OGH 5Ob50/20v

OGH5Ob50/20v22.10.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers DI J*, gegen die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * KG * als Antragsgegner, darunter 15. I*, 18. P*, 78. W*, 79. R*, 82. L*, 101. H*, 114. L*, 115. Ing. H*, 193. B*, und der P* GmbH, *, sämtliche vertreten durch Dr. Harald Friedl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Bestellung eines vorläufigen Verwalters (§ 52 Abs 1 Z 8 WEG iVm 23 WEG), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der 15., 18., 78., 79., 82., 101., 114., 115., und 193. Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 26. November 2019, GZ 19 R 41/19v-54, mit dem der Rekurs der genannten Antragsgegner gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 11. März 2019, GZ 9 Msch 2/19h‑6, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129701

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Der außerordentliche Revisionsrekurs der 15., 18., 78., 79., 82., 101., 114. und 115. Antragsgegner wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 52 Abs 2 WEG zurückgewiesen.

II. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs des 193. Antragsgegners wird nicht Folge gegeben.

Der 193. Antragsgegner hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

III. Die „Revisionsrekursbeantwortung“ der * Immobilientreuhand GmbH, *, wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind Mit- und Wohnungseigentümer der EZ * KG *. Zur Frage, ob die de facto als Hausverwalterin tätige P* GmbH (idF nur GmbH) diese Tätigkeit rechtmäßig ausübt, fanden bereits mehrere Vorverfahren statt. Zuletzt wurde mit Entscheidung des Erstgerichts zu 9 Msch 18/16g der Beschluss der Eigentümergemeinschaft auf Bestellung dieser GmbH zur Hausverwalterin vom 21. 10. 2016 als rechtsunwirksam festgestellt.

Mit Schriftsatz vom 7. 2. 2019 begehrte der Antragsteller die Bestellung eines vorläufigen Verwalters gemäß § 23 WEG und brachte zusammengefasst vor, dass seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 149/18z vom 13. 12. 2018 (Anm: Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses im Verfahren 9 Msch 18/16g des Erstgerichts) feststehe, dass die GmbH nicht Verwalterin der Liegenschaft sei. Die Bestellung eines vorläufigen Hausverwalters sei zur Besorgung von dringenden Angelegenheiten im Zusammenhang mit der thermischen Sanierung des Hauses, der Montage eines Ölheizkessels, der Korrektur der Abrechnungen der Jahre 1989 bis 2017 und ungerechtfertigter Rückzahlungen an die Wohnungseigentümer dringend geboten.

Der einleitende Antrag wurde an zehn darin namentlich als Antragsgegner angeführte Wohnungseigentümer persönlich zugestellt. Der Hausanschlag erfolgte am 18. 2. 2019 gemeinsam mit dem Beschluss des Erstgerichts vom 13. 2. 2019, in dem es die Bestellung einer Immobilien Treuhand GmbH zum vorläufigen Verwalter in Aussicht nahm und den Antragsgegnern freistellte, sich binnen 14 Tagen zum Antrag selbst, insbesondere zur Zweckmäßigkeit der Bestellung eines vorläufigen Verwalters, und zur Person des in Aussicht genommenen Verwalters zu äußern, andernfalls von einer Zustimmung ausgegangen werde.

Mit Sachbeschluss vom 11. 3. 2019 bestellte das Erstgericht eine Immobilien Treuhand GmbH zum vorläufigen Verwalter. Ein Wohnungseigentümer könne gemäß § 23 WEG die Bestellung eines vorläufigen Verwalters beantragen, wenn kein Verwalter bestellt sei. Aufgrund der Ergebnisse der Vorverfahren sei klar, dass die GmbH nicht Verwalterin der Liegenschaft sei und für die Liegenschaft derzeit keine Hausverwaltung rechtswirksam bestellt und tätig sei. Wegen des bestehenden Bankdarlehens und der Fragen zur durchgeführten thermischen Sanierung in einer Wohnungseigentumsanlage mit einer derart großen Anzahl von Wohnungseigentümern bestehe ein berechtigtes Interesse an der Bestellung eines vorläufigen Verwalters.

Dieser Sachbeschluss wurde den 1. bis 3., 6. und 8. Antragsgegnern am 13. 3. 2019 persönlich, den 5., 7. und 10. Antragsgegnern am 14. 3. 2019 durch Hinterlegung zugestellt. Der Hausanschlag erfolgte am 13. 3. 2019.

