OGH 2Ob74/71

OGH2Ob74/711.4.1971

SZ 44/42

Normen

ABGB §905
ABGB §1295
ABGB §1334
ABGB §905
ABGB §1295
ABGB §1334

 

Spruch:

Bei Schadenersatzforderungen in ausländischer Währung wird mit der Fälligkeit, die erst mit der Einmahnung eintritt, nur mehr der entsprechende Schillingbetrag geschuldet

OGH 1. 4. 1971, 2 Ob 74/71 (OLG Wien 9 R 195/70; LGZ Wien 24 Cg 56/70)

Text

Der Kläger begehrte wegen eines Verkehrsunfalles, der sich am 30. 6. 1968 in Österreich ereignet hatte und an dem der Zweitbeklagte allein schuldig war, die Zahlung von S 29.440.- samt 4% Zinsen ab 13. 8. 1968 und weiteren 12 1/2% Zinsen ab 20. 6. 1969. Die erstbeklagte Partei ist der Haftpflichtversicherer des Zweitbeklagten.

Der Kläger behauptete, an seinem mit einem deutschen Kennzeichen versehenen PKW (BMW 2000 TI), sei Totalschaden eingetreten. Da der Zeitwert des Wagens S 62.640.- betragen habe, während sich der Wrackwert auf S 10.000.- belaufen habe, gebühre ihm ein Betrag von S 52.640.-. Dazu kämen noch für Mietwagenkosten S 2800.-, für Abschleppkosten S 1000.-, für verschiedene Spesen S 500.-, für ein beschädigtes Autoradio S 2500.-. Andererseits habe der Kläger eine Akontozahlung von S 30.000.- erhalten. Er habe sich am 20. 6. 1969 für die Beschaffung eines neuen Fahrzeuges einen Kredit aufgenommen, für den er jährlich 161/2% Zinsen bezahlen müsse.

Der Zeitwert des beschädigten PKWs betrug wie außer Streit steht, DM 870.-. Diesen Betrag rechnete der Kläger zu S 7.20 je DM um. Es ist unbestritten, daß dieser Umrechnungskurs auch zum Zeitpunkt der Zahlung des Betrages von S 30.000.- durch die Beklagten und am Tage der Einbringung der Klage, sowie bei Schluß der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz bestand. Unbestritten ist auch, daß der Umrechnungskurs für eine DM am Unfallstag S 6.50 betrug, ferner der Wrackwert und die ziffernmäßige Höhe aller geltend gemachten Ansprüche mit Ausnahme des Anspruches auf Ersatz des Wertes des beschädigten Fahrzeuges.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren der Höhe nach und beantragten kostenpflichtige Klagsabweisung.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von S 26.940.- samt 4% Zinsen aus S 6950.- vom 12. 8. bis 10. 9. 1968 und aus S 26.940.- ab 11. 9. 1968, sowie von weiteren 121/2% Zinsen aus S 26.940.- ab 20. 6. 1969. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen; diese Abweisung ist in Rechtskraft erwachsen.

Das Berufungsgericht sprach dem Kläger S 20.850.- samt 4% Zinsen aus S 6950.- für die Zeit vom 12. 8. bis 10. 9. 1968 und aus S 20.850.- seit 11. 9. 1968 zu, wies jedoch das Mehrgegehren nach Zahlung von S 8590.- samt 4% Zinsen aus S 19.990.- für die Zeit vom 12. 8. 1968 bis 10. 9. 1968 und aus S 8590.- seit 11. 9. 1968, sowie nach weiteren 121/2% Zinsen aus S 29.440.- seit 20. 6. 1969 ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers teilweise Folge, bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Abweisung des Begehrens nach Zahlung von weiteren 121/2% Zinsen aus S 29.440.- seit 20. 6. 1969 und hob es hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf S 6090.- sowie im Kostenpunkt auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat Dr Heinz H für den Kläger am 12. 8. 1968 von der erstbeklagten Partei eine Akontierung des Sachschadens in der Höhe von S 36.950.- begehrt, doch leistete diese lediglich eine Vorauszahlung von S 30.000.-. Im Juni 1969 erwarb der Kläger in Österreich einen PKW Morris für einen Preis von S 38.000.- oder S 40.000.-. Der bei der WAG aufgenommene Kredit betrug S 30.000.- und sollte nach einem Jahr in der Höhe von S 34.800.- zurückgezahlt werden.

Das Erstgericht meinte, der Kläger wäre berechtigt gewesen, die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung eines bestimmten Betrages an DM in österreichischen Schilling zum Umrechnungskurs am Zahlungstag zu begehren. Der Kläger dürfe nicht schlechter gestellt werden, weil er Zahlung in Schilling begehrt habe. Daher dürfte nicht der für den Unfallstag geltende Kurswert der DM herangezogen werden, da der Kläger sonst nicht den vollen Schaden ersetzt bekommen würde. Unter Anwendung eines Umrechnungskurses von S 7.20 für eine DM gebühre dem Kläger als Ersatz für sein beschädigtes Fahrzeug nach Abzug des Wrackwertes ein Betrag von S 52.640.-. Da die übrigen Ansprüche des Klägers sowie der Erhalt einer Akontozahlung von S 30.000.- nicht bestritten seien, sei dem Kläger ein Betrag von S 26.940.- zuzusprechen gewesen.

