OGH 3Ob151/83

OGH3Ob151/8315.2.1984

SZ 57/30

Normen

EO §331
GmbHG §76 Abs2
EO §331
GmbHG §76 Abs2

 

Spruch:

Die Pfändung des Geschäftsanteiles einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch dann wirksam, wenn der Verwertungsantrag des betreibenden Gläubigers verfehlt war

OGH 15. 2. 1984, 3 Ob 151/83 (LGZ Graz 2 R 169/83; BGZ Graz 10 E 839/82)

Text

Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels (Titelgerichtes) vom 1. 2. 1982 wurde zugunsten der betreibenden Partei Dr. Reinhard H zur Sicherung des Betrages von 50 651.70 S sA die Exekution durch Pfändung des der verpflichteten Partei als Gesellschafterin der S-GesmbH zustehenden Geschäftsanteiles entsprechend einer voll und bar eingezahlten Stammeinlage von 100 000 S bewilligt und durch Zustellung des Leistungsverbotes an die genannte Gesellschaft und des Verfügungsverbotes an die verpflichtete Partei jeweils am 12. 3. 1982 vollzogen. Nach Überleitung der Sicherungsexekution in eine Befriedigungsexekution stellte die betreibende Partei beim Erstgericht den Antrag auf Verwertung durch Verkauf des gepfändeten Geschäftsanteiles. Bei der Versteigerung am 19. 11. 1982 wurde ein Meistbot von 40 000 S erzielt.

Zur Verteilungstagsatzung meldete Ernst S den Betrag von 64 800 S sA mit der Begründung an, ihm stehe auf Grund einer Vorexekution ein im Rang vorausgehendes Pfandrecht am verkauften Geschäftsanteil zu.

Bei dieser Vorexekution handelt es sich um die Exekution 8 E 5519/81 des Bezirksgerichtes Wels. Am 27. 10. 1981 hatte Ernst S beantragt, ihm wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung von 64 800 S sA die Exekution durch "Bewilligung der Pfändung und Verwertung eines Gesellschaftsanteiles" zu bewilligen. Den Antragstext selbst hatte er dahin formuliert, daß die "Pfändung aller Ansprüche der Verpflichteten als Gesellschafterin der S-GesmbH" bewilligt werden möge. Der Verpflichteten solle geboten werden, sich jeder Verfügung über das gepfändete Recht zu enthalten, der Drittschuldnerin S-GesmbH solle verboten werden, auf Grund des gepfändeten Rechtes an die verpflichtete Partei zu leisten. Es werde weiters beantragt, den Anspruch der verpflichteten Partei pfandweise zu beschreiben, die betreibende Partei zur Verwertung des gepfändeten Anspruches zu ermächtigen, insbesondere diese Ansprüche im Namen der verpflichteten Partei geltend zu machen und dazu die Teilung oder Einleitung des Auseinandersetzungsverfahrens zu begehren, Kündigung vorzunehmen und überhaupt alles vorzukehren, was zur Geltendmachung der Ansprüche dienlich sein kann. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels (Titelgerichtes) vom 28. 10. 1981 wurde diese Exekution mit der allgemeinen Exekutionsbewilligungsstampiglie (braun) (§ 147 Abs. 1 lit. c Geo) bewilligt. Das Bezirksgericht Wels vollzog die Exekution durch Zustellung des Leistungsverbotes an die S-GesmbH am 2. 11. 1981. Das Verfügungsverbot an die verpflichtete Partei wurde dieser anläßlich des für den 20. 11. 1981 vorgesehenen Vollzugs zugestellt. Einen gesonderten Verwertungsantrag stellte die betreibende Partei Ernst S in dieser Exekutionssache erst am 12. 11. 1982, wo unter Hinweis auf die von der betreibenden Partei Dr. Reinhard H betriebene Exekution der Beitritt zum schon anhängigen Verkaufsverfahren beantragt wurde. Das Bezirksgericht Wels überwies die Sache gemäß § 44 JN dem Erstgericht, das mit Beschluß vom 22. 11. 1982 die Übernahme ablehnte und gleichzeitig mitteilte, daß der Geschäftsanteil am 19. 11. 1982 versteigert worden sei. Einen von der betreibenden Partei Ernst S am 12. 11. 1982 auch beim Erstgericht gestellten Verwertungsantrag übermittelte dieses Gericht an das Bezirksgericht Wels, das mit Beschluß vom 29. 11. 1982 den Verwertungsantrag bewilligte.

