Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen die mit 1.637,31 EUR (darin 272,88 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens sowie die mit 2.731,80 EUR (darin 327,30 EUR USt und 768 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.
Begründung
Der Antragsteller ist seit 6. 2. 2002 als unbeschränkt haftender Gesellschafter der Antragsgegnerin im Firmenbuch eingetragen; zuvor war er seit 15. 6. 1999 Kommanditist dieser Gesellschaft.
§ 10 Punkt 4 des Gesellschaftsvertrags sieht eine Schiedsklausel folgenden Inhalts vor:
„ Für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag zwischen den Gesellschaftern und zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter ist ausschließlich ein Schiedsgericht zuständig, nach Maßgabe der gesondert vereinbarten Schiedsgerichtsordnung der Gesellschaften .“
Mit Antrag vom 21. 5. 2013 begehrte der Antragsteller zusammengefasst Zutritt in alle Geschäfts‑ und Betriebsräume der Antragsgegnerin, die Einsicht in alle Handelsbücher, Papiere etc unter Beiziehung von Sachverständigen oder Rechtsanwälten sowie die Anfertigung von Kopien.
Dazu brachte der Antragsteller im Wesentlichen vor, der Gesellschaftsvertrag schränke die Kontrollrechte von Komplementären ebenso wenig ein wie die Prüf‑ und Informationsrechte von Kommanditisten. Dessen ungeachtet werde ihm seit mehreren Wochen verweigert, in die Bücher und Papiere der Antragsgegnerin Einsicht zu nehmen. Letztlich sei ihm rechtsgrundlos jegliche Bucheinsicht und sogar das Betreten der Geschäftsräumlichkeiten der Antragsgegnerin untersagt worden. Die Antragsgegnerin habe dies zunächst mit seiner beschlossenen „Suspendierung“ und zuletzt mit seiner „Abberufung“ als Komplementär begründet. Gegen diese beiden Entscheidungen habe er beim Erstgericht eine auf deren Nichtigerklärung abzielende Feststellungsklage eingebracht.
Die Antragsgegnerin erhob die Einrede der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts und bestritt zudem die materielle Berechtigung des Begehrens. In § 10 Punkt 4 des Gesellschaftsvertrags sei eine Schiedsklausel enthalten, die der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte entgegenstehe. Materiell wandte die Antragsgegnerin ein, der Antragsteller bekleide „lediglich“ die Stellung eines Kommanditisten, weil der Beirat der Antragsgegnerin die „Umwandlung“ der Rechtsstellung des Antragstellers als Komplementär in die eines Kommanditisten beschlossen habe.
Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Die Schiedsklausel sei eine wirksame Vereinbarung eines Ad‑hoc‑Schiedsgerichts.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahingehend ab, dass es die Einrede der mangelnden sachlichen Zuständigkeit verwarf.
Die Antragsgegnerin habe sich ausschließlich auf die in § 10 Punkt 4 des Gesellschaftsvertrags enthaltene Schiedsklausel gestützt und nicht etwa auf einen gesondert abgeschlossenen Schiedsvertrag, den sie in Form der Schiedsordnung lediglich als Beweismittel angeboten habe.
Die Formulierung „Verträge zwischen Gesellschaftern oder Gesellschaftern und einer Gesellschaft“ nehme nicht im hinreichenden Ausmaß Bezug auf Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnis, sondern impliziere, dass hierunter alle Verträge der genannten Art gemeint seien. Schon aus diesem Grund sei der Schiedsvertrag ‑ als zu weit gefasst ‑ unbestimmt und damit unwirksam.
Auch eine formell‑rechtliche Beurteilung führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Antragsgegnerin habe gar nicht behauptet, dass der Gesellschaftsvertrag von allen Gesellschaftern unterfertigt wurde. Die Vorlage einer unterfertigten Fassung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrags in der Rekursbeantwortung verstoße gegen das Neuerungsverbot.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil sich das Rekursgericht auf eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung stützen könne.
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Rechtsmittelbeschränkung des § 45 JN dann nicht zum Tragen kommt, wenn die Zuständigkeit eines von den Streitteilen vereinbarten Schiedsgerichts behauptet wird. Daran hat sich durch die Änderung dieser Bestimmung im Zuge der ZVN 1983 nichts geändert (RIS‑Justiz RS0046345, RS0046351).
2.1. Ein Wertausspruch des Rekursgerichts war im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Nach § 59 Abs 2 AußStrG ist nämlich ‑ abweichend von § 500 Abs 2 Z 1 ZPO ‑ ein Wertausspruch nur erforderlich, wenn ein Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht. Gerade das Bucheinsichts‑ bzw Kontrollrecht eines Gesellschafters ist zwar auch, aber nicht rein vermögensrechtlicher Natur.
