OGH 5Ob712/81

OGH5Ob712/8110.11.1981

SZ 54/165

Normen

CMR Art1
CMR Art28
CMR Art32
CMR Art1
CMR Art28
CMR Art32

 

Spruch:

Im Anwendungsbereich der CMB verjähren Deliktsansprüche jener Personen, die auch Ansprüche aus dem Frachtvertrag besitzen oder am Frachtvertrag wenigstens insofern beteiligt sind, als der Absender für sie in verdeckter Stellvertretung oder mit ihrem Einverständnis das Frachtgut der Gefährdung ausgesetzt hat, nach Art. 32 CMR; die Deliktsansprüche anderer Personen (hier: des Empfängers) unterliegen der Verjährung nach dem Sachrecht des jeweiligen Deliktsstatuts

OGH 10. November 1981, 5 Ob 712/81 (OLG Linz 1 R 54/81; KG Wels 6 Cg 365/79)

Text

Für den Transport einer von der Firma Franz T, Maschinenfabrik, Bad A, Bundesrepublik Deutschland, stammenden und für die Baustelle Zwentendorf, KKW Tullnerfeld, N.Ö., der Firma S AG bestimmten Meßattrappe wurde hinsichtlich der Strecke vom Lieferanten zur Firma P GesmbH München die Firma W KG eingesetzt, während die Firma P GesmbH München mit dem Weitertransport die Firma Anton Sch. als Frachtführer beauftragte.

Mit der am 11. Oktober 1979 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der Firma Anton Sch., Transportunternehmen, Wels, - über das Vermögen des Alleininhabers dieser Firma, des Anton Sch., wurde am 15. Juni 1981 zu S 33/81 des Erstgerichtes der Konkurs eröffnet, zum Masseverwalter wurde Dr. G, Rechtsanwalt in Wels, bestellt - zur Zahlung eines Betrages von 19

154.94 DM samt 5% Zinsen seit 20. Dezember 1976 in österreichischen Schilling entsprechend dem am Zahlungstag geltenden Umrechnungskurs. Sie brachte vor, die Firma Anton Sch. schulde diesen Betrag aus einem von ihr durchgeführten Transport wegen eines von ihr verschuldeten Schadens.

Die Firma Anton Sch. bestritt das Klagebegehren dem Gründe und der Höhe nach, beantragte Klageabweisung und wendete neben der nicht hinreichenden Substantiierung der Klage insbesondere die mangelnde Aktiv- und Passivlegitimation sowie Verjährung ein.

In dem in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 27. Feber 1980 vorgetragenen Schriftsatz präzisierte die Klägerin ihr Vorbringen dahin, daß ihr die Empfängerin der Meßattrappe, die Firma S AG Österreich, ihre Ansprüche nach Art. 17 CMR gegen die Firma Anton Sch. aus der Beschädigung der Meßattrappe auf dem Transport zwischen München und Wien abgetreten habe. Verjährung sei nicht eingetreten, weil die Firma Anton Sch., vertreten durch das Versicherungsbüro Dr. F, bis zum 15. Oktober 1979 auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet habe. Ein direktes Vertragsverhältnis zwischen der Firma Anton Sch. und der Firma S AG Österreich sei allerdings nicht zustande gekommen.

Die Firma Anton Sch. wendete demgegenüber ein, daß sie den Frachtvertrag mit der Firma P GesmbH München abgeschlossen habe und Empfängerin die Firma P AG Wien gewesen sei. Die Firma S AG Österreich habe ihr gegenüber keinerlei Ansprüche aus dem Frachtvertrag. Sie habe auch keinen Schaden erlitten; der angebliche Schaden am Transportgut solle von der Klägerin der Firma Franz T ersetzt worden sein. Die durch die Beförderung im Dezember 1976 in Lauf gesetzte einjährige Verjährungsfrist sei längst abgelaufen. Etwaige Verjährungsverzichte des Versicherungsbüros Dr. F seien für sie unverbindlich und wären überdies nach Art. 41 CMR und § 1502 ABGB unwirksam. Der Schaden sei im übrigen ausschließlich auf einen unsachgemäßen Verladungsvorgang eines Spediteurs und auf mangelhafte Verpackung zurückzuführen.

