Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der antragsabweisende Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt.
Text
Begründung
Die Antragsteller sind - neben weiteren, nicht verfahrensbeteiligten Personen - Mit- und Wohnungseigentümer der EZ 436 Grundbuch *****, und zwar der Erstantragsteller zu B-LNR 116, der Zweitantragsteller zu B-LNR 93, die Drittantragstellerin zu B-LNR 92, der Viertantragsteller zu B-LNR 120, die Fünftantragstellerin zu B-LNR 119 und der Sechstantragsteller zu B-LNR 99 und 100. Für sämtliche Antragsteller wurde zu TZ 2595/05 im Rang TZ 1560/98 bzw 1562/98 (§ 24a Abs 2 WEG 1975) das Wohnungseigentum einverleibt. Zu TZ 1536/2002 wurde auf der gesamten Liegenschaft jeweils auf Grund des Servitutsvertrags vom 28. 3. 2002 jeweils für Gst 4270/26, 4270/13 und 4270/27 zu C-LNR 52a die Dienstbarkeit der Fernwärmeleitungen gemäß Punkt II. D) d), zu C-LNR 53a die Dienstbarkeit der Garagenein-, -aus- und -durchfahrten gemäß Punkt II. D) c), zu C-LNR 54a die Dienstbarkeit des öffentlichen Durchganges gemäß Punkt II. D) b) und zu C-LNR 55a die Dienstbarkeit der Zufahrten für Feuerwehr und Müllfahrzeuge gemäß Punkt II. D) a) einverleibt.
Die W***** ErrichtungsgesmbH ist Alleineigentümerin des Gst 4270/26 der EZ 434 Grundbuch *****. Die W***** VermietungsgesmbH ist zu mehreren Anteilen Mit- und Wohnungseigentümerin hinsichtlich der Gst 4270/13 und 4270/27 der EZ 432 und 435 je Grundbuch *****. Die Antragsteller beantragten innerhalb der Frist des § 57 Abs 1 GBG ob ihren Anteile B-LNR 92, 93, 99, 100, 116, 119 und 120 der EZ 436 Grundbuch ***** die Einverleibung der Löschung der im Rang der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum nachfolgend einverleibten Dienstbarkeiten C-LNR 52a, C-LNR 53a, C-LNR 54a und zu C-LNR 55a.
Das Erstgericht wies das Eintragungsgesuch ab. Die Dienstbarkeiten seien hinsichtlich der gesamten Liegenschaft einverleibt und deren Löschung nur hinsichtlich der Anteile der Antragsteller würde dazu führen, dass die Dienstbarkeiten nur auf einzelnen ideellen Anteilen dieses Grundbuchskörpers lasten würden; dies sei unzulässig. Das Rekursgericht gab dem von den Antragstellern erhobenen Rekurs Folge und bewilligte die Löschung der Dienstbarkeiten. Die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 24a Abs 2 WEG 2002 (richtig: 1975) bewirke, dass die Einverleibung des Wohnungseigentums im Rang dieser Anmerkung auch dann verlangt werden könne, wenn die Liegenschaft nach dieser Anmerkung belastet worden sei. Auf fristgerechtes Ersuchen sei die Löschung der Eintragungen zu verfügen, die nach Überreichung des Anmerkungsgesuchs erwirkt worden seien (§ 57 Abs 1 GBG). Insofern biete die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum Schutz gegen die Veräußerung oder Verpfändung der Liegenschaft und gegen jede nachrangige vereinbarungswidrige Vorgangsweise des mit der Anmerkung Belasteten. Vorliegend seien die Grunddienstbarkeiten als Zwischeneintragungen auf der gesamten Liegenschaft einverleibt. Gemäß § 57 GBG wären die Zwischeneintragungen über fristgerechten Antrag zu löschen. Die einzigen Bedenken des Erstgerichts bestünden darin, dass die Dienstbarkeiten an der gesamten Liegenschaft einverleibt worden seien und eine Belastung auf nur einem ideellen Anteil dieses Grundbuchskörpers nicht möglich sei. Dieser Gedankengang sei zwar grundsätzlich richtig, führe jedoch nicht zur Abweisung des Löschungsbegehrens. Der