European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E128102
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der Kläger ist Eigentümer eines Pkw der Marke VW Passat, der erstmals am 7. August 2008 zum Verkehr zugelassen wurde. Der Kläger hat dieses Fahrzeug im Jahr 2013 als Gebrauchtfahrzeug für einen Verein und im Jahr 2016 schließlich für sich selbst erworben. Beim erstmaligen Verkauf des Fahrzeugs als Neuwagen übernahm die Beklagte eine dreijährige Garantie gegen Lackmängel sowie eine zwölfjährige Garantie gegen Durchrostungen (Lack- und Karosseriegarantie). Die konkreten Garantiebedingungen konnten nicht festgestellt werden, weil diese im Verfahren nicht vorgelegt wurden.
Am 30. Juni 2016 ließ der Kläger das Fahrzeug in einer Zweigniederlassung der Beklagten besichtigen. Damals wies das Fahrzeug eine Laufleistung von über 180.000 km auf. Anlässlich dieser Besichtigung fanden sich an mehreren Bauteilen des Fahrzeugs Roststellen, eine Durchrostung bestand jedoch nicht. Da die Beklagte eine kostenlose Beseitigung der Roststellen ablehnte, überklebte der Kläger diese teilweise mit Panzertapes.
Im Rahmen der im vorliegenden Verfahren durchgeführten Befundaufnahme durch den gerichtlichen Sachverständigen am 26. April 2018 war an der linken Fahrertüre eine Durchrostung vorhanden. Weitere Durchrostungen waren nicht feststellbar.
Der Kläger begehrte die Verbesserung der an seinem Fahrzeug aufgetretenen Roststellen an der Heckklappe, an den Kotflügeln, am Dach und an den Türen. Eventualiter begehrte er die Zahlung von 4.250 EUR sA als Wertdifferenz eines nicht von Rost betroffenen Fahrzeugs im Verhältnis zum gegenständlichen Fahrzeug zum Zeitpunkt 30. Juni 2016. Mit Erwerb des Fahrzeugs habe er auch das Garantieversprechen der Beklagten übernommen. Im Jahr 2016 seien am Fahrzeug erstmals Roststellen aufgetreten, die er unverzüglich reklamiert habe. Seine Ansprüche könnten nicht mit dem Argument abgelehnt werden, dass die Karosseriegarantie nur Durchrostungen von innen nach außen abdecke. Der durchschnittliche Autokunde verstehe unter Durchrostung jegliche sichtbare Anrostung am Fahrzeug.
Die Beklagte entgegnete, dass eine Durchrostung im Sinn einer Perforation des Fahrzeugblechs von innen nach außen nicht vorliege, weshalb kein Garantiefall bestehe. Zudem habe der Kläger das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß gewartet und die erkennbaren Anrostungen nicht behoben.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren sowie das Eventualbegehren ab. Mangels einer feststellbaren vereinbarten Definition sei der Begriff „Durchrostung“ nach dem Verständnis eines durchschnittlichen verständigen Autokäufers auszulegen. Demnach könne eine Durchrostung nur dann angenommen werden, wenn an einer Stelle des Fahrzeugblechs kein (nicht bereits oxidiertes) Material des Stahlblechs verbleibe. Zum maßgebenden Zeitpunkt der Besichtigung des Fahrzeugs durch die Beklagte am 30. Juni 2016 sei am Fahrzeug keine Durchrostung vorhanden gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Eine Durchrostung von außen nach innen habe üblicherweise eine mechanische Beschädigung des Lacks durch Dritteinwirkung als Ursache. Demgegenüber seien die Ursachen für eine Durchrostung von innen nach außen dem Hersteller zuzuschreiben. Der Kläger habe auch seiner Mitwirkungspflicht nicht entsprochen, weil er die sichtbaren Roststellen nicht beseitigen lassen habe. Dadurch habe er sich des Anspruchs aus der Garantiezusage der Beklagten begeben. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.
Über Antrag des Klägers nach § 508 ZPO sprach das Berufungsgericht nachträglich aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, um dem Kläger den Zugang zum Höchstgericht zur Klärung der in seinem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen (zur Durchrostung, zur Mitwirkungspflicht des Autokäufers und zur Beweislast) zu ermöglichen.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers, die auf eine Stattgebung des Klagebegehrens abzielt.
Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1.1 Trotz Zulässigerklärung der Revision durch das Berufungsgericht muss der Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Macht er hingegen nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, so ist das Rechtsmittel ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs zurückzuweisen.
1.2 In der Revision führt der Kläger aus, ein durchschnittlich verständiger Autoverkäufer gehe davon aus, dass ein Fahrzeug ohne entsprechende Beschädigung von außen nicht roste und für den Fall, dass dennoch Rost auftrete, der Hersteller aufgrund einer vertraglich vereinbarten Garantie eine Schadensbehebung durchführe. Die Beklagte sei daher für die bei der Fahrzeugbesichtigung am 30. Juni 2016 dokumentierten Roststellen reparaturpflichtig. Sollte sich die Garantie tatsächlich nur auf eine Durchrostung beziehen, so komme es nicht auf den Zustand des Fahrzeugs bei der erwähnten Besichtigung, sondern auf die Schäden an, die der gerichtliche Sachverständige festgestellt habe. Darüber hinaus komme dem Kläger die Umkehr der Beweislast im Sinn des § 1298 ABGB zugute.
