OGH 3Ob261/99z

OGH3Ob261/99z20.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef H*****, vertreten durch Dr. Christian Nurschinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Maria H*****, geboren am 16. Dezember 1989, und 2. Josef H*****, geboren am 14. November 1981, beide vertreten durch die Mutter Hermine H*****, diese vertreten durch Dr. Helga Wagner, Rechtsanwältin in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Juni 1999, GZ 45 R 359/99y-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 10. März 1999, GZ 3 C 144/98g-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Urteile, die im Kostenpunkt aufrecht erhalten werden, werden in der Hauptsache dahin abgeändert, dass die Entscheidung in diesem Punkt insgesamt lautet:

"Die Ansprüche der beklagten Parteien aus den Beschlüssen des Bezirksgerichtes Hietzing vom 14. 3. 1997 und 1. 3. 1997 (GZ *****), zu deren Hereinbringung ihnen zu AZ ***** des Bezirksgerichtes Fünfhaus die Exekution bewilligt wurde, ist für die Monate November 1998 bis einschließlich Februar 1999, was die Erstbeklagte betrifft, mit S 1.600 und, was den Zweitbeklagten betrifft, mit monatlich S

2.100 jeweils je Monat erloschen.

Das Mehrbegehren, die Ansprüche seien darüber hinaus zur Gänze insoweit erloschen, als die Erstbeklagte einen monatlichen Betrag von S 1.600 und der Zweitbeklagte einen monatlichen Betrag von S 2.100 'in Exekution ziehe', wird abgewiesen."

Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wurde vom Bezirksgericht Hietzing zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von S 3.050 für den Zweitbeklagten und S 2.350 für die Erstbeklagte verpflichtet. In der Folge beantragten diese eine Unterhaltserhöhung, der Kläger dagegen die Herabsetzung des Unterhaltes für den Zweitbeklagten auf S 2.100 [im Ersturteil irrig:

S 1.100] und für die Erstbeklagte auf S 1.600. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 22. 10. 1998 wurden beiden Anträge abgewiesen. Der Beschluss wurde vom Rekursgericht in der Folge bestätigt und erwuchs in Rechtskraft.

Bis einschließlich August 1998 hat der Kläger den beschlussmäßig festgesetzten Unterhalt bezahlt, ab September 1998 jedoch nur S 3.700 für beide Kinder.

Mit Beschluss vom 13. 10. 1998 wurde den beklagten Parteien die Forderungesexekution nach § 294a EO hinsichtlich des laufenden monatlichen Unterhalts von S 3.050 für den Zweitbeklagten und S 2.350 für die Erstbeklagte und die Fahrnisexekution zur Hereinbringung eines Rückstandes von S 1.100 für den Zweitbeklagten und S 2.300 für die Erstbeklagte bewilligt. Diese Unterhaltsrückstände bestanden zum Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung aufgrund der eigenmächtigen Reduktion der Unterhaltszahlungen des Klägers tatsächlich. Die Fahrnisexekution wurde bisher nicht vollzogen, die zur Forderungsexekution erstattete Äußerung des ermittelten Drittschuldners ergab einen monatlichen Nettolohnanspruch von S

5.490.

In seiner Oppositionsklage begehrte der Kläger, den betriebenen Anspruch insoweit für erloschen zu erklären, als ein Unterhaltsbetrag von S 2.100 für den Zweitbeklagten und von S 1.600 für die Erstbeklagte "in Exekution gezogen" werde. Dazu brachte er vor, dass er monatlich S 2.100 für den Zweitbeklagten und S 1.600 für die Erstbeklagte bezahle. Es bestehe kein bzw allenfalls ein äußerst geringer Unterhaltsrückstand. Die Oppositionsklage sei gerechtfertigt, weil auch jene Beträge, die unstreitig bezahlt würden, "in Exekution gezogen" würden. Insoweit er Unterhalt bezahle, habe er keinerlei Anlass für die Exekution gegeben. Er habe den Beklagten auch mitgeteilt, dass er die S 3.700 regelmäßig bezahlen werde.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Aufgrund einer irrtümlichen Information habe die Exekution nicht einmal den gesamten Unterhaltsrückstand des Klägers umfasst. Zuletzt brachten die Beklagten noch vor, dass der aktuelle Unterhaltsrückstand S

10.200 betrage und auch die Kosten der Exekution noch aushafteten. Da es nicht möglich sei zu wissen, welchen Betrag der Verpflichtete in Hinkunft bezahlen werde, sei der gesamte zukünftige Unterhalt "in Exekution zu ziehen."

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt vertrat es die Auffassung, dass der Umstand, dass der Kläger nach eigenem Ermessen Teilzahlungen auf die festgesetzten Unterhaltsbeträge erbringe, kein geeigneter Einwand sei, um den Anspruch der Beklagten auf Unterhaltsbeträge in der beschlussmäßig festgesetzten Höhe, wenn auch nur teilweise, zu hemmen oder zu vernichten. Ein stattgebendes Urteil über die Oppositionsklage würde nämlich bedeuten, dass dem Titel (teilweise) die Vollstreckbarkeit genommen werde.