2.2. Aus diesem Grund lässt sich die das Erfordernis eines Wertausspruchs bejahende Entscheidung 3 Ob 138/06z auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, weil diese Entscheidung in einem Exekutionsverfahren erging. Nach dieser Entscheidung dient die im Exekutionsweg nach § 354 EO durchzusetzende Bucheinsicht des Gesellschafters einer GmbH jedenfalls „auch“ zur Durchsetzung vermögensrechtlicher Interessen. Eine über einen solchen Anspruch ergehende Entscheidung bedarf daher einer Bewertung durch das Rekursgericht. Nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO iVm § 78 EO ist aber ein Bewertungsausspruch schon dann erforderlich, wenn der Entscheidungsgegenstand „nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht“. Schon aus der zitierten Entscheidung ergibt sich, dass der Anspruch eines Gesellschafters zwar auch, aber eben nicht ausschließlich vermögensrechtlicher Natur ist.
2.3. Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien strittig, ob der Antragsteller (vertretungsbefugter) Komplementär oder Kommanditist ist. Für die Frage der Zuständigkeit und damit auch der Rechtsmittelzulässigkeit in diesem Zusammenhang ist jedenfalls von den Angaben des Klägers und damit von seiner Eigenschaft als Komplementär auszugehen. Der Antragsteller stützt sein Begehren auf § 118 UGB. Der Zweck dieser Norm liegt darin, dem Komplementär die zur Einschätzung seiner persönlichen unbeschränkten Haftung und zur verständigen Ausübung seiner mitgliedschaftsrechtlichen Entscheidungsbefugnisse erforderlichen Informationen über die Geschäftsbeziehungen und die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft zu verschaffen (Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB² § 118 Rz 2).
2.4. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem der Entscheidung 6 Ob 521/91 zugrundeliegenden Sachverhalt, betraf diese Entscheidung doch die Bucheinsicht nach HVG. Der Bucheinsichtsanspruch eines Handelsvertreters ist aber mit demjenigen eines Komplementärs einer Personengesellschaft nicht vergleichbar. Bei ersterem geht es nämlich nur um seinen Provisionsanspruch, beim Gesellschafter aber um alle Mitgliedschaftsrechte in der Gesellschaft.
2.5. In der ein Bucheinsichtsbegehren nach § 22 GmbHG betreffenden Entscheidung 6 Ob 215/97d hat der erkennende Senat nicht beanstandet, dass vom Rekursgericht kein Bewertungsausspruch erfolgt war. In der gleichfalls ein Bucheinsichtsbegehren nach § 22 GmbHG betreffenden Entscheidung 6 Ob 323/98p hatte das Rekursgericht ausgesprochen, dass der Entscheidungsgegenstand den Betrag von 260.000 S übersteige; demgemäß brauchte sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage der Notwendigkeit eines Bewertungsausspruchs nicht auseinanderzusetzen.
3.1. Die Anforderungen an eine Unzuständigkeitseinrede im Außerstreitverfahren können nicht strenger sein als diejenigen für eine Klage im Streitverfahren. Dort ist aber lediglich erforderlich, dass in der Klagserzählung die rechtserzeugenden Tatsachen vollständig und knapp vorgebracht werden. Der Kläger muss in der Klage nicht auch bereits all jene Tatsachen vorbringen, die erst für die Entkräftung der Replik des Beklagten Bedeutung erlangen ( Fasching in Fasching/Konecny ² § 226 ZPO Rz 87). Das Vorbringen der Antragsgegnerin zur Unzuständigkeitseinrede, wonach ihr Gesellschaftsvertrag eine Schiedsklausel enthalte, von der auch das geltend gemachte Begehren umfasst sei, enthält zumindest implizit auch die Behauptung, dass es sich dabei um eine formgültige Schiedsklausel handelt. Bereits aus dem Wortlaut der behaupteten Schiedsklausel ergibt sich ein Verweis auf eine Schiedsordnung. Eine zusätzliche ausdrückliche Behauptung, dass diese Schiedsordnung auch existiere, formgültig sei und einen ausreichend bestimmten Inhalt habe, ist von der Antragsgegnerin ohne entsprechende Einwände des Antragstellers nicht zu verlangen.
3.2. In erster Instanz wurden die Parteien zur Frage der Formgültigkeit der Schiedsklausel oder der Schiedsordnung zwar nicht gehört. Selbst wenn das rechtliche Gehör einer Partei im Verfahren verletzt wurde, kann dieser Mangel jedoch behoben werden, wenn ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ für die Parteien die Gelegenheit bestand, im Rekurs bzw im Revisionsrekurs zu den maßgeblichen Beweisergebnissen ‑ diesfalls ohne Beschränkung durch das Neuerungsverbot ‑ Stellung zu nehmen ( Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 15 Rz 26). Durch die Neuerungserlaubnis kann der in erster Instanz nicht ausreichend Gehörte sein Vorbringen im Rekurs nachtragen (vgl 16 Ok 6/09; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 58 Rz 17 f).
4.1. Notwendiger Inhalt des Schiedsvertrags ist lediglich die genaue Bezeichnung der Parteien und des Streitfalls gemäß § 577 Abs 1 ZPO oder im Fall des § 577 Abs 2 ZPO die genaue Bezeichnung des bestimmten Rechtsverhältnisses sowie die wirksame Willenserklärung, in diesen Fällen die Entscheidung durch Schiedsrichter oder ein Schiedsgericht treffen zu lassen. Für die Bezeichnung des Gegenstands genügt es, wenn er in einem einheitlichen Vertragswerk einwandfrei umschrieben ist. Andere Bestimmungen, wie etwa über die Besetzung und die Bestellung der Schiedsrichter können fakultativ vorhanden sein, gehören aber nicht zum notwendigen Inhalt der Schiedsvereinbarung (RIS‑Justiz RS0044991; zuletzt 6 Ob 158/13y).
4.2. Schiedsvereinbarungen sind als Prozesshandlungen (Prozessverträge) zu beurteilen. Zur Auslegung des Schiedsvertrags sind daher grundsätzlich die Vorschriften des Prozessrechts heranzuziehen, was aber nicht ausschließt, den von den Parteien der Schiedsgerichtsvereinbarung gemeinsam verfolgten Zweck, also die Parteienabsicht und die Grundsätze des redlichen Verkehrs, als Auslegungsmittel heranzuziehen. Lässt der Wortlaut der Erklärung zwei gleichwertige Auslegungsergebnisse zu, so gebührt jener Auslegung der Vorzug, die die Gültigkeit des Schiedsvertrags favorisiert (RIS‑Justiz RS0045045 [T4]).
4.3. Die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsklausel verweist zweifellos auf die Schiedsvereinbarung Beilage ./2. Selbst ohne diesen Verweis ist als Minimal‑Inhalt dem Gesellschaftsvertrag jedoch zu entnehmen, dass sich die Parteien einem Schiedsgericht unterwerfen wollten. Damit sind erkennbar alle gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten erfasst, während die Schiedsordnung offensichtlich nur mehr nähere Details regeln soll.
4.4. Damit sind aber die Anforderungen an den Mindest‑Inhalt einer Schiedsvereinbarung erfüllt. Die Bezeichnung eines bestimmten Schiedsgerichts ist nicht erforderlich ( Koller in Liebscher/Oberhammer/Rechberger , Schiedsverfahrensrecht I Rz 3/145; Rechberger/Mellis in Rechberger , ZPO³ § 581 Rz 8). Die allfällige Unbestimmtheit des über den notwendigen Inhalt hinausgehenden fakultativen Inhalts einer Schiedsvereinbarung berührt die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung nicht ( Hausmaninger in Fasching/Konecny ² § 581 ZPO Rz 69).
4.5. Dass Informationsrechte der Gesellschafter schiedsfähig sind, kann keinem Zweifel unterliegen ( Koller aaO Rz 3/90).
5.1. Die Vereinbarung eines Schiedsgerichts bindet nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung nicht nur die Parteien, sondern auch deren Rechtsnachfolger, gleichgültig, ob sie Einzel‑ oder Gesamtrechtsnachfolger sind, und zwar ohne, dass es nochmals des gesonderten Beitritts des Rechtsnachfolgers zur Schiedsvereinbarung in der Form des § 583 ZPO bedarf ( Hausmaninger in Fasching/Konecny ² § 581 ZPO Rz 206 mwN; RIS‑Justiz RS0045386).
5.2. Dass der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag ordnungsgemäß unterfertigt wurde, zumal dieser auch im Firmenbuch eingetragen wurde, kann keinem Zweifel unterliegen. Nach dem Vorbringen der Revisionsrekurswerberin hat die Rechtsvorgängerin des Antragstellers auch den schriftlichen Schiedsvertrag, auf den verwiesen wird, eigenhändig unterschrieben. Dieses Vorbringen wird vom Antragsteller nicht bestritten.
6. Damit war aber in Stattgebung des Revisionsrekurses der zutreffende Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.
7. Die Entscheidung über die Kosten des Rekurs‑ und Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 68 AußStrG. Die Pauschalgebühr richtet sich ‑ wie bereits das Rekursgericht hervorgehoben hat ‑ nicht nach TP 3 GGG, sondern nach (nunmehr) TP 12 lit j GGG („sonstige Anträge im außerstreitigen Verfahren“) iVm TP 12a lit b GGG. Daher beträgt die Pauschalgebühr 768 EUR.
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