OGH 6Ob103/24a

OGH6Ob103/24a18.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H*, 2. A*, vertreten durch Dr. Hannelore Gassner‑Heimerl, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei H* GmbH, *, vertreten durch Dr. Martin Sommer, Rechtsanwalt in Leoben, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 18. April 2024, GZ 47 R 84/23t‑37, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00103.24A.0618.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Kläger beauftragten die (mittlerweile insolvente) B* gmbH (in der Folge Generalunternehmerin oder Schuldnerin) mit der Lieferung und Montage eines Modulhauses. Die Generalunternehmerin beauftragte ihrerseits die Beklagte als Subunternehmerin mit der Produktion, Lieferung und Montage von fünf Holzboxen für das genannte Bauvorhaben.

[2] Die Kläger begehren die Feststellung, dass zwischen den Parteien dieses Verfahrens aufgrund der ausdrücklichen Zusage der Beklagten zur Mängelbehebung eine neue Vereinbarung zustande gekommen sei, woraus für die Kläger ein Erfüllungsanspruch der Beklagten gegenüber erwachsen sei und die Beklagte für die Mängel beim Modulhaus der Kläger, dies insbesondere für die mangelhafte Ausführung der Dampfsperre, die untaugliche Ausführung der innenseitigen OSB‑Platte, die unzureichende Ausführung des Hochzugs der Flachdachabdichtung über die geplante Kiesbeschwerung, die fehlerhafte und unzureichende direkte Befestigung der Spalletenverkleidung auf der Fassadenbahn, die fehlerhafte Wasserableitung von dieser auf die Fensterbänke, den direkten Anschluss der Fassadenbahn an die Alubeklipsung des Fensterstockes, die mangelhafte Ausführung der Bodenfliesen ohne Entkoppelung auf der OSB‑Platte sowie für alle Ursachen der Wassereintritte in die Wand- und Deckenaufbauten, Mängel aus der Fertigung, Zwischenlagerung und dem Transport der Kuben, weiteres für Mängel im Zusammenhang mit der Anbringung von Abdichtungshochzügen sowie Abdichtungsanschlüssen und für die mangelhafte Ausführung des Flachdachs, den Klägern zur ungeteilten Hand zu haften habe.

[3] Die Beklagte wendete ein, die Feststellungsklage sei unzulässig, weil die Kläger eine Leistungsklage hätten erheben können. Die von den Klägern behauptete „neue Vereinbarung“ gebe es nicht.

[4] Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren mangels Feststellungsinteresse ab. Im Übrigen habe die Beklagte den Klägern gegenüber nie eine neue, selbständige Verpflichtungzur Behebung der Mängel übernommen.

[5] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die außerordentliche Revision der Kläger ist unzulässig.

[7] 1. Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

[8] 2. Ob die Verneinung des Feststellungsinteresses der Kläger durch die Vorinstanzen von der Rechtsprechung gedeckt ist, kann im vorliegenden Fall aus folgenden Erwägungen dahingestellt bleiben:

[9] 2.1. Der Subunternehmer steht nur mit dem Generalunternehmer, nicht aber mit dem Bauherrn in vertraglichen Rechtsbeziehungen; er ist selbständiger Erfüllungsgehilfe des Generalunternehmers. Bleibt der Unternehmer trotz Weitergabe von Arbeiten an Dritte alleiniger Vertragspartner des Bestellers, sind die Dritten, deren sich der Unternehmer zur Herstellung bedient, dem Besteller gegenüber Erfüllungsgehilfen, wie immer ihre Rechtsbeziehungen zum Unternehmer gestaltet sind. Die (beiden) Rechtsbeziehungen zwischen den drei Beteiligten sind somit grundsätzlich – mangels gegenteiliger Vereinbarung – getrennt (RS0021876 [T1, T2, T4, T5, T8]).

[10] 2.2. Dass im vorliegenden Fall die Verträge zwischen den Klägern (Bauherren) und der Schuldnerin (Generalunternehmerin) einerseits sowie der Schuldnerin (Generalunternehmerin) und der Beklagten (Subunternehmerin) andererseits getrennt sind, zieht die Revision nicht in Zweifel.