Oberste Gerichtshof habe im Fall der erfolgreichen Anfechtung der Rechtshandlung eines insolvent gewordenen Ehegatten, der mit seinem Ehegatten gemeinsam am verbundenen Mindestanteil (notwendigerweise gemeinsam) ein Pfandrecht zugunsten eines Dritten begründet habe, ausgesprochen, dass die erfolgreiche Anfechtung zwangsläufig zur Unwirksamkeit der hinsichtlich beider Ehegatten getroffenen Verfügung führe, weil der Weiterbestand eines Pfandrechts nur auf dem Hälfteanteil des nicht insolventen Ehegatten der zwingenden Bestimmung des § 9 Abs 2 1. Satz WEG 1975 zuwiderlaufen würde (5 Ob 2403/96k unter Bezugnahme auf 3 Ob 563/80). Diese Entscheidung enthalte die Grundgedanken auch zur Lösung des vorliegenden Falls, weil hier ebenfalls die Einverleibung der Grunddienstbarkeit auf einem ideellen Liegenschaftsanteil unzulässig wäre (SZ 5/230). Die Konsequenz bestehe darin, dass die Zwischeneintragung gemäß § 57 Abs 1 GBG zu löschen sei, wozu zwangsläufig auch die Unwirksamkeit der Gesamteintragung komme. Ein unlösbarer Widerspruch im Hinblick auf die übrigen Wohnungseigentümer, auf deren Anteilen die Dienstbarkeiten eingetragen seien, trete deshalb nicht ein. Nach Rechtskraft dieser Entscheidung könne nämlich mit der Löschung der gesamten Eintragung gemäß § 130 GBG vorgegangen werden, weil dann ihr Inhalt nach dem Gesetz nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung sein könne.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil - soweit überblickbar - zur Frage der Löschung einer als Zwischeneintragung einverleibten Grunddienstbarkeit gemäß § 57 GBG, die nur einzelne Wohnungseigentümer betreffe, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.
1. Nach § 24a Abs 2 WEG 1975 war auf Antrag des Wohnungseigentumsbewerbers die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts im Grundbuch anzumerken (Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum). Nunmehr sieht § 40 Abs 2 WEG 2002 die grundbücherliche Sicherung des Wohnungseigentumsbewerbers in Form
der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum vor. Wird an dem in
der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum angeführten wohnungseigentumstauglichen Objekt Wohnungseigentum begründet, so kann der eingetragene Wohnungseigentumsbewerber die Einverleibung seines Eigentums am Mindestanteil und des Wohnungseigentums im Rang dieser Anmerkung auch dann verlangen, wenn die Liegenschaft nach der Anmerkung einem Dritten übertragen oder belastet wurde. § 57 Abs 1 GBG ist entsprechend anzuwenden (§ 40 Abs 4 WEG 2002 bzw § 24a Abs 3 WEG 1975).
2. Schon der Titel des § 24a WEG 1975 bzw des § 40 WEG 2002
vermittelt, dass diese Bestimmung der (frühzeitigen)
grundbücherlichen Sicherung des Wohnungseigentumsbewerbers, besonders
der Sicherung seines Ranges (5 Ob 224/03g = RdW 2004/182, 213 = JBl
2004, 518 = MietSlg 55.457 = MietSlg 55.517 = SZ 2003/130) zum Schutz
gegen nachfolgende Veräußerung oder Belastung (5 Ob 164/99z = immolex
2000/166, 269 = bbl 2000/143, 195 = RdW 2001/12, 10 = ÖBA 2001/941,
242 = MietSlg 52.114 = MietSlg 52.608 = SZ 73/80) dient(e). Die
Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts bewirkt, dass in sinngemäßer Anwendung des § 57 Abs 1 GBG die Löschung sämtlicher, nicht nach § 24a Abs 3 Z 1 - 3 WEG 1975 bzw § 40 Abs 4 Z 1 - 3 WEG 2002 ausgenommener Eintragungen begehrt werden kann (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, § 40 WEG 2002 Rz 27).
