Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist (ausschließlich) österreichische Staatsbürgerin, der Beklagte ist (ausschließlich) deutscher Staatsangehöriger. Die Streitteile schlossen am 22. April 2000 in Österreich die Ehe, ihr (letzter) gemeinsamer Aufenthalt war in der Bundesrepublik Deutschland. Der Ehe entstammen die beiden Kinder Julius, geboren *****, und Viktoria, geboren *****. Die Streitteile leben seit 19. Juni 2003 getrennt. Die Ehe der Streitteile wurde über Klage und Widerklage mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 12. Jänner 2005 (rechtskräftig seit 17. Februar 2005) nach deutschem Recht ohne Ausspruch eines Verschuldens geschieden. Die Klägerin lebt seit 1. September 2003 in Österreich, der Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland, wo er ein Forstgut bewirtschaftet.
Am 14. Mai 2001 schlossen die Streitteile vor einem deutschen Notar eine als „Ehevertrag mit erbvertraglichem Vermächtnis" bezeichnete Vereinbarung, in der sie - soweit anwendbar - in Punkt VII hinsichtlich des Unterhaltsrechts grundsätzlich die gesetzliche Regelung des deutschen Rechts (mit der Einschränkung betreffend eine Höchstbetragsvereinbarung) für anwendbar erklärten. In Punkt XII. dieser Vereinbarung wurde vorsorglich - soweit möglich - für alle Ehewirkungen das Recht der Bundesrepublik Deutschland vereinbart. Die Streitteile vereinbarten weiters, dass der Klägerin als Ausgleich für die von ihr in der Vereinbarung abgegebenen Verzichte und zum Zweck der Altersversorgung die alleinige Inhaberschaft an acht näher bezeichneten Investmentkonten übertragen wird. Die Klägerin hat diese Konten mittlerweile aufgelöst und den Erlös für ihre Lebensführung und die ihrer Kinder verwendet.
Mit Klage vom 16. Dezember 2004 begehrte die Klägerin vom Beklagten einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.500 EUR ab 1. Juli 2003 „abzüglich geleisteter Zahlungen". Nach dem Ehevertrag sei im Falle von Auseinandersetzungen deutsches Recht anzuwenden; der Beklagte habe sich darin verpflichtet, ihr einen monatlichen Unterhaltsbeitrag für den Fall der Scheidung in Höhe von 5.000 DM (2.500 EUR) zu bezahlen. Über Aufforderung des Beklagten habe sie die eheliche Wohnung (ein Schloss) verlassen und sei mit den beiden Kindern nach Wien übersiedelt. Der Beklagte leiste für sie und die beiden Kinder einen monatlichen Gesamtunterhalt von 1.700 EUR, ohne diesen Betrag näher aufzuschlüsseln; dadurch sei nicht einmal ihr Unterhaltsbeitrag abgedeckt. Der Beklagte verdiene zumindest 78.804 EUR als durchschnittliches jährliches Nettoeinkommen; sie selbst verfüge über kein Einkommen und betreue ihre beiden Kinder.
Der Beklagte wendete ein, keine Unterhaltsvereinbarung getroffen zu haben; es sei lediglich ein Höchstbetrag vereinbart worden. Der monatliche Unterhalt für die beiden Kinder könne nicht mehr als 714 EUR (für 2004) und 728 EUR (für 2005) ausmachen, dieser Unterhaltsverpflichtung komme er nach. Der Beklagte erstattete umfangreiche Einwendungen zur Berechnung der Bemessungsgrundlage; so habe etwa die Klägerin namhaftes Vermögen nach ihrem Vater geerbt, sodass sie sich Einkünfte aus diesem und das Stammvermögen selbst anrechnen lassen müsse. Die Ehe der Streitteile sei ohne Verschuldensausspruch geschieden worden, weshalb ihr kein Unterhalt zustehe.
Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung monatlicher Unterhaltsbeträge in unterschiedlicher Höhe, gestaffelt für einzelne Zeiträume zwischen 1. Juli 2003 und 28. Februar 2009, und zu einem laufenden Unterhalt ab 1. März 2009 in Höhe von 847 EUR, und wies das Mehrbegehren ab. Es traf umfangreiche Feststellungen, von denen als für das Rekursverfahren von Bedeutung folgende hervorzuheben sind:
Der Beklagte überwies der Klägerin zunächst monatlich 2.000 EUR für sie und die gemeinsamen Kinder, seit 1. Oktober 2003 1.700 EUR monatlich. Das Pflegschaftsgericht wies mit Beschluss vom 8. Oktober 2004 einen Antrag der durch die Klägerin vertretenen Kinder, den Beklagten zu Unterhaltszahlungen von jeweils 850 EUR monatlich für jedes Kind zu verpflichten, mit der Begründung ab, mangels Aufschlüsselung durch den Beklagten sei der von ihm geleistete Unterhaltsbeitrag nach Köpfen aufzuteilen; damit entfalle auf die Kinder ein Betrag von 1.133 EUR monatlich, was deren zweifachen Durchschnittsbedarf übersteige; eine Überalimentierung der Kinder solle zu ihrem Wohl nicht stattfinden; der Beklagte habe seine Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern nicht verletzt. Einen weiteren inhaltsgleichen Unterhaltsantrag der Kinder wies das Pflegschaftsgericht mit Beschluss vom 24. März 2005 mit der Begründung ab, seit der letzten Unterhaltsentscheidung sei keine wesentliche Änderung der Voraussetzungen eingetreten; ein Rekurs der Kinder gegen diese Entscheidung blieb erfolglos.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von der Anwendung österreichischen Rechts sowohl für den ehelichen als auch den nachehelichen Unterhalt aus. Bei der Bemessungsgrundlage zog es die Ergebnisse der Wirtschaftsjahre vom 1. Juli 2003 bis 31. Dezember 2005 heran und verneinte Abzugsposten infolge steuerlicher Absetzungen für Abnützungen (AfA) sowie für eine Investitionsrücklage, der keine effektiven Ausgaben gegenüberstünden; die vom Beklagten durchgeführten Abschreibungen seien seinen Einkünften aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, aus dem Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen ebenso hinzuzurechnen wie der den steuerlichen Gewinn mindernde Sonderposten mit Rücklagenanteil, dem keine effektiven Ausgaben gegenübergestanden seien. Betrieblich bedingte Kredite und deren Rückzahlung durch den Beklagten seien zu berücksichtigen und verminderten die Unterhaltsbemessungsgrundlage. Hingegen sei der vom Beklagten getragene Versicherungsaufwand für das von der Klägerin gefahrene Fahrzeug der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Die Privatentnahmen in den Jahren 2004 und 2005 überstiegen den Reingewinn und bildeten deshalb für diesen Zeitraum die Bemessungsgrundlage. Mangels Aufschlüsselung der vom Beklagten an die Klägerin geleisteten monatlichen Unterhaltszahlung sei dieser Betrag zu dritteln und das auf die Klägerin entfallende Drittel von 666,67 EUR bis einschließlich September 2003 und von 566,67 EUR ab Oktober 2003 jeweils vom monatlichen Unterhaltsbetrag abzuziehen. Die Klägerin habe gemäß §§ 68a, 69 Abs 3 und 71 EheG unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Streitteile und der anhaltenden Betreuung der beiden gemeinsamen Kinder Anspruch auf Unterhalt nach Scheidung. Bei der Bemessung der Unterhaltshöhe sei der Lebensbedarf der Klägerin sowie ihr Einkommen (einschließlich möglicher Zinserträge aus dem geerbten Vermögen unter Ausklammerung der Liegenschaftsanteile