Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Im beim Landesgericht Leoben geführten Firmenbuch ist zu FN ***** die I***** GmbH eingetragen. Geschäftsführer sind Dipl. Ing. Harald H***** und Dipl. Ing. Rezvanollah G*****. Stichtag für den Jahresabschluss war ursprünglich der 31. Dezember. Bis einschließlich 2000 reichte die Gesellschaft auch den Jahresabschluss jeweils zum 31. 12. zum Firmenbuch ein. Am 27. 9. 2002 reichte der Geschäftsführer Dipl. Ing. Harald H***** hingegen einen Jahresabschluss für die Zeit vom 1. 1. 2001 bis 30. 9. 2001 ein und verwies darauf, dass es sich hierbei um ein Rumpfgeschäftsjahr handelt. Das Erstgericht trug jedoch - offenbar irrtümlich - die Einreichung des Jahresabschlusses zum 31. 12. 2001 in das Firmenbuch ein.
Am 6. 10. 2004 beantragte die Gesellschaft auf Grund des Beschlusses der Generalversammlung vom 1. 10. 2004 „in Wiederholung des Umlaufbeschlusses vom 20. 6. 2001" die Änderung des Punktes 7. des Gesellschaftsvertrages und den 30. September als Stichtag für den Jahresabschluss einzutragen bzw eine „Richtigstellung" in diesem Sinn vorzunehmen (24 Fr 3887/04w-2). Es werde nicht die rückwirkende Änderung des Geschäftsjahres, sondern eine Richtigstellung des tatsächlich bereits seit einigen Jahren geänderten Bilanzstichtages beantragt.
Mit Beschluss vom 29. 10. 2004 wies das Erstgericht dieses Eintragungsbegehren ab. Diese Entscheidung wurde mit Beschluss des Rekursgerichtes vom 27.1.2005, 4 R 247/04g, aufgehoben. In der Folge trug das Erstgericht mit Beschluss vom 18. 3. 2005, 24 Fr 3887/04w-11, den 30. September als Stichtag für den Jahresabschluss sowie die Tatsache in das Firmenbuch ein, dass mit Generalversammlungsbeschluss vom 1. 10. 2004 "in Wiederholung des Umlaufbeschlusses vom 20. 6. 2001" der Punkt 7. des Gesellschaftsvertrages geändert wurde.
Mit Beschlüssen vom 12. 2. 2004 und vom 13. 7. 2004 erteilte das Erstgericht den Auftrag, die zum Stichtag 30. 9. 2002 und 30. 9. 2003 vorgelegten Jahresabschlüsse dahingehend zu verbessern, dass Jahresabschlüsse zum Stichtag 31. Dezember vorgelegt würden. Weiters gab das Erstgericht mit Beschluss vom 10. 11. 2004 seine Absicht bekannt, die irrtümlich erfolgte Eintragung der Einreichung des Jahresabschlusses zum 31. 12. 2001 gemäß § 10 Abs 2 FBG zu löschen.
Mit Beschluss vom 21. 3. 2005 forderte das Erstgericht die beiden Geschäftsführer auf, binnen 14 Tagen die Jahresabschlüsse zum 31. 12. 2001, 31. 12. 2002 und 31. 12. 2003 vorzulegen oder darzutun, dass diese Verpflichtung nicht bestehe, widrigenfalls über sie jeweils eine Zwangsstrafe bis zu EUR 1.000,-- verhängt werde. Mit dem nun angefochtenen Beschluss vom 10. 5. 2005 verhängte das Erstgericht über die beiden Geschäftsführer je eine Zwangsstrafe von EUR 350,-- und forderte sie neuerlich - unter Androhung einer weiteren Zwangsstrafe von bis zu EUR 3.600,-- und der Veröffentlichung gemäß § 283 Abs 2 HGB - auf, binnen zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses dem Auftrag vom 21. 3. 2005 zu entsprechen.
