Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Ersturteil in seinen Punkten 3. und 5. sowie in seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.802,31 EUR (darin 854,38 EUR USt und 4.676 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgericht Innere Stadt Wien vom 7. 4. 1988 gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden. Das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe traf den Beklagten allein. Mit rechtskräftigem Urteil vom selben Tag verpflichtete das Bezirksgericht Innere Stadt Wien den Beklagten, der Klägerin ab 25. 3. 1988 einen monatlichen Unterhalt von 28 % seines monatlichen Gesamtnettoeinkommens aus einem Dienst-, Arbeits- oder Pensionsverhältnis zu bezahlen. Der Ehe der Streitteile entstammt der am 26. 9. 1979 geborene Sohn Florian, der seit 1. 7. 2001 als Jurist berufstätig ist. Der Beklagte ist seit 1. 2. 1992 öffentlicher Notar in Wien und seit 1. 1. 1998 infolge Übergabsvertrag mit seiner Mutter Eigentümer eines Forstbetriebs. Er ist wieder verheiratet; dieser Ehe entstammt eine am 13. 12. 1991 geborene Tochter, die die Schule besucht. Die Ehefrau des Beklagten ist ganztags berufstätig.
Die Klägerin begehrte in ihrer am 15. 12. 2003 eingebrachten Klage zuletzt die Feststellung, dass die im Urteil des Erstgerichts vom 7. 4. 1988 genannten 28 % des monatlichen Nettoeinkommens, zu deren Zahlung der Beklagte an die Klägerin verpflichtet ist, seit Jänner 2001 monatlich einem Betrag von 4.760 EUR entsprechen, sowie die Verurteilung des Beklagten, der Klägerin ab 1. 1. 2001 zusätzlich zu diesen 4.760 EUR monatlich einen weiteren Betrag von 1.060,20 EUR zu zahlen; für den Fall der Unzulässigkeit des Feststellungsbegehrens beantragte die Klägerin, ihr insgesamt 5.820,20 EUR an monatlichem Unterhalt ab 1. 1. 2001 zuzusprechen. Da der seinerzeitige Bruchteilstitel nicht mehr vollstreckbar sei, sei die Klägerin zur Titelergänzungsklage genötigt, die sie mit einem Erhöhungsanspruch aufgrund geänderter Verhältnisse verbinde. Im Zeitpunkt der Schaffung ihres Unterhaltstitels sei der Beklagte als angestellter Notariatssubstitut für den gemeinsamen Sohn Florian unterhaltspflichtig, die Klägerin hingegen nicht berufstätig gewesen. Mittlerweile hätten sich die Verhältnisse auf beiden Seiten wesentlich geändert: Die Klägerin sei berufstätig, der Beklagte sei öffentlicher Notar, und der gemeinsame Sohn sei selbsterhaltungsfähig. Der Beklagte leiste nicht ausreichend Unterhalt. Das Einkommen des Beklagten aus seiner Tätigkeit als öffentlicher Notar sei so hoch, dass sich unter Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin ein Unterhaltsanspruch in der eingeklagten Höhe ergebe. Allfällige Verluste aus dem Forstbetrieb des Beklagten seien nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, es handle sich hierbei um einen Zweitwohnsitz. Aus diesem Grund könne auch die monatliche Rente für die Übergabe des Forstbetriebs, welche der Beklagte einer seiner Schwestern (als Rechtsnachfolgerin der Übergeberin) zahle, nicht die Unterhaltsbemessungsgrundlage schmälern.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Feststellungsbegehren sei rechtlich unzulässig. Im Hinblick auf sein Einkommen und seine neu entstandenen Sorgepflichten für seine nunmehrige Ehefrau und die dieser Ehe entstammende Tochter habe er durch die erbrachten Unterhaltsleistungen seine Verpflichtungen erfüllt. Von der Steuerbehörde anerkannte Aufwendungen aufgrund von Investitionen in den von ihm erworbenen Forstbetrieb und die für die Übergabe zu zahlende Rente schmälerten sein Einkommen aus der Tätigkeit als öffentlicher Notar; dies sei auch für das Unterhaltsverfahren zu berücksichtigen.
