Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die in Ansehung der erstbeklagten Partei ergangenen Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Zuständigkeitsstreites.
Text
Begründung
Da die Zurückweisung der Klage in Ansehung der Zweitbeklagten bereits in Rechtskraft erwachsen ist, wird im folgenden die Erstbeklagte zur Vereinfachung als "Beklagte" bezeichnet.
Die deutsche Muttergesellschaft der Klägerin "K***** Deutschland" ist Inhaberin der unter Nr.840.325 registrierten nationalen (Bundesrepublik Deutschland) sowie der unter der Nr.351.119 registrierten internationalen Wortmarke "deit". Die Klägerin hat mit der Beklagten am 24.11.1970 einen Vertrag geschlossen, mit dem diese berechtigt und verpflichtet wurde, in Jugoslawien Erfrischungsgetränke nach den Rezepturen der Klägerin und nur unter Verwendung und Verarbeitung der von ihr bei der Klägerin gegen Entgelt zu beziehenden Rohstoffe und Zutaten herzustellen und sie nur unter der Marke "deit" zu vertreiben sowie die Herstellung und/oder den Handel mit anderen Erfrischungsgetränken zu unterlassen. Das von ihr als "Abfüllungsvertrag" bezeichnete Vertragsverhältnis ist nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin spätestens mit 31.12.1983 beendet worden. Gemäß Punkt 15 des Abfüllungsvertrages war als Erfüllungsort für alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag "der für die jeweilige Sendung gewählte Grenzübergangsort auf österreichischer Seite" vereinbart.
Die Beklagte ist Alleingesellschafterin der zu HRB *****des Landesals Handelsgerichtes Graz registrierten S*****-Gesellschaft mbH mit dem Sitz in R*****(Steiermark). Auf das Stammkapital dieser Gesellschaft von 2,6 Millionen S sind 2,599.000 S durch Sacheinlagen und 1.000 S durch Einzahlung geleistet worden. Ferner ist die Beklagte Gesellschafterin der zu HRB ***** des Handelsgerichtes Wien registrierten G*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien; deren Stammkapital beträgt 9,7 Millionen S, worauf die Beklagte eine Stammeinlage von 940.000 S übernommen und auch geleistet hat.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von 10,000.000 S sA sowie die Feststellung, daß sie ihr für alle zukünftigen Schäden hafte, die a) aus der Verletzung des Abfüllungsvertrages vom 24.11.1970 und b) aus Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht, insbesondere aus der Herabsetzung der internationalen Marke "deit", resultieren. Ihr sei mindestens ein Schaden von 10 Millionen S entstanden, weil die Beklagte den "jugoslawischen Zweig" der internationalen Marke "deit" verletzt und in Jugoslawien vertrags- und wettbewerbswidrig Handlungen vorgenommen habe, durch die eine fix determinierte Umsatz- und Gewinnmöglichkeit der Klägerin auf dem jugoslawischen Markt vernichtet worden sei. Schon in den letzten drei Jahren der Laufzeit des Abfüllungsvertrages habe die Beklagte zur Herstellung der Erfrischungsgetränke nicht mehr die Grundstoffe der Klägerin verwendet, die - andersartigen und minderwertigeren - Getränke aber dennoch unter der Marke "deit" vertrieben. Sie habe damals bereits an der Entwicklung eines eigenen Erfrischungsgetränkes "Stil" gearbeitet, mit welchem sie im Frühjahr 1983 auf den jugoslawischen Markt gekommen sei. Zugleich habe sie in den jugoslawischen Medien eine Kampagne gegen die Klägerin und die Marke "deit" geführt, wodurch es ihr auch gelungen sei, andere potentielle "Abfüllungspartner" der Klägerin, mit denen diese bereits in erfolgversprechenden Verhandlungen gestanden sei, abzuschrecken. Damit sei der hohe Bekanntheitsgrad der internationalen Marke "deit" in Jugoslawien durch unwahre und herabsetzende Tatsachenbehauptungen der Beklagten zunichte gemacht und die Klägerin überhaupt vom jugoslawischen Markt verdrängt worden. Die Beklagte habe die öffentliche Kampagne auch nach Beendigung des Abfüllungsvertrages fortgesetzt. Sie habe damit nicht nur gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen, sondern auch gegen das jugoslawische Warenzeichen- und Wettbewerbsrecht verstoßen, so daß sie der Klägerin nach dem - unstrittig anzuwendenden jugoslawischen Recht - schadenersatzpflichtig sei.