In der von Dr. Reinhard H betriebenen Exekutionssache hatte die Drittschuldnerin noch vor der Versteigerung des Geschäftsanteiles am 3. 11. 1982 mitgeteilt, daß der Geschäftsanteil schon zu 8 E 5519/81 des Bezirksgerichtes Wels gepfändet worden sei, worauf das Erstgericht G die betreibende Partei Ernst S mit Beschluß vom 5. 11. 1982 aufforderte, die Rechte aus der Vorexekution auszuüben, widrigens angenommen werde, daß der Versteigerung vom 19. 11. 1982 keine Hindernisse entgegenstehen. Am 12. 11. 1982 teilte die betreibende Partei Ernst S dem Erstgericht mit, daß sie der Versteigerung nicht entgegentrete. Das Erstgericht erachtete sich zur Erledigung dieses Verwertungsantrages nicht für zuständig und übermittelte ihn daher dem Bezirksgericht Wels.

Auf Grund dieses Sachverhaltes wies das Erstgericht als Exekutionsgericht in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Reinhard H nach Aufhebung eines ersten Beschlusses im zweiten Rechtsgang mit dem Verteilungsbeschluß vom 6. 5. 1983, in dem neben Dr. Reinhard H auch Ernst S als weitere betreibende Partei angeführt war, den Verkaufserlös abzüglich einer nicht strittigen Abzugspost zur Gänze der betreibenden Partei Dr. Reinhard H zu. Es erblickte in den beiden Exekutionen einen grundsätzlichen Unterschied. Im einen Fall seien die Gesellschaftsrechte gemäß § 331 EO in Exekution gezogen worden, im anderen Fall sei ein Geschäftsanteil an einer GesmbH zum Verkauf gelangt. Gemäß §§ 54 Abs. 1, 63 Z 3 EO sei vom Antrag der jeweiligen betreibenden Partei auszugehen, woraus sich die verschiedene Exekutionsführung ergebe.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Verkaufserlös dem Ernst S zugewiesen wurde. Es sprach aus, daß der Rekurs an den OGH zulässig sei. Die "Pfändung aller Ansprüche der verpflichteten Partei als Gesellschafterin" sei dasselbe wie die "Pfändung des Geschäftsanteiles", weshalb der ältere Pfandrang maßgebend sei. Daß die beiden Exekutionen getrennt geführt worden seien, ändere nichts daran, daß bei der Verteilung das ältere Recht zu berücksichtigen sei. Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begrundete das Gericht zweiter Instanz damit, daß eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Geschäftsanteil des Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der "Inbegriff der Rechte und Pflichten" (Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 614) oder die "Gesamtheit der Rechte" (Gellis, Kommentar zum GmbHG[2], 396), die dem GmbH-Gesellschafter zukommen. Zwischen dem "Geschäftsanteil" (das ist der im Gesetz zB in § 75 GmbHG verwendete Ausdruck), dem "Gesellschaftsanteil" (so im Rubrum des Exekutionsantrages der betreibenden Partei Ernst S) oder den "Ansprüchen ... als Gesellschafter" (so im eigentlichen Text des Exekutionsantrages der betreibenden Partei Ernst S) besteht daher kein Unterschied. Hinsichtlich des Antrages auf Pfändung eines bestimmten Vermögensrechtes der verpflichteten Partei haben sich daher die beiden strittigen Exekutionsanträge nicht unterschieden. Unterschiedlich waren nur die Vorstellungen über die spätere Verwertung des jeweils gepfändeten gleichen Rechtes. Da die Exekution nach §§ 331 ff. EO - auch ein Geschäftsanteil einer GesmbH zählt zu den dort behandelten anderen Vermögensrechten - ein mehrstufiges Verfahren ist, das aus der Pfändung, der Verwertung und der Verteilung des Erlöses besteht (Heller-Berger-Stix 2331), hängt die Wirksamkeit der Pfändung nicht davon ab, ob die betreibende Partei von Anfang an einen zutreffenden Verwertungsantrag stellt oder nicht. Es ist zwar richtig, daß beim Geschäftsanteil einer GesmbH gemäß der Spezialbestimmung des § 76 Abs. 4 GmbHG entgegen der allgemeinen Regelung des § 332 Abs. 1 EO die gewöhnliche Verwertungsart im Verkauf des Geschäftsanteiles besteht (SZ 5/89). Der ursprüngliche Verwertungsantrag der betreibenden Partei Ernst S, der sich an § 333 Abs. 1 EO orientierte, entsprach daher nicht dieser Vorschrift, sondern hätte nur gepaßt, wenn beispielsweise die Gesellschaftsrechte an einer offenen Handelsgesellschaft verwertet hätten werden sollen (vgl. dazu Formular Nr. 473 mit Formular Nr. 474 bei Heller-Trenkwalder[3]). Die in § 331 Abs. 1 EO geregelte Pfändung wird aber in jedem Falle durch die Erlassung des Verfügungsverbotes (im Gesetz Gebot genannt) an den Verpflichteten und des Leistungsverbotes an die Gesellschaft und die Zustellung dieser Verbote bewirkt.

Das Gericht zweiter Instanz hat daher wegen des älteren Pfandrechtes und Pfandranges den Verkaufserlös mit Recht an Ernst S zugewiesen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte