OGH 2Ob181/68

OGH2Ob181/6825.6.1968

SZ 41/79

Normen

ABGB §1295
ABGB §1334
ABGB §1295
ABGB §1334

 

Spruch:

Die Fälligkeit einer Schadenersatzforderung tritt erst ein, wenn der Schaden feststellbar und zumindest vom Beschädigten zahlenmäßig bestimmt worden ist. Wird das Schmerzengeldbegehren erweitert, können für das Mehrbegehren Zinsen erst von da an verlangt werden.

Entscheidung vom 25. Juni 1968, 2 Ob 181/68.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger macht Ersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, bei dem er am 7. Mai 1966 in M. infolge eines durch rechtskräftiges strafgerichtliches Urteil festgestellten Verschuldens des Beklagten schwer verletzt wurde.

Nach mehreren Klagsänderungen und nachdem unmittelbar vor Schluß der Verhandlung das Mitverschulden des Klägers im Ausmaß von 50% außer Streit gestellt worden war, erkannte das Erstgericht den Beklagten schuldig, dem Kläger 26.295 S samt 4% Zinsen seit 10. Juni 1966 zu bezahlen. Zugleich stellte es fest, daß der Beklagte dem Kläger für alle weiteren Folgen aus dem Verkehrsunfall vom 7. Mai 1966 im Ausmaß von 50% hafte. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 28.856.75 S sowie "das Feststellungsmehrbegehren" wurde abgewiesen, die Prozeßkosten wurden gegeneinander aufgehoben.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte. Im übrigen gab es beiden Berufungen teilweise Folge. Es sprach dem Kläger 29.295 S samt näher bezeichneten stufenweisen Zinsen und einen Teil der Prozeßkosten zu. Das Begehren auf Zuspruch weiterer 25.856.75 S s. A. sowie das Feststellungsbegehren des Inhaltes "die klagende Partei hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß die beklagte Partei den gegenständlichen Unfall verschuldet hat", wies es ab und verurteilte den Beklagten zum Ersatz eines Teiles der Prozeßkosten erster Instanz an den Kläger, diesen zum Ersatz eines Teiles der Kosten des Berufungsverfahrens an den Beklagten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers teilweise dahin Folge, daß der Beklagte schuldig sei, dem Kläger außer dem mit dem angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 29.295 S samt stufenweisen Zinsen binnen 14 Tagen bei Exekution weitere 9000 S samt 4% Zinsen seit 20. März 1967 zu bezahlen, das Mehrbegehren jedoch abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

... Der Unfall ereignete sich am 7. Mai 1966, die Klage, mit der lediglich Schmerzengeld in Höhe von 25.000 S begehrt wurde, langte am 10. Juni 1966 bei Gericht ein. In dieser und auch in der Folge begehrte der Kläger Zinsen ab Unfallstag. Das Erstgericht sprach ihm Zinsen aus dem gesamten zuerkannten Betrag, der sich aus Schmerzengeld, Heilungskosten, Verdienstentgang und Sachschaden zusammensetzt, ab 10. Juni 1966 zu, das Berufungsgericht betraglich und zeitlich gestaffelte Zinsen. Die Revision hält daran fest, daß dem Kläger Zinsen gemäß dem Klagebegehren gebühren. Hierin kann ihr nicht gefolgt werden.

Was das zunächst allein eingeklagte Schmerzengeld betrifft, so gebührt dieses nach § 1325 ABGB. dem Verletzten (arg: "auf Verlangen") erst vom Zeitpunkt des Begehrens an und nur soweit es begehrt wurde (Jarosch - Müller - Piegler, Das Schmerzengeld[2] S. 74). Vom Zeitpunkt des - wenn auch außergerichtlichen - Begehrens an gebühren auch Verzugs- bzw. Prozeßzinsen (Jarosch - Müller - Piegler a. a.O. S. 76; ZVR. 1960 Spruchbeilage Nr. 238; 1 Ob 263/66; 2 Ob 15/68). Im vorliegenden Fall erweiterte der Kläger sein ursprüngliches Schmerzengeldbegehren von 25.000 S auf 30.000 S und in der Folge, nachdem er zunächst ein Drittel Mitverschulden zugestanden hatte, auf rechnungsmäßig 60.000 S. Daß er den jeweils höheren Betrag schon vorher außergerichtlich vom Beklagten verlangt hätte, hat er nie behauptet. Zinsen waren daher zutreffend erst von dem Tag an zuzusprechen, an dem das jeweilige Mehrbegehren erstmalig geltend gemacht wurde. Aber auch bezüglich der übrigen Ansprüche kann der Kläger Zinsen ab Unfallstag nicht verlangen. Fälligkeit der Forderung ist Voraussetzung des Verzuges (Wolff bei Klang[2] VI 172). Die Fälligkeit der Forderung kann aber erst dann eintreten, wenn der Schaden feststellbar und zumindest vom Beschädigten zahlenmäßig bestimmt worden ist. Das war jedoch bezüglich der Ansprüche auf Ersatz für Verdienstentgang, Heilungskosten und Sachschäden am Unfallstag nicht der Fall. Hinsichtlich der erst in der Zeit nach dem Unfall entstandenen Ersatzansprüche wurden Fälligkeit und Verzug daher erst mit der betraglich fixierten Geltendmachung herbeigeführt.

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die Revision nur teilweise, nämlich im Sinn des Zuspruches weiterer 9000 S Schmerzengeld berechtigt war. Von diesem Betrag gebühren dem Kläger Zinsen seit der diesfälligen Klagserweiterung.

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