Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.874,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.443,15 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Ruth Viktoria R*** war Inhaberin der zu 22 HRA 1576 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Handelsgericht protokollierten Einzelfirma "Haus der Dame, Ruth V. R***". Es handelte sich hiebei um ein Spezialunternehmen für die Erzeugung und den Vertrieb von Brautmoden. Zu diesem Unternehmen gehörten unter anderem die Liegenschaft EZ 78 KG Schwanberg im Ausmaß von 4.093 m 2 mit dem Haus Schwanberg, Schulgasse 6, sowie Verkaufsfilialen in Graz, Salzburg, Innsbruck, Villach und Wels. Im Unternehmen waren insgesamt 23 Beschäftigte tätig.
Frau R*** starb am 28.8.1982. Das Verlassenschaftsverfahren war beim Bezirksgericht Deutschlandsberg zu A 224/82 anhängig. Gerichtsabgeordneter war der öffentliche Notar Dr. Hellmut C***. Der Beklagte war bei diesem Notar substitutionsberechtigter Kandidat. Da zunächst keine Erben bekannt waren, wurden mit Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes vom 9.9.1982 das Edikt zur Einberufung unbekannter Erben verfügt und der Beklagte zum Kurator der Verlassenschaft bestellt. In der Folge wurde die Vertretungsberechtigung des Beklagten im Handelsregister eingetragen. Am 2.9.1982 wurde im Notariat Deutschlandsberg eine letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 25.8.1982 kundgemacht, worin sie erklärte, ihre Tante "Riki" K*** und deren Sohn Viktor K*** sowie eventuelle weitere Nachkommen zu enterben. Weitere Verfügungen behalte sie sich vor. Mit Eingaben vom 7.9.1982 und 28.9.1982 erklärten Maria (Ricky) K*** und Viktor K***, ihr gesetzliches Erbrecht in Anspruch zu nehmen.
Nachdem der Steuerberater der Erblasserin, Ekkehard K***, dem Beklagten mit Schreiben vom 6.10.1982 mitgeteilt hatte, daß die Ertragsaussichten des Unternehmens besonders günstig seien und der Reingewinnsatz über 10 % liege, so daß das Unternehmen durch einen Geschäftsführer fortgeführt werden sollte, beantragte der Beklagte am 18.10.1982, ihn zum Geschäftsführer des Unternehmens zu bestellen, wobei er darauf hinwies, daß er vor seinem Eintritt in das Notariat drei Jahre hindurch in einem internationalen Konzern als Produktmanager in leitender Funktion tätig gewesen sei und sich deshalb in der Lage sehe, die kaufmännische Unternehmensführung für die Verlassenschaft zu tätigen. Gleichzeitig beantragte der Beklagte, ihm für die Geschäftsführertätigkeit vorschußweise einen monatlichen Betrag von S 50.000,-- für Spesen, Diäten und Kuratorbelohnung zu bewilligen. Mit Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes vom 20.10.1982 wurde der Beklagte zum Geschäftsführer des Unternehmens bestellt und der beantragte Vorschuß bewilligt.
Am 24.3.1983 teilte das Verlassenschaftsgericht der Finanzprokuratur unter Anschluß des Verlassenschaftsaktes mit, daß die Verlassenschaft allenfalls kaduk bleiben werde. Im Auftrag des Gerichtsabgeordneten bzw. des Beklagten als Verlassenschaftskurators erstattete der Buchprüfer und Steuerberater Mag. Helmut G*** am 21.10.1983 ein Gutachten über die Bewertung des Unternehmens zum Todestag der Erblasserin (28.8.1982). Dieser Sachverständige kam zufolge negativer Zukunftsprognosen zu dem Ergebnis, daß der Unternehmenswert bei Fortführung des Betriebes mit etwa S 200.000,-- festzusetzen sei und sich bei Liquidation des Unternehmens ein negativer Wert von S 216.821,-- ergebe. Nachdem der Beklagte dem Vertreter der Finanzprokuratur Dr. B*** dieses Gutachten übermittelt hatte, tauchte der Gedanke auf, daß der Beklagte dieses Unternehmen erwerben könnte, worauf dieser mit Schreiben vom 31.10.1983 an die Finanzprokuratur das Anbot stellte, das Unternehmen zum Stichtag 28.8.1982 mit allen Aktiven und Passiven laut der Bilanz des Steuerberaters Ekkehard K*** um den Barkaufpreis von S 250.000,-- plus S 55.464,88 (18 % vom beweglichen Anlagevermögen) zu erwerben.