Das Rekursgericht wies den gegen den Sachbeschluss des Erstgerichts erhobenen Rekurs der 15., 18., 78., 79., 82., 101., 114., 115. und 193. Antragsgegner vom 24. 4. 2019 als verspätet zurück. Der Fruchtgenussberechtigte an einem Miteigentumsanteil, mit dem Wohnungseigentum verbunden sei, trete (auch) in den Angelegenheiten der Verwaltung an die Stelle des Wohnungseigentümers und nehme daher regelmäßig an dessen Stelle an der Willensbildung in Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung teil. Er trete daher auch in einem Verfahren zur Bestellung eines vorläufigen Verwalters an die Stelle des entsprechenden Wohnungseigentümers. Entgegen dem Erstgericht komme daher dem Fruchtgenussberechtigten anstelle der vor diesem als 193. Antragsgegnerin geführten Wohnungseigentümerin Parteistellung zu, sodass er auch an deren Stelle als 193. Antragsgegner zu führen sei. Dennoch sei der Rekurs insgesamt verspätet, weil Zustellungen an mehr als sechs Wohnungseigentümer gemäß § 52 Abs 2 Z 4 WEG durch Hausanschlag vorgenommen werden können und unter Wohnungseigentümer im Sinn des WEG auch der Fruchtgenussberechtigte zu verstehen sei, der in den vom WEG geregelten Angelegenheiten an die Stelle des Wohnungseigentümers trete. Die vereinfachte Zustellung durch Anschlag gelte auch gegenüber zuvor am Verfahren nicht beteiligten Wohnungseigentümern, selbst wenn sie im verfahrenseinleitenden Antrag nicht namentlich angeführt worden seien. Um die Warnfunktion für die Wohnungseigentümer zu erhöhen, bedürfe es zwar grundsätzlich der Anführung sämtlicher Parteien im Kopf der anzuschlagenden Entscheidung. Das erfordere jedoch keine ständige Aktualisierung der Parteien. Ein derartiger Hausanschlag bewirke daher gegenüber einem – aus welchen Gründen auch immer – in der Entscheidungsausfertigung nicht namentlich genannten Wohnungseigentümer eine rechtswirksame Zustellung. Nur wenn Verfahrensparteien mit einer Kostenersatzpflicht belegt werden, sei deren namentliche Anführung im Spruch der Entscheidung erforderlich. Zustellungen durch Hausanschlag, die nicht den verfahrenseinleitenden Schriftsatz betreffen, gelten schon mit dem Anschlag als vollzogen, sodass die Zustellung des Sachbeschlusses an die rekurrierenden Wohnungseigentümer und den Fruchtgenussberechtigten mit Hausanschlag vom 13. 3. 2019 rechtswirksam erfolgt sei. Ausgehend davon sei deren Rekurs vom 24. 4. 2019 verspätet und zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der 15., 18., 78., 79., 82., 101., 114. und 115. Antragsgegner ist mangels erheblicher Rechtsfrage gemäß § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig; jener des 193. Antragsgegner hingegen ist zur Klarstellung zulässig, er ist aber nicht berechtigt. Der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

I. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der 15., 18., 78., 79., 82., 101., 114. und 115. Antragsgegner:

1.1 Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist ist, dass die Zustellung rechtswirksam war; eine mangelhafte Zustellung setzt die Rechtsmittelfrist nicht in Gang (RIS-Justiz RS0006997).

1.2 Nach § 42 AußStrG (iVm § 52 Abs 2 WEG und § 37 Abs 3 MRG) erwächst ein Beschluss einer Partei gegenüber in Rechtskraft, soweit sie ihn nicht mehr anfechten kann. Die Rekursfrist wird daher für jede rekursberechtigte Person nach Maßgabe der jeweiligen Zustellung des Beschlusses ausgelöst (RS0129752). Der Zeitpunkt des Eintritts der formellen Rechtskraft kann daher für jede Partei unterschiedlich sein, weil er sich nach der Unanfechtbarkeit des Beschlusses für jede einzelne Partei gesondert bestimmt (Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 42 AußStrG Rz 4).

2. Nach § 52 Abs 2 Z 4 WEG können Zustellungen an mehr als sechs Wohnungseigentümer durch Hausanschlag iSd § 24 Abs 5 WEG vorgenommen werden. Der Anschlag darf frühestens nach 30 Tagen abgenommen werden. Die Zustellung des verfahrenseinleitenden Antrags gilt mit Ablauf dieser Frist als vollzogen, spätere Zustellungen hingegen schon mit dem Anschlag. Die Zustellung durch Hausanschlag ist eine gesetzliche Fiktion der Kenntnismöglichkeit für die Betroffenen (5 Ob 127/16m mwN; RS0113768 [T3]).