In dem in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 16. Jänner 1981 vorgetragenen Schriftsatz stützte die Klägerin ihr Zahlungsbegehren auch auf die deliktische Haftung der Firma Anton Sch., da sie (Klägerin) unmittelbar vor Überreichen des genannten Schriftsatzes erfahren habe, daß die Beschädigung der Meßattrappe tatsächlich durch die Firma Anton Sch. beim Umladen in Wels erfolgt sei. In der erwähnten Tagsatzung leitete die Klägerin ihre Ansprüche überdies noch daraus ab, daß ihr die Firma P GesmbH München ihre Ansprüche gegen die Firma Anton Sch. sowohl aus der Frachtführerhaftung als auch aus der Deliktshaftung abgetreten habe.

Die Firma Anton Sch. entgegnete, sie habe sich nicht untüchtiger oder wissentlich gefährlicher Personen bedient. Verjährung werde auch gegenüber der behaupteten Deliktshaftung eingewendet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest: Die Firma Franz T, Maschinenfabrik in Bad A, beauftragte die Spedition W KG in Landshut, eine Meßattrappe zum Justieren von Brennelementen in N bei der Firma K zu übernehmen und an die Firma S AG Österreich, Bauleitung KKW Tullnerfeld, Zwentendorf, zu transportieren. Als Empfangsspediteur wurde die Firma P in Wien angeführt. Die Firma W KG transportierte das Gerät bis München und übergab es dort der Firma P Welttransport GesmbH zum Weitertransport nach Österreich. Dieses Unternehmen stellte einen Sammelguttransport zusammen, welcher an die Firma P Wien (P Welttransport AG) ging. Mit

er Durchführung dieses Sammeltransportes wurde die Firma Anton Sch. betraut. Diese lieferte den Sammeltransport (und damit auch die Meßattrappe) am 13. Dezember 1976 bei der Firma P AG Wien ab. Bei dieser Gelegenheit wurde eine Beschädigung (zumindest der Verpackung) festgestellt und reklamiert. Für den Transport der Meßattrappe (von der Bundesrepublik Deutschland nach Zwentendorf) wurde kein durchgehender Frachtbrief ausgestellt. Vielmehr lag dem Transport von München nach Wien, welcher von der Firma Anton Sch. durchgeführt wurde, ein CMR-Frachtbrief zugrunde, welcher als Absender die Firma P Spedition München (P Welttransport GesmbH), als Empfänger die Firma P Wien (P Welttransport AG) und als Frachtführer die Firma Anton Sch. Wels aufwies. Die Ladeliste, aus welcher sich die einzelnen Empfänger der den Sammelguttransport ausmachenden Güter ersehen lassen, wurde vom Fahrer der Firma Anton Sch. in einem verschlossenen Umschlag (zusammen mit den Einzelaufträgen für die Weiterbehandlung des Sammelguttransportes = Bordereau), aber gemeinsam mit dem CMR-Frachtbrief an die Firma P Wien übergeben. Die Firma Anton Sch. wußte nicht, daß das beschädigte Gut für die Firma S AG Österreich bestimmt war. Sie führte dem Transport (von Wien weiter) nach Zwentendorf nicht durch. Sie erhielt - im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Transport - von der Firma S AG nie irgendeinen Auftrag. Während des Transportes von Deutschland nach Wien wurde die Meßattrappe beschädigt, wodurch ein Schaden in der Höhe von 18 600 DM entstand. Für die Feststellung der Höhe des Schadens wurde ein Betrag von 572.86 DM aufgewendet. Willi T unterfertigte am 12. Mai 1977 namens der Firma S AG Österreich eine Erklärung, wonach sämtliche Ansprüche aus dem Totalschaden der Meßattrappe an die Klägerin abgetreten würden. Die Firma Anton Sch. war hinsichtlich des von ihr durchgeführten Transportes von München nach Wien über das Versicherungsbüro Dr. F gegen die von ihr zu tragenden Schäden versichert. Dieses Büro verzichtete - zuletzt bis zum 15. Oktober 1979 - auf die Erhebung einer Verjährungseinrede.

Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlicher Beurteilung: Was den (zunächst) behaupteten Anspruch aus einem Vertrag anlange, so sei festzuhalten, daß ein Vertragsverhältnis zwischen der Firma S AG Österreich und der Firma Anton Sch. weder ausdrücklich noch nach den Bestimmungen der CMR zustande gekommen sei, sodaß schon deshalb derartige Ansprüche weder bestehen noch übertragen worden sein könnten. Aus diesem Gründe erübrige sich auch eine Untersuchung darüber, ob hinsichtlich solcher Ansprüche (insbesondere auf Grund der Zusagen des Versicherungsbüros Dr. F) Verjährung vorläge. Was den (schließlich) geltend gemachten deliktischen Haftungsanspruch angehe, so sei diesbezüglich gemäß Art. 32 CMR jedenfalls bereits Verjährung eingetreten, da bei einer Klageänderung die Unterbrechung der Verjährung erst ab dem Zeitpunkt der Klageänderung eintrete.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es befaßte sich insbesondere mit den Rechts- und danach noch zu klärenden Tatfragen in bezug auf die Vertrags- und Deliktshaftung der Firma Anton Sch. gegenüber der Firma S AG Österreich, in bezug auf die Zessionen der Ansprüche der Firma P GesmbH München und der Firma S AG Österreich an die Klägerin sowie in bezug auf die Verjährung der abgetretenen Ansprüche und führte zur Verjährung zusammengefaßt aus: Ob die Firma Anton Sch. aus dem Frachtvertrag oder wegen Delikts in Anspruch genommen werde, sei auch für die Frage der Verjährung insoweit von Bedeutung, als die Verjährungsfrist für außervertragliche Ansprüche nicht gemäß Art. 32 CMR mit der Ablieferung des Gutes beginne. Auf Grund der Verjährungsverzichte des Versicherungsbüros Dr. F lasse sich derzeit nicht ableiten, daß die Verjährungsfrist noch offen wäre, wenn das Versicherungsbüro Dr. F weitere Verhandlungen über die Reklamation abgelehnt und nur für jeweils begrenzte Zeiträume auf die Verjährungseinrede verzichtet haben sollte. Ansonsten wäre die Verjährungsfrist schon durch die Klage, die immerhin nicht mangels Schlüssigkeit abgewiesen, sondern durch den am 27. Feber 1980 vorgetragenen Schriftsatz präzisiert worden sei, gewahrt worden. Zu prüfen sei somit in erster Linie die Behauptung der Klägerin, vom deliktischen Verhalten der Firma Anton Sch. bzw. ihrer Leute erst im Jänner 1981 Kenntnis erlangt zu haben, wobei sich die Klägerin das allfällige Wissen der Firma S AG Österreich als Zedentin um die Schadensentstehung zurechnen lassen müßte.

Nachdem vom Erstgericht über das Vermögen des Anton Sch., des Alleininhabers der Firma Anton Sch., Wels (nach Rekurserhebung) am 15. Juni 1981 zu S 33/81 der Konkurs eröffnet und Dr. G zum Masseverwalter bestellt und der gegenständliche Rechtsstreit gemäß § 7 Abs. 1 KO unterbrochen worden war, meldete die Klägerin die gegenständliche Forderung samt Zinsen und Kosten in der Höhe von insgesamt 220 834 S in der dritten Klasse der Konkursgläubiger an. Nachdem sie von der Bestreitung der Forderung durch den Masseverwalter benachrichtigt worden war, stellte sie den Antrag, das Verfahren mit Rechtsanwalt Dr. G als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Anton Sch. fortzusetzen und festzustellen, daß ihre Forderung in der dritten Klasse der Konkursgläubiger zu Recht bestehe. Das Erstgericht ordnete die Fortsetzung des Verfahrens mit Beschluß vom 4. September 1981 an.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Auszugehen ist nach dem unbestrittenen Sachverhalt davon, daß für den mit der Firma Anton Sch. geschlossenen Frachtvertrag das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) gilt (s. dessen Art. 1 über den Geltungsbereich), das nach seiner Verlautbarung in BGBl. 138/1961 innerstaatliches Recht ist (so zuletzt 6 Ob 740/80).

Die CMR, die nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Satz 1 für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen gilt, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrag angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer Vertragsstaat ist, wurde laut Präambel in der Erkenntnis geschlossen, daß es sich empfiehlt, die Bedingungen für den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr, insbesondere hinsichtlich der in diesem Verkehr verwendeten Urkunden und der Haftung des Frachtführers, einheitlich zu regeln.