Am 23.11.1983 legten Angestellte des Unternehmens dem Notariat Deutschlandsberg ein aufgefundenes Testament der Erblasserin zugunsten der klagenden Partei vom 5.6.1980 zur Kundmachung vor, wovon der Beklagte den Vertreter der Finanzprokuratur Dr. B*** fernmündlich unterrichtete. Am 13.12.1983 fand vor dem Gerichtsabgeordneten in dessen Amtskanzlei eine Besprechung zur Vorbereitung der Verlassenschaftsabhandlung statt, an welcher neben dem Beklagten für die Finanzprokuratur Dr. B*** und für die klagende Partei Heribert O*** als Obmann und Dr. Karl D*** als Rechnungsprüfer teilnahmen. Nach einem Bericht des Gerichtsabgeordneten über alle wesentlichen, bisher im Verlassenschaftsverfahren vorgefallenen Ereignisse und getroffenen Maßnahmen wurde das beabsichtigte weitere Vorgehen punkteweise niedergelegt. Bei dieser Besprechung äußerte Dr. B*** die Meinung, daß der Wert des Unternehmens für den Käufer mit der Differenz zwischen den Aktiven von rund S 5,000.000,-- und den Passiven von rund S 4,7 Mill. anzusetzen sei und die Republik das Testament vom 5.6.1980 mit Rücksicht auf die Umstände seiner Auffindung und die Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin anfechten könnte. Er legte das Gutachten der Bewertungsstelle (Bundesministerium für Finanzen) und seine Erwägungen zur Bewertung des Unternehmens dar. Auch das Gutachten G*** und die Bilanzen K*** wurden erörtert. Es wurde besprochen, daß Schätzungsgutachten über die Nachlaßwerte vorhanden sind. Dr. B*** erklärte auch, daß das Unternehmen an sich wegen schlechter wirtschaftlicher Lage zu liquidieren wäre, er aber im Beklagten einen Interessenten gefunden habe, der zur Übernahme bereit sei und sich auch verpflichten würde, den Betrieb unter Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse zumindest ein Jahr hindurch weiterzuführen. Der Beklagte war bei der Besprechung teilweise dabei. Die Funktionäre der klagenden Partei vertrauten den Informationen des Dr. B*** insbesondere über die Bewertung des Unternehmens, ohne näher in die Unterlagen im einzelnen Einsicht zu nehmen. Herr O*** machte nach Einsicht in die Bilanzen auf die Rückstellung von S 2 Mill. aufmerksam und wollte "die Auflösung der restlichen Rücklage von S 800.000,--" (nach der Aktenlage offenbar gemeint: die Herabsetzung dieser Rückstellung um S 800.000,--), was vom Beklagten abgelehnt wurde, weil die daraus resultierenden S 500.000,-- an Steuernachzahlung für ihn nicht akzeptabel gewesen wären.
Auf der Grundlage dieser Besprechung und nach dem Konzept des Vertreters der Finanzprokuratur Dr. B*** wurde am 16.1.1984 beim Bezirksgericht Deutschlandsberg zu 2 C 42/84 zwischen der R*** Ö*** als klagender Partei und dem V*** A***
T*** S*** als beklagter Partei wegen S 1 Mill. ein
gerichtlicher Vergleich folgenden Inhaltes abgeschlossen:
"1.) Die klagende Partei anerkennt das Erbrecht der beklagten Partei nach Frau Ruth Viktoria R***, gestorben am 28.8.1982, aufgrund der letztwilligen Anordnung vom 5.6.1980 und die mit dieser letztwilligen Anordnung enthaltenen Vermächtnisse.
2.) Die beklagte Partei anerkennt alle bisherigen im Verlassenschaftsverfahren getroffenen Entscheidungen und Maßnahmen, insbesondere die Vereinbarung zwischen der klagenden Partei und Herrn Viktor K*** (dieser erhält vom Erben und der klagenden Partei je 5 % von deren Anfällen, jedoch nicht mehr als insgesamt
S 300.000,--; zu ergänzen: für den Verzicht auf seine Erbansprüche), den Kaufvertrag mit den Ehegatten S*** und den Schenkungsvertrag mit Herrn Paul M***.
3.) Die beklagte Partei wird ihre Erbserklärung nach der vorgesehenen Veräußerung des zur Verlassenschaft gehörenden Unternehmens "Haus der Dame, Ruth V. R***" an Dr. Peter C*** abgeben.
4.) Das Heimfallsrecht der klagenden Partei wird wie folgt verglichen:
Ergibt sich, daß die beklagte Partei aus dem österreichischen Nachlaßvermögen Werte von mehr als S 1,900.000,-- netto (exklusive Erbschaftsteuer und Anteil K***) erhält, so bezahlt die beklagte Partei an die klagende Partei den über diese Summe hinausgehenden Betrag, maximal jedoch S 200.000,--. Die Legate sowie die Abhandlungs- und Schätzungskosten werden vor Berechnung des Nettowertes in Abzug gebracht.
5.) Das in Spanien oder sonst allenfalls im Ausland gelegene Nachlaßvermögen verbleibt dem Erben.
Die Rechtswirksamkeit dieses Vergleiches ist aufschiebend bedingt durch die verlassenschaftsbehördliche Genehmigung des Verkaufes des zur Verlassenschaft gehörenden Unternehmens an Dr. Peter C*** und auflösend bedingt durch die Erlangung der Rechtsstellung eines Erben durch die beklagte Partei.
