Spruch:
Die als "außerordentliche Revision" bezeichnete Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Klägerin und Drittbeklagter sind Eigentümer benachbarter Liegenschaften in B*****.
Mit ihrer beim Bezirksgericht Reutte eingebrachten Eigentumsfreiheitsklage begehrt die Klägerin, den beklagten Parteien aufzutragen, jegliche Eingriffe in ihr Eigentum, insbesondere das Überfahren der Grundgrenze und die Zerstörung von auf ihrem Grundstück befindlichen Pflanzungen zu unterlassen. Erst- und Zweitbeklagte hätten mit Zustimmung des Drittbeklagten eine auf dem Grundstück der Klägerin befindliche Hecke niedergemäht, größere Bäume umgebrochen und die Grundgrenze bis zu einer Breite von 4 Metern überfahren. Wiederholungsgefahr bestehe, da die Beklagten angekündigt hätten, ähnliche Handlungen zu begehen, bis das auf der Liegenschaft der Klägerin wohnhafte Ehepaar S***** aus B***** verschwunden sei. Das Unterlassungsbegehren bewertete die Klägerin mit S 60.000,--.
Die Beklagten beantragten Klagsabweisung und stellten die ihnen vorgeworfenen Handlungen in Abrede.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der wesentlichen Begründung ab, der Drittbeklagte habe zwar am 18.6.1994 im Beisein des Erstbeklagten und unter Mitwirkung des Zweitbeklagten das ihm gehörige Grundstück im Grenzbereich zur Liegenschaft der Klägerin gemäht, es könne jedoch nicht festgestellt werden, daß vom Ehepaar S***** gepflanzte Setzlinge und Sträucher abgemäht, Bäume ausgerissen und die Grundgrenze überfahren worden sei. Der von der Klägerin behauptete Eingriff sei daher nicht erwiesen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Der behauptete Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin durch Ausreißen von Bäumen oder Sträuchern sei nicht erwiesen. Mögen auch die beklagten Parteien mangels genauer Kenntnis des Grenzverlaufes früher über die Grundstücksgrenze hinausgemäht haben, sei die Wiederholungsgefahr als Voraussetzung des Unterlassungsbegehrens jedenfalls weggefallen, da beide Grundstücke mittlerweile durch eine Zaun getrennt seien, der ein Übermähen unmöglich mache.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand S 50.000,-- nicht übersteige und die ordentliche Revision jedenfalls unzulässig sei. Das Unterlassungsbegehren betreffe nur einen verhältnismäßig geringfügigen Teil der klägerischen Liegenschaft. Anhaltspunkte für eine höhere Bewertung des Entscheidungsgegenstandes lägen nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die als "außerordentliche Revision" bezeichnete Revision der Klägerin. Der in erster Instanz nicht bemängelte Streitwert betrage ungeachtet des berufungsgerichtlichen Ausspruches S 60.000,--, sodaß die Revision jedenfalls nicht unzulässig sei.
Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hat das Berufungsgericht bei allen nicht ausschließlich aus Geld bestehenden Ansprüchen einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes zu treffen. Es ist dabei nicht an die Bewertung des Klägers nach §§ 56 Abs 2 und 59 JN gebunden; sein Ausspruch ist unanfechtbar (§ 500 Abs 4 ZPO) und bindend, soferne nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden, eine Bewertung gar nicht vorzunehmen war oder die Revisionszulässigkeit in den im § 502 Abs 3 ZPO angeführten Angelegenheiten unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes geregelt ist (EvBl 1990/146; RZ 1992/16; Kodek in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 500; Rechberger/Simotta, Zivilprozeßrecht4 Rz 849 mwN).
Das Berufungsgericht hat gegen die nach § 500 Abs 2 Z 1 iVm § 500 Abs 3 Satz 1 ZPO sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm nicht verstoßen. Es hat die wirtschaftliche Bedeutung dieses Rechtsstreites und damit das Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Unterlassung von der Bewertung des Streitgegenstandes in der Klage abgehend selbständig eingeschätzt und diese Einschätzung auch begründet. Seine im Ermessensbereich vorgenommene Bewertung entzieht sich einer Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof (EvBl 1990/146).
Die von der Revision geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken, gegen die sich aus § 500 Abs 2 Z 1 iVm Z 2 ZPO ergebende Beschränkung der Anrufung des Obersten Gerichtshofes als dritter Instanz hat der Oberste Gerichtshof bereits mit dem Hinweis verneint, Art 92 B-VG nehme dem Gesetzgeber nicht das Recht, in bestimmten Fällen den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof auszuschließen (ÖBl 1985/166). Der erkennende Senat teilt diese Ansicht.
Das von der Klägerin als "außerordentliche Revision" bezeichnete Rechtsmittel ist daher gemäß § 502 Abs 2 ZPO unzulässig, die Revision ist zurückzuweisen.
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