Gegen Ende des Kapitels IV der CMR, das die Haftung des Frachtführers behandelt, findet sich Art. 28, dessen Abs. 1 normiert, daß sich der Frachtführer dann, wenn Verluste, Beschädigungen oder Überschreitungen der Lieferfrist, die bei einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung eingetreten sind, nach dem anzuwendenden (innerstaatlichen) Recht zur Erhebung außervertraglicher Ansprüche führen können, demgegenüber auf die Bestimmungen dieses Übereinkommens berufen kann, die seine Haftung ausschließen oder den Umfang der zu leistenden Entschädigung bestimmen oder begrenzen. Im Kapitel V der CMR, das Reklamationen und Klagen zum Gegenstand hat, normiert Art. 32 Abs. 1 Satz 1, daß Ansprüche aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung in einem Jahr verjähren. (Daß der Firma Anton Sch. Vorsatz oder ein Verschulden, das nach österreichischem Recht dem Vorsatz gleichstunde, zur Last fiele, in welchem Falle die Verjährungsfrist drei Jahre betragen würde, hat die Klägerin nicht behauptet.) Nach Muth, Leitfaden zur CMR[4], 122, regle Art. 32 CMR nicht nur die Verjährung der Ansprüche aus einem der CMR unterliegenden Beförderungsvertrag, sondern die Verjährung aller Ansprüche aus einer der CMR unterliegenden Beförderung, also unter Umständen auch solcher Ansprüche, die gar nicht auf Bestimmungen der CMR selbst zu grunden seien. Zweck dieser Regelung sei es, die Durchführung von Reklamationen aus grenzüberschreitenden Beförderungsverträgen gegenüber den allgemeinen nationalen Verjährungsbestimmungen zu verkürzen; Art. 32 CMR stelle also eine Schutzbestimmung für den Frachtführer dar. In den Art. 28 CMR seien die Bestimmungen über die Verjährung nicht einbezogen worden, weil Art. 32 CMR für alle Ansprüche gelte, zu denen der CMR unterliegende Beförderungen Anlaß geben könnten. Die Regelung des Art. 28 Abs. 1 CMR sei geschaffen worden, um die grundsätzlichen Haftungsbestimmungen im internationalen Straßengüterverkehr nicht etwa durch die vielgestaltigen nationalen Regelungen einer außervertraglichen Haftung zu entwerten und damit eine klare Abgrenzung der gesamten Haftung des Frachtführers festzulegen. Außervertragliche Ansprüche, z. B. solche aus unerlaubter Handlung, könnten gegenüber dem Frachtführer nicht geltend gemacht werden, wenn seine Haftung nach der CMR nicht gegeben sei (Muth a.a.O., 113).

Nach Loewe, Erläuterungen zur CMR, ETR 1976, 503 ff. (S. 574 RZ 212 und 213, S. 579 RZ 238, S. 584 RZ 257) umfasse Art. 32 CMR ebenso wie Art. 31 CMR (Gerichtsstand) alle Ansprüche, die sich aus der Tatsache einer der CMR unterliegenden Beförderung eines bestimmten Gutes ergeben könnten, auch außervertragliche Ansprüche; Art. 31 CMR und damit auch Art. 32 CMR regelten aber nicht Ansprüche Dritter gegen den Frachtführer aus Verkehrsunfällen oder aus Beschädigung ihrer Fahrzeuge oder ihrer Güter, selbst wenn diese Beschädigung an einem auf dem Kraftfahrzeug mitbeförderten Gut, dessen Beförderung der CMR unterliege, verursacht worden sei (S. 580 RZ 239). Art. 28 CMR umfasse sowohl außervertragliche Ansprüche von Personen, die auch nach der CMR anspruchsberechtigt wären, als auch solche Ansprüche von Personen, die nach der CMR nicht legitimiert wären, vertragliche Ansprüche geltend zu machen (S. 574 RZ 212).

Helm, RGRK-HGB[3] V, S. 515 f. RZ 1 zu Art. 32 CMR mit Hinweis auf S. D 512, RZ 3 zu Art. 31 CMR lehrt, daß Art. 32 CMR wie Art. 31 CMR alle Ansprüche aus einer der CMR unterliegenden Beförderung betreffe, also sowohl vertragliche als auch außervertragliche, z. B. Deliktsansprüche. In den Erläuterungen zu Art. 28 CMR behandelt Helm den Begriff der außervertraglichen Ansprüche näher. Er zählt auch hier die Ansprüche aus unerlaubter Handlung dazu (S. D 502, RZ 4), führt aber in der Folge unter Hinweis auf seine Monographie "Haftung für Schäden an Frachtgütern, Studien zur Schadenersatzpflicht aus Frachtgeschäften und zur Konkurrenz vertraglicher und außervertraglicher Ersatzansprüche" 324 ff. aus (S. D 503, RZ 6), daß die Frage, ob auch Ersatzansprüche von Personen, die am Frachtvertrag nicht beteiligt seien, durch Art. 28 Abs. 1 CMR eingeschränkt würden, in der CMR nicht völlig eindeutig entschieden sei. Aus der sehr weiten Formulierung könnte man mit Loewe ETR 1976, 574, entnehmen, daß auch diese Ansprüche betroffen sein sollten. Andererseits befasse sich die CMR grundsätzlich nur mit der Regelung des internationalen Straßenfrachtrechts. Würde man nach Art. 28 CMR die Ansprüche dritter Personen, die am Frachtvertrag nicht beteiligt seien, verkürzen, so würde der Straßenfrachtvertrag zum Vertrag zu Lasten Dritter werden. Man werde daher Art. 28 Abs. 1 CMR dem Anspruch des Dritten nur dann entgegensetzen können, wenn der Absender für ihn in verdeckter Stellvertretung oder doch mit seinem Einverständnis das Frachtgut der Gefährdung ausgesetzt habe. Im Anschluß an Helm meint auch Heuer, Die Haftung des Frachtführers nach der CMR 188, daß deliktische oder andere außervertragliche Ansprüche vertragsfremder Dritter von Art. 28 CMR unberührt blieben.