6.) Der Unternehmenskäufer Dr. Peter C*** erklärt, daß er sich der R*** Ö*** gegenüber unter persönlicher Haftung verpflichtet, den Beschäftigtenstand des Unternehmens "Haus der Dame, Ruth V. R***" - derzeit 23 Arbeitnehmer - für den Fall der Veräußerung des Unternehmens an ihn bis zum 16.1.1985 zu halten ...
7.) Vergleichsinteresse: S 1,000.000,-- ..."
Am selben Tag wurde zwischen der Verlassenschaft und dem Beklagten ein Kaufvertrag folgenden Inhaltes abgeschlossen:
"Kaufvertrag
errichtet zwischen der Verlassenschaft nach der am 28.8.1982 verstorbenen, zuletzt in 8541 Schwanberg, Schulgasse 6, wohnhaft gewesenen Geschäftsfrau, Frau Ruth Viktoria R***, vertreten durch Herrn Dr. Walter H***, Landesbeamter, Eschensiedlung 20, 8530 Deutschlandsberg, als mit Beschluß des Bezirksgerichtes Deutschlandsberg vom 16.1.1984, GZ A 224/82-96, bestellter besonderer Sachwalter, als Verkäuferin einerseits und Dr. Peter C***, geboren 6.7.1944, Notarsubstitut, 8530 Deutschlandsberg, Kirchengasse 5, als Käufer andererseits unter Beitritt der R*** Ö***, Finanzprokuratur, vertreten durch Herrn Hofrat Dr. Winfried B***, 1010 Wien, Singerstraße 17, und des V*** "A*** T*** S***", vertreten durch die Herren
a) Heribert O***, Kaufmann, 8055 Graz, Zeppelinstraße 81, als Obmann und b) Regierungsrat Edgar H***, Landesbeamter, 8045 Graz, Schöckelbachweg 37, als Kassier.
§ 1
Die Verlassenschaft nach Ruth V. R*** verkauft und übergibt an Herrn Dr. Peter C*** und dieser kauft und übernimmt von ersterer das der Verstorbenen gehörige, zu 22 HRA 1576 des Landes- als Handelsgerichtes Graz protokollierte Einzelunternehmen "Haus der Dame, Ruth V. R***" mit allen Aktiven und Passiven laut des diesem Kaufvertrag beigehefteten Jahresabschlusses des Unternehmens des Steuerberaters und Wirtschaftstreuhänders Ekkehard K*** in Graz um den vereinbarten Barkaufpreis von S 250.000,--.
Für Zwecke der Umsatzsteuer wird die Bemessungsgrundlage für das bewegliche Anlagevermögen laut der Unternehmensbewertung des Wirtschaftstreuhänders und gerichtlich beeideten Buchsachverständigen Mag. Helmut G*** mit S 326.264,-- angesetzt und für die Warenvorräte entsprechend der vorbezeichneten Bilanz des Steuerberaters Ekkehard K*** mit S 1,927.331,50. Somit ergibt sich ein umsatzsteuerpflichtiges Gesamtentgelt von S 2,253.595,50, was zu einer Umsatzsteuer unter Zugrundelegung eines Steuersatzes von 18 % von S 405.647,19 führt. Somit beträgt der Gesamtkaufpreis zuzüglich der Umsatzsteuer S 655.647,19 und verpflichtet sich der Käufer Herr Dr. Peter C***, diesen Betrag unverzüglich nach Vorliegen der verlaßbehördlichen Genehmigung zu diesem Kaufvertrag längstens innerhalb von drei Tagen ab Vorliegen dieser Genehmigung an die Verlassenschaft bar zu bezahlen, und zwar durch Einzahlung dieses Betrages auf ein Konto der Verlassenschaft.
§ 2
Die Übergabe und Übernahme des kaufgegenständlichen Unternehmens erfolgt zum erblasserischen Todestag, das ist der 28.8.1982.
§ 3
Der Käufer Herr Dr. Peter C*** verpflichtet sich hiemit einvernehmlich mit der Verkäuferin Verlassenschaft nach Ruth Viktoria R***, diese bezüglich sämtlicher Verbindlichkeiten und Passiven des Unternehmens vollkommen klag- und schadlos zu halten bzw. diese Verbindlichkeiten und Passiven zur alleinigen Bezahlung zu übernehmen. Dazu gehören auch sämtliche Ansprüche der Dienstnehmer, die ebenfalls vom Käufer zur Leistung übernommen werden.
§ 4
Zum gekauften Unternehmen gehört auch die Liegenschaft EZ 78 KG Schwanberg - Grundbuch des Bezirksgerichtes Deutschlandsberg und wird diesbezüglich eine gesonderte Aufsandungsurkunde errichtet werden.
Weiters gehören zum Unternehmen zwei Kraftfahrzeuge, nämlich ein PKW Ford Mustang, welcher bereits verkauft ist, und ein Kombi PKW Citroen ID 20, Wechselkennzeichen G 107.400, welcher noch abzumelden ist. Schließlich gehören auch die Mietrechte hinsichtlich der fünf Filialen zum Kaufobjekt.