und aus dem Wert der aufgelösten Investmentkonten) zu berücksichtigen. Bis Februar 2007 sei der Klägerin die Selbsterhaltung jedenfalls unzumutbar gewesen. Im Hinblick auf ihr Alter und ihre Ausbildung erscheine eine Befristung des Unterhaltszuspruchs von zwei Jahren über diesen Zeitpunkt hinaus ausreichend, um ihr den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu ermöglichen. Da keine Abschläge in Betracht kämen, sei ihr Unterhaltsanspruch (nach § 68a EheG) bis einschließlich Februar 2009 mit 1.260 EUR monatlich zu bemessen gewesen, für die weitere Zukunft mit 847 EUR.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Streitteile Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zu den Rechtsfragen betreffend Rechtswahl, Drittelung einer nicht gewidmeten Unterhaltszahlung für drei Personen nach Köpfen sowie Berücksichtigung der Abschreibung für Abnutzung für ein privat und betrieblich genutztes denkmalgeschütztes Gebäude eines in Deutschland steuerpflichtigen Unterhaltsschuldners höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Für den ehelichen und den nachehelichen Unterhalt bestehe für eine privatautonome Rechtswahl kein Raum. § 18 Abs 1 Z 2 IPRG verweise hinsichtlich des ehelichen Unterhalts auf das Recht der Bundesrepublik Deutschland als letzten gewöhnlichen Aufenthalt beider Ehegatten. Art 18 EGBGB bestimme, dass auf Unterhaltspflichten die Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltenden Rechts anzuwenden seien. Deshalb komme für den ehelichen Unterhalt österreichisches Sachrecht zur Anwendung (gewöhnlicher Aufenthalt der Klägerin). Für den nachehelichen Unterhalt knüpfe § 20 IPRG an das Ehewirkungsstatut des § 18 IPRG an und unterwerfe den Sachverhalt zunächst dem Recht der Bundesrepublik Deutschland. Auch hier verweise Art 18 Abs 2 EGBGB auf österreichisches Recht als Sachvorschriften jenes Staats, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Die in Art 18 Abs 4 EGBGB genannte Ausnahme liege - auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Ehe vor einem österreichischen Gericht unter Anwendung deutschen Rechts geschieden worden sei - nicht vor, weil eine Anerkennung des inländischen Scheidungsurteils durch ein deutsches Gericht nicht aktenkundig sei und sich an der Anerkennungsbedürftigkeit auch durch die Verordnung (EG) Nr 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 (Brüssel-IIa Verordnung) nichts geändert habe. Somit sei für den ehelichen und den nachehelichen Unterhalt österreichisches Recht maßgeblich. Im hier gegebenen Fall einer Scheidung nach einem ausländischen Recht, das nur eine Scheidung ohne Verschuldensausspruch kenne, stehe dem bedürftigen Ehegatten nach der Rechtsprechung analog § 69 Abs 3 EheG unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Teil zu.
Es bestünden keine Bedenken, den vom Beklagten monatlich geleisteten Unterhaltsbetrag für die Kinder und die Ehefrau in Ermangelung einer Aufschlüsselung nach Köpfen aufzuteilen. Das Pflegschaftsverfahren biete in diesem Zusammenhang keinen Aufschluss, zumal darin bisher nur entschieden worden sei, dass die geleisteten Zahlungen für die Kinder bei Drittelung die sogenannte Luxusgrenze jedenfalls überstiegen, weshalb ein Festsetzungsanspruch der beiden Minderjährigen in Ermangelung einer Unterhaltsverletzung nicht bestehe. Sollte das weitere Verfahren keine andere Sichtweise zeitigen, habe das Erstgericht zutreffend ein Drittel dieser Zahlung auf den Ehegattenunterhalt angerechnet.
