OGH 5Ob200/08k

OGH5Ob200/08k21.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft der EZ ***** GB *****, vertreten durch Winkler‑Heinzle Rechtsanwaltspartnerschaft in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1.) Olga E*****, 2.) Melanie E*****, 3.) Florian E*****, sämtliche *****, drittbeklagte Partei vertreten durch den Sachwalter Dr. Wolfgang Hirsch, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 1.430,22 EUR sA über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 14. Juli 2008, GZ 2 R 184/08m‑7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bezau vom 17. Juni 2008, GZ 3 C 418/08g‑3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

An den 14/118‑Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** GB *****, mit denen Wohnungseigentum an W2 verbunden ist, ist das Eigentumsrecht des am 26. 2. 2005 verstorbenen Johann E***** eingetragen.

Mit der am 12. 6. 2008 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Eigentümergemeinschaft von den Beklagten rückständige Betriebskostenvorschreibungen für den Zeitraum Jänner 2008 bis Juni 2008. Verbunden mit dieser Klage beantragte die Klägerin unter Hinweis auf das gesetzliche Vorzugspfandrecht (§ 27 Abs 1 WEG 2002) die Anmerkung der Klage. Mit Einantwortungsbeschluss vom 14. 8. 2006 sei die Verlassenschaft, mit Ausnahme der Miteigentumsanteile, der Erstbeklagten zu 1/4 und den zweit- und drittbeklagten Parteien zu je 3/8 Anteilen eingeantwortet worden. Die Klägerin berief sich zum Nachweis der Rechtsnachfolge auf den Verlassenschaftsakt und den - der Klage nicht beigelegten - Einantwortungsbeschluss. Das Verfahren ruht seit 9. 7. 2008, nachdem die für diesen Tag anberaumte Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung unbesucht geblieben ist.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Anmerkung der Klage ab, weil § 21 GBG eine Eintragung nur gegen den grundbücherlichen Eigentümer zulasse, nicht aber gegen Rechtsnachfolger.

Gegen diesen Beschluss erhob die Klägerin am 3. 7. 2008 Rekurs.

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Antrags auf Anmerkung der Klage. Das im Hauptverfahren eingetretene Ruhen hindere - insoweit vergleichbar mit Entscheidungen über mit dem Hauptverfahren zusammenhängende Exekutions- und Sicherungsverfahren ‑ nicht die Entscheidung über das Rechtsmittel im Verfahren über den Antrag auf Anmerkung der Klage. Das ex lege bestehende Vorzugspfandrecht könne auch gegen den außerbücherlichen Rechtsnachfolger geltend gemacht werden, wie der Oberste Gerichtshof bereits im Verhältnis zum Ersteher ab Anmerkung des Zuschlags im Grundbuch (5 Ob 207/00b) und im Fall des außerbücherlichen Eigentumserwerbs durch Verschmelzung nach §§ 96 f GmbHG (5 Ob 252/03z) judiziert habe. Die Klägerin habe hier aber die behauptete außerbücherliche Rechtsnachfolge weder schlüssig behauptet noch durch Urkunden (§ 87 GBG) bewiesen.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels fehlender höchstgerichtlicher Judikatur zu folgenden Fragen zu: 1.) ist die Anmerkung der Klage nach Einantwortung, aber noch vor grundbücherlicher Eintragung der Rechtsnachfolger zulässig, 2.) kann vom Erfordernis des § 87 GBG bei einer Anmerkung der Klage nach § 27 Abs 2 WEG 2002 abgegangen werden, 3.) ist in einem derartigen Verfahren die Entscheidung über einen zuvor eingebrachten Rekurs nach Eintritt des Ruhens zulässig?

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller, der die Bewilligung des Antrags auf Anmerkung der Klage anstrebt, ist zur Klarstellung der Rechtslage, soweit es die Auswirkungen des im Hauptverfahren eingetretenen Ruhens auf das Verfahren über die Anmerkung der Klage nach § 27 Abs 2 WEG 2002 betrifft, zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Die Wirkungen des Ruhens entsprechen im Wesentlichen jenen einer Unterbrechung eines Verfahrens; lediglich die bei Eintritt des Ruhens bereits begonnenen Rechtsmittelfristen laufen weiter (Fink in Fasching/Konecny² § 168 Rz 20; Gitschthaler in Rechberger3 §§ 168 f ZPO Rz 6). Über Rechtsmittel, die bereits vor Eintritt des Ruhens eingebracht wurden, ist nicht zu entscheiden, solange das Verfahren ruht (Fink aaO Rz 25; Gitschthaler aaO; 8 Ob 625/91; 9 ObA 15/04b = RIS‑Justiz RS0037056 [T5]; vgl zur Unterbrechung: RS0037056 [T1]; RS0036809 [T2, T4 und T6]). Der Akt ist in solchen Fällen vorerst ohne Erledigung zurückzustellen (9 ObA 15/04b ua).