§ 5
Die vom Unternehmen für die Verlassenschaft getätigten privaten Zahlungen sowie die von der Verlassenschaft für das Unternehmen geleisteten Zahlungen bzw. Einlagen der Verlassenschaft im Unternehmen, welche nach Todestag erfolgt sind und von privaten Mitteln stammen, sind gegenseitig aufzurechnen und ist ein allfällig sich ergebender Differenzbetrag gegenseitig auszugleichen. Festgestellt wird, daß der Käufer zum November 1983 aus diesem Titel den Betrag von S 76.123,-- an die Verkäuferin gleichzeitig mit Bezahlung des Kaufpreises zu entrichten hat.
§ 6
Sämtliche Kosten der Errichtung und Vergebührung dieses Kaufvertrages trägt der Käufer.
§ 7
Die Verkäuferin ist nur verpflichtet, die zum Übergabsstichtag (28.8.1982) die Verstorbene treffenden persönlichen Abgaben und Steuern jeder Art zu tragen, einschließlich allfälliger Rückstände. Sämtliche das Unternehmen treffende Abgaben und Steuern hat der Käufer zu tragen.
§ 8
Die R*** Ö*** und der "A*** T*** S***"
unterfertigen dieser Urkunde zum Zeichen ihres Einverständnisses.
§ 9
Die Rechtswirksamkeit dieser Urkunde ist von der verlaßbehördlichen Genehmigung abhängig.
§ 10
Für allfällige Streitigkeiten aus diesem Kaufvertrag wird vereinbart, daß die Vertragsparteien zunächst die Finanzprokuratur mit einem Lösungsvorschlag befassen.
§ 11
Die bisher vom Verlassenschaftskurator für die Führung des Unternehmens bezogene Entschädigung von S 1,000.000,-- belastet die Verlassenschaft nicht."
Der Kaufvertrag vom 16.1.1984 wurde vom Verlassenschaftsgericht am 17.1.1984 verlassenschaftsbehördlich genehmigt. Der Nachlaß nach Ruth Viktoria R*** wurde der klagenden Partei nach Abgabe der bedingten Erbserklärung am 29.2.1984 mit Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes vom 29.3.1984 eingeantwortet. Der Beklagte verzichtete mit Rücksicht auf den Kauf des Unternehmens auf die Geltendmachung eines Belohnungsanspruches als Verlassenschaftskurator.
Mit der am 4.3.1985 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei die Aufhebung des am 16.1.1984 geschlossenen Kaufvertrages betreffend das Einzelunternehmen "Haus der Dame, Ruth V. R***". Sie brachte vor, ihre Organe seien vom Beklagten nicht über die tatsächlichen Vermögens- und wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens informiert, sondern durch unrichtige Angaben über den Wert des Unternehmens - insbesondere durch die Verweisung auf das Gutachten G*** - in Irrtum geführt worden. Infolge dieser Irreführung sei für die klagende Partei keine Verbindlichkeit entstanden. Überdies werde der Klageanspruch auf § 934 ABGB gestützt, weil der dem Wert des Unternehmens entsprechende Kaufpreis zwischen S 5,5 Mill. und S 7,8 Mill. liege. Schließlich stützte die klagende Partei ihren Anspruch auf jeden andern erdenklichen Rechtsgrund.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Er wendete im wesentlichen ein, daß er die klagende Partei über den Unternehmenswert nicht in Irrtum geführt und unter Berücksichtigung aller übernommenen Verpflichtungen (S 7,692.832,64; AS 240) einen angemessenen Kaufpreis bezahlt habe. Im übrigen sei ein Irrtum über den Verkehrswert einer Sache unbeachtlich und eine Anfechtung wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes wegen Vorliegens eines Handelsgeschäftes ausgeschlossen.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es traf die aus den Seiten 3 bis 48 seiner Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. Soweit diese Feststellungen zum Verständnis der Revisionserledigung notwendig sind, wurden sie eingangs wiedergegeben. Zu ergänzen ist, daß sich das Erstgericht hinsichtlich des Unternehmenswertes zum 28.8.1982 und zum 16.1.1984 dem für unbedenklich befundenen Gutachten des Gerichtssachverständigen, des beeideten Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters Dr. Josef B***, anschloß, der zu einem Betrag von rund S 3,4 Mill. gelangte. Dabei bewertete das Erstgericht - dem Sachverständigengutachten folgend - die vom Beklagten übernommenen Aktiva mit S 7,421.710,76, die Gesamtgegenleistung des Beklagten mit S 4,642.001,21, den dem Beklagten zugekommenen Mehrwert also mit S 2,779.709,55.
Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Erstgericht aus, daß für eine (den Wert des Unternehmens treffende) Irreführung der Organe der klagenden Partei durch den Beklagten überhaupt keine Beweisergebnisse vorlägen. Der Beklagte habe der klagenden Partei nie die Herausgabe von Unterlagen verweigert oder etwas vorenthalten. Maßgeblich bei der Gestaltung der Abwicklung der gegenständlichen Angelegenheit war der Vertreter der Finanzprokuratur, Dr. B***, von dem auch die wesentlichen (das Gutachten G*** bestätigenden) Informationen für die Funktionäre der klagenden Partei ausgingen. Es sei nicht zu widerlegen, daß sich das Unternehmen auch für den Beklagten stark negativ darstellte.