Die Tatsachengrundlage sei allerdings in mehreren Punkten ergänzungsbedürftig. So seien die Feststellungen zum Einkommen des Beklagten nicht ausreichend und rechnerisch nicht nachvollziehbar. Verfehlt sei es, für den ehelichen Unterhalt ein durchschnittliches Nettoeinkommen auf Basis von 30 Monaten heranzuziehen; Unterhalt für die Vergangenheit sei nämlich stets anhand des in der jeweiligen Periode bezogenen Einkommens konkret auszumitteln. Der Unterhalt für die Vergangenheit sei daher nach Perioden (Wirtschafts- oder Kalenderjahr) zu staffeln und erst für den laufenden Unterhalt ein Durchschnittswert der vergangenen drei letzten abgeschlossenen Perioden heranzuziehen. Für entsprechende Feststellungen fehlten im bisherigen Verfahren ausreichende Grundlagen, zumal sich die gutachterliche Befundung nicht über das Jahr 2005 hinaus erstrecke; für den laufenden Unterhalt seien jedoch die Jahre 2005, 2006 und 2007 heranzuziehen. Für den Zuspruch laufenden Unterhalts sei der Monat des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz maßgeblich. Das Erstgericht werde auch hinsichtlich geleisteter, auf den Unterhalt anrechenbarer Zahlungen Feststellungen zu treffen und dabei zu beachten haben, dass im Fall einer Unterhaltsverletzung der volle Unterhaltsbeitrag unter Berücksichtigung der bezahlten Beträge bei der Rückstandsberechtigung zuzuerkennen sei. Zum Unterhalt während aufrechter Ehe werde das Erstgericht für die Zeit von Juli 2003 bis Februar 2005 Bemessungsphasen (nach - allenfalls aliquoten - Wirtschafts- oder Kalenderjahren) zu bilden und für diese konkrete Nettoeinkünfte festzustellen haben. Sodann werde festzustellen sein, welche auf den Unterhalt anrechenbaren Zahlungen der Beklagte geleistet habe; diese seien im Spruch als entsprechende Abzugspost von der vollen Unterhaltsverpflichtung auszuweisen. Für den nachehelichen Unterhalt gälten diese Grundsätze - soweit Unterhalt für die Vergangenheit gefordert werde - sinngemäß; für den laufend - ab dem Monat des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz - zuzusprechenden Unterhalt werde die Bemessung an Hand eines Durchschnittseinkommens der letzten drei abgeschlossenen Wirtschaftsjahre vorzunehmen sein.
Die laufende (normale) Absetzung für Abnutzung (AfA) führe grundsätzlich zu keiner Reduktion der Unterhaltsbemessungsgrundlage; sie diene nämlich einer Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Vermögenswerts auf die Gesamtdauer seiner wirtschaftlichen Verwendung oder Nutzung und solle eine Amortisation des Kapitals ermöglichen, ohne betriebswirtschaftlichen Zielsetzungen (etwa der Ansammlung von Mitteln zur Ersatzbeschaffung für ein wirtschaftlich abgenütztes Vermögensgut) zu dienen. Sie mindere die Unterhaltsbemessungsgrundlage daher nur dann, wenn ihr reale Ausgaben zugrundelägen. Ob diese Voraussetzung zutreffe, könne mangels entsprechender Feststellungen noch nicht beurteilt werden. Das Erstgericht habe weiters keine ausreichenden Feststellungen darüber getroffen, inwieweit die Klägerin aus ihrem Erbe ein Einkommen erziele bzw erzielen könne, wann sie das ihr überlassene Investmentkonto aufgelöst und zu welchem Zweck sie das Realisat verwendet habe; auch insofern sei das erstinstanzliche Verfahren ergänzungsbedürftig, zumal der Tatbestand nach § 69 Abs 3 EheG auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse beider Ehegatten abstelle.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO). Mit dem Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss kann auch allein dessen Begründung angefochten werden, ohne dass der Auftrag an das Erstgericht, das Verfahren zu ergänzen, bekämpft wird; das Rechtsmittel kann auch von der Partei erhoben werden, auf deren Berufung hin die Aufhebung erfolgt ist (RIS-Justiz RS0111502; Kodek in Rechberger, ZPO³ § 519 Rz 23; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 ZPO Rz 108 mN aus der Rsp). Wenn auch die im rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluss vertretene Rechtsansicht - wie nachfolgend aufzuzeigen ist - in mehreren Punkten aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren ist, ist der Rekurs doch im Ergebnis nicht berechtigt; es hat bei der Aufhebung und Zurückverweisung zu bleiben.
