OGH 4Ob78/10i

OGH4Ob78/10i31.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr.

Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** H*****, vertreten durch Siegl, Choc & Axmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei MG***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 984.420,51 EUR sA und Feststellung (Streitwert 15.000 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. Jänner 2010, GZ 4 R 176/09y‑50, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Juli 2009, GZ 22 Cg 78/07f‑45, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der Kläger und sein Vater waren Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft, die eine Apotheke betrieb. Der Anteil des Klägers betrug 1 %, jener seines Vaters 74 %. Komplementärin mit einem Anteil von 25 % und Inhaberin der Konzession war eine andere Person.

Die Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin jener Steuerberatungsgesellschaft, der der Kläger und sein Vater zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt zwischen 1990 und 1994 den Auftrag erteilten hatten, sie in allen steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu vertreten. In beiden schriftlichen Vollmachten wurde festgehalten, dass die allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder (kurz: AAB) für die Auftragsverhältnisse gelten. Gemäß § 8 Abs 4 dieser AAB kann ein Schadenersatzanspruch nur innerhalb von sechs Monaten, nach dem der oder die Anspruchsberechtigten von dem Schaden Kenntnis erlangt haben, gerichtlich geltend gemacht werden.

Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger seines am 23. 6. 2006 verstorbenen Vaters und hält nun 75 % der Anteile an der KG.

§ 8 des Gesellschaftsvertrags der KG sah vor, dass das Apothekenunternehmen der Gesellschaft der Kontrolle durch die Kommanditisten unterliegt. Die Kommanditisten waren berechtigt, während der Geschäftsstunden und unter Vermeidung einer Behinderung des Geschäftsverkehrs in sämtliche Geschäftsbücher und Aufzeichnungen Einsicht zu nehmen, Abschriften herzustellen oder auf ihre Kosten herstellen zu lassen und vom geschäftsführenden Gesellschafter Aufklärung sowie die Abstellung etwa wahrgenommener Mängel zu verlangen. Die Kommanditisten waren berechtigt, sich dabei eines beruflich zur Verschwiegenheit verpflichteten Beistands auf ihre Kosten zu bedienen. Der geschäftsführende Gesellschafter kam seiner Verpflichtung zur Einräumung des Kontrollrechts auch dadurch nach, dass er dem Steuerberater der Gesellschaft den Auftrag zur Erteilung von Auskünften oder Vorlage der erforderlichen Unterlagen erteilte. Der geschäftsführende Gesellschafter erteilte in Erfüllung der vorstehenden Verpflichtungen dem derzeitigen Steuerberater der Apotheke die Ermächtigung, in seinem Namen an die Kommanditisten die erforderlichen Auskünfte zu erteilen oder Unterlagen vorzulegen.

Aufgrund zu hoher Privatentnahmen der Komplementärin wurde am 21. 6. 2005 das Ausgleichsverfahren über die KG eröffnet und nach rechtskräftiger Bestätigung des mit einer Quote von 100 % angenommenen Ausgleichs mit Beschluss vom 1. 9. 2005 wieder aufgehoben.

Der Kläger wusste über den durch die „Überentnahmen“ der Komplementärin eingetretenen Schaden spätestens am 29. 6. 2006 Bescheid, weil die Zwischenbilanz zum 31. 7. 2005 das negative Eigenkapital der Komplementärin mit Minus 907.254,09 EUR auswies und dem Kläger am 29. 6. 2006 zugesandt wurde. Darüberhinaus waren die „Überentnahmen“ der Komplementärin auch bereits im Juli 2005 Thema im Insolvenzverfahren, das aufgrund dieser Malversationen eröffnet wurde. Dass zwischen dem Kläger oder dessen Vater und der Beklagten oder deren Rechtsvorgängerin im Zeitraum 2005 bis 2007 Vergleichsgespräche stattfanden, konnte nicht festgestellt werden.

Der Vater des Klägers hatte die Apotheke nicht selbst betrieben, sondern sie geerbt und weiter verpachtet. Von 1991 bis 2000 betrieb er selbst eine Drogerie. Seine Einkünfte waren solche aus „Gewerbebetrieb“.

