European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0040OB00083.21S.0527.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Streitteile sind Medieninhaberinnen von Tageszeitungen.
[2] Die Vorinstanzen wiesen das Sicherungsbegehren der Klägerin, wonach der Beklagten die Eigenbewerbung ihres Abonnements mit bestimmten irreführenden bzw unrichtigen Behauptungen untersagt werden möge, mangels Wiederholungsgefahr wegen des Angebots der Beklagten auf Abschluss eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs ab.
[3] Mit ihrem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf.
Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Nach gesicherter Rechtsprechung beseitigt das (wenngleich vom Kläger abgelehnte) Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs im Regelfall die Wiederholungsgefahr (RIS‑Justiz RS0079899; RS0079966). Entscheidend ist dabei, ob der Kläger durch den Vergleich all das bekommt, was er mit einem Urteil erreichen könnte (RS0079966 [T2]; RS0079180 [T5, T9]) und ob der Sinneswandel des Beklagten ernsthaft und unzweifelhaft ist (RS0079966; RS0079898; RS0079180 [T5, T14]). Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen Wiederholungsgefahr besteht, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042818; RS0031981; RS0079180 [T11]). Die Entscheidung der Vorinstanzen hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung und wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[5] 2. Unter Bezugnahme auf eine Glosse von Rami (ÖBl 2017/44, 158) wendet sich die Klägerin gegen die Rechtsprechung zum Wegfall der Verletzungsgefahr im Zusammenhang mit einem Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvergleichs. Auch darauf kann sich die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen:
[6] 2.1 Der Hinweis, dass die Vermutung eines Sinneswandels durch das Vergleichsangebot nicht belegt und vielmehr im Einzelfall auf der Tatsachenebene zu klären sei, blendet aus, dass die kritisierte Rechtsprechung nur auf den Regelfall abzielt und ein solcher Sinneswandel im Einzelfall trotz des Vergleichsanbots durchaus auch verneint werden kann. Auch die im Anlassfall zugunsten der Beklagten getroffene Entscheidung hängt damit entscheidend von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab.
[7] 2.2 Mit dem Vorwurf, dass der angebliche Sinneswandel unter der Bedingung der Annahme des Vergleichs stünde, wird die Rechtsprechung nicht nachvollziehbar inhaltlich kritisiert, sondern vielmehr falsch interpretiert. Die Rechtsprechung vertritt nicht, dass der Sinneswandel bedingt ist. Nur das Zustandekommen des Vergleichs ist (durch dessen Annahme) bedingt. Hingegen muss der Sinneswandel nach der Rechtsprechung unabhängig vom wirksamen Zustandekommen des Vergleichs eintreten.
[8] 2.3 Das Rechtsmittel geht zutreffend davon aus, dass ein Unterlassungsbegehren wegen des Wegfalls der Wiederholungsgefahr mit Kostenfolgen für den Kläger abzuweisen ist. Dass darin eine „unmögliche Konsequenz“ liegen soll, ist nicht nachvollziehbar, zumal die Wiederholungsgefahr eine der Anspruchsvoraussetzungen für den Sicherungsantrag ist.
[9] 2.4 Das Argument, dass ein Vergleich wegen der Möglichkeit, diesen anzufechten, dem Kläger keinesfalls Rechtssicherheit biete, lässt den Umstand unberücksichtigt, dass auch der Bestand einer Gerichtsentscheidung trotz ihrer Rechtskraft nicht garantiert ist (vgl Wiedereinsetzung, Wiederaufnahmsklage, Nichtigkeitsklage, Antrag nach § 42 JN).
[10] 2.5 Ob Unterlassungsvergleiche überhaupt unter § 46 MedienG fallen, ist im konkreten Fall nicht relevant, weil die beklagte Medienunternehmerin ohnedies die Veröffentlichung des Vergleichs in ihren Medien angeboten hat. Die angebliche „Benachteiligung“ der Klägerin wird in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar dargelegt.
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