Den festgestellten Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:
Die Klage sei abzuweisen gewesen, weil kein Rechtsgrund zur Aufhebung des Kaufvertrages vorliege. Der Irrtum über den Wert einer Sache sei nach herrschender Lehre grundsätzlich unbeachtlich (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 11 zu § 871). Im übrigen könne nach den getroffenen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagte einen Irrtum der klagenden Partei veranlaßt hätte. Aus der Aussage des Zeugen Dr. B*** gehe mit aller Deutlichkeit hervor, daß die wesentliche Information der Verhandlungspartner durch ihn erfolgt sei. Dr. B*** sei es auch gewesen, der im wesentlichen das "procedere" bestimmt habe. Schließlich sei darauf zu verweisen, daß die klagende Partei zwar als Gesamtrechtsnachfolgerin der am Kaufvertrag vom 16.1.1984 beteiligt gewesenen Verkäuferin anfechtungsberechtigt sei, eine Irreführung des für die Verkäuferin handelnden Kollisionskurators aber nicht einmal behaupte. Wenn die Formulierung des Klagebegehrens, wonach die Klägerin als Erbin und Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Frau R*** bzw. deren Verlassenschaft als Verkäuferin aufgetreten sei, darauf hindeuten sollte, daß in Wirklichkeit im Sinn des § 916 ABGB die klagende Partei als Verkäuferin anzusehen sei, so ändere dies an der Klageabweisung aus den oben angestellten Überlegungen gleichfalls nichts. Was den zweiten geltend gemachten Anfechtungsgrund (§ 934 ABGB) betreffe, so sei konsequenterweise zu sagen, daß der Verkauf des Unternehmens durch die ruhende Verlassenschaft an den Beklagten zum Zweck der Fortführung des Unternehmens als beiderseitiges Handelsgeschäft zu qualifizieren sei und damit eine Anfechtung wegen Verkürzung über die Hälfte gemäß § 351 a HGB nicht in Betracht komme. Im übrigen wäre auch dann, wenn man die klagende Partei als Vertragspartner ansehen und sich der Kaufvertrag somit nur als einseitiges Handelsgeschäft darstellen würde, für die klagende Partei nichts gewonnen, weil nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B*** eine Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes nicht vorliege.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen mit Ausnahme jener Feststellungen bzw. Darlegungen im Rahmen der Beweiswürdigung, die sich mit der Frage befassen, ob dem Beklagten im Zeitpunkt der Verkaufsverhandlungen und des Verkaufsabschlusses der wahre Wert des Unternehmens im wesentlichen bekannt war und er die Organe der klagenden Partei darüber im unklaren gelassen hat, und nahm zur Rechtsrüge der klagenden Partei wie folgt Stellung:
Die klagende Partei sei dem formell zwischen der Verlassenschaft und der Beklagten geschlossenen Unternehmenskaufgeschäft ausdrücklich beigetreten und aufgrund der Berufung zur Erbschaft sowie der nachträglichen Annahme der Erbschaft durch Abgabe der Erbserklärung legitimiert, den Vertrag anzufechten. Die klagende Partei stütze ihren Anspruch auf Irreführung, laesio enormis sowie jeden anderen erdenklichen Rechtsgrund.
Im erstgenannten Fall könne es sich nur um einen Irrtum über den Wert des Unternehmens handeln. Ein solcher sei aber nur dann beachtlich, wenn die Parteien ihre Vorstellungen über den Verkehrswert wenigstens stillschweigend zur Bedingung gemacht hätten (§ 901 AGBG); im übrigen sei ein Irrtum über den Wert des Kaufgegenstandes grundsätzlich unbeachtlich (EvBl. 1964/317, EvBl. 1967/281, JBl. 1972, 611; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 11 zu § 871). Dies gelte auch dann, wenn der Irrtum über den Wert durch den Kaufvertragspartner oder eine dritte Person veranlaßt sei. Den wahren Wert einer gekauften oder verkauften Sache beurteile der Käufer bzw. Verkäufer in der Regel auf eigenes Risiko (JBl. 1982, 36; JBl. 1982, 86). Anderes gelte allerdings, wenn der Irrtum durch listige Irreführung des Vertragspartners herbeigeführt worden sei (§ 870 ABGB). List sei nur rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung, grobe Fahrlässigkeit reiche nicht aus (JBl. 1959, 455). Die klagende Partei habe zwar nicht ausdrücklich List des Beklagten im Zusammenhang mit der Irreführung behauptet, aber immerhin vorgebracht, der Beklagte habe natürlich erkannt, daß es sich bei dem Unternehmen um ein beachtliches Wertobjekt handle; er habe die klagende Partei über den Wert des Unternehmens als Kaufgegenstand in Irrtum geführt. Im Vorbringen der klagenden Partei könne daher auch die Behauptung einer bewußten und absichtlichen Irreführung gesehen werden. Das Vorliegen von List hätte die klagende Partei zu beweisen (Rummel aaO Rz 2 zu § 870).