Precht, CMR-Handbuch[2], 107, führt aus, Art. 32 CMR regle die Verjährung von Ansprüchen aus einem Beförderungsvertrag, der der CMR unterliege; ebenso wie Art. 31 CMR gelte auch Art. 32 CMR für die Verjährung aller Ansprüche aus einem solchen Frachtvertrag, nicht nur von derartigen Ansprüchen, die auf spezielle Bestimmungen der CMR gestützt würden. Die Bestimmungen des Kapitels IV CMR regelten nur die vertragliche Haftung des Frachtführers in gewissen Fällen. Damit der Zweck dieser zwingenden Bestimmungen nicht durch die Berufung auf nach dem nationalen Recht etwa bestehende außervertragliche Schadenersatzpflichten des Frachtführers vereitelt werden könne, sei Art. 28 Abs. 1 CMR geschaffen worden (Precht a. a.O., 99). Precht - Endrigkeit, CMR-Handbuch[3], 119, vertreten allerdings den Standpunkt, daß auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung nach Art. 32 CMR verjährten. Sie beziehen sich aber bei der Erläuterung des Art. 28 Abs. 1 CMR auf Helm, Haftung für Schäden an Frachtgütern 233 ff., 323, wonach der genannte Artikel der CMR die Anspruchskonkurrenz von Schadenersatzansprüchen aus Vertrag und unerlaubter Handlung ausschließen solle (Precht - Endrigkeit a.a.O., 109 f.).

Der OGH hatte sich bisher mit der Frage des Anwendungsbereiches des Art. 82 CMR - soweit ersichtlich - in den Entscheidungen SZ 49/3, RZ 1978/99 und 6 Ob 740/80 zu befassen. Der erstgenannten Entscheidung lag ein Anspruch des Absenders auf Rückgewähr zuviel bezahlter Fracht zugrunde, den beiden anderen Entscheidungen der Anspruch des Frachtführers auf das Frachtentgelt. In diesen Entscheidungen wurde unter Hinweis auf die einschlägige Literatur ausgesprochen, daß der Verjährungsregelung des Art. 32 CMR alle Ansprüche unterworfen seien, die sich aus einer der CMR unterliegenden Beförderung ergäben, also unter Umständen auch solcher Ansprüche, die gar nicht aus der CMR selbst abgeleitet würden; die CMR habe die Durchführung von Reklamationen aus grenzüberschreitenden Beförderungsverträgen gegenüber den allgemeinen Verjährungsbestimmungen verkürzen wollen (SZ 49/3), sie habe eine Prüfung der Ansprüche aus einem grenzüberschreitenden Frachtvertrag binnen kurzer Frist herbeiführen wollen (RZ 1978/99). Zu dem hier interessierenden Problem, ob und bejahendenfalls wessen Schadenersatzansprüche aus Delikt gegen den Frachtführer der Verjährung nach Art. 32 CMR unterliegen, ist daraus nichts Entscheidendes zu gewinnen.

