemäß Anwendung finden, die durch Statuten angeordnet werden, ist das Erfordernis der Schriftlichkeit der Errichtung eines Schiedsvertrages nach § 577 Abs 3 ZPO schon erfüllt, wenn beiderseits schriftliche Erklärungen vorliegen, die eine Unterwerfung unter ein Schiedsgericht erkennen lassen, nämlich wie hier ein schriftlich abgefaßter Genossenschaftsvertrag (Statuten) und der Beitritt der einzelnen Genossenschafter, hier insbesondere des Klägers, durch schriftliche Erklärung (§ 3 GenG, SZ 9/270).

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