Mit der am 25. 4. 2007 eingelangten Klage begehrt der Kläger 984.420,91 EUR sA und die Feststellung der Haftung der Beklagten für die vom Finanzamt vorgeschriebenen Einkommenssteuerbeträge aus diesem Betrag. Die Beklagte habe als langjährige Steuerberaterin und Betreuerin des Klägers, seines Vaters, der Komplementärin und der Kommanditgesellschaft Aufklärungs‑ und Beratungspflichten gegenüber dem Kläger und seinem Vater verletzt. Die Komplementärin habe rechtswidrig und zum Nachteil der KG „Überentnahmen“ getätigt. Trotz Kenntnis dieser für die Kommanditisten nachteiligen Vorgänge habe die Beklagte den Kläger und seinen Vater nicht rechtzeitig darauf hingewiesen. Zur Vermeidung eines größeren Schadens seien der Kläger und sein Vater gezwungen gewesen, die Entnahmen abzudecken. Eine Verjährung der Ansprüche sei nicht eingetreten. Der konkrete Schaden sei erst mit Vorlage des Jahresabschlusses 2005 im März 2007 bekannt geworden. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist sei nicht wirksam vereinbart worden. Die Beklagte (deren Rechtsvorgängerin) hätten primär Warn‑, Aufklärungs‑ und Beratungspflichten gegenüber der Gesellschaft selbst verletzt und der Gesellschaft dadurch einen Schaden zugefügt, welcher unweigerlich zur Insolvenz der KG und damit verbunden auch zur völligen Entwertung der Kommanditanteile des Klägers und seines Vaters geführt hätten. Zur Verhinderung eines weitaus höheren Schadens hätten der Kläger und sein Vater Zahlungen in Höhe des Klagebetrags und damit einen Aufwand getätigt, welche die Gesellschaft nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen. Der Kläger stütze seine Schadenersatzansprüche daher auch auf §§ 1042 und 1422 ABGB. Sein Vater und dessen seinerzeitiger Rechtsvertreter hätten von 2005 bis Anfang 2007 umfangreiche Gespräche mit der Beklagten und der Nebenintervenientin über die Höhe des tatsächlich eingetretenen Schadens und die Haftung der Beklagten geführt, wobei von Anfang an Bereitschaft zur Schadensgutmachung bekundet worden sei. Durch diese Vergleichsgespräche und ‑verhandlungen sei die Verjährung unterbrochen worden.

Die Beklagte und ihre Nebenintervenientin bestreiten ‑ soweit im zweiten Rechtsgang noch relevant ‑ die Passivlegitimation der Beklagten. Diese habe ihren Betriebsteil Steuerberatung an die Nebenintervenientin verkauft. Eine allfällige Schadenersatzforderung gegen die Beklagte sei überdies verjährt, weil die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche nach § 8 Abs 4 der vertraglich vereinbarten AAB für Wirtschaftstreuhänder nur sechs Monate betrage. Vergleichsgespräche, die den Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt hätten, seien nicht geführt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte wäre trotz der bestehenden Vertragsverhältnisse nicht verpflichtet gewesen, den Kläger oder dessen Vater vor für sie negativen Vorgängen in der KG bzw Handlungen der Komplementärin zu warnen. Es fehlten Anhaltspunkte für ein vertragsverletzendes Verhalten der Beklagten. Allenfalls bestehende Schadenersatzansprüche seien überdies verjährt, weil der Kläger seine und seines Vaters Ansprüche nicht binnen sechs Monaten ab Kenntnis des Schadens am 29. 6. 2006 geltend gemacht habe. Der Vater des Klägers sei Unternehmer gewesen. Dessen Ansprüche sollten hauptsächlich durchgesetzt werden. Verjährungsunterbrechung sei nicht eingetreten. Die Beklagte habe auch gegenüber der KG keine Vertragspflichten verletzt; allfällige Ansprüche seien außerdem verjährt. Ebensowenig bestünden Bereicherungsansprüche nach §§ 1042 und 1422 ABGB.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu, weil die Gültigkeit der Verkürzung der subjektiven Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen auf sechs Monate in den AAB der Wirtschaftstreuhänder gegenüber Verbrauchern in der Rechtsprechung nicht behandelt worden sei, ebensowenig die Frage, ob die Verlassenschaft nach einem Unternehmer, die von einem Verbraucher nach § 810 ABGB vertreten werde, ebenfalls Unternehmer sei und damit verkürzte Verjährungsfristen weiter gelten.