1. Der Rekurs des Beklagten richtet sich gegen folgende Begründungselemente des Berufungsgerichts: a) Aufteilung der vom Beklagten nicht konkret gewidmeten Unterhaltszahlung für drei Personen nach Köpfen; b) mangelnde Subsidiarität des Unterhaltsanspruchs gemäß § 69 Abs 3 EheG gegenüber unterhaltspflichtigen Verwandten des Berechtigten; c) fehlende Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 68a Abs 1 EheG.
2.1. Im Rechtsmittelverfahren hängt die amtswegige Prüfung der Rechtsanwendungsfrage (RIS-Justiz RS0009230) von der Erhebung der Rechtsrüge ab (1 Ob 163/05k = RIS-Justiz RS0009230 [T6]; 4 Ob 122/06d). Eine solche macht der Beklagte - wie zu Punkt 1. ausgeführt - hier geltend. Dies berechtigt den Senat zur Überprüfung der Frage des anzuwendenden Rechts, die das Berufungsgericht nur zum Teil richtig gelöst hat.
2.2. Die Klägerin ist österreichische Staatsbürgerin, der Beklagte deutscher Staatsangehöriger. Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 12. 1. 2005 (rechtskräftig seit 17. 2. 2005) nach deutschem Recht ohne Ausspruch eines Verschuldens geschieden. Sie war mit Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst (§ 46 zweiter Satz EheG; für Deutschland Wirkung erstreckt nach Art 21 Abs 1 VO [EG] Nr 2201/2003 des Rates vom 27. 11. 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung [EG] Nr 1347/2000 [Brüssel IIa-VO]). Die Klägerin lebt seit 1. 9. 2003 in Österreich, der Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin begehrt Unterhalt ab 1. 7. 2003, somit für Zeiträume a) während aufrechter Ehe und Wohnsitz der Klägerin in Deutschland (1. 7. 2003 bis 31. 8. 2003), b) während aufrechter Ehe und Wohnsitz der Klägerin in Österreich (1. 9. 2003 bis 16. 2. 2005), und c) nach Scheidung (ab 17. 2. 2005).
2.2.1. Ansprüche während aufrechter Ehe und Wohnsitz der Klägerin in Deutschland richten sich nach deutschem Recht.
§ 18 Abs 1 Z 2 IPRG verweist auf deutsches Recht als jenes des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, den einer der Ehegatten beibehalten hat. Die deutsche Rechtsordnung (Art 18 Abs 1 EGBGB, ebenso der in Deutschland anwendbare Art 4 Abs 1 Haager Unterhaltsübereinkommen 1973) knüpft für den ehelichen Unterhalt an den jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten an, dies ist im Zeitraum 1. 7. 2003 bis 31. 8. 2003 Deutschland.
2.2.2. Ansprüche während aufrechter Ehe und Wohnsitz der Klägerin in Österreich richten sich nach österreichischem Recht. Dies ergibt sich aus dem zuvor Gesagten in Verbindung mit dem gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum 1. 9. 2003 bis 16. 2. 2005 im Inland.