Gegen diesen Beschluss erhoben die Gesellschaft und die beiden Geschäftsführer Rekurs.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge. Nach überwiegender Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz und der Lehre sei eine rückwirkende Änderung des Geschäftsjahres durch satzungsändernden Gesellschafterbeschluss nur zulässig, wenn der Änderungsbeschluss vor Ablauf des neu gebildeten Rumpfgeschäftsjahres gefasst und auch der Antrag auf Eintragung der Satzungsänderung vor diesem Zeitpunkt bei Gericht eingelangt sei (unter Berufung auf Koppensteiner, GmbHG2 § 49 Rz 17; OLG Wien NZ 2002/137). Der Oberste Gerichtshof habe die - noch weitergehende - Auffassung vertreten, dass im Verhältnis zu Dritten eine Rückwirkung der Änderung des Geschäftsjahres auf einen vor der Eintragung im Firmenbuch gelegenen Zeitpunkt ausgeschlossen sei (6 Ob 24/94 = WBl 1995, 510; in diesem Sinne auch OLG Wien NZ 2001, 451). Soweit die Rekurswerber auf Grund vereinzelter Entscheidungen von Gerichten zweiter Instanz die Zulässigkeit einer rückwirkenden Änderung des Geschäftsjahres bejahten, sei ihnen im Hinblick auf die herrschende gegenteilige Rechtsprechung nicht zu folgen. Billigte man der Eintragung, wonach der Generalversammlungsbeschluss vom 1. 10. 2004 „in Wiederholung des Umlaufbeschlusses vom 20. 6. 2001" ergangen sei, die Wirkung einer Berichtigung des Bilanzstichtages bereits mit Wirkung vom 1. 10. 2001 zu, so liefe dies auch die Anerkennung einer rückwirkenden Satzungsänderung hinaus, die nach der herrschenden Lehre ausgeschlossen sei. Das Geschäftsjahr sei eine wichtige Organisationsregelung, an die sich zahlreiche, nicht nur für die Gesellschafter, sondern auch für Gläubiger bedeutsame Rechtsfolgen knüpften (SZ 70/151; Gellis, GmbHG § 49 Rz 11). Im Vordergrund der handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften stünde die Informationsaufgabe der Buchhaltung und Bilanzierung, verbunden mit der Anforderung der Überprüfbarkeit. Informationsadressaten seien die Buchführenden selbst, aber auch Dritte (H. Torggler/U. Torggler in Straube II2 vor § 189 Rz 5 und 6). Die Offenlegung des Jahresabschlusses diene hauptsächlich der Unterrichtung Dritter, die die buchhalterische und finanzielle Situation der Gesellschaft nicht hinreichend kennen oder kennen könnten. Die gesetzlichen Regeln der Offenlegungspflicht bezweckten daher den Schutz der Rechte Dritter (RIS-Justiz RS0113385; 6 Ob 5/00d).
Die Änderung des Geschäftsjahres im Firmenbuch wirke nicht nur im Innenverhältnis der Gesellschaft. Daher sei auch die Berichtigung eines unrichtig eingetragenen Geschäftsjahres im Firmenbuch mit der Wirkung der Sanierung einer seit Jahren geübten Praxis, Jahresabschlüsse zu einem von der Eintragung im Firmenbuch abweichenden Bilanzstichtag aufzustellen, nicht möglich. Der gegenteiligen Auffassung von Gordon (NZ 1999, 47) sei nicht zu folgen.