Ob die Beklagte ihre Verpflichtungen aus den Steuerberatungsverträgen mit dem Kläger und seinem Vater verletzt habe oder nicht, könne noch nicht abschließend beurteilt werden. Die schriftlichen Vollmachten des Klägers und seines Vaters zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beklagten hätten ausdrücklich auf die Geltung der AAB der Wirtschaftstreuhänder hingewiesen, welche damit als ganzes wirksam in die Steuerberatungsverträge zwischen dem Kläger und seinem Vater einerseits und der Rechtsvorgängerin der Beklagten andererseits einbezogen worden seien. Im Hinblick auf die öffentliche Verlautbarung der AAB sei auch in diesem Fall grundsätzlich von deren Anwendbarkeit auszugehen. Die Klausel in § 8 Abs 4 AAB über die Verkürzung der subjektiven Verjährungsfrist auf sechs Monate ab Kenntnis des Schadens halte auch der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB stand. Entsprechend bisheriger Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle des § 8 Abs 4 AAB unter dem Gesichtspunkt des § 879 Abs 1 und 3 ABGB halte auch das Berufungsgericht diese Bestimmung für gültig, allerdings nur gegenüber Kaufleuten/Unternehmen.

Unwirksam iSd § 6 Abs 1 Z 9 KSchG seien Vertragsbestimmungen, die im Verbrauchergeschäft Haftungsstandards einschränken oder ausschalten, etwa die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB. Es komme im konkreten Fall für die Gültigkeit der Klausel des § 8 Abs 4 AAB darauf an, ob der Kläger und/oder sein Vater im Abschlusszeitpunkt Unternehmer oder Verbraucher gewesen seien. Zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung sei der Kläger 23 Jahre alt und Student der Pharmazie gewesen. Der Kläger sei zum Vertragsabschlusszeitpunkt mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eindeutig nicht Unternehmer gewesen. Ein Minderheitengesellschafter, dessen Beteiligung nur eine Finanzinvestition ohne Einfluss auf die Geschäftsführung sei, sei nicht Unternehmer. Sei das Geschäft im Zeitpunkt seines Abschlusses ‑ wie hier ‑ als Verbrauchergeschäft einzuordnen, so behalte der Verbraucher seine Rechtsstellung bei. Auch der Vater habe die Apotheke nicht selbst betrieben, sondern lediglich einen Kommanditanteil an der KG gehalten. Er habe aber eine Drogerie betrieben und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Der Kläger habe überdies selbst vorgebracht, dass sein Vater im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung an die Rechtsvorgängerin der Beklagten noch aktiver Kaufmann gewesen sei. Gehöre das der Vollmachtserteilung zugrundeliegende Auftragsverhältnis betreffend die Steuerberatung aber zum Teil zur geschäftlichen (Drogerie) und zum Teil zur privaten Sphäre, so sei es zur Gänze ein Unternehmergeschäft. In jedem Fall wäre der Kläger angesichts dieser Behauptungs‑ und Beweislage verpflichtet gewesen, konkret darzulegen, wieso sein Vater im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Verbraucher zu beurteilen sei. Stelle der Unternehmer nach Vertragsschluss seine Tätigkeit ein, so könne er sich nicht nachträglich auf das KSchG berufen. Für den Vater des Klägers gelte daher die Verkürzung der subjektiven Verjährungsfrist auf sechs Monate ab Kenntnis des Schadens. Soweit der Kläger eigene vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte geltend mache, seien diese nicht verjährt. Zu prüfen bleibe, ob die vertraglichen Ansprüche seines Vaters gegenüber der Beklagten, die der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger geltend mache, im Zeitpunkt der Klageeinbringung bereits verjährt gewesen seien. Es komme darauf an, ob der Vater des Klägers bis zu seinem Tod am 23. 6. 2006 Kenntnis von seinem Schaden erlangt habe und wenn nicht, ob und allenfalls zu welchem Zeitpunkt die Verlassenschaft nach dem Vater davon Kenntnis erlangt habe. Zum Beginn der Verjährungsfrist betreffend den Vater des Klägers fehlten Feststellungen. Verbraucherschützende Vorschriften würden zwar auch zugunsten des Vertragsübernehmers gelten, wenn er als Verbraucher in eine geschützte Position einrücke. Das treffe hier aber nur dann zu, wenn im Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge die verkürzte Verjährungsfrist noch offen wäre. Zum Einantwortungszeitpunkt (28. 10. 2008) sei dies aber nicht der Fall gewesen. Für die Frage des Beginns der Verjährungsfrist sei daher entweder auf die Kenntnis des Schadens durch den Vater des Beklagten selbst oder durch die Verlassenschaft, die ebenso wie der Erblasser als Unternehmer gelte, abzustellen. Je nach dem Ergebnis könne es dann noch auf die vom Kläger als ergänzend festzustellende beantragte Korrespondenz ankommen, weil das Erstgericht lediglich Vergleichsgespräche nicht habe feststellen können. Das Verfahren sei daher zu den ursprünglichen Ansprüchen des Klägers in der Sache selbst und zu jenen Ansprüchen, zu deren Geltendmachung der Kläger infolge Einantwortung der Verlassenschaft nach seinem Vater berechtigt sei, ergänzend zur Klärung der Verjährungsfrage fortzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers, mit dem er die Überbindung von der Entscheidung des Berufungsgerichts abweichender Rechtsansichten zur Verjährungsfrage anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Gegenstand des Verfahrens in dritter Instanz ist ausschließlich die Frage der Verjährung der Schadenersatzansprüche, die der Kläger aus der Verletzung von die Beklagte (ihre Rechtsvorgängerin) treffenden Warnpflichten gegenüber ihm und seinem Vater ableitet, nicht hingegen die in erster Instanz auch geltend gemachten Ansprüche aus Warnpflichten gegenüber der KG oder wegen des Aufwands zur Abwendung der Insolvenz der KG nach §§ 1042 und 1422 ABGB.