2.2.3.1. Ansprüche nach Ehescheidung richten sich nach deutschem Recht.
§ 20 Abs 1 IPRG verweist auf § 18 Abs 1 Z 2 IPRG, der wiederum deutsches Recht als jenes des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, den einer der Ehegatten beibehalten hat, für maßgeblich erklärt. Die deutsche Rechtsordnung (Art 18 Abs 4 EGBGB, ebenso der in Deutschland anwendbare Art 8 Abs 1 Haager Unterhaltsübereinkommen 1973) stellt für die Unterhaltspflicht zwischen geschiedenen Ehegatten auf jenes Recht ab, das auf die Ehescheidung angewendet worden ist, sofern die Ehescheidung in Deutschland ausgesprochen oder anerkannt worden ist. Diese Vorfrage (Anerkennung der Ehescheidung in Deutschland), an die gesondert anzuknüpfen und die nach den Maßstäben des deutschen internationalen Zivilprozessrechts zu beantworten ist (Mankowski in Staudinger [2003], EGBGB Art 18 Rz 35), ist hier aus folgenden Gründen zu bejahen.
2.2.3.2. Die Ehe der Streitteile ist in Österreich nach deutschem Recht geschieden worden. In allen Mitgliedstaaten der EU - ausgenommen Dänemark - gilt mit Wirkung vom 1. 8. 2004 die VO (EG) Nr 2201/2003 des Rates vom 27. 11. 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr 1347/2000 (Brüssel IIa-VO). Wichtigstes Charakteristikum der Anerkennungsregeln dieser Verordnung ist der Grundsatz der „automatischen Anerkennung" von Entscheidungen, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind (Art 21 Abs 1 Brüssel IIa-VO). Danach kann sich jede Person, deren Ehe in einem Mitgliedstaat geschieden, getrennt oder für ungültig erklärt worden ist, in allen anderen Mitgliedstaaten auf die Wirkungen berufen, wie sie dem Urteil im Entscheidungsstaat zukommen (Wirkungserstreckungslehre), ohne dass es hiefür eines besonderen Verfahrens bedarf (Gröschl, Internationale Zuständigkeit im europäischen Eheverfahrensrecht, 46 f). Daher ist in Deutschland für das österreichische Scheidungsurteil das Anerkennungsverfahren nach Art 7 § 1 FamRÄndG nicht mehr durchzuführen (Gottwald in Münchener Kommentar³ § 328 ZPO Rz 180; Gröschl aaO 47; Hüßtege in Putzo/Reichold/Hüßtege, ZPO29 EuEheVO Art 21 Rz 2; Thorn in Palandt, BGB68 Art 17 EGBGB Rz 29). Damit ist hier - Anerkennungshindernisse iSd Art 22 Brüssel IIa-VO sind nicht zu sehen - das (deutsche) Recht der Ehescheidung auch für den nachehelichen Ehegattenunterhalt maßgeblich.
2.3. Allgemein gilt: Nach Art 21 Abs 1 der VO (EG) Nr 2201/2003 des Rates vom 27. 11. 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr 1347/2000 (Brüssel IIa-VO) werden die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, in den anderen Mitgliedstaaten - ausgenommen Dänemark - anerkannt, ohne dass es der Durchführung eines besonderen Verfahrens bedarf.
3. Soweit demnach auf die geltend gemachten Ansprüche deutsches Recht anzuwenden ist, wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren die einschlägigen deutschen Normen zu ermitteln und anzuwenden haben. Zu den im Rekurs angesprochenen Rechtsfragen ist allerdings aus prozessökonomischen Gründen schon in diesem Verfahrensstadium - eingeschränkt allerdings auf die Anwendbarkeit österreichischen Rechts - wie folgt Stellung zu nehmen:
3.1. Unstrittig überweist der Beklagte der Klägerin seit 1. 10. 2003 monatlich 1.700 EUR (zuvor 2.000 EUR unter Einrechnung des bis dahin von ihm bezogenen Kindergelds von 300 EUR) als Unterhaltszahlung für die Klägerin und die beiden gemeinsamen Kinder (gewidmet als „Unterhalt für Sophie, Julius und Viktoria unter Vorbehalt der gerichtlichen Festsetzung", PV Beklagter ON 31, AS 184), ohne diesen Betrag hinsichtlich der drei Gläubiger näher aufzuschlüsseln. Auch im Verfahren hat der Beklagte keine Widmungserklärung abgegeben. Festzuhalten ist, dass hinsichtlich keines der Unterhaltsgläubiger ein gerichtlicher Titel besteht.