[11] 3.1. Die klagenden Bauherren behaupten jedoch eine Vereinbarung mit der beklagten Subunternehmerin, wonach diese ihnen gegenüber die Mängelbehebung zugesagt habe, worin ein konstitutives Anerkenntnis liege:

[12] 3.2. Ein konstitutives Anerkenntnis liegt vor, wenn der Gläubiger seinen Anspruch ernstlich behauptet und der Schuldner die Zweifel am Bestehen des behaupteten Rechts dadurch beseitigt, dass er das Recht zugibt (RS0032496 [T6, T7, T9]). Es setzt somit die – nach der Vertrauenstheorie zu beurteilende (RS0032496 [T5]) – Absicht des Anerkennenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen (RS0032496 [T1], RS0032779 [T4], RS0032541). Das konstitutive Anerkenntnis gehört zu den Feststellungsverträgen (RS0032779) und muss somit als zweiseitiges Rechtsgeschäft gegenüber dem anderen Vertragsteil erklärt oder wenigstens für ihn bestimmt sowie von ihm (zumindest schlüssig) angenommen werden (RS0032621; 7 Ob 192/13f). Es ruft das anerkannte Rechtsverhältnis auch für den Fall, dass es nicht bestanden haben sollte, ins Leben und hat somit rechtsgestaltende Wirkung (RS0032496 [T6, T7]). Demgegenüber ist ein deklaratives Anerkenntnis (Rechtsgeständnis) kein Leistungsversprechen, sondern eine durch Gegenbeweis widerlegbare Wissenserklärung (RS0032784 [T10]).

[13] Ob ein deklaratives (unechtes) oder konstitutives (echtes) Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind vor allem die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses maßgebend (RS0017965, RS0032666). In der Zusage der Verbesserung eines Mangels kann ein konstitutives Anerkenntnis liegen (vgl RS0032617). Diesfalls kommt zwischen den Vertragsteilen eine neue Vereinbarung über die behaupteten Mängel und die Verbesserung zustande, woraus ein neuer Erfüllungsanspruch erwächst (RS0018739).

[14] 3.3. Im vorliegenden Fall äußerte der jeweilige Vertreter der Beklagten bei mehreren Besprechungen, dass die Beklagte die ihr zurechenbaren Mängel beheben werde. Bei diesen Besprechungen waren nicht nur die Kläger, sondern auch die Schuldnerin als Vertragspartner der Beklagten anwesend. Als Ergebnis einer Besprechung wurde schriftlich festgehalten, dass die Schuldnerin und die Beklagte gemeinsam an einer Sanierungslösung arbeiten werden. Das in weiterer Folge erstellte Sanierungskonzept richtete die Beklagte an die Schuldnerin (nicht an die Kläger) und stellte es im Anschluss daran im Rahmen einer weiteren Besprechung (unter anderem) den Klägern vor. Der Vertreter der Beklagten wies in Telefonaten mit dem Erstkläger und der Zweitklägerin darauf hin, dass die Mängelbehebung im Rahmen der bestehenden Vertragsverhältnisse erfolgen werde, wobei der Erstkläger die jeweiligen Auftragsverhältnisse kannte. Soweit die Beklagte Verbesserungen vornahm oder Zahlungen leistete (zB für Trocknungsgeräte), geschah dies immer nach Rücksprache mit der Schuldnerin. Nach dem Bekanntwerden finanzieller Schwierigkeiten der Schuldnerin gab es eine weitere Besprechung, an der unter anderem die Kläger sowie ein Vertreter der Beklagten teilnahmen. Dabei wurde angedacht, die Schuldnerin „auszuschalten“, wenn sich die Beklagte den Klägern gegenüber direkt zur Mängelbehebung verpflichten und die Beklagte im Gegenzug ihren noch ausständigen Werklohn statt von der Schuldnerin von den Klägern erhalten würde. Eine diesbezügliche Einigung konnte jedoch nicht erzielt werden. Es kam auch nicht zur Umsetzung des Sanierungsvorschlags, sodass die Kläger die Generalunternehmerin klagten, über die jedoch zwischenzeitig das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

[15] Die Rechtsansicht, dass die Zusage der Mängelbehebung durch die mit den Klägern in keinem Vertragsverhältnis stehende Beklagte angesichts der angeführten Umstände (insbesondere der Besprechung über die „Ausschaltung“ der Schuldnerin) nicht als selbständiger Verpflichtungsgrund im Verhältnis der Beklagten zu den Klägern anzusehen ist, findet Deckung in der dargestellten Rechtsprechung, zumal auch und gerade die beiderseitige Interessenlage klar gegen die von den Klägern intendierte Auslegung spricht, wäre die Beklagte dadurch doch doppelt „bestraft“: Sie würde den restlichen Werklohn (rund 40 %) verlieren und müsste dennoch die Mängelbehebung auf ihre Kosten vornehmen. Die Klageabweisung durch die Vorinstanzen bedarf somit keiner Korrektur.

[16] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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