3.1 Die 15., 18., 78., 79., 82., 101., 114. und 115. Antragsgegner sind im Kopf des Sachbeschlusses namentlich angeführt. Die Rechtsmittelwerber bestreiten auch gar nicht, dass der Hausanschlag des Sachbeschlusses vom 11. 3. 2019 am 13. 3. 2019 vollzogen worden ist, und stellen den Umstand, dass ausgehend von diesem Zustellungsdatum ihr Rekurs verspätet ist, auch nicht in Abrede. Sie meinen aber, der Sachbeschluss werde erst dann wirksam, wenn er von keiner der aktenkundigen Parteien mehr angefochten werden könne, und berufen sich dazu auf § 43 Abs 2 AußStrG. Diese Bestimmung ordnet an, dass die Wirkungen (Vollstreckbarkeit, Verbindlichkeit der Feststellung [die materielle Rechtskraft] oder Rechtsgestaltung) eines Beschlusses, die sich kraft der Beschaffenheit des Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf alle aktenkundigen Parteien erstrecken, erst mit Ablauf der letzten, gegenüber einer aktenkundigen Partei offenen Rechtsmittelfrist eintreten, hat aber auf den individuellen Fristenlaufund damit auf denZeitpunkt des Eintritts der formellen Rechtskraft jeder einzelnen Partei gegenüber keinen Einfluss (vgl Deixler-Hübner aaO § 43 AußStrG Rz 1).

3.2 Für die Frage der Rechtzeitigkeit ihres Rekurses ist es daher ohne Belang, ob die Zustellung des Sachbeschlusses durch Hausanschlag gegenüber anderen aktenkundigen Parteien, wie etwa dem vom Rekursgericht als 193. Antragsgegner aufgenommenen Fruchtgenuss-berechtigten, wirksam erfolgte oder die erstgerichtliche Entscheidung mit einem Mangel behaftet ist, den die Revisionsrekurswerber darin erblicken, dass ihr Gehör verletzt worden sei, weil die Sachentscheidung vor Ablauf der 30‑Tagesfrist des § 52 Abs 2 Z 4 für den verfahrenseinleitenden Schriftsatz durch Hausanschlag zugestellt wurde. Selbst gravierende Verfahrensfehler führen nicht zur Wirkungslosigkeit, sondern zur Anfechtbarkeit der Entscheidung. Der Eintritt der formellen Rechtskraft heilt grundsätzlich alle bis dahin allenfalls unterlaufenen Verfahrensverstöße und schneidet damit deren Wahrnehmung ab (6 Ob 80/06t; vgl auch RS0120213 [T5]).

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

II. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs des 193. Antragsgegners:

1. Ist kein Verwalter bestellt, so kann nach § 23 WEG sowohl ein Wohnungseigentümer als auch ein Dritter, der ein berechtigtes Interesse an einer wirksamen Vertretung der Eigentümergemeinschaft hat, die gerichtliche Bestellung eines vorläufigen Verwalters beantragen. Bis zu dieser Entscheidung gilt der im Grundbuch erstgenannte Wohnungseigentümer als Zustellbevollmächtigter. Die Vertretungsbefugnis des vorläufigen Verwalters endet mit der Bestellung eines Verwalters durch die Gemeinschaft. Aktiv antragslegitimiert sind daher die Wohnungseigentümer sowie interessierte Dritte. Passiv antragslegitimiert sind sämtliche Wohnungseigentümer (E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 23 Rz 13).

2. Für den Fruchtgenuss an einem Miteigentumsanteil, mit dem Wohnungseigentum verbunden ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Eigentümer einer derart belasteten Wohnung kein Recht auf die Benutzung (und Verwaltung) des Wohnungseigentumsobjekts selbst hat (1 Ob 11/08m; RS0011841). Ebenso wenig kommen ihm Rechte in Ansehung der allgemeinen Teile der Liegenschaft zu, weil die insoweit bestehenden Nutzungsrechte ebenfalls an das Recht zur (ausschließlichen) Nutzung eines bestimmten Wohnungseigentumsobjekts gebunden sind. Erstreckt sich das Fruchtgenussrecht auf den gesamten, mit dem Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung verbundenen Mindestanteil, kommen dem Fruchtgenussberechtigten nach außen hin – und auch im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern – die Rechte eines Wohnungseigentümers zu (Painsi in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht § 24 WEG Rz 17). Das Fruchtgenussrecht verdrängt insoweit den Eigentümer des damit belasteten Anteils, dem damit auch keine eigenen Gebrauchs- und Verwaltungsbefugnisse zustehen. Der Fruchtgenussberechtigte tritt in den Angelegenheiten der Verwaltung an die Stelle des Wohnungseigentümers (5 Ob 154/16g; Prader, Der Wohnungseigentumsfruchtnießer, immolex 2008/10, 262 [263]; vgl auch Zach/Spath in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 521 Rz 11).

