Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:
Im Grundbuch***** wird ob der EZ ***** auf den 110/2187 Anteilen der S***** KEG nachstehende Eintragung bewilligt:
Aufgrund des Nutzwertgutachtens vom 16. Juni 2000, des Gutachtens vom 16. Juni 2000, der Grundbuchsurkunde vom 1. September 2000 und des Rangordnungsbeschlusses vom 28. Juni 2000 TZ 851/00
die Einverleibung des Wohnungseigentums mit 4/2187 Anteilen an S 4-EG zugunsten der S***** KEG.
Der Vollzug bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Hievon werden verständigt
1. S***** KEG, *****
2. Martha P*****
3. Thomas-Werner R*****
4. Herwig T*****
5. Volksbank ***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****
6. Stadtamt 8940 Liezen
7. Finanzamt 8940 Liezen
8. Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in Schladming unter Rückschluss der Originalurkunden.
Text
Begründung
Aufgrund der oben bezogenen Urkunden begehrte die Antragstellerin die Einverleibung des Wohnungseigentums auf den 110/2187stel Anteilen der S***** KEG zu 4/2187stel Anteilen an "Bankomat", im Gutachten des Baumeisters Manfred S***** bezeichnet als "S 4-EG" im Ausmaß von 3,06 m**2. Beide Vorinstanzen wiesen das Eintragungsbegehren mit der Begründung ab, der "Bankomat" sei keine "sonstige selbständige Räumlichkeit im Sinn des § 1 Abs 1 WEG".
Der mit dem Grundbuchsantrag vorgelegte Bauplan - Wohn- und Geschäftshaus S*****, L*****, Grundriss Erdgeschoß, auf den sich das Gutachten des Manfred S***** bezieht, weist den Bankomatraum als 3,06 m**2 großen allseitig ummauerten Raum mit Öffnung zum Treppenhaus auf. Weiters ist eine Öffnung an der Außenfassade vorhanden.
Das Rekursgericht begründete die Antragsabweisung damit, dass ein Bankomat seiner natürlichen Zweckbestimmung nach ein zur Bewahrung von Sachen dienendes und sie einschließendes Gebilde sei, das nicht dazu bestimmt sei, von Benützern betreten zu werden, wobei es sich auf höchstgerichtliche Rechtsprechung zu § 129 Z 2 StGB berief (vgl RIS-Justiz RS0094003). Mangels Begehbarkeit handle es sich nicht um einen Raum. Nach § 1 Abs 1 WEG seien taugliche Objekte zur Begründung selbständigen Wohnungseigentums aber nur "selbständige Wohnungen" oder "sonstige selbständige Räumlichkeiten".
Im Falle einer Verbücherung des Wohnungseigentumsrechts an einer "sonstigen selbständigen Räumlichkeit" sei das Grundbuchsgericht nicht an eine Nutzwertfestsetzung gebunden, sondern habe selbständig zu prüfen, ob nach der Verkehrsauffassung dem Raum eine selbständige wirtschaftliche Bedeutung zuzuerkennen sei. Unter Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung und die geringe Größe des Raums sei eine solche Qualifikation zu verneinen, weil nach den Planunterlagen keineswegs gesichert sei, dass der Bankomatraum nach Installierung des Bankomaten überhaupt vom Benutzerkreis betreten und somit geschäftlich genützt werden könne.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen sei, weil zur Frage der selbständigen wirtschaftlichen Bedeutung von "sonstigen selbständigen Räumlichkeiten" im Sinn des § 1 Abs 1 WEG keine ausreichende höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist.
Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Zutreffend hat das Rekursgericht ausgeführt, dass die Wohnungseigentumstauglichkeit eines Objekts vom Grundbuchsgericht, bei dem die Einverleibung des Wohnungseigentums beantragt wird, selbständig zu prüfen ist und dass dieser Prüfung bei "sonstigen selbständigen Räumlichkeiten" im Sinn des § 1 Abs 1 WEG das Kriterium zugrundezulegen ist, ob die Verkehrsauffassung dem Raum eine selbständige wirtschaftliche Bedeutung zuerkennt (SZ 58/197; NZ 1997/393; RIS-Justiz RS0082876). Dabei wurden Kellerräume, die ihrer Ausstattung nach weder für Wohn- noch für Geschäftszwecke geeignet sind, ebensowenig als wohnungseigentumstauglich angesehen (RIS-Justiz RS0082873), wie Räumlichkeiten, die nicht allseits baulich abgeschlossen sind (RIS-Justiz RS0082847; RS0105677) oder Lagerräume in Größe von 1,3 bis 6,5 m**2 verbunden mit Autoabstellplätzen als Zubehör (WoBl 1997/24).
Im vorliegenden Fall steht fest, dass Wohnungseigentum an einem Gebäudeteil, nicht jedoch an einem Bankomaten begründet werden soll. Daher eignet sich die zu § 129 StGB ergangene Judikatur zur Definition des Bankomaten als eines Behältnisses nicht zur Klärung der Frage, ob ein selbständiger Raum vorliegt, dem nach der Verkehrsauffassung selbständige wirtschaftliche Bedeutung zuzuerkennen ist. Zweifellos liegt schon nach den Bauplänen ein allseitig umbauter Raum, also ein Gebäudeteil vor, der von allgemeinen Teilen des Hauses erreichbar ist. Selbst wenn dieser Raum nach Installierung eines Bankomaten von Personen nicht mehr betreten werden könnte, weil der gesamte Raum durch das Gerät "Bankomat" ausgefüllt wäre, änderte daran nichts. Der Raum dient dazu, mittels eines elektronischen Geräts Bankgeschäfte zu tätigen, ist somit ein Geschäftsraum. Einem solchen Raum kommt nach der Verkehrsauffassung selbständige wirtschaftliche Bedeutung zu.
Um entsprechende Missverständnisse zu vermeiden, sollte diese Räumlichkeit aber nicht als "Bankomat", sondern als Bankomatraum, im konkreten Fall als S 4-EG, bezeichnet werden.
An der Wohnungseigentumsfähigkeit dieses selbständigen Raums, der nur von allgemeinen Teilen des Hauses aus zugänglich ist, bestehen daher keine Bedenken.
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher berechtigt.
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