Die Zustimmung der Finanzbehörde sei nur für den fiskalischen Bereich von Bedeutung (6 Ob 24/94). Aus dem Umstand, dass das Erstgericht den zum 30 .9. 2001 aufgestellten Jahresabschluss - aktenwidrig - als zum 31. 12. 2001 erstellt behandelt und eingetragen habe, sei für den Standpunkt der Rekurswerber nichts zu gewinnen, weil auch unrichtige Firmenbucheintragungen gemäß § 10 Abs 2 FBG als unzulässig von Amts wegen zu löschen seien (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 10 Rz 20 f). Ein solches Löschungsverfahren habe das Erstgericht auch bereits eingeleitet. Im Übrigen dürften die Rekurswerber schon deshalb keinesfalls darauf vertrauen, dass das Erstgericht die vom Firmenbuchstand abweichende Praxis der Gesellschaft mit der Eintragung des Jahresabschlusses 2001 genehmigt habe, weil leicht erkennbar gewesen sei, dass das Erstgericht etwas anderes eingetragen habe, als von der Gesellschaft beantragt worden sei. Die Verhängung einer Zwangsstrafe infolge der Verletzung der satzungskonformen Rechnungslegungspflicht entspreche daher dem Gesetz, sodass dem Rekurs ein Erfolg zu versagen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Gesellschaft sowie der beiden Geschäftsführer ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof billigt die Rechtsansicht des Rekursgerichtes sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass uneingeschränkt darauf verwiesen werden kann (§ 71 Abs 3 AußStrG). Gemäß § 5 Z 3 FBG idF des EU-GesRÄG ist bei einer Gesellschaft mbH der Tag der Einreichung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses (§§ 277 bis 280 HGB) sowie deren Abschlussstichtag einzutragen. Bei Fehlen einer ausdrücklichen satzungsmäßigen Regelung gilt der in der Lehre vertretene und in der gerichtlichen Praxis angewandte Grundsatz, dass sich das Geschäftsjahr nach dem Kalenderjahr richtet (Koppensteiner, GmbHG2 § 4 Rz 17; Reich-Rohrwig, GmbHR2 Rz 1/496; 6 Ob 193/97v).
Nach herrschender Auffassung ist eine rückwirkende Änderung des Geschäftsjahres unzulässig (Nowotny in Straube, HGB2 § 193 Rz 12 mwN). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes muss darüber hinaus ein Satzungsänderungsbeschluss auf Änderung des Geschäftsjahres auch vor Ablauf des betreffenden Geschäftsjahres im Firmenbuch eingetragen werden. Nach Ablauf des Geschäftsjahres ist ein Satzungsänderungsbeschluss auf Änderung des Geschäftsjahres nicht mehr im Rückbezug auf das abgelaufene Geschäftsjahr im Firmenbuch eintragbar (6 Ob 24/94 = WBl 1995, 510).
Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Rechtsansicht entspricht dies auch der überwiegenden Ansicht zum deutschen Recht (vgl Zimmermann in Rowedder, GmbHG4 § 53 Rz 23 sowie Priester in Scholz, GmbHG9 § 53 Rz 191).
Die gegenteilige Rechtsansicht der Revisionsrekurswerber verkennt, dass Gläubigerinteressen durch eine rückwirkende Änderung des Geschäftsjahres direkt betroffen sein könnten. Hier ist an den Fall zu denken, dass hohe Gewinne der ersten Jahreshälfte mit Hilfe eines nachträglich gebildeten Rumpfgeschäftsjahres ausgeschüttet werden, was sonst wegen nachfolgender hoher Verluste nicht möglich gewesen wäre (Priester aaO § 53 Rz 191).
Im Hinblick auf die dargelegte Bedeutung des Jahresabschlusses gerade für die Information Dritter scheidet auch die von den Revisionsrekurswerbern angestrebte rückwirkende Sanierung des seinerzeitigen Umlaufbeschlusses durch den Generalversammlungsbeschluss von 1.10.2004 aus: Gemäß § 49 Abs 2 GmbHG hat eine Änderung des Gesellschaftsvertrages keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Firmenbuch eingetragen ist. Der Eintragung kommt daher konstitutive Wirkung zu. Einer rückwirkenden Eintragung im Firmenbuch steht diese Bestimmung entgegen (6 Ob 24/94 = WBl 1995, 510; OLG Wien NZ 2001, 451).
Zutreffend hat auch schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass die Offenlegung des Jahresabschlusses hauptsächlich der Unterrichtung Dritter dient (RIS-Justiz RS0113090; vgl auch 6 Ob 193/97v). Würde man die rückwirkende Sanierung eines im Fehlen der notariellen Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses liegenden Formmangels zulassen, würde damit der (Beweis-) Zweck der Formvorschrift des § 51 GmbHG unterlaufen. Im Ergebnis liefe - wie das Rekursgericht völlig zutreffend erkannt hat - eine derartige Vorgangsweise auf eine nach dem Gesagten unzulässige rückwirkende Eintragung eines abweichenden Bilanzstichtages hinaus.