Das Problem ist durch Auslegung der CMR zu lösen, wobei im Interesse einer möglichst einheitlichen Rechtsanwendung in den Vertragsstaaten - wie dem Rekurs zugegeben werden mag - dem kundgemachten Wortlaut der CMR besondere Bedeutung zukommt (1 Ob 533/77; EvBl. 1978/30). Der Wortlaut des Art. 32 CMR ("Ansprüche aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung") scheint nun ebenso wie jener des Art. 31 CMR ("wegen aller Streitigkeiten aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung") nur auf die Tatsache der Beförderung abzustellen, was dafür spricht, diesen Bestimmungen auch alle Deliktsansprüche zu unterstellen, gleichgültig, ob sie von Personen erhoben werden, die auch nach dem Frachtvertrag anspruchsberechtigt wären. Gegen diese weitgehende Schlußfolgerung ist aber ins Treffen zu führen, daß die CMR den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr regeln will, sodaß bei einer Auslegung ihrer Bestimmungen, die zu einer Beschneidung der Rechte am Frachtvertrag nicht beteiligter Dritter führen würde, Vorsicht am Platze ist. Es ist der Zweck oder - wie Helm, Haftung, 301, sagt - die Funktion der internationalen Regelung der CMR, die eine bei grenzüberschreitenden Güterbeförderungsverträgen einheitliche Abgrenzung des Risikos des Frachtführers herbeiführen soll, sorgfältig gegen den Zweck oder die Funktion der innerstaatlichen Deliktsrechte abzuwägen, die dem Schutz der dinglichen Rechtsgüter der einzelnen dienen sollen. Der OGH schließt sich dabei der Auffassung Helms aus dessen überzeugenden Gründen an - der auch Heuer (a.a.O., 188) folgt und auf die nunmehr auch Precht - Endrigkeit (a.a.O., 109 f.) hinweisen -, daß im Anwendungsbereich der CMR zwar die Deliktsansprüche jener Personen, die auch Ansprüche aus dem Frachtvertrag besitzen oder am Frachtvertrag doch wenigstens insofern beteiligt sind, als der Absender für sie in verdeckter Stellvertretung oder mit ihrem Einverständnis das Frachtgut der Gefährdung ausgesetzt hat, den vertraglichen Ansprüchen weichen müssen, die Deliktsansprüche jener Personen aber, bei denen dies nicht der Fall ist, unberührt bleiben; dies gilt auch für die auf seinem Eigentum beruhenden Deliktsansprüche des Empfängers. Daraus folgt, daß im Anwendungsbereich der CMR Deliktsansprüche der erstgenannten Personengruppe nach Art. 32 CMR verjähren, während Deliktsansprüche der zweitgenannten Personengruppe der Verjährung nach dem Sachrecht des jeweiligen Deliktsstatuts, hier § 1489 ABGB, unterliegen. Zutreffend weist der Rekurs darauf hin, daß § 1489 ABGB (neben der Länge der Verjährungsfrist) den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist und nicht dessen Hemmung im Sinne des Art. 32 Abs. 3 CMR regelt.

Das bedeutet für den gegenständlichen Fall, daß es bei dem angefochtenen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zu verbleiben hat. Um die Verjährung allfälliger Deliktsansprüche der Firma S AG Österreich, deren Erwerb durch Abtretung die Klägerin behauptet, abschließend beurteilen zu können, wird im fortgesetzten Verfahren insbesondere zu klären sein, ob die Firma S AG Österreich im Zeitpunkt der Beschädigung der Meßattrappe deren Eigentümerin war, ob dieses Gerät in verdeckter Stellvertretung für die genannte Aktiengesellschaft oder doch mit ihrem Einverständnis der Gefährdung ausgesetzt wurde sowie ob Schaden und Schädiger der Firma S AG Österreich oder nach der behaupteten Abtretung der Deliktsansprüche der Klägerin (vgl. die in MGA 2[31] unter Nr. 10 zu § 1489 ABGB abgedruckten Entscheidungen) weniger als drei Jahre vor der Geltendmachung der erwähnten Ansprüche in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 16. Jänner 1981 zur Kenntnis gelangten (zur Frage, welche Qualifikation die Personen haben müssen, die für die Firma S AG Österreich oder die Klägerin diese Kenntnis erlangten, s. GesRZ 1980, 216).

Sollte das Erstgericht zur Bejahung des Schadenersatzanspruches der Klägerin aus Delikt gelangen, so wird es auch zu beachten haben, daß bei derartigen Schadenersatzforderungen in ausländischer Währung mit dem Eintritt der Fälligkeit nur mehr der entsprechende Schillingbetrag geschuldet wird, wobei nach dem Warenkurs der Österreichischen Nationalbank im Zeitpunkt der Fälligstellung des Schadenersatzanspruches in Schilling umzurechnen ist (SZ 44/42; RZ 1973/169 u. a.).

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