OGH 5Ob107/08h

OGH5Ob107/08h26.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Jesch, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Estermann & Partner KG Rechtsanwälte in Mattighofen, wegen 44.327,07 EUR sA (Revisionsstreitwert: 43.305,67 EUR sA) über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 31. März 2008, GZ 6 R 193/07f-64, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Klägerin war als Subunternehmerin bei einem Bauvorhaben mit der Herstellung der Fußböden beauftragt worden und kaufte bei der Beklagten aus deren Eigenproduktion dreischichtig verleimte Dielenbretter. Über Auftrag der Klägerin verlegte ein anderes Unternehmen diese Bretter.

Bei zwei dieser Bretter fehlte partiell die Mittelschicht, sichtbar am Ende der Bretter, was der Beklagten infolge fehlerhafter Endqualitätskontrolle nicht aufgefallen war.

Für den Bodenverleger wäre der Mangel erkennbar gewesen. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens kam es in dem bereits bezogenen Objekt zum Einbrechen von Dielenparkettbrettern an zwei Stellen. Aus dem Titel des Schadenersatzes verlangt die Klägerin von der Beklagten die Mängelbehebungskosten als Erfüllungsinteresse in Geld. Davon umfasst ist auch eine 50 %ige Wertminderung für jene Bereiche, in denen zwar ein Austausch der Dielenbretter nicht erforderlich war, jedoch ein neuerliches Abschleifen und Versiegeln des Parkettbodens. Die Wertminderung ist durch Sachverständigengutachten erhärtet. Weiters ist im Klagebegehren jener Betrag enthalten, der der Klägerin als Kosten für Miete, Kapital und verminderte Nutzbarkeit des Weitergaberechts infolge Unbenützbarkeit der Objekte im Obergeschoß von ihrem Auftraggeber von der Schlussrechnung abgezogen wurden. Beide Vorinstanzen verpflichteten die Beklagte zur Zahlung des gesamten (mit Ausnahme eines USt-Betrags für Eigenleistungen der Klägerin) geltend gemachten Schadenersatzanspruchs an die Klägerin. In ihrer außerordentlichen Revision macht die Beklagte insbesondere geltend, das Berufungsgericht habe eine unrichtige Ergänzung erstgerichtlicher Feststellungen ohne Beweiswiederholung vorgenommen und dadurch einen erheblichen Verstoß gegen § 488 Abs 4 ZPO iVm § 281a ZPO bewirkt. Das Berufungsgericht hätte nach Ansicht der Revisionswerberin die erstgerichtliche Feststellung, für die Verlegerfirma wäre das Fehlen der mittleren Schicht bei zwei Brettern bei den Verlegungsarbeiten erkennbar gewesen, nicht als Unerkennbarkeit des Mangels für die Klägerin werten dürfen.

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen davon, dass die Revision in diesem Zusammenhang auf § 1168a ABGB rekurriert und von einer Untersuchungspflicht der Klägerin gegenüber dem Generalunternehmer ausgeht, obwohl zwischen den Parteien ein Kaufvertrag vorliegt, wurde dadurch keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens begründet, sondern eine rechtlich erhebliche Erwägung angestellt, auf die noch einzugehen sein wird.

In der außerordentlichen Revision werden weiters zu Unrecht Feststellungen vermisst, die ohnedies getroffen wurden, und eine unterbliebene Erledigung der Beweisrüge über die fehlerhafte Endqualitätsprüfung durch die Beklagte behauptet, welcher Vorwurf unzutreffend ist.

Die vom Berufungsgericht ausdrücklich nach Erledigung einer Beweisrüge getroffene Feststellung über die Angemessenheit der Wertminderung kann in der außerordentlichen Revision nicht mehr bekämpft werden.