Die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichtes begründet die Klägerin in erster Linie damit, daß die Sendungen aus dem Abfüllungsvertrag über den Grenzübergang Radkersburg gegangen seien, dieser daher der vereinbarte Erfüllungsort im Sinne des § 88 Abs 1 JN gewesen sei; hilfsweise stützt sich die Klägerin im Hinblick auf die Geschäftsanteile der Beklagten an den beiden österreichischen Gesellschaften mbH auch noch auf den Vermögensgerichtsstand gemäß § 99 JN. Das Vermögen der Beklagten im Inland entspreche den von ihr übernommenen und eingezahlten Stammeinlagen in Höhe von insgesamt 3,540.000 S.
Bereits am 18.11.1988 hat die Klägerin gegen die Beklagte beim Grundgericht in Murska Sobota eine identische Klage auf Ersatz des Schadens von 10 Millionen S eingebracht; das Verfahren über diese Klage ist noch nicht abgeschlossen.
Die Beklagte wendet (ua) die örtliche Unzuständigkeit des Erstgerichtes und den Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit ein. Für die geltend gemachten Schadenersatzansprüche aus Markenverletzungen und Wettbewerbshandlungen in bezug auf den jugoslawischen Markt fehle jeder Anknüpfungspunkt für eine österreichische Jurisdiktion. Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 88 Abs 1 JN komme schon deshalb nicht zum Tragen, weil ein solcher Erfüllungsort im Abfüllungsvertrag nicht namentlich benannt worden sei. Abgesehen davon, daß Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kein inländisches Vermögen im Sinne des § 99 JN seien, seien beide Geschäftsanteile der Beklagten bereits exekutiv gepfändet; sie entsprächen insgesamt nur einem zum Wert des Streitgegenstandes unverhältnismäßig geringeren Wert von weniger als 1,5 Millionen S (ON 19 S 138).
Das Erstgericht wies die Klage wegen Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit zurück. Abgesehen davon, daß der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 88 Abs 1 JN schon deshalb nicht vorliege, weil im Abfüllungsvertrag kein bestimmter, namentlich genannter Erfüllungsort aufscheine, und der Vermögensgerichtsstand gemäß § 99 JN schon deshalb ausscheide, weil der Geschäftsanteil der Klägerin an der im Sprengel des Erstgerichtes ansässigen S*****-Gesellschaft mbH - der Geschäftsanteil an der in Wien ansässigen anderen Gesellschaft habe hier außer Betracht zu bleiben - höchstens mit dem Wert des Stammkapitals von 2,6 Millionen S anzusetzen und damit unverhältnismäßig geringer sei als der Wert des Streitgegenstandes, fehle es selbst bei einer Bejahung der geltend gemachten Gerichtsstände für die von der Klägerin erhobenen Ansprüche aus dem gewerblichen Rechtsschutz, die allesamt nur den jugoslawischen Markt beträfen, an einer darüber hinaus erforderlichen ausreichenden Inlandsbeziehung.