Das Erstgericht traf folgende Entscheidung:
1. Das Klagebegehren, festzustellen, dass die im Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 7. 4. 1998, 5 C 12/88, genannten 28 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens, zu deren Zahlung an Unterhalt die beklagte Partei an die klagende Partei verpflichtet ist, im Zeitraum Jänner 2001 bis laufend einem Betrag von 4.760 EUR pro Monat entsprechen, wird zurückgewiesen.
2. Das weitere Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei ab 1. 1. 2001 bis 31. 12. 2002 zusätzlich zu 4.760 EUR monatlichem Unterhalt jeden Monat weitere 1.060,20 EUR zu zahlen, wird zurückgewiesen.
3. Das weitere Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei ab 1. 1. 2003 bis laufend zusätzlich zu 4.760 EUR monatlichem Unterhalt jeden Monat weitere 1.060,20 EUR zu zahlen, wird abgewiesen.
4. Das weitere Klagebegehren, für den Fall, dass die Titelergänzungsklage unzulässig sei, sei die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei zusätzlich zu dem in Punkt 2. angeführten Unterhaltserhöhungsbetrag ab 1. 1. 2001 bis 31. 12. 2002 weitere 4.760 EUR monatlichen Unterhalt zu zahlen, wird zurückgewiesen.
5. Das weitere Klagebegehren, für den Fall, dass die Titelergänzungsklage unzulässig sei, sei die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei zusätzlich zu dem in Punkt 2. angeführten Unterhaltserhöhungsbetrag ab 1. 1. 2003 bis auf weiteres weitere 4.760 EUR monatlichen Unterhalt zu zahlen, wird abgewiesen.
Dieses Urteil stützt sich auf folgende Feststellungen: Die Klägerin verdient als Kindergärtnerin - unter Einschluss der Sonderzahlungen - rund 1.790 EUR netto monatlich, 2003 belief sich ihr monatliches Nettoeinkommen auf rund 1.630 EUR. Das Einkommen des Beklagten als Notar vor Steuerabzug betrug für das Jahr 2001 287.198,55 EUR, für das Jahr 2002 308.122,67 EUR, für das Jahr 2003 239.466,57 EUR und für das Jahr 2004 162.557,28 EUR. Dabei handelte es sich jeweils um die Hälfte der Reingewinne der Kanzleigemeinschaft mit einem weiteren Notar. Der etwa 280 Hektar große Forstbetrieb des Beklagten erwirtschaftete für das Jahr 1999 etwa 31.200 EUR Bruttogewinn, für das Jahr 2000 etwa 23.400 EUR. In den folgenden Jahren fielen an Verluste an: 72.397,11 EUR für 2001, 106.408,21 EUR für 2002, 64.301,85 EUR für 2003 und 70.645,59 EUR für 2004. Die Verluste in diesen Jahren waren die Folge von Investitionen durch Errichtung zusätzlicher Forststraßen und Sanierung von Gebäuden. Betriebliche Einnahmen erzielte der Beklagte mit dem Forstbetrieb vor allem durch den Verkauf von Holz und Abschüssen (Jagd) sowie aus Vermietungen an Feriengäste. Spätestens für 2008 wird voraussichtlich wieder mit Gewinnen aus diesem Betrieb zu rechnen sein. Der Beklagte übte selbst die Jagd aus und verbrachte fast jedes Wochenende in seinem Forstgut.