Das Berufungsgericht ging davon aus, daß es sich um eine unechte Valutaforderung handle, für die die ausländische Währung nur Rechnungsgrundlage sei, sodaß der Kurswert im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches maßgebend sei, äußerstenfalls der Fälligkeit, nicht aber der Zahlung (SZ 24/305). Da sich der Unfall am 30. 6. 1968 ereignet habe, sei die Forderung auf Ersatz dieses Totalschadens vor der DM-Aufwertung fällig geworden, denn selbst die vor der offiziellen Aufwertung der DM eingetretene faktische Aufwertung durch Freigabe des DM-Kurses sei erst Ende September 1969 eingetreten (amtliche Wiener Zeitung vom 1. 10. 1969). An dieser Rechtsansicht ändere sich auch nichts, wenn man auf Grund des unrichtigerweise außer Streit gestellten Umstandes, daß der Umrechnungskurs für eine DM bereits am Tage der Akontozahlung durch die Erstbeklagte S 7.20 betragen habe, annehmen würde, daß der Kurswert der DM bereits am 13. 8. 1968 gestiegen sei; denn der Kläger habe niemals behauptet, daß ihm vor diesem Zeitpunkt der Schädiger nicht bekannt gewesen sei. Dem Kläger gebühre daher ein Zeitwert von DM 870.- X S 6.50 = S 56.550.- abzüglich des Wrackwertes von S 10.000.-.

Der Revisionswerber bringt vor, der Schädiger könne nicht durch Hinauszögern der Zahlung das Kursrisiko auf den Geschädigten abwälzen. Übrigens sei die Fälligkeit keinesfalls vor der Akontozahlung vom 13. 8. 1968 eingetreten und für diesen Zeitpunkt sei der Umrechnungskurs mit S 7.20 außer Streit gestellt worden, wovon das Berufungsgericht nicht abgehen könne.

Wie der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 2 Ob 181/68 = SZ

41/79, und 2 Ob 392/68 = RZ 1969, 169 = JBl 1969, 664 dargelegt hat

(zustimmend Beck-Mannagetta, ÖJZ 1970, 315), wird eine Schadenersatzforderung erst fällig, wenn sie der Geschädigte dem Schädiger gegenüber zahlenmäßig bestimmt, also einmahnt. Dies ist im vorliegenden Fall bezüglich der begehrten Anzahlung am 12. 8. 1968 geschehen (was übrigens die Beklagten bereits in der Klagebeantwortung zugaben). Es wurde nicht festgestellt, wann die Beklagten die Akontozahlung von S 30.000.- leisteten, sondern lediglich, daß in diesem Zeitpunkt der Umrechnungskurs S 7.20 für eine DM betragen habe. Dieser Zeitpunkt ist aber für die Umrechnung nicht maßgebend, sondern jener der Fälligstellung der Schadenersatzforderung des Klägers, also hinsichtlich der begehrten Anzahlung der auf den 12. 8. 1968 folgende Tag (§§ 1334, 1417 ABGB). Mit dem Eintritt der Fälligkeit schuldeten die Beklagten dem Kläger nur mehr den dem DM-Betrag entsprechenden Schillingbetrag (SZ 26/310). Es wurde aber auch nicht festgestellt, wann der volle Schadensbetrag fällig gestellt wurde. Es liegen daher Feststellungsmängel vor, die eine abschließende rechtliche Beurteilung der Streitsache nicht zulassen. Deshalb mußte das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung und allfälligen Ergänzung der Berufungsverhandlung zurückverwiesen werden.

Hinsichtlich des Zinsenbegehrens des Klägers war das Erstgericht der Ansicht, daß dem Kläger für die Zeit ab Aufnahme des Kredites von S 30.000.- für die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges weitere 12 1/2% Zinsen zustunden.

Das Berufungsgericht stützte seine in diesem Punkte abweisende Entscheidung darauf, daß der Kläger selbst in der Klage die erhaltene Akontozahlung von S 30.000.- in Abzug gebracht habe und daß festgestellt worden sei, die Akontozahlung sei zur Abdeckung des Sachschadens, also des Schadens den der Kläger an seinem Fahrzeug erlitten habe, erfolgt. Der Kläger hätte daher überhaupt kein Darlehen aufnehmen müssen, weil ihm schon längst vor dem Erwerb des PKW Morris um S 38.000.- bis S 40.000.- im Juni 1969 der Akontobetrag von S 30.000.- und der Wrackerlös von S 10.000.- zugeflossen seien.

Der Revisionswerber bringt dagegen vor, er brauche überhaupt keine bestimmte Verwendung des aufgenommenen Kredites nachzuweisen. Er sei berechtigt, zu Lasten der unbegrundet zahlungsunwilligen Partei einen Kredit bis zur Höhe des festgestellten Schadens aufzunehmen.

Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Der Geschädigte kann sich einen zur Behebung des Schadens nötigen Kredit aufnehmen, wenn der Schädiger mit der Ersatzleistung säumig wird (SZ 41/166). Steht aber fest, daß der Kläger sich erst ein anderes Fahrzeug anschaffte, als er längst ungefähr (§ 273 ZPO) den hiezu notwendigen Betrag erhalten hatte, bestand für ihn keine Notwendigkeit, einen Kredit aufzunehmen. Die Ansicht des Klägers würde darauf hinauslaufen, daß sich der Kläger bloß deshalb einen kostspieligen Kredit aufnehmen könnte, um wieder ebensoviel Vermögen zu haben, wie vor dem Unfall. Eine solche Art von abstrakter Schadenersatzleistung ist aber dem österreichischen Recht fremd. In diesem Belange war daher das Berufungsurteil zu bestätigen.

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