3. Die Vorinstanzen und die Revisionsrekurswerber gehen übereinstimmend davon aus, dass das Bestehen einer Grunddienstbarkeit, die nur bestimmte ideelle Anteile einzelner Miteigentümer belaste, rechtlich unmöglich sei (vgl 5 Ob 2036/96i mwN = SZ 69/110 = MietSlg 48.007; RIS-Justiz RS0013190); damit begründete das Erstgericht die Antragsabweisung. Die Revisionsrekurswerber
stützen sich im Wesentlichen auf die Entscheidung 5 Ob 216/98w (=
immolex 1999/87, 123 = wobl 1999/103, Call = NZ 2000, 141 = MietSlg 50.042), aus der sie ableiten, dass dem (einzelnen) Miteigentümer die Aktivlegitimation zur Löschung von belastenden Dienstbarkeiten fehle. Im vorliegenden Fall geht es aber weder um die Belastung einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft mit einer Dienstbarkeit als eine nur von allen Teilhabern gemeinsam zu treffende Verfügung (vgl 5 Ob 458/97g = wobl 1998, 147/104 mwN = immolex 1998/84, 142 = MietSlg 49/44), noch um die Klage auf Feststellung einer auf dem gemeinsamen Gut haftenden Dienstbarkeit oder die Eigentumsfreiheitsklage gegen die von Miteigentümern an einer Liegenschaft beanspruchte
Dienstbarkeit (vgl 5 Ob 230/97b = immolex 1997/187, 335 = wobl
1998/201, 308, Call = MietSlg 49.509), und auch nicht - wie in 5 Ob
216/98w - um die Zustimmung der Miteigentümer zur Klage auf Löschung einer das gemeinsame Gut belastenden Dienstbarkeit. Vielmehr dient die von § 24a Abs 3 WEG 1975 bzw § 40 Abs 4 WEG 2002 angeordnete, sinngemäße Anwendung des § 57 Abs 1 GBG der Umsetzung des Rangprinzips (vgl 5 Ob 281/04s = RdW 2005, 487 = NZ 2005, 375, Hoyer = SZ 2005/38; 5 Ob 79/04k = wobl 2004/94, 363 = ecolex 2004/440, 945; RIS-Justiz RS0112058). Der durch die Anmerkung Gesicherte soll durch die Löschung der Zwischeneintragungen so gestellt werden, wie wenn sein Recht schon im Zeitpunkt der Anmerkung einverleibt worden wäre.
4. Die hier fraglichen Dienstbarkeiten wurden erst nach dem Zeitpunkt der zu Gunsten der Antragsteller erfolgten Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts einverleibt. Der (schon oben zu 2. dargestellte) Schutzzweck des § 24a Abs 3 WEG 1975 bzw § 40 Abs 4 WEG 2002 einerseits und die konsequente Umsetzung des Rangprinzips in sinngemäßer Anwendung des § 57 Abs 1 GBG andererseits müssen daher im Grundsatz dazu führen, dass jedem einzelnen seinerzeitigen Wohnungseigentumsbewerber und nunmehrigen Mit- und Wohnungseigentümer - vorbehaltlich der sich aus § 24a Abs 3 Z 1 - 3 WEG 1975 bzw § 40 Abs 4 Z 1 - 3 WEG 2002 ergebenden Einschränkungen - die Möglichkeit der Löschung dieser Zwischeneintragungen eröffnet wird. Wollte man demgegenüber ein Einschreiten aller seinerzeitigen Wohnungseigentumsbewerber und nunmehrigen Mit- und Wohnungseigentümer gleich einer einheitlichen Streitpartei (§ 14 ZPO; vgl dazu auch 5 Ob 104/05p = wobl 2006/105, 234) verlangen, würde dies den Schutz des § 24a Abs 3 WEG 1975 bzw § 40 Abs 4 WEG 2002 praktisch völlig entwerten und das Rangprinzip geradezu aushöhlen, müsste doch jeder seinerzeitige Wohnungseigentumsbewerber und nunmehrige Mit- und Wohnungseigentümer die nachrangige unteilbare Last hinnehmen, wenn auch nur ein einziger Mit- und Wohnungseigentümer - aus welchen Gründen immer - nicht zur Erhebung eines gemeinsamen Löschungsantrags bereit ist.