3.2. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, dass die vom Berufungsgericht gebilligte Aufteilung der Unterhaltszahlung des Beklagten nach Köpfen zu einem unbilligen Ergebnis führe, weil damit die Kinder - gemessen am Regelbedarf - überalimentiert würden und als Folge dessen die Klägerin bereichert sei.
3.3. Auszugehen ist davon, dass der beklagte Unterhaltsschuldner in Hinblick auf § 35 EO Anspruch darauf hat, dass die zum Grund des Anspruchs gehörende Frage geklärt wird, in welchem Ausmaß er die ihm auferlegte Leistung bereits erbracht hat, und ob bestimmte Zahlungen als Erfüllung der ihm auferlegten Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen sind. Hat der Schuldner nämlich Zahlungen vor Schaffung des Titels geleistet, darf ihm keine höhere Unterhaltsverpflichtung auferlegt werden, als sie sich unter Berücksichtigung dieser Zahlungen ergibt, zumal im Exekutionsverfahren gemäß § 35 Abs 1 EO diese in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen nicht mit Einwendungen gegen den Anspruch geltend gemacht werden können (vgl RIS-Justiz RS0000588 [T2, T3]).
3.4. Die Verrechnungsregel des § 1416 ABGB ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unanwendbar, wenn der Unterhaltsschuldner die Alimente für zwei oder mehrere Kinder an deren obsorgeberechtigte Mutter überweist (3 Ob 292/05w = SZ 2006/44 mwN; RIS-Justiz RS0033436); dies wird von der Lehre gebilligt (Heidinger in Schwimann³ § 1416 ABGB Rz 2, 20; Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1416 Rz 2 je mwN).
3.5. Bei Gläubigermehrheit steht es dem Schuldner frei, zu entscheiden, welchen er befriedigen will (3 Ob 261/99z; Heidinger aaO § 1416 ABGB Rz 20). Über die Verrechnung der geleisteten Zahlungen entscheidet in erster Linie die vom Schuldner bei der Zahlung abgegebene Widmungserklärung (RIS-Justiz RS0033523).
3.6. Fehlt eine Widmungserklärung des Unterhaltsschuldners, wäre es nach Auffassung des Senats dann sachwidrig, von einer Aufteilung nach Kopfquoten auszugehen, wenn verschieden hohe Unterhaltsschulden bestehen (so auch Reischauer aaO). Es ist in diesem Fall daher regelmäßig eine verhältnismäßige Tilgung vorzunehmen (vgl schon 7 Ob 539/78 = EFSlg 36.246; 3 Ob 292/05w = SZ 2006/44; Heidinger aaO). Eine vorrangige Anrechnung auf den Kindesunterhalt kommt deshalb nicht in Betracht, weil bei fehlender Widmung und Aufschlüsselung eines für mehrere Gläubiger pauschal gezahlten Betrags nach dem maßgeblichen Schuldnerwillen nicht auf eine Privilegierung bestimmter Forderungen geschlossen werden kann.
3.7. Entgegen der im Aufhebungsbeschluss vertretenen Auffassung des Berufungsgerichts wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren daher als Vorfrage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten nach österreichischem Recht (§ 94 ABGB ab 1. 9. 2003 bis 16. 2. 2005) den Unterhaltsanspruch der Kinder (allenfalls unter Anwendung der „Luxusgrenze", vgl RIS-Justiz RS0007138) festzustellen und diesen sodann - gegliedert nach Abrechnungsperioden - in Relation zum Unterhaltsanspruch der Klägerin während aufrechter Ehe zu setzen haben. Erst aufgrund einer solchen Verhältnismäßigkeitsrechnung wird es darüber absprechen können, welcher Anteil der monatlichen Unterhaltszahlungen des Beklagten jeweils auf den Unterhalt der Klägerin anzurechnen ist.