Mit dem angefochtenen Urteil bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach zunächst aus, dass die Revision nicht zugelassen werde. In Behandlung der allein erhobenen Rechtsrüge führte es aus, dass die Oppositionsklage auf Aufhebung des sich aus dem Titel ergebenden Unterhaltsanspruches gerichtet sei (vgl SZ 32/93). Da nach den unbekämpften Feststellungen zum Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung Unterhaltsrückstände des Klägers bestanden hätten, sei die Exekution zutreffend wegen des rückständigen und des laufenden Unterhalts (§ 291c Abs 1 EO) bewilligt worden. Daher könne der Umstand, dass der Kläger nach eigenem Ermessen Teilzahlungen auf den laufenden Unterhalt erbracht habe, keine Aufhebung des Titels bewirken. Es sei ihm jedoch unbenommen, eine Einstellung im Sinn des § 291c Abs 2 EO zu beantragen, wenn er alle fälligen Forderungen bezahlt habe und bescheinige, dass er künftig seiner Zahlungspflicht nachkommen werde. Daher sei das Erstgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorbringen des Klägers keinen tauglichen Oppositionsgrund darstelle.

Über Antrag des Beklagten nach § 508 ZPO änderte das Rekursgericht seinen Zulässigkeitsausspruch ab und begründete dies damit, dass noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob auch unvollständige Zahlungen auf den laufenden Unterhalt einen tauglichen Oppositionsgrund nach § 35 EO darstellten.

Die Revision des Beklagten ist teilweise berechtigt, die hiezu erstattete Beantwortung ist verspätet eingebracht worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten haben die ihnen vom Berufungsgericht freigestellte Revisionsbeantwortung beim Erstgericht eingebracht, welches sie an das Berufungsgericht weiterleitete, wo sie am 16. 9. 1999 einlangte. Nach § 507a Abs 3 Z 1 ZPO wäre die Revisionsbeantwortung beim Berufungsgericht einzubringen gewesen. Im Hinblick auf die unrichtige Adressierung kommt den Beklagten § 89 GOG nicht zugute (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 7 vor § 461). Maßgeblich ist daher allein das Einlangen beim Berufungsgericht. Zu diesem Zeitpunkt war aber die vierwöchige Revisionsbeantwortungsfrist im Hinblick auf die Zustellung des berufungsgerichtlichen Beschlusses am 13. 8. 1999 bereits abgelaufen. Die Revisionsbeantwortung ist somit als verspätet zurückzuweisen.

In der Sache ist dem Revisionswerber zunächst darin grundsätzlich beizupflichten, dass selbstverständlich die Zahlung der betriebenen Forderung einen Oppositionsgrund nach § 35 Abs 1 EO darstellt (vgl nur die Entscheidungen bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO13 Nr 21 ff zu § 35 EO; Heller/Berger/Stix, EO4, 370 ff; Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 47 zu § 35). Das kann schon deshalb nicht im geringsten zweifelhaft sein, weil die Zahlung die Urform der Berichtigung einer Geldforderung (vgl dazu etwa § 40 Abs 1 EO) darstellt. Wie sich aus § 41 Abs 1 EO ergibt, wonach es zur Einschränkung der Exekution kommt, wenn beispielsweise die Einstellungsgründe des § 35 EO nur hinsichtlich eines Teiles des vollstreckbaren Anspruches eintreten, stellen auch Teilzahlungen taugliche Oppositionsgründe dar. Nachdem der Oberste Gerichtshof bereits zu 3 Ob 2/98k eine teilweise Klagsstattgebung gebilligt hatte, wenn der Verpflichtete zwar nicht zur Leistung des ganzen, aber doch eines geringeren Unterhaltsbetrages für fähig angesehen wird, wurde in der Folge einer gegen eine Unterhaltsexekution eingebrachten Oppositionsklage auch im Fall der berechtigten Aufrechnung mit einer (relativ niedrigen) Gegenforderung (in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen) stattgegeben (3 Ob 306/98s = JUS Z 2874). Daraus folgt, dass nach Auffassung des erkennenden Senates auch bei der Exekution auf laufenden Unterhalt Teilzahlungen im Umfang derselben einen tauglichen Oppositionsgrund bilden.