5. Wie allerdings das Erstgericht und die Revisionsrekurswerber im Grunde zutreffend erkennen, kann aber eine Grunddienstbarkeit immer nur auf dem ganzen Grundbuchskörper lasten (5 Ob 80/99x = RPflSlgG 2644) und die Belastung einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft mit einer Grunddienstbarkeit muss notwendiger Weise für alle Miteigentumsanteile gleich sein (5 Ob 254/02t). Die vom Rekursgericht bewilligte Löschung der Dienstbarkeiten nur hinsichtlich der Anteile der Antragsteller würde daher zu einer rechtlich unzulässigen, grundbuchswidrigen Eintragung führen (vgl dazu RIS-Justiz RS0060300). Die richtige und grundsätzlich (vorbehaltlich der sich aus § 24a Abs 3 Z 1 - 3 WEG 1975 bzw § 40 Abs 4 Z 1 - 3 WEG 2002 ergebenden Einschränkungen) bewilligungstaugliche - sowohl mit dem Schutzzweck der Anmerkung als auch mit dem Rangprinzip in Einklang stehende - Vorgangsweise der Antragsteller hätte demnach darin bestanden, die Löschung der in Rede stehenden Dienstbarkeiten hinsichtlich der gesamten Liegenschaft zu beantragen. Da die Antragsteller einen solchen Antrag aber nicht gestellt haben, die tatsächlich beantragte Löschung der Dienstbarkeiten nur hinsichtlich ihrer Anteile aber nicht in Betracht kommt, muss es aus diesem Grund zur Wiederherstellung der antragsabweislichen Entscheidung des Erstgerichts kommen.
6. Für den Fall einer Antragstellung auf Einverleibung der Löschung
der Dienstbarkeiten hinsichtlich des gesamten Grundstücks wird
allerdings auf die sich aus § 24a Abs 3 Z 2 WEG 1975, nunmehr § 40
Abs 4 Z 2 WEG 2002 ergebende, eine Löschung gegebenenfalls
auschließende Einschränkung Bedacht zu nehmen sein. Von der Löschung
sind nämlich Eintragungen ausgenommen, zu deren Übernahme sich der
Wohnungseigentumsbewerber gegenüber dem Liegenschaftseigentümer
verpflichtet hat. Zwar verlangt § 94 Abs 1 GBG grundsätzlich nur den
urkundlichen Nachweis rechtserzeugender Tatsachen und in der Regel
muss dem Grundbuchsgericht das Fehlen aufhebender oder
rechtshindernder Umstände und Tatsachen, sofern Sondergesetze (etwa
Grundverkehrsgesetze) nichts anderes anordnen, nicht nachgewiesen
werden, weil insbesondere im Wege des Urkundenbeweises ein
lückenloser Negativbeweis praktisch unmöglich ist (5 Ob 16/02t = ZIK
2002/240, 171 = immolex 2003/13, 22 = NZ 2003, 124, Hoyer = SZ
2002/33 = MietSlg 54/10 = RPflSlgG 2786); ausnahmsweise ist hier
allerdings wegen der bestehende Nähe zum Beweis und der typischen Art der Lasten (Grunddienstbarkeiten zur Versorgung der Wohnungseigentumsanlage), die einen Anwendungsfall des § 40 Abs 4 Z 2 WEG 2002 plausibel erscheinen lassen, von den antragstellenden Mit- und Wohnungseigentümern die Vorlage der Kaufverträge mit dem Liegenschaftseigentümer zu fordern; danach wird das Vorliegen oder Fehlen der Voraussetzungen des § 40 Abs 4 Z 2 WEG 2002 vom Grundbuchsgericht zu beurteilen sein.
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