Der im Revisionsrekurs als Beleg für die Zulässigkeit einer rückwirkenden Sanierung eines Formmangels zitierte Aufsatz von Hauser (Bestätigung anfechtbarer Hauptversammlungsbeschlüsse, ecolex 1990, 477) bezieht sich auf anfechtbare Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft. Schon deshalb lassen sich diese Ausführungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Auch die Berufung auf die in NZ 2002/137 auszugsweise veröffentlichte Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien 28 R 57/01k geht ins Leere. Entgegen dem in NZ 2002/137 veröffentlichten missverständlichen Leitsatz ergibt sich aus dem Volltext dieser Entscheidung nämlich in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit, dass das Oberlandesgericht Wien keineswegs die Auffassung vertritt, der Mangel der notariellen Beurkundung könne dadurch rückwirkend behoben werden, dass ein neuer Beschluss unter Beiziehung eines Notars gefasst werde und gesagt werde, dass der frühere mangelhafte Beschluss saniert werden solle. Vielmehr bestätigte das Oberlandesgericht Wien in dieser Entscheidung eine vom Erstgericht wegen Verletzung der Offenlegungspflicht verhängte Zwangsstrafe und führte aus, dass eine Heilung eines zunächst mangels Erfüllung der Formerfordernisse unwirksamen Beschlusses jedenfalls dann nicht in Betracht komme, wenn der betreffende neuerliche (formgültige) Beschluss nicht vor Ablauf des Wirtschaftsjahres zum Firmenbuch eingereicht wird. Völlig zutreffend hat auch schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass die Rekurswerber im Hinblick auf die mehrfach an sie ergangenen Aufforderungen sowie das evidente Abweichen der Eintragung eines Jahresabschlusses zum 31. 12. 2001 vom zugrundeliegenden Antrag keinesfalls der Auffassung sein konnten, das Erstgericht habe die Vorgangsweise der Gesellschaft akzeptiert. Die steuerrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden Änderung des Bilanzstichtages ist für die handelsrechtliche Rechnungslegungspflicht nicht maßgeblich (6 Ob 24/94). Vielmehr ist denkbar, dass der handelsrechtliche und der steuerrechtliche Abschluss auseinander fallen (Ch. Nowotny in Straube, HGB2 II § 193 Rz 11 aE).
Dass die mit der Erstellung eines Jahresabschlusses verbundenen Kosten die Nichterfüllung der gesetzlichen Offenlegungspflicht nicht rechtfertigen können, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Im Übrigen wäre der nunmehr entstehende Kostenaufwand leicht vermeidbar gewesen, wenn schon ursprünglich ein ordnungsgemäßer Beschluss über das abweichende Wirtschaftsjahr gefasst worden wäre (vgl 6 Ob 193/97v) oder die Bilanzen zum richtigen Stichtag erstellt worden wären. Soweit die Revisionsrekurswerber die Auffassung vertreten, ihr Rekurs habe sich ausdrücklich auch gegen die Aufforderung zur Vorlage von Jahresabschlüssen zum Stichtag 31. Dezember gerichtet, ist dem entgegen zu halten, dass die Androhung einer Ordnungsstrafe für den Fall der Nichtbefolgung der ergangenen Verfügung nach ständiger Rechtsprechung nicht anfechtbar ist (Schenk in Straube, HGB I3 97; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer FBG § 24 Rz 89 mwN). Wenn daher das Rekursgericht den Rekurs als nur gegen die Verhängung der Zwangsstrafe gerichtet ansah und von einer Zurückweisung des Rekurses Abstand nahm, soweit sich dieser gegen die Aufforderung zur Vorlage der Jahresabschlüsse richtete, ist dies nicht zu beanstanden. Durch die Unterlassung der Fassung eines ausdrücklichen diesen Punkt des Rekursvorbringens betreffenden Zurückweisungsbeschlusses sind die Revisionsrekurswerber jedenfalls nicht beschwert.
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