Das Rekursgericht trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme von dem herangezogenen Zurückweisungsgrund hinsichtlich der Beklagten auf; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Erstgericht habe zwar zutreffend erkannt, daß die Voraussetzungen für den geltend gemachten Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 88 Abs 1 JN ebensowenig vorlägen wie jene für den Gerichtsstand für Streitigkeiten aus gewerblichem Rechtsschutz gemäß § 83 c JN, doch sei entgegen seiner Meinung der Vermögensgerichtsstand gemäß § 99 JN gegeben. Die Geschäftsanteile der Beklagten an den beiden inländischen Gesellschaften mbH seien als ausreichendes Vermögen im Sinne dieser Gesesetzesstelle anzusehen, komme es doch auf den Gesamtwert des inländischen Vermögens der Beklagten an, wobei die Klägerin zwischen den (sachlich zuständigen) Gerichten, in deren Sprengel ein Vermögen liegt, wählen könne. Wenn auch nach der Indikationentheorie das Vorliegen eines gesetzlichen örtlichen Gerichtsstandes im Inland die inländische Gerichtsbarkeit zunächst nur "indiziere", im allgemeinen aber nicht die weitere Prüfung erspare, ob auch eine ausreichende Inlandsbeziehung gegeben ist, treffe dies auf den Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 99 JN nicht zu. Dieser bringe in jedem Fall eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Ableitung der inländischen Gerichtsbarkeit zum Ausdruck, könnte doch sonst nicht auf das nicht bloß zufällig im Inland liegende Vermögen des Beklagten gegriffen werden.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Erstbeklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Die Klägerin beantragt in ihrer - noch vor deren Freistellung durch den Obersten Gerichtshof erstatteten - Revisionsrekursbeantwortung, das außerordentliche Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise stellt sie den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen der Meinung der Klägerin schon deshalb zulässig, weil zu der Frage, ob der Geschäftsanteil eines ausländischen Gesellschafters an einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein Vermögen im Sinne des § 99 Abs 1 JN ist und wonach sich bejahendenfalls dessen Wert bestimmt, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Nach der Indikationentheorie ist die inländische Gerichtsbarkeit zunächst indiziert, wenn ein gesetzlicher Tatbestand der örtlichen Zuständigkeit erfüllt ist; das erspart aber nicht die weitere Prüfung, ob die durch den vorliegenden Gerichtsstand repräsentierte Inlandsbeziehung auch insgesamt für die Bejahung des inländischen Justizbedürfnisses ausreicht. Nach nunmehr herrschender Lehre und Rechtsprechung besteht die inländische Gerichtsbarkeit in Zivilsachen für alle Rechtssachen, die durch positiv-gesetzliche Anordnung, durch völkerrechtliche Regelungen oder zufolge eines durch die inländischen Verfahrensordnungen anerkannten Anknüpfungspunktes an das Inland vor die österreichischen Gerichte verwiesen sind; wenn jedoch zwar ein inländischer Gerichtsstand vorliegt, eine hinreichende Nahebeziehung zum Inland aber fehlt, dann ist die inländische Gerichtsbarkeit trotzdem zu verneinen. Besteht eine ausreichende Nahebeziehung, fehlt es aber an einem inländischen Gerichtsstand, dann hat § 28 JN (unter der dort in Abs 1 Z 2 genannten weiteren Voraussetzung, daß die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre) Abhilfe zu schaffen (SZ 55/95; SZ 59/205; SZ 60/106 und 277; SZ 62/84 und 101; JBl 1991, 800; JBl 1992, 330 und 331, jeweils mwN; zuletzt etwa 4 Ob 24/92). Das Vorliegen eines gesetzlichen Gerichtsstandes im Inland markiert daher bereits eine gewisse Inlandsbeziehung, deren Ausreichen für die Rechtfertigung der inländischen Jurisdiktion primär zu prüfen, im Fall der Verneinung aber durch eine weitere Inlandsbeziehung ergänzungsbedürftig ist (JBl 1992, 330 unter Berufung auf Schwimann, Entscheidungsbesprechung JBl 1989, 50 f). Ein Beispiel für einen Gerichtsstand, der bereits eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Ableitung der inländischen Gerichtsbarkeit zum Ausdruck bringt, ist neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten im Inland etwa jener für Streitigkeiten aus gewerblichem Rechtsschutz und Urheberrecht sowie Verbandsklagen gemäß § 83 c JN, weil er auf die Auswirkung des gesetzwidrigen Verhaltens auf den österreichischen Markt