Ein Antrag auf grundbücherliche Streitanmerkung ist aber nach den Verfahrensvorschriften des Grundbuchsrechts zu behandeln, auch wenn er beim Prozessgericht gestellt wird (RIS‑Justiz RS0060701; RS0060516; RS0113517; RS0117694). Die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes sind grundsätzlich auch im Grundbuchsverfahren anzuwenden (§ 75 Abs 2 GBG). § 28 AußStrG regelt den Eintritt des Ruhens in einem außerstreitigen Verfahren, an dem mindestens zwei Parteien beteiligt sind, in zwei Fällen: bei ausdrücklicher, dem Gericht angezeigter Ruhensvereinbarung (Abs 1) und bei Säumnis aller ordnungsgemäß zu einer Verhandlung geladenen Parteien (Abs 2). Voraussetzung ist - nach dem eindeutigen Gesetzestext - ein Zwei- oder Mehrparteienverfahren (Rechberger in Rechberger AußStrG § 28 Rz 2f; Fucik/Kloiber AußStrG § 28 Rz 1; Feil AußStrG § 28 Rz 1). Die Bestimmungen des § 28 AußStrG über das Ruhen sind im Grundbuchsverfahren jedoch nicht anzuwenden (so ausdrücklich ErläutRV Außerstreit‑BegleitG 225 BlgNR 22. GP 24). Dies ergibt sich einerseits aus dem Zwischenerledigungsverbot des § 95 GBG, vor allem aber aus dem typischen Fehlen eines kontradiktorischen Interessengegensatzes zwischen den Parteien (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 75 GBG Rz 58). Im Verfahren über die Anmerkung der Klage nach § 27 Abs 2 WEG 2002 ist somit ein Ruhen ausgeschlossen. Schon aus diesem Grund sind Entscheidungen über die Rechtsmittel der Klägerin nicht unzulässig.

2. Die beiden anderen im Zulassungsausspruch genannten Fragen stellen sich nicht. Das Prozessgericht hat den Antrag auf Anmerkung der Klage gemäß § 27 Abs 2 WEG 2002 auf Schlüssigkeit zu prüfen (5 Ob 242/07k; Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 27 WEG 2002 Rz 16). Dieser Schlüssigkeitsprüfung hält der Antrag nicht stand:

Zunächst nimmt die Klägerin in ihrem Vorbringen die Miteigentumsanteile des Erblassers ausdrücklich von der Wirkung der Einantwortung (und damit von der behaupteten außerbücherlichen Gesamtrechtsnachfolge) aus. Einem außerbücherlichen Eigentumserwerb durch die drei Erben, denen die Verlassenschaft auch nicht zu gleichen Teilen eingeantwortet wurde, steht außerdem die zwingende Bestimmung des § 12 Abs 2 WEG 2002 entgegen. Fällt nämlich nach dem Tod des Wohnungseigentümers nach den Ergebnissen des Verlassenschaftsverfahrens der mit dem Wohnungseigentum verbundene Mindestanteil - soweit hier relevant - mehr als zwei natürlichen Personen oder zwei natürlichen Personen zu unterschiedlichen Anteilen zu und kommt es auch nicht zur Bildung einer eingetragenen Personengesellschaft (idF des HaRÄG - zuvor: Erwerbsgesellschaft), die den Mindestanteil erwirbt, so hat das Verlassenschaftsgericht eine öffentliche Feilbietung des Mindestanteils und des damit verbundenen Wohnungseigentums durch Versteigerung vorzunehmen (vgl 5 Ob 297/00p = SZ 73/194). Mehrere Erben können das Wohnungseigentum daher nicht gemäß ihren Erbquoten aufteilen, es sei denn, es gibt - anders als in diesem Fall - nur zwei Erben, denen jeweils eine Quote von 50 % zukommt (S. Gantner in Hausmann/Vonkilch aaO § 12 WEG Rz 17 mwN und Rz 24).

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