OGH 5Ob91/09g

OGH5Ob91/09g12.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. Regina F*****, 2. Hugo H*****, 3. und 4. Mag. Christian und Ulla M*****, 5. Herbert G*****, 6. Ingrid W*****, 7. Eva-Maria F*****, 8. Anton J*****, 10. Anita B*****, 11. und 12. Bernd Richard und Helga G*****, 13. Christa L*****, 14. Dipl.-Ing. Claus S*****, 15. Edeltraud B*****, 16. Elfriede K*****, 17. Anneliese B*****, 18. und 19. Klaus und Gertraud G*****, 20. Karel B***** und 21. Beatrice Antonia G*****, sämtliche vertreten durch Weixelbaum Humer Trenkwalder & Partner Rechtsanwälte OEG in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. Christa Maria O***** und 2. Heidelinde Z*****, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wartecker KG, Rechtsanwälte in Gmunden, wegen Unterlassung und Beseitigung (7.500 EUR), über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2009, GZ 22 R 223/08x-31, womit das Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 25. Juni 2008, GZ 3 C 1387/06s-26, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs der Beklagten wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich jedes einzelnen Klägers bzw hinsichtlich jeweils von Eigentumspartnern den Betrag 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteigt.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof hat das Berufungsgericht gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO für zulässig erklärt, weil zur Frage der offensichtlichen Unterbewertung mehrerer, auf § 364 Abs 3 ABGB gegründeter, miteinander verbundener Ansprüche keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Klärungsbedürftig durch höchstgerichtliche Rechtsprechung sei auch die Frage, welche Auswirkungen eine Baulandwidmung in Bezug auf die Zumutbarkeit der Verschattung eines Nachbargrundstücks habe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem Ausspruch erweist sich das Rechtsmittel der Beklagten als nicht zulässig:

1. Entgegen der Auffassung der Rekurswerber ist die Zulässigkeit der Bewertung durch das Berufungsgericht durch höchstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt. Einen solchen Ausspruch kann der Oberste Gerichtshof nur dahin überprüfen, ob zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden. Bei seinem Ausspruch über den Wert des nicht ausschließlich in Geld bestehenden Entscheidungsgegenstands ist das Berufungsgericht an die Bewertung des Klägers nach § 56 Abs 2 JN, § 59 JN nicht gebunden. Wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unterbewertung oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen, ist der Bewertungsausspruch des Berufungsgerichts für den Obersten Gerichtshof bindend (vgl 1 Ob 244/06y; 10 Ob 60/06f ua). Wenn das Berufungsgericht - wie im vorliegenden Fall - die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits und damit das Interesse der klagenden Parteien an der von ihnen begehrten Unterlassung und Beseitigung von der Bewertung des Streitgegenstands in der Klage abgehend selbständig eingeschätzt und diese Einschätzung auch begründet hat, entzieht sich seine im Ermessensbereich vorgenommene Bewertung einer Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof (4 Ob 2380/96w).

Nur dann, wenn das Erstgericht über einen 2.000 EUR nicht übersteigenden Streitgegenstand entschieden hätte, wäre der Oberste Gerichtshof an eine höhere Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht nicht gebunden, was auch für den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Gerichts zweiter Instanz gilt. Der vom Berufungsgericht vorgenommenen Korrektur einer offensichtlichen Unterbewertung steht aber auch diese Ausnahmeregelung nicht entgegen (1 Ob 292/02a mwN).

Dass Wohnungseigentümer, die wie hier in Ansehung des Streitgegenstands zueinander in keiner Rechtsbeziehung stehen, grundsätzlich nicht materielle, sondern formelle Streitgenossen im Sinn des § 11 Z 2 ZPO sind, ihre Ansprüche also nicht zusammenzurechnen sind, wurde bereits ausgesprochen (vgl 5 Ob 8/95; 5 Ob 293/06h ua).

Insofern liegen keine erheblichen Rechtsfragen vor.

2. Das Berufungsgericht hat die erstgerichtliche Entscheidung mit der Begründung aufgehoben, es bedürfe noch einer Verbreiterung der Tatsachengrundlagen zur Frage der Ortsüblichkeit der festgestellten Beeinträchtigung durch den Baumbestand auf der Liegenschaft der Beklagten (gemeint ist offenbar die Ortsüblichkeit der Beschattung). Es reiche dazu die Feststellung nicht aus, dass die verfahrensgegenständlichen Grundstücke vor der Errichtung der Häuser der Kläger einen „parkartigen Baumbestand" aufgewiesen hätten. Entscheidend sei die Üblichkeit eines solchen Baumbestands in der Umgebung der Grundstücke der Beklagten, wofür keine Feststellungen bestünden (das Erstgericht hatte die Ortsüblichkeit der Beeinträchtigung durch den Baumbestand am Grundstück der Beklagten bejaht).

Insoweit das Berufungsgericht Tatsachengrundlagen zur Beurteilung der Ortsüblichkeit der Lichtbeeinträchtigung (iSd Entscheidung 10 Ob 60/06f und RIS-Justiz RS0121872; RS0122496 ua) noch für ergänzungsbedürftig erachtet, kann dem der Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (vgl RIS-Justiz RS0043414 [T7; T8; T9; T10; T11]).

3. Dass es für die hier entscheidenden Fragen auf die tatsächlichen Verhältnisse und auf die Flächenwidmung insofern ankommt, als bestimmten Widmungen Indizwirkung zuerkannt wird, entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung und Lehre (vgl SZ 52/53; MietSlg 34.033; RdU 1997, 140; Eccher in KBB² Rz 9 zu § 364 ABGB).

Auch insofern liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor.

Ein Rekurs gegen einen Beschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist zurückzuweisen, wenn der Rechtsmittelwerber nur Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (vgl ÖBA 1998, 184 = RdW 1998, 454; RIS-Justiz RS0048272).

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