Ein solcher Beweis sei ihr (in bezug auf Täuschungshandlungen) nach den getroffenen Feststellungen nicht gelungen. Listige Irreführung, also Täuschung, sei aber auch durch Unterlassung möglich. Dies sei dann der Fall, wenn Aufklärung geboten sei, wobei auf die Anschauungen im fairen, reellen Verkehr für die betreffende Geschäftstype abgestellt werden könne. Bewußte Verschweigung eines wesentlichen Umstandes sei List, wenn der andere Teil nach redlicher Verkehrsübung Aufklärung erwarten dürfe (JBl. 1980, 424; Rummel aaO Rz 4 zu § 870). Bei Kaufgeschäften wie überhaupt bei wirtschaftlichen Umsatzgeschäften, bei denen Leistungen entgeltlich ausgetauscht werden, seien aber im Regelfall nur geringe Aufklärungspflichten anzunehmen, insbesondere was die für die Preisbildung maßgebenden Umstände betreffe. Über einen solchen Umstand brauche nach der herrschenden Auffassung kein Partner eines Kaufgeschäftes den anderen aufzuklären; dies schon deshalb, weil jeder Vertragsschließende beim Vertragsschluß primär seine eigenen Interessen verfolgen dürfe und nicht in erster Linie jene seines Geschäftspartners wahren müsse (Bydlinski, JBl. 1980, 393; JBl. 1982, 86). Bei solchen Geschäften sei es vielmehr Sache jedes Vertragspartners, seine eigenen Interessen zu wahren und sich die nötigen Informationen zu besorgen.
Der Beklagte sei daher als Käufer des Unternehmens und Vertragspartner der Verlassenschaft bzw. der klagenden Partei nicht verpflichtet gewesen, die klagende Partei über die für den Wert des Unternehmens maßgebenden Umstände aufzuklären. Auch die bewußte Unterlassung der Aufklärung über den Wert des Kaufgegenstandes stelle zwischen den Kaufvertragspartnern in der Regel keine listige Irreführung dar, die zur Vertragsanfechtung berechtigen würde. Anderes gelte wohl für den Beklagten als Verlassenschaftskurator, in welcher Funktion er die Interessen der Verlassenschaft bzw. der Erben zu wahren gehabt hätte. Daß der Beklagte, der nach seiner eigenen Darstellung ein international erfahrener Manager ist und das Unternehmen als Geschäftsführer geleitet und schließlich zu kaufen beabsichtigt hat, über die wirtschaftliche Situation und den wahren Verkehrswert des Unternehmens im Bilde war, sei als sehr wahrscheinlich anzunehmen. Er habe aufgrund seiner Funktion als Verlassenschaftskurator und Geschäftsführer des Unternehmens gegenüber seinen Vertragspartnern einen klaren Informationsvorteil gehabt. Als Verlassenschaftskurator wäre er zweifellos verpflichtet gewesen, die von ihm vertretene Verlassenschaft bzw. die Organe des Erben über die wahre wirtschaftliche Situation des Unternehmens umfassend zu informieren. Es habe also bei dem strittigen Geschäft eine signifikante Interessenkollision zwischen der Funktion des Beklagten als Verlassenschaftskurator und seiner Stellung als Käufer des Unternehmens aus der Verlassenschaft bestanden. Inwieweit das Verhalten und Vorgehen des Beklagten im Zusammenhang mit diesem Geschäft geeignet sei, das Ansehen und die Ehre des Notarenstandes zu schädigen, sei vom Berufungsgericht nicht zu beurteilen, weil auch eine Standespflichtenverletzung im Sinne des § 155 NotO ohne Vorliegen eines privatrechtlichen Anfechtungstatbestandes die Aufhebung des Vertrages nicht rechtfertigen könnte. Wenn aber den Beklagten als Vertragspartner der Verlassenschaft bzw. der klagenden Partei keine Informationspflicht getroffen habe, so habe für ihn als Geschäftspartner der klagenden Partei nach dem oben Gesagten auch keine Pflicht zur umfassenden Aufklärung bestanden. Folge man dieser rechtlichen Beurteilung, so könne die Frage offen bleiben, inwieweit der Beklagte zur Zeit der Vertragsverhandlungen und des Vertragsabschlusses die wirtschaftliche Situation und den wahren Wert des Unternehmens gekannt und die Information seines Vertragspartners hierüber sowie über eine allenfalls unrichtige Darstellung des Vertreters der Finanzprokuratur unterlassen habe. Folge man dieser Auffassung nicht und nehme man an, daß der Beklagte auch als Käufer des Unternehmens bei der gegebenen besonderen Lage verpflichtet gewesen wäre, seinen Vertragspartner über die maßgeblichen Umstände für das Erkennen des wahren Wertes des Unternehmens aufzuklären, so wäre die Frage, ob und inwieweit der Beklagte die wirtschaftliche Lage und den wahren Wert des Unternehmens gekannt habe, zu überprüfen.