3.8. Allgemein gilt demnach: Hat ein Unterhaltsschuldner mehrere Gläubiger und leistet er einen für mehrere Personen bestimmten, jedoch nicht näher aufgeschlüsselten und gewidmeten Unterhaltsbetrag, ist bei Anwendung österreichischen Rechts dann, wenn verschieden hohe Unterhaltsschulden bestehen, regelmäßig eine verhältnismäßige Tilgung vorzunehmen.
3.9. Inwieweit diese Grundsätze auch für den Zeitraum nach Ehescheidung Gültigkeit haben, wird das Erstgericht anhand des in diesem Zeitraum anzuwendenden deutschen Rechts (siehe zuvor Punkt 2.2.3.1.) zu beurteilen haben.
4. Der Rekurswerber vertritt die Auffassung, der Unterhaltsanspruch des bedürftigen geschiedenen Ehegatten analog § 69 Abs 3 EheG im Fall einer Scheidung nach ausländischem Recht, das keinen Verschuldensausspruch kenne (RIS-Justiz RS0114475; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EheG § 69 Rz 14 mN), gehe einem Unterhaltsanspruch gegenüber unterhaltspflichtigen Verwandten des Berechtigten nach. Von dieser Frage hängt die Entscheidung jedoch nicht ab, weil die Ansprüche der Klägerin nach Ehescheidung nicht nach § 69 Abs 3 EheG, sondern nach deutschem Recht zu beurteilen sind (siehe zuvor Punkt 2.2.3.1.).
5. Aus demselben Grund ist auch eine Befristung eines allfälligen Unterhaltsanspruchs der Klägerin nach Billigkeit in analoger Anwendung des § 68a Abs 1 EheG ausgeschlossen. Dass eine Befristung von Unterhaltsansprüchen nach deutschem Recht möglich sei, hat der Beklagte nicht eingewendet.
6. Hinsichtlich der - im Rechtsmittel nicht bekämpften - Rechtsausführungen des Rekursgerichts zur festzustellenden Bemessungsgrundlage ist auf die jüngst ergangene Entscheidung des Senats 4 Ob 218/08z zu verweisen. Danach sind - im Bereich der Anwendung österreichischen Rechts - für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage Investitionen eines selbstständig tätigen Unterhaltsschuldners, die der Erzielung weiterer Einnahmen dienen und nicht unangemessen hoch sind, auf die gewöhnliche Nutzungsdauer verteilt von den Einkünften abzuziehen. Als Anhaltspunkt für die Nutzungsdauer können die steuerrechtlichen Ansätze für die (lineare) Abschreibung für Abnutzungen (AfA) herangezogen werden. Von den Einkünften abzuziehen ist weiters der mit einer Kreditfinanzierung verbundene Zinsaufwand. Diese Vorgangsweise schließt einen gleichzeitigen Abzug tatsächlich geleisteter Kreditrückzahlungen aus.
7. Die erstgerichtlichen Feststellungen tragen eine teilweise Stattgebung des Begehrens nicht; auch haben die Vorinstanzen für die aufgezeigten Unterhaltszeiträume das anzuwendende deutsche Recht nicht berücksichtigt. Es hat daher bei der Aufhebung des Ersturteils und der Zurückverweisung an das Erstgericht zu bleiben.
8. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO. Obwohl der Rekurs in der Frage der Aufhebung und Zurückverweisung keinen Erfolg gehabt hat, war die Entscheidung über die Rekurskosten vorzubehalten, weil der Rekurs zur Klärung der Rechtslage beigetragen hat (RIS-Justiz RS0036035).
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