European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0040OB00010.21F.0223.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren der Klägerin im ursprünglich beantragten Umfang statt und wies das Mehrbegehren im Umfang der Klagsausdehnung ab. Die Wiederholungsgefahr sei durch den von der Beklagten angebotenen Unterlassungsvergleich nicht weggefallen, weil die von der Beklagten angebotene Urteilsveröffentlichung nur eine halbe Seite des betreffenden Mediums umfasst, die beanstandete Eigenwerbung der Beklagten (abgebildet in 4 Ob 194/19m) hingegen eine ganze Seite gefüllt und auch der als irreführend beurteilte Teil derselben über eine halbe Seite hinausgereicht habe.
[2] Die Beklagte begehrt mit ihrer außerordentlichen Revision die gänzliche Abweisung der Klage, weil ihr Vergleichsanbot ausreichend gewesen und die Wiederholungsgefahr dadurch weggefallen sei.
Rechtliche Beurteilung
[3] Damit zeigt die Beklagte jedoch keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb die Revision aus den nachfolgenden Erwägungen als unzulässig zurückzuweisen ist:
[4] 1.1. Bei der Prüfung, ob Wiederholungsgefahr vorliegt, darf nicht engherzig vorgegangen werden (RIS‑Justiz RS0037673). Hat der Beklagte bereits gegen das Gesetz verstoßen, wird sie grundsätzlich vermutet (RS0037661); für den ausnahmsweisen Wegfall der Wiederholungsgefahr trifft ihn dann die Beweislast (RS0005402).
[5] 1.2. Das (wenngleich vom Kläger abgelehnte) Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs beseitigt zumindest im Regelfall die Vermutung der Wiederholungsgefahr (RS0079899; vgl auch RS0079962; RS0079898). Dafür muss der Beklagte aber grundsätzlich auch die Ermächtigung zur Veröffentlichung des abzuschließenden Vergleichs auf seine Kosten in angemessenem Umfang anbieten (RS0079921; 4 Ob 156/20z). Nur ein ganz oder teilweise ungerechtfertigtes Veröffentlichungsbegehren braucht dabei nicht berücksichtigt zu werden (RS0079180 [T4]). Dem Kläger muss im Regelfall alles angeboten werden, was er auch durch ein Urteil erlangen könnte (RS0079180 [T9]).
[6] 1.3. Das Urteil ist – dem Talionsprinzip entsprechend – in der Regel in jener Form und Aufmachung zu publizieren, in der auch die beanstandete Ankündigung veröffentlicht worden ist (RS0079607 [T4]; RS0079737 [T23]).
[7] 1.4. Weder das Ausmaß der nach den Umständen des Einzelfalls gebotenen Veröffentlichung (RS0042967) noch der Wegfall der Wiederholungsgefahr (RS0042721; RS0042818; RS0031891) werfen im Allgemeinen eine erhebliche Rechtsfrage auf. Das gilt im Besonderen für die von der Beklagten beanstandete Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Wiederholungsgefahr aufgrund des unzureichenden Umfangs der im Unterlassungsvergleich angebotenen Veröffentlichung nicht weggefallen sei (4 Ob 151/97b; RS0079921 [T9]; RS0079180 [T11]).
[8] 2.1. Der Revisionswerberin gelingt es nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Sie argumentiert, nicht das gesamte ganzseitige Inserat, sondern nur Teile davon seien lauterkeitsrechtlich zu beanstanden gewesen. Es bestehe keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, ob dies bei der Beurteilung der Größe der zuzuerkennenden Veröffentlichungsermächtigung zu berücksichtigen sei. Tatsächlich sei eine halbseitige Veröffentlichung ausreichend, welche die Beklagte im Unterlassungsvergleich auch angeboten habe.
[9] 2.2. Das Berufungsgericht hat den im Rechtsmittel aufgezeigten Umstand ohnehin in seine Erwägungen einbezogen und festgehalten, dass der irreführende Balken des Diagramms in der beanstandeten Eigenwerbung der Beklagten samt dem aufwärts gerichteten Pfeil „+ 80.000“ durch seine Größe und Einfärbung besonders hervorgehoben und in zentraler Position als Blickfang eingesetzt worden sei und der Höhe nach über eine halbe Seite hinausreicht, wobei für den irreführenden Gesamteindruck auch die Balkendiagramme links und rechts davon relevant seien. Es hat deshalb keinen Grund gesehen, im vorliegenden Fall vom Talionsprinzip abzuweichen. Diese Beurteilung ist jedenfalls vertretbar (vgl jüngst 4 Ob 47/20w [4]).
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