3. Der vom Rekursgericht in den Kopf der Entscheidung aufgenommene 193. Antragsgegner ist laut Punkt III lit a des zu TZ 4839/2018 verbücherten Übergabsvertrags vom 10. 11. 2017 Fruchtgenussberechtigter von Miteigentumsanteilen, mit welchen Wohnungseigentum an W 15 St III verbunden ist. Im Kopf des am 13. 3. 2019 im Haus angeschlagenen erstgerichtlichen Sachbeschlusses war an dessen Stelle – neben den übrigen 195 namentlich genannten Antragsgegnern – die Eigentümerin dieser Einheit angeführt. Ausgehend von dieser Sachlage macht der 193. Antragsgegner im Wesentlichen geltend, dass keine rechtswirksame Zustellung des Sachbeschlusses an ihn vorliege, weswegen die Rechtsmittelfrist erst mit tatsächlicher Kenntnisnahme der Gerichtsentscheidung zu laufen begonnen habe. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

3.1 Dass den nicht antragstellenden Mit- und Wohnungseigentümern in einem Verfahren zur Bestellung eines einstweiligen Verwalters Parteistellung zukommt, ist von den Vorinstanzen nicht in Frage gestellt worden und wird auch vom Antragsteller nicht bezweifelt. Ihre Interessen werden nämlich durch die Bestellung eines vorläufigen Verwalters unmittelbar berührt; eine solche Maßnahme beendet die in § 833 ABGB als Normalfall vorgesehene oder von der Mehrheit der Miteigentümer sogar ausdrücklich beschlossene Selbstverwaltung und nimmt die ansonsten der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer überantwortete Auswahl der Person des Verwalters vorweg (so schon 5 Ob 2102/96w). Ihnen kommt daher nach § 52 Abs 2 Z 1 WEG Parteistellung zu.

3.2 Die auf § 52 Abs 2 Z 1 WEG gestützte Parteistellung des Wohnungseigentümers ist jeweils an das aufrechte bücherliche Eigentum geknüpft (RS0083100; RS0083106 [T1]). Da der Fruchtgenussberechtigte den Eigentümer des damit belasteten Anteils insoweit verdrängt, als Letzterem keine eigenen Gebrauchs- und Verwaltungsbefugnisse mehr zustehen, ist der im Grundbuch eingetragene Fruchtgenussberechtigte anstelle des Eigentümers des entsprechend belasteten Anteils Partei in einem Verfahren gemäß § 23 iVm § 52 Abs 1 Z 8 WEG.

3.3 Aus der Parteistellung ergibt sich, dass auch allen Fruchtgenussberechtigten die Entscheidung im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG zuzustellen ist.

4.1 Die bereits zur außerordentlichen Revision der 15., 18., 78., 79., 82., 101., 114. und 115. Antragsgegner behandelte Zustellung nach § 52 Abs 2 Z 4 WEG sieht eine Erleichterung im Mehrparteienverfahren vor. Die vereinfachte Zustellung durch Anschlag gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch gegenüber zuvor am Verfahren nicht beteiligten Wohnungseigentümern, selbst wenn sie im verfahrenseinleitenden Antrag nicht namentlich angeführt wurden (5 Ob 154/12a mwN). Diese bereits zum WEG 1975 vertretene Rechtsansicht beruht auf der Überlegung, dass es letztlich der übergangenen Partei selbst in die Hand gegeben ist, ihre Interessen durch Erhebung eines Rechtsmittels wahrzunehmen, sodass die in der Nichtbeteiligung von Personen mit Parteistellung gelegene Nichtigkeit in jedem Fall dadurch geheilt wird, dass sie den auch ihnen zugestellten Sachbeschluss unangefochten lassen (5 Ob 1086/92 mwN).