Zur behaupteten Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes sei zu erwägen, daß das Gesetz (§ 934 ABGB) dann, wenn ein Teil bei zweiseitig verbindlichen Geschäften nicht einmal die Hälfte dessen, was er dem anderen gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Wert erhalten hat, dem verletzten Teil das Recht einräume, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Das Erstgericht meine, nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B*** liege eine Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes nicht vor. Dieser Auffassung sei nicht zu folgen. Als "Gegenleistungen" seien vom Erstgericht - dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B*** folgend - nicht nur die tatsächlichen Barzahlungen des Beklagten an die Verlassenschaft (Barkaufpreis: S 250.000,--, Kaufpreis für zwei PKW: S 36.880,--, Zahlungen für die Verlassenschaft: S540.069,60), sondern insbesondere auch alle Passiva aufgrund der Todfalls- und Übergabsbilanz (S 3,409.404,42) gewertet worden, welche aus einer Rückstellung in der Höhe von S 1,854.300,--, einer Abfertigungsrücklage von S 131.924,-- sowie kurzfristigen Verbindlichkeiten von S 1,423.180,42 bestünden. Rückstellungen oder Rücklagen in einem Unternehmen seien aber ebenso wie etwa die Umsatzsteuer (hier S 405.647,19) bei einem Wertvergleich im Sinne des § 934 ABGB als Bewertungs- und Rechenfaktoren für die Bestimmung des Wertes des Kaufgegenstandes und nicht als Gegenleistungen zu sehen, die der Verkäufer (vom Käufer) erhalten habe. Tatsächlich sei der Verlassenschaft bzw. der klagenden Partei im Zusammenhang mit dem Unternehmensverkauf nach dem Gutachten Dr. B*** zugekommen:
S 250.000,-- (vereinbarter Kaufpreis), S 540.069,60 (Zahlungen für die Verlassenschaft), S 36.880,-- (Kaufpreis für Fahrnisse) und
S 1,423.180,42 (Übernahme der kurzfristigen Verbindlichkeiten), zusammen also S 2,250.130,02. Vergleiche man aber diesen Betrag mit dem festgestellten Wert des Unternehmens, so ergebe sich daraus, daß die klagende Partei weniger als die Hälfte des wahren Wertes des Unternehmens erhalten habe. Bei Gesamtaktiva von S 7,421.710,76 und Gesamtpassiva von S 2,391.871,19 ergebe sich ein Unternehmenswert von S 5,029.839,57. Dem so errechneten positiven Unternehmenswert stehe eine Gesamtgegenleistung durch den Beklagten von
S 2,250.130,02 gegenüber. Bei solcher rechtlicher Qualifikation der festgestellten Bewertungs- bzw. Rechnungsposten ergebe sich, daß der Beklagte eine Gegenleistung zu erbringen hatte, die weniger als die Hälfte des wahren Wertes ausmachte.
Demnach sei weiter zu prüfen, ob der klagenden Partei das Recht der Anfechtung des Vertrages wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes zustehe. Nach § 351 a HGB könne derjenige, für den der Vertrag ein Handelsgeschäft sei, diesen Vertrag nicht nach § 934 ABGB wegen Verkürzung über die Hälfte anfechten. Daß der klagende Verein Kaufmannseigenschaft habe, könne nach der Aktenlage nicht angenommen werden. Die Verlassenschaft, die unter Beitritt der klagenden Partei das Unternehmen verkauft habe, sei in Ansehung dieses Unternehmens als Kaufmann anzusehen, weil die Erblasserin Kaufmannseigenschaft gehabt habe. Wo es auf die rechtlichen Eigenschaften physischer Personen ankomme, seien jedenfalls vor Annahme der Erbschaft durch die Erben die persönlichen Eigenschaften des Erblassers maßgebend (Weiß in Klang 2 III 124; Welser in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 547). Wenn aber der Verlassenschaft bzw. der klagenden Partei als Erbe (§ 547 ABGB) im Zusammenhang mit dem Kauf des Unternehmens die rechtlichen Eigenschaften der Erblasserin zuzuordnen seien, so sei davon auszugehen, daß diese beim Verkauf des Unternehmens Kaufmannseigenschaft gehabt hätten, zumal auch die Veräußerung des Unternehmens durch den Kaufmann ein Handelsgeschäft sei (HS 1485). Der klagenden Partei stehe also die Einrede der laesio enormis nicht zu.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klage abzuändern. hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zunächst vertritt die klagende Partei unter Hinweis darauf, daß das Gutachten G***, dessen Unrichtigkeit dem Beklagten hätte bekannt sein müssen, zum Inhalt des Kaufvertrages gemacht worden sei, den Standpunkt, daß sie einem vom Beklagten veranlaßten Kalkulationsirrtum unterlegen sei, der sie zur Anfechtung des Vertrages berechtige.