abstellt und damit auf das (inländische) Wirkungsstatut gegründet ist (JBl 1991, 800 mwN). Zwar hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, daß auch der Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 99 Abs 1 JN bzw inländisches Vermögen des Beklagten als hinlänglicher österreichischer Anknüpfungspunkt anzusehen ist (SZ 60/164; JBl 1988, 386, beide unter Berufung auf die Leitentscheidung für die nunmehr gefestigte Rechtsprechung zur Frage der inländischen Gerichtsbarkeit SZ 55/95, welche sich ihrerseits in diesem Punkt [S 504] wiederum auf Pfersmann in JBl 1978, 656 beruft), doch kann dies im Lichte der neueren Rechtsprechung nicht mehr uneingeschränkt aufrechterhalten werden, zumal ja der Gerichsstand selbst als "exorbitant" (Kropholler in ZfRV 1982, 10) und international unerwünscht angesehen wird (Matscher in JBl 1960, 275; Schuhmann in ZZP 93, 421, 423, 425, 427), weshalb auch die ZV-Novelle 1983 darauf abgezielt hat, die "ärgsten Auswüchse" in der Anwendung dieser Bestimmung zu beseitigen (EvBl 1984/133). Nur der in § 99 Abs 1 JN (auch) enthaltene Gerichtsstand des Streitgegenstandes bringt demnach bereits eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Ableitung der inländischen Gerichtsbarkeit zum Ausdruck; sonsten indiziert aber der Gerichsstand des Vermögens zwar die inländische Gerichtsbarkeit, doch ist - insbesondere dann, wenn es sich um ein rein zufällig im Inland befindliches Vermögen des ausländischen Beklagten handelt (vgl EvBl 1991/182 = RdW 1991, 325) -, noch zusätzlich das Vorliegen einer weiteren Inlandsbeziehung des Streitgegenstandes oder der Parteien erforderlich (so jüngst auch 6 Ob 609/92). Eine derartige zusätzliche Nahebeziehung zum Inland kommt aber im vorliegenden Fall nicht nur durch die in Rede stehende Beteiligung der Beklagten an zwei inländischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung - bei der einen sogar als Alleingesellschafterin - zum Ausdruck; sie ist auch darin begründet, daß die Klägerin ihren Sitz in Siezenheim hat, also eine inländische Kapitalgesellschaft ist. Letzteres begründet hier umso mehr eine hinreichende zusätzliche Inlandsbeziehung, als der Gerichtsstand des Vermögens als einziger von jenen Gerichtsständen verblieben ist, mit denen es der Gesetzgeber gerade im Sinne eines möglichst umfassenden Rechtsschutzes insbesondere von Inländern ermöglichen wollte, andere Personen, für die zwar die inländische Gerichtsbarkeit nicht ausgeschlossen ist, die aber im Inland weder einen allgemeinen noch einen besonderen Gerichtsstand haben, im Inland klagen zu können (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 310).
Die Verneinung des Vorliegens der Voraussetzungen für den von der Klägerin primär in Anspruch genommenen Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 88 Abs 1 JN steht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Einklang (EvBl 1968/306; RZ 1975/27 ua). Die Vorinstanzen haben auch zutreffend erkannt, daß eine Anknüpfung an den von der Klägerin gar nicht in Anspruch genommenen Gerichtsstand für Streitigkeiten aus gewerblichem Rechtsschutz gemäß § 83 c JN schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die von der Klägerin geltend gemachten Ersatzansprüche ausschließlich aus vertrags- und gesetzwidrigen Handlungen der Beklagten abgeleitet werden, die sie im Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens begangen hat, wobei sich die beanstandeten Verletzungen des "jugoslawischen Zweiges" der internationalen Marke ebenso wie die behaupteten Wettbewerbsverstöße der Beklagten nur auf den jugoslawischen Markt ausgewirkt haben, wo demnach auch der geltend gemachte Schaden entstanden ist. Für die Beurteilung der inländischen Gerichtsbarkeit ist daher nur noch entscheidend, ob das Rekursgericht zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 99 Abs 1 JN angenommen hat.
Gemäß § 99 Abs 1 JN kann gegen Personen, die im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben, wegen vermögensrechtlicher Ansprüche bei jedem Gericht eine Klage angebracht werden, in dessen Sprengel sich Vermögen dieser Person (Gerichtsstand des Vermögens) oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand selbst (Gerichtsstand des Streitgegenstandes) befindet. Der Wert des im Inland befindlichen Vermögens darf jedoch nicht unverhältnismäßig geringer sein als der Wert des Streitgegenstandes.