Entgegen den Behauptungen der Revision wird in der Klage kein entgangener Gewinn der Klägerin geltend gemacht. Der der Klägerin von ihrem Auftraggeber rechtens auferlegte Ersatz für die Unbenützbarkeit des Objekts infolge der notwendigen Reparaturen ist Teil des der Klägerin selbst entstandenen Schadens infolge Abzugs von ihren Forderungen durch den Generalunternehmer in der Schlussrechnung. Die Auferlegung der weiteren Mangelfolgeschäden durch das Berufungsgericht ist durch entsprechende Feststellungen gedeckt. In rechtlicher Hinsicht trifft es zu, dass die Verletzung einer die Klägerin aus dem beidseitigen Unternehmergeschäft gemäß § 377 UGB treffenden Untersuchungs- und Rügeobliegenheit ihr als Mitverschulden angelastet werden kann (vgl Koziol/Welser13 II 81 mwN). Die Untersuchungsanforderungen des Käufers hängen wesentlich von der Natur der Ware, den Branchengepflogenheiten, vom Gewicht der zu erwartenden Mangelfolgen, Auffälligkeiten der Ware, etc ab. Welche Untersuchungshandlungen dem Käufer jeweils zuzumuten sind, bestimmt sich nach objektiven Gesichtspunkten und den Umständen des Einzelfalls (vgl RIS-Justiz RS0112467; RS0062357 [T3; T4]; RS0062458 [T4; T6]). Dass die einen Käufer treffende Pflicht (Obliegenheit) nicht mit der Untersuchungspflicht des Werkunternehmers gemäß § 1168a ABGB (vgl zu deren Umfang: RIS-Justiz RS0022216 ua) gleichgesetzt werden kann, versteht sich demnach von selbst. Selbst wenn sich die Klägerin des Bodenlegers als Erfüllungsgehilfen (hinsichtlich der sie aus dem Kaufvertrag treffenden Untersuchungsobliegenheit) bedient hätte, gilt, dass sie dadurch weder besser noch schlechter gestellt werden darf, als wenn sie selbst handelte (vgl 4 Ob 283/98s). Dazu ist noch die aus dem Sachverständigengutachten gewonnene (gemischte) Feststellung zu berücksichtigen, dass nicht einmal der Bodenverleger verpflichtet gewesen wäre, jedes Brett vor der Verlegung einzeln zu prüfen.

Dass das Berufungsgericht bei dieser Sach- und Rechtslage einen die Schadenersatzpflicht ausschließenden oder infolge Mitverantwortung vermindernden Verstoß der Klägerin gegen eine sie treffende Untersuchungs- und Rügeobliegenheit verneinte, stellt im Einzelfall keine Fehlbeurteilung her, die vom Obersten Gerichtshof zu korrigieren wäre.

Letztlich ist auch der Einwand der Unverhältnismäßigkeit des Verbesserungsaufwands in der Revision nicht zielführend. Der Schaden hätte, meint die Revisionswerberin durch Ersatz von zwei schadhaften Dielenbrettern beseitigt werden können, während alle anderen von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche, die die Beseitigung von Mangelfolgeschäden betreffen, wirtschaftlich nicht sinnvoll und daher dem Schädiger nicht zumutbar seien. Es trifft zwar zu, dass im vorliegenden Fall ein krasses Missverhältnis zwischen dem Wert der zwei schadhaften Dielenbretter und dem geltend gemachten Verbesserungsaufwand vorliegt, doch ist die konkrete Bedeutung der Behebung des Mangels für den Besteller und seine Beeinträchtigung maßgeblich (vgl RIS-Justiz RS0022044; RS0022063, zuletzt 8 Ob 108/06z = JBl 2007, 519 [Faber]). Die exorbitanten Mangelfolgeschäden entstanden der Klägerin vor allem deshalb, weil es um ein luxuriöses Bauvorhaben in bester Wiener Innenstadtlage (Büros und Suiten) ging und der Schaden erst nach Fertigstellung und Bezug auftrat. Wenn das Berufungsgericht bei dieser besonderen Sachlage den gesamten Schadenersatzanspruch bejahte, steht das in Einklang mit höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0021717 [insbes T4; T5; T6]).

Insgesamt vermag die außerordentliche Revision somit keine Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Das hatte zur Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten zu führen.

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