Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadenersatz in Höhe von 115.460 EUR wegen vertragswidriger Nichtannahme von vereinbarten Leistungen.
Die Beklagte beruft sich auf ihre „Allgemeinen Vertragsbedingungen“, wonach sie berechtigt sei, einzelne Leistungen nicht abzurufen, ohne dass dem Auftragnehmer dadurch Rechte entstünden.
Das Erstgericht fällte ein Zwischenurteil, mit welchem es aussprach, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe, soweit es sich auf die Nichtausführung eines bestimmten Teils der auftragsgegenständlichen Leistungen beziehe.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die von der Beklagten ins Treffen geführte Bestimmung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei gemäß § 864a ABGB nicht Vertragsbestandteil geworden.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen unzulässig.
Die Revisionswerberin macht geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht § 864a ABGB angewendet.
1. Abgesehen davon, dass das ergänzende Vorbringen der Klägerin (siehe etwa ON 5) ausreichende Anhaltspunkte für den Einwand des § 864a ABGB enthält, hätte das Gericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung die Gültigkeit der Vertragsbestimmung nach § 864a ABGB auch ohne ausdrücklich darauf gerichtete Einwendung prüfen müssen, weil die Beklagte ihren Prozessstandpunkt auf eine Bestimmung in ihren „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ gestützt hatte, die bereits nach den Tatumständen, bedenklich erscheint (RIS-Justiz RS0014662). Dass es sich bei diesen „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ um AGB iSv § 864a ABGB und nicht um einzeln ausverhandelte Vertragsbestimmungen handelt, ergibt sich schon aus dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde.
2. § 864a ABGB ist nach dem Gesetzeswortlaut dann nicht anzuwenden, wenn der eine Vertragsteil den anderen besonders auf die ungewöhnliche Bestimmung hingewiesen hat, was hier nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht der Fall war. Die Paraphierung durch den Geschäftsführer der Klägerin kann den vom Gesetz geforderten besonderen Hinweis auf die Punkte 7.3 und 7.5 der Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht ersetzen.
3. Die Beurteilung der „Ungewöhnlichkeit“ einer Klausel iSd § 864a ABGB ist stets von der Kasuistik des Einzelfalls geprägt und auf die singuläre Rechtsbeziehung der Streitteile zugeschnitten, sodass darin grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu erblicken ist (RIS-Justiz RS0122393). Die Rechtsprechung beurteilt eine Klausel dann als objektiv ungewöhnlich, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, sodass er nach den Umständen mit ihr vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Entscheidend ist, ob die Klausel beim entsprechenden Geschäftstyp üblich ist und ob sie den redlichen Verkehrsgewohnheiten entspricht (4 Ob 5/08a mwN).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach das durch AGB eingeräumte einseitige Recht eines Vertragspartners, einen bereits geschlossenen Vertrag in Bezug auf dessen Hauptleistungen nach Belieben und entschädigungslos abzuändern, iSv § 864a ABGB ungewöhnlich und für den Vertragspartner, der nicht damit rechnen musste, nachteilig ist, begründet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.
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