Dem ist zu erwidern, daß nach herrschender Auffassung ein bei der Kalkulation unterlaufender Irrtum dann als Geschäftsirrtum relevant ist, wenn die Kalkulationsgrundlagen Vertragsinhalt werden, was voraussetzt, daß sie dem Gegner offengelegt werden und Einvernehmen darüber besteht, daß das Geschäft auf dieser Basis erfolgen soll (Koziol-Welser 7 I 115 und Rummel in Rummel, ABGB, Rz 12 zu § 871 je mit weiteren Nachweisen; 7 Ob 682/86). Daß diese Voraussetzungen hier gegeben wären, ist in erster Instanz weder vorgebracht worden noch hervorgekommen. Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, daß die klagende Partei (nicht einem Kalkulationsirrtum in diesem Sinne, sondern) einem Irrtum über den Wert des Unternehmens unterlegen ist. Da die zutreffenden Darlegungen des Berufungsgerichtes zur Beachtlichkeit eines solchen Irrtums im allgemeinen von der klagenden Partei nicht in Zweifel gezogen werden, genügt es, auf sie zu verweisen.
Sodann macht die klagende Partei geltend, sie sei deswegen zur Vertragsanfechtung berechtigt, weil der Beklagte listige Irreführung durch Unterlassung der Aufklärung über den Wert des Unternehmens zu verantworten habe. Der Beklagte sei als Verlassenschaftskurator und substitutionsberechtigter Kandidat des Gerichtskommissärs, also in hoheitlicher Funktion, tätig gewesen und wäre zu dieser Aufklärung verpflichtet gewesen; die klagende Partei habe darauf vertrauen dürfen, daß er ihre Interessen berücksichtigen werde. Abgesehen davon, daß somit nicht bloß eine privatrechtliche Interessenkollision vorgelegen sei, habe die Bestellung eines Kollisionskurators durch das Verlassenschaftsgericht nichts daran ändern können, daß die Vertragsverhandlungen mit dem Beklagten als Verlassenschaftskurator und substitutionsberechtigtem Kandidaten des Gerichtskommissärs geführt worden seien. Das Berufungsgericht hätte daher eine listige Irreführung durch den Beklagten annehmen oder überprüfen müssen, inwieweit der Beklagte die wirtschaftliche Lage des Unternehmens gekannt hat.
Auch diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte war an den Vertragsverhandlungen wohl als Verlassenschaftskurator beteiligt, hatte aber als solcher keine hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen (Loebenstein-Kaniak-Schragel, AHG 2 ; 51 f; SZ 38/11, SZ 44/139). Der Geschäftskreis des Verlassenschaftskurators umfaßt die Vertretung und Verwaltung des Nachlasses (3 Ob 501/59); materiell vertritt der Verlassenschaftskurator diejenigen, die sich als wahre Erben herausstellen werden (Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht 103 ff). Wird aber für die Erledigung eines bestimmten Geschäftes ein Kollisionskurator bestellt, so scheidet damit diese Angelegenheit aus dem Aufgabenkreis des Verlassenschaftskurators aus; der Verlassenschaftskurator verliert, solange der Kollisionskurator im Amt ist, die Befugnis, in dieser Angelegenheit für den Nachlaß einzuschreiten und ihn zu vertreten (vgl. Pichler in Rummel, ABGB, Rz 4 und 10 zu §§ 271, 272; Knell aaO 43; Wentzel-Piegler in Klang 2 I/2, 501; SZ 25/242, SZ 38/192 u.a.). Dies hat zur Folge, daß der Beklagte ab der Bestellung des Dr. Walter H*** zum Kollisionskurator auch nicht mehr verpflichtet war, in Wahrnehmung der Interessen der Verlassenschaft (der klagenden Partei als nachmaliger Erbin) tätig zu werden und im entscheidenden Zeitpunkt, d.h. noch vor dem Abschluß des Kaufvertrages, eine Aufklärung über den Unternehmenswert zu geben.
Ob eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen listiger Irreführung durch den Vertreter der Finanzprokuratur unter dem Gesichtspunkt des § 875 ABGB in Frage käme (vgl. dazu Rummel in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 870), brauchte - abgesehen davon, daß Beweisergebnisse in dieser Richtung nicht vorliegen - schon deshalb nicht erörtert zu werden, weil die klagende Partei die Klage darauf nicht gestützt hat. Schließlich meint die klagende Partei, einer Aufhebung des Kaufvertrages nach § 934 ABGB stehe § 351 a HGB nicht entgegen, weil sie nicht Kaufmann sei und der Kaufvertrag nicht zum Betrieb eines Handelsgeschäftes der klagenden Partei gehört habe. Sie sei überdies nicht in alle Rechte der Verlassenschaft eingetreten. Ferner sei sie nicht als Verkäuferin des Unternehmens aufgetreten, sondern dem Kaufvertrag nur beigetreten.
Dem ist entgegenzuhalten, daß - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - die Verlassenschaft bei Abschluß des Kaufvertrages als Kaufmann anzusehen war (Weiß in Klang 2 III 124; Welser in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 547) und die Veräußerung des Unternehmens durch den Kaufmann ein Handelsgeschäft ist (HS 1485). Da somit eine Aufhebung des Kaufvertrages nach § 934 ABGB schon aus dem Grund des § 351 a HGB ausscheidet, erübrigt es sich, näher darauf einzugehen, ob ansonsten die Voraussetzungen des § 934 ABGB gegeben gewesen wären.
Der Revision war demnach ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)