Anders als in dem der Entscheidung 3 Ob 306/98s zugrunde liegenden Fall richtet sich die Oppositionsklage im vorliegenden Fall nicht gegen den Anspruch der Beklagten auf Zahlung des rückständigen Unterhalts, wie sich ohne Zweifel aus der Formulierung der Klage ergibt. Wie allerdings aus den Entscheidungsgründen des Berufungsgerichtes (über die insoweit undifferenzierte Feststellung des Erstgerichtes hinausgehend) hervorgeht, wurde den Beklagten im Sinne des § 291c EO die Exekution zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes und der laufenden Unterhaltsbeträge bewilligt. Aus Abs 2 dieser Bestimmung ergibt sich nun für die Forderungsexekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts, dass Teilzahlungen in keinem Fall zur teilweisen Einstellung der Exekution bezüglich aller in Zukunft fällig werdenden Beträge führen können. Als die speziellere Norm geht § 291c Abs 2 eben § 35 Abs 4 und § 40 Abs 1 je in Verbindung mit § 41 Abs 1 EO vor.

Der Klage kann daher ein Erfolg nur beschieden sein, soweit damit in der Vergangenheit liegende Zahlungen geltend gemacht werden, wobei hiefür der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz maßgebend ist. Dieser Erfolg könnte aber im vorliegenden Fall daran scheitern, dass der Kläger keine detaillierten Behauptungen zu den einzelnen von ihm erbrachten Zahlungen, insbesondere auch dazu aufgestellt hat, wieviel vom monatlich bezahlten Betrag für jeden der beiden Beklagten gewidmet worden ist.

Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung ist § 1416 ABGB nicht anzuwenden, wenn (wie wohl im vorliegenden Fall) ein Schuldner mehrerer Gläubiger Zahlung an einen gemeinsamen Empfänger leistet (EFSlg 36.246; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1416; Harrer/Heidinger in Schwimann, ABGB2 Rz 20 zu § 1416). In einem solchen Fall ist (so zutreffend die angeführten Kommentare und LGZ Wien EFSlg 27.273) die Bestimmung des Gläubigers, der die Leistung erhalten soll, allein Sache des Schuldners. Im vorliegenden Fall kann nun an einer schlüssigen Widmung der monatlichen Zahlungen von S

3.700 kein Zweifel bestehen, entspricht doch der Betrag der Summe jener monatlichen Beträge, auf die der Kläger seine Unterhaltsbeträge im Pflegschaftsverfahren herabgesetzt wissen wollte. Es ist daher davon auszugehen, dass S 2.100 für den Zweitbeklagten und S 1.600 für die Erstbeklagte gewidmet wurden. Nach den Feststellungen ist weiters nicht daran zu zweifeln, dass dieser Monatsbetrag von insgesamt S

3.700 im gesamten Zeitraum zwischen Exekutionsbewilligung und Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz geleistet wurde, somit in den Monaten November und Dezember 1998 und Jänner und Februar 1999.

In diesem Umfang kann daher dem Klagebegehren stattgegeben werden, weil nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre auf Unterhaltsschulden die gesetzliche Tilgungsordnung des § 1416 ABGB nicht anzuwenden ist, vielmehr das vom Unterhaltspflichtigen Geleistete dem nächstliegenden, dringendsten Zweck, also der Deckung des laufenden Unterhaltes zugeführt werden muss (Harrer/Heidinger aaO Rz 17 und Reischauer aaO Rz 29 je mwN; zuletzt 1 Ob 2339/96v = RZ 1997/82, 250 = ÖA 1997, 198).

Allerdings wäre ein zur Klageabweisung führendes Rechsschutzbedürfnis des Klägers insoweit zu verneinen, als durch die Exekution eine (teilweise) Befriedigung der laufenden Unterhaltsansprüche erfolgt wäre. Dies kann jedoch ausgeschlossen werden, beträgt doch nach der ExminV 1998 (BGBl II 1997/362) bereits der Grundbetrag nach § 291a Abs 1 EO S 7.990 (Anlage 1). Der ermittelte Lohn des Klägers erreicht somit nicht die nach § 291b Abs 2 EO bei einer Exekution wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches unpfändbaren 75 % des Grundbetrages.

Es ist somit der Unterhaltsanspruch der Beklagten für die genannten Monate im Umfang der ihnen geleisteten Teilzahlungen als erloschen festzustellen.

Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass der Kläger bezüglich aller nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz fällig gewordenen und noch fällig werdenden Unterhaltsbeträge unterlegen ist. Nimmt man hiefür gemäß § 58 JN den dreifachen Jahresbetrag an und setzt ihn zu den vier monatlichen Unterhaltsbeträgen in Beziehung, mit denen der Kläger obsiegt hat, zeigt sich, dass die Beklagten nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil unterlegen sind, der überdies besondere Kosten nicht veranlasst hat, weshalb sie gemäß § 43 Abs 2 (im Berufungsverfahren iVm § 50 Abs 1) ZPO Anspruch auf Ersatz ihrer Verfahrenskosten, ausgenommen die verspätet und daher nicht zweckentsprechend eingebrachte Revisionsbeantwortung, haben. Der Kläger hat hingegen gemäß § 50 Abs 1 iVm § 40 ZPO die Kosten der Revision selbst zu tragen.

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