Vermögen im Sinne des § 99 Abs 1 JN sind nur diejenigen Güter, die dem Beklagten eine Verfügungsmacht gewähren, somit alle Güter und Rechte, die wirtschaftlich verwertbar sind (Fasching aaO Rz 311; SZ 51/155 mwN). Entgegen der Meinung der Beklagten ist auch ein Geschäftsanteil an einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung "Vermögen" im Sinne des § 99 Abs 1 JN, ist doch dem Gesellschafter darüber insofern eine Verfügungsmacht eingeräumt, als die Geschäftsanteile gemäß § 76 Abs 1 und 3 GmbHG - wenn auch nur in der Form eines Notariatsaktes: § 76 Abs 2 GmbHG - übertragbar und - ohne solches Formerfordernis - verpfändbar sind. Sie können auch als ein nicht zu den Forderungen gehörendes Vermögensrecht gemäß § 331 EO gepfändet werden; gemäß der Spezialbestimmung des § 76 Abs 4 GmbHG besteht die gewöhnliche Verwertungsart entgegen der allgemeinen Regelung des § 332 Abs 1 EO im Verkauf des Geschäftsanteiles (SZ 57/30). Die Klägerin und die Vorinstanzen haben jedoch übersehen, daß zwischen dem Geschäftsanteil als Summe der Anteilsrechte eines Gesellschafters und der Stammeinlage, die einerseits ein bestimmter Bruchteil des Stammkapitals, also eine rein rechnerische Größe, andererseits die diesem Bruchteil entsprechende Vermögensleistung des Gesellschafters ist, streng unterschieden werden muß. Der Wert des Geschäftsanteils bestimmt sich daher nicht nach der Summe der Stammeinlage, sondern ist ständigen Veränderungen unterworfen (Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 Bd 2, 377 ff [381 f]; Paschinger, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozeß, Nachtrag 1982, 8). Sein Wert bestimmt sich somit nach dem bei einer Übertragung bzw einem exekutiven Verkauf erzielbaren Preis; er ist daher - insbesondere bei einer Einmanngesellschaft - vom tatsächlichen Wert des Gesellschaftsvermögens, also des gesamten von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens, abhängig. Maßgebend für den Gerichtsstand des Vermögens ist der Wert des im Inland befindlichen Vermögens; befindet sich dieses an mehreren Orten, dann ist der Gesamtwert maßgebend, wobei der Kläger der Wahl zwischen allen Gerichten hat, in deren Sprengel Vermögen des Beklagten liegt (ErlBem RV zur ZV-Novelle 1983 669 BlgNR 15.GP, 39) - im Zeitpunkt der Anhängigmachung der Klage (EvBl 1984/133; SZ 60/164 ua).
Der Wert der beiden Geschäftsanteile der Beklagten müßte daher am 30.11.1988 insgesamt 2 Millionen S annähernd erreicht haben, um nicht "unverhältnismäßig geringer" als der Streitwert gewesen zu sein (EvBl 1991/182). Die Beklagte hat dazu behauptet, daß der Gesamtwert ihrer Geschäftsanteile unter 1,5 Millionen S liege; Feststellungen über den Gesamtwert des inländischen Vermögens der Beklagten wurden aber nicht getroffen. Es läßt sich daher nicht vermeiden, vor der Entscheidung über die Unzuständigkeitseinrede durch Beweisaufnahmen den Gesamtwert der inländischen Geschäftsanteile der Beklagten per 30.11.1988 zu klären. Daß diese Geschäftsanteile zugunsten der Klägerin bereits gepfändet sind, vermag eine Zuständigkeit nach § 99 JN nicht aufzuheben (JBl 1975, 101). Sollte sich herausstellen, daß der Wert des inländischen Vermögens der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt annähernd 2 Millionen S erreicht hat, dann hätte dies nicht nur die Verwerfung der Unzuständigkeitseinrede, sondern - im Sinne der obigen Ausführungen - auch die Bejahung der inländischen Gerichtsbarkeit zur Folge.
Die Wertfeststellung erfordert die Fortsetzung der Verhandlung über den Zuständigkeitsstreit in erster Instanz und eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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