4.2 Um die Warnfunktion für die Wohnungseigentümer zu erhöhen, bedarf es dazu zwar grundsätzlich der Anführung sämtlicher Parteien im Kopf der anzuschlagenden Entscheidung. In Anerkennung der damit in der Praxis verbundenen Schwierigkeiten (dazu schon 5 Ob 120/91) vertritt der Fachsenat jedoch in ständiger Rechtsprechung, dass eine ständige Aktualisierung der Anführung der Parteien im Kopf der Entscheidung nicht erforderlich ist, sofern durch die Beachtung der Zustellvorschriften eine Einbeziehung der materiell‑rechtlich als Partei anzusehenden Personen gewährleistet ist (RS0083106). Ergänzend dazu wurde in der jüngeren Judikatur des Senats klargestellt, dass zur Vermeidung exekutionsrechtlicher Schwierigkeiten, wenn also durch die Entscheidung ein Exekutionstitel (etwa ein Kostentitel) geschaffen wird, eine möglichst präzise Bezeichnung jedenfalls jener Parteien anzustreben ist, für die oder gegen die ein Exekutionstitel erwirkt wird (5 Ob 85/11b). Verfahrensparteien müssen daher nur dann namentlich im Spruch der Entscheidung angeführt werden, wenn sie mit einer Kostenersatzpflicht belegt werden (5 Ob 154/12a; 5 Ob 3/15z). Damit wurde klargestellt, dass gegenüber einem – aus welchen Gründen auch immer – in der Entscheidungsausfertigung nicht namentlich genannten Wohnungseigentümer ein derartiger Hausanschlag eine rechtswirksame Zustellung bewirkt (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ § 52 WEG Rz 79). Entgegen der Ansicht des 193. Antragsgegners ist der in ständiger Rechtsprechung gefestigte Ansatz, dass die Parteien des Verfahrens im Kopf der Entscheidung nicht ständig zu aktualisieren sind, um die Wirksamkeit der Zustellung einer Entscheidung auf die in § 52 Abs 2 Z 4 WEG vorgesehene Weise zu gewährleisten, keineswegs nur auf Fälle eines Wechsels von Eigentümern während des Verfahrens beschränkt.

4.3 Wesentlich für die Wirksamkeit der Zustellung ist, dass durch die Beachtung der Zustellvorschriften eine Einbeziehung der jeweils materiell‑rechtlich als Parteien anzusehenden Personen gewährleistet ist (RS0083106). Ausgehend davon, dass sich keiner mit der Unkenntnis der Gesetze entschuldigen kann (RS0113768), muss zugrunde gelegt werden, dass sich der Fruchtgenussberechtigte über seine Rechtsposition im Klaren ist, insbesondere darüber, dass er in Angelegenheiten der Verwaltung an die Stelle des Wohnungseigentümers tritt. Er ersetzt den Wohnungseigentümer in diesen Angelegenheiten. Dadurch unterscheidet sich auch seine Stellung von jener des schlichten Miteigentümers in einem Mischhaus grundlegend, dem nach der Rechtsprechung individuell zuzustellen ist (5 Ob 8/90). Der Fruchtgenussberechtigte muss daher damit rechnen, dass gerichtliche Entscheidungen, die auch ihm gegenüber Rechtswirksamkeit entfalten können, zulässigerweise durch Hausanschlag gemäß § 52 Abs 2 Z 4 WEG zugestellt werden können. Dass er im Kopf der Entscheidung nicht ausdrücklich als Partei angeführt wird, steht seiner Einbeziehung in das Verfahren durch den Hausanschlag und damit der Wirksamkeit einer auf diesem Weg erfolgten Zustellung nicht entgegen.

5. Für den vorliegenden Fall folgt: Der Hausanschlag des Sachbeschlusses vom 11. 3. 2019 wurde am 13. 3. 2019 vollzogen. Im Kopf der Entscheidung war neben allen anderen Wohnungseigentümern der Eigentümer der Wohnung W 15 St III anstelle des Fruchtgenussberechtigten als 193. Antragsgegner angeführt. Da der Fruchtgenussberechtigte in Angelegenheiten der Verwaltung aber an die Stelle des Eigentümers eines derart belasteten Mindestanteils tritt, war seine Einbeziehung in das Verfahren ausreichend gewährleistet, sodass dieser Umstand einer wirksamen Zustellung durch Hausanschlag auch an ihn nicht entgegen steht. Damit erweist sich auch sein Rekurs als verspätet.

6. Dem Revisionsrekurs des 193. Antragsgegners ist damit ein Erfolg zu versagen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

III. Zur Zurückweisung der Revisionsrekursbeantwortung:

Die mit Sachbeschluss des Erstgerichts vom 11. 3. 2019 zum vorläufigen Verwalter bestellte Immobilien Treuhand GmbH ist nicht Partei dieses Revisionsrekursverfahrens; ihr wurde die Beantwortung des Rechtsmittels des 193. Antragsgegners durch den Obersten Gerichtshof auch nicht gemäß § 68 Abs 3 Z 3 AußStrG freigestellt. Ihr Schriftsatz ist daher zurückzuweisen.

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