Damit zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage auf:
2.1 Der Kläger beruft sich auf eine Garantie im Sinn des § 9b KSchG.
Eine solche (vertragliche) Garantie ergänzt die Gewährleistungsansprüche durch eine unechte oder echte Garantiezusage des Übergebers oder (in der Regel) des Herstellers für Sachmängel oder für Herstellungsfehler. Dabei erklärt der Übergeber oder ein Dritter (der Hersteller oder Importeur) seine Verpflichtung, eine mangelhafte Sache zu verbessern, auszutauschen, den Kaufpreis zu ersetzen oder sonst Abhilfe zu schaffen (1 Ob 164/10i; siehe dazu auch 4 Ob 55/16s).
Die Garantieerklärung ist nach den Bestimmungen der §§ 914 f ABGB auszulegen (RIS‑Justiz RS0017670 [T10]; vgl auch RS0033002). Ob die Erklärung im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und begründet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage (RS0042936; 1 Ob 1/19g).
2.2 Im Anlassfall geht es um die von der Beklagten übernommene Karosseriegarantie. Der Kläger bestreitet in Wirklichkeit nicht, dass sich diese Garantie auf die Durchrostung von Karosserie- bzw Bauteilen des Fahrzeugs von innen nach außen bezieht. Er vertritt aber die Ansicht, dass es nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Autokunden auf die Richtung der Durchrostung nicht ankomme und dieser unter einer Durchrostung alle flächigen Roststellen an der Karosserie verstehe.
2.3 Mangels einer feststellbaren besonderen Begriffsbestimmung und mangels eines festgestellten übereinstimmenden Parteiwillens ist für den Inhalt der Garantie zunächst die Auslegung des in der Garantieerklärung verwendeten Begriffs „Durchrostung“ maßgebend. Das dazu von den Vorinstanzen erzielte Auslegungsergebnis, wonach eine Durchrostung nur dann anzunehmen sei, wenn an einer Stelle des Fahrzeugblechs kein Material des Stahlblechs mehr vorhanden sei, also ein Loch bestehe, hält sich im Rahmen der anerkannten Auslegungsgrundsätze.
Zum Zeitpunkt der Besichtigung des Fahrzeugs bei der Beklagten am 30. Juni 2016 lag bei keinem Bauteil des Fahrzeugs eine Durchrostung vor.
3.1 Das in der Revision zusätzlich vorgetragene Argument des Klägers, dass bei der Befundaufnahme durch den gerichtlichen Sachverständigen am 26. April 2018 zumindest an der Fahrertüre eine Durchrostung festgestellt worden sei, begründet ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage.
3.2 Der Oberste Gerichtshof hat bereits klargestellt, dass bei einer vertraglich vereinbarten Garantie die Behauptungs- und Beweislast für den Eintritt der Garantievoraussetzungen nach allgemeinem Vertragsrecht grundsätzlich den Kläger trifft (vgl RS0016996; RS0106638). Dies gilt auch für das Vorliegen einer nach der Garantiezusage relevanten Ursache, wie dies etwa bei einer Garantie für Herstellungsfehler der Fall ist (1 Ob 1/19g). Eine solche Einschränkung ist für eine Garantie im Sinn des § 9b KSchG typisch. Dementsprechend ist die hier zu beurteilende Karosseriegarantie auf Durchrostungen von innen nach außen beschränkt.
3.3 In Bezug auf die vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellte Durchrostung an der Fahrertüre hat der Kläger nicht dargelegt, dass es sich um eine Durchrostung von innen nach außen handelt. Die dazu vom Berufungsgericht angestellte Überlegung, dass diesem Umstand deshalb Bedeutung zukomme, weil eine Durchrostung nur in diesem Fall dem Hersteller zugeschrieben werden könne, ist nicht korrekturbedürftig. Auch die Negativfeststellung zum Vorliegen weiterer Durchrostungen bei der Befundaufnahme am 26. April 2018 geht zu Lasten des Klägers.
3.4 Der Hinweis des Klägers auf § 1298 ABGB und sein dazu vorgetragenes Argument, die Beklagte hätte das Auftreten der Roststellen infolge Verschuldens des Klägers durch einen allfälligen Unfall oder eine Beschädigung (von außen nach innen) beweisen müssen, schlägt fehl, weil die Frage, ob eine relevante Durchrostung überhaupt vorliegt, nichts mit einem Verschulden in Bezug auf die Entstehung eines solchen Zustands zu tun hat.
3.5 Auf die weiteren in der Revision angestellten Überlegungen in Bezug auf eine Mitwirkungs- oder Schadensminderungspflicht des Autokäufers zur Behebung erkennbarer Rostschäden kommt es nicht an.
4. Insgesamt gelingt es dem Kläger mit seinen Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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