Vorauszuschicken ist auch, dass die Vereinbarung der AAB sowie deren Geltung als Vertragsinhalt in dritter Instanz nicht mehr strittig sind.

2. Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlasst, von der mit der Entscheidung 1 Ob 1/00g = SZ 73/158 begonnenen ständigen Rechtsprechung abzugehen, wonach die in § 8 Abs 4 AAB vorgesehene Verkürzung der subjektiven Verjährungsfrist auf sechs Monate ab Kenntnis vom Schaden zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Wirtschaftstreuhänder sachlich ausreichend gerechtfertigt und damit nicht als grob benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB anzusehen ist (RIS‑Justiz RS0114323). Wenn der Kläger damit argumentiert, dass von einer „Waffengleichheit“ zwischen den Vertragsparteien nicht ausgegangen werden könne, ist dem entgegenzuhalten, dass der ungleichen Verhandlungsposition der Vertragsparteien schon dadurch Rechnung getragen wird, dass die Verkürzung der Verjährung, wenn sie in AGB vorgesehen ist, der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegt (5 Ob 286/08g mwN; vgl 1 Ob 1/00g). Zur sachlichen Rechtfertigung der Verjährungsverkürzung wurde in der Rechtsprechung unter anderem darauf verwiesen, dass zentrales Argument für die Zulässigkeit der Verkürzung die Vermeidung von Beweisschwierigkeiten ist. Sogar in dem vom Grundsatz der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer geprägten Arbeitsvertragsrecht wurde die Verkürzung gesetzlich normierter Fristen zur Geltendmachung arbeitsvertraglicher Ansprüche auf einen Zeitraum von weniger als sechs Monaten für unbedenklich gehalten (1 Ob 1/00g).

3. Eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit der Wirksamkeit der in § 8 Abs 4 AAB normierten Verkürzung der Verjährungsfrist im Lichte des Verbraucherschutzrechts fand bisher aber nicht statt. In der Lehre wird ‑ soweit eine ausdrückliche Stellungnahme hiezu erfolgt ‑ einhellig vertreten, dass der Verkürzung der Verjährungsfrist in AGB Verbrauchern gegenüber § 6 Abs 1 Z 9 KSchG entgegensteht, wonach Vertragsbestimmungen, die im Verbrauchergeschäft Haftungsstandards einschränken oder ausschalten, unwirksam sind ( Krejci in Rummel 3 , § 6 KSchG Rz 131; Apathy in Schwimann 3 , § 6 KSchG Rz 43; Kathrein in KBB 2 § 6 KSchG Rz 16; Mayerhofer/Nemeth in Klang 3 , § 6 KSchG Rz 20). Auch Karollus (Die beschränkte Haftung der Wirtschaftstreuhänder, RdW 1997, 596 [FN 32]) stützt sich zur Unzulässigkeit der Verjährungsverkürzung gegenüber Verbrauchern unabhängig von § 879 Abs 3 ABGB auch noch auf § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.

In der Entscheidung 4 Ob 522/95, welche sich mit einer Verbandsklage zu befassen hatte, deren Gegenstand die AGB eines Garagierungsunternehmens waren, wird auf die zu § 6 Abs 1 Z 9 KSchG vertretenen Lehrmeinungen verwiesen, welche von dieser Bestimmung auch die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erschwerende Vereinbarungen von kürzeren Ausschlussfristen erfasst sehen. Zu beurteilen war in jenem Fall aber nicht die Verkürzung der Verjährungs‑/Ausschlussfrist, sondern die Beschränkung des Ersatzes auf vor Verlassen der Garage gemeldete Schäden.

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten: Die in § 8 Abs 4 AAB der Wirtschaftstreuhänder geregelte Verkürzung der Verjährungsfrist ist auf Verbraucher infolge des Verbots von Vertragsbestimmungen, die im Verbrauchergeschäft Haftungsstandards einschränken oder ausschalten (§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG) nicht wirksam.

4. Dass der Kläger selbst zum maßgeblichen Vertragsabschlusszeitpunkt (Vollmachtserteilung an die Rechtsvorgängerin der Beklagten) Verbraucher war, ist in dritter Instanz nicht mehr strittig.

5. Was den Vater des Klägers anlangt, dessen Ansprüche der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger (Erbe) geltend macht, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass der Vater des Klägers neben seinem Anteil von 74 % als Kommanditist an der Apotheken‑KG auch selbständig eine Drogerie betrieb und daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Der Auftrag zur Vertretung in steuerlichen Angelegenheiten an die Rechtsvorgängerin der Beklagten erfasste nach den getroffenen Feststellungen alle steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten, weshalb unabhängig davon, ob die Gesellschafterstellung als Kommanditist, aber ohne unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung die Unternehmereigenschaft nach KSchG begründet, der Vater des Klägers gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Unternehmer anzusehen ist. Geschäfte, die ein Unternehmer abschließt, gelten im Zweifel als zum Betrieb seines Unternehmens gehörig (RIS‑Justiz RS0065326). Eine bestimmte Mindestgröße des Unternehmens, ein Mindestkapital oder eine sonstige Mindestorganisation sind nicht erforderlich. Maßgeblich ist nur, dass sich eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit in Bezug auf das konkrete Rechtsgeschäft als unternehmerisch darstellt, weil die Beurteilung als Verbrauchergeschäft nur vom funktionellen Verhältnis zwischen den Streitteilen abhängt (RIS‑Justiz RS0065309). Gehört das zu beurteilende Vertragsverhältnis (das der Vollmachtserteilung zugrundeliegende Auftragsverhältnis an die Rechtsvorgängerin der Beklagten) zum Teil der geschäftlichen und zum Teil der privaten Sphäre an, so ist es zur Gänze Unternehmergeschäft (7 Ob 22/04t mwN; Kathrein aaO Rz 4 zu § 1 KSchG mwN). Das Argument des Klägers, sein Vater sei nicht als Unternehmer im Sinn des KSchG anzusehen, weil er die Apotheke nicht selbst betrieben, sondern bloß verpachtet habe, schlägt daher nicht durch.

§ 1 KSchG stellt auf den Abschluss der Rechtsgeschäfte ab. Der Verbraucherschutz gilt für Rechtsgeschäfte, die Personen abschließen, die nicht Unternehmer sind. Ein zwischen Unternehmern abgeschlossenes Rechtsgeschäft ‑ mag es auch ein Dauerschuldverhältnis begründen ‑ bleibt vom Anwendungsbereich des KSchG ausgeschlossen, auch wenn ein Vertragsteil in der Folge seine Unternehmenstätigkeit einstellt (6 Ob 135/05d [Kreditvertrag]; 5 Ob 282/07t [Bürgschaft] ua; RIS‑Justiz RS0120082). Die Aufgabe des Drogeriebetriebs durch den Vater des Klägers führt daher nicht dazu, dass dieser zum Verbraucher im Sinn des KSchG würde. Auch der Tod des Vaters des Klägers führt nicht dazu, dass die Unternehmereigenschaft verloren ginge. Die Verlassenschaft tritt an die Stelle des Verstorbenen (vgl zur Kaufmannseigenschaft 5 Ob 515/87 = RIS‑Justiz RS0012292).

Das Berufungsgericht sah daher die Verjährungsfrage zutreffend als nicht abschließend geklärt an. Wenn es der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS‑Justiz RS0042179).

Dem insgesamt unberechtigten Rekurs des Klägers ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Der Rekurs war zwar nicht erfolgreich, trug aber doch zur Klärung der Rechtslage bei, sodass die Schriftsätze des Rekursverfahrens zweckmäßige Prozesshandlungen waren (4 Ob 205/08p mwN).

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