Das monatliche Nettoeinkommen des Beklagten ohne Berücksichtigung der Verluste aus dem Forstbetrieb betrug 2001 rund 14.940 EUR, 2002 rund 17.250 EUR, 2003 rund 12.610 EUR und 2004 rund 9.640 EUR; unter Berücksichtigung der Verluste betrug das monatliche Nettoeinkommen 2001 rund 8.910 EUR, 2002 rund 8.380 EUR, 2003 rund 7.250 EUR und 2004 rund 3.750 EUR. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Beklagten der Jahre 2002 bis 2004 betrug unter Berücksichtigung der Verluste somit rund 6.460 EUR. Die Entnahmen in den Jahren 2001 bis 2004 überstiegen das monatliche Nettoeinkommen nicht. Für die Übertragung des Alleineigentums am Forstbetrieb zahlt der Beklagte einer seiner Schwestern laufend eine monatliche Rente. Diese Rentenzahlungen beliefen sich 2001 auf insgesamt 17.441,48 EUR, 2002 auf 17.693,97 EUR und ab 2003 auf jährlich 18.331,56 EUR. Die Rente wurde steuerlich als Sonderausgabe anerkannt und ist im oben angeführten Nettoeinkommen nicht enthalten. Der Beklagte überwies der Klägerin 2001 bis einschließlich September 2001 monatlich 30.000 Schilling (2.180,19 EUR), dann monatlich 20.000 Schilling (1.453,46 EUR) an Unterhalt, im Jänner 2002 1.453,46 EUR, von Februar 2002 bis Juni 2005 monatlich 1.460 EUR und ab Juli 2005 monatlich 1.140 EUR. Bis Oktober 2001 waren die Überweisungen dem Unterhalt der Klägerin und jenem Florians, danach nur mehr jenem der Klägerin gewidmet.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht - soweit in dritter Instanz noch von Bedeutung - aus, dass die Klägerin infolge Anwendbarkeit des § 72 EheG idF vor dem 1. 8. 2004 nur rückständigen Unterhalt ab Jänner 2003 geltend machen könne. Dieser Anspruch sei nach § 69 Abs 2 erster Satz EheG gemäß § 94 ABGB, also wie bei aufrechter Ehe, zu beurteilen. Unter Berücksichtigung der Sorgepflicht des Beklagten für ein Kind seien die Unterhaltsansprüche der Klägerin mit 36 % der Summe der Einkommen der Streitteile abzüglich ihres eigenen Einkommens zu ermitteln. Als Unterhaltsbemessungsgrundlage des Beklagten sei allein der wirtschaftliche Reingewinn heranzuziehen. Dabei sei für die Vergangenheit auf die jeweiligen Perioden abzustellen, für die Zukunft sei der Durchschnitt der vergangenen drei Geschäftsjahre maßgebend. Was als Einkommen für die Unterhaltsbemessung heranzuziehen sei, hänge nicht von der steuerlichen Behandlung einzelner Posten ab. Es sei deshalb unabhängig vom Bescheid der Steuerbehörde zu prüfen, ob der Forstbetrieb tatsächlich Teil der unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten sei und die dort aufgelaufenen Verluste seinen wirtschaftlichen Reingewinn schmälerten, oder ob es sich in erster Linie um einen Ferienwohnsitz handle. Im Forstbetrieb seien bereits 1999 und 2000 Gewinne erwirtschaftet worden, und in naher Zukunft sei wieder mit Gewinnen zu rechnen; auch die Investition in zusätzliche Forststraßen spreche für die Absicht des Beklagten, künftig durch die forstliche Bewirtschaftung Gewinne zu erzielen. Der Forstbetrieb sei daher Teil seiner selbständigen Erwerbstätigkeit. Wirtschaftlich betrachtet finde durch die hohen Investitionen seit dem Jahr 2001 eine Verlagerung von Einkommen in spätere Perioden statt. Da in Zukunft erzielte Gewinne bei der Unterhaltsbemessung herangezogen werden müssten, bestehe kein Grund, die angefallenen Verluste aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage auszuscheiden. Die Klägerin trage insofern das wirtschaftliche Risiko der selbständigen Tätigkeit des Beklagten über die Jahre mit. Deshalb müsse aber auch die monatliche Rente, die der Beklagte für die Eigentumsübertragung am Forstbetrieb zahle, einkommensmindernd berücksichtigt werden, da sie der Erzielung zukünftiger Einkommen diene, an denen die Klägerin teilhaben werde. Unter Zugrundelegung der festgestellten Einkünfte des Beklagten und der Klägerin sowie der geleisteten Unterhaltszahlungen ergebe sich, dass der Beklagte seit Jänner 2003 stets den angemessenen Unterhalt an die Klägerin geleistet habe. Aufgrund des verhältnismäßig geringen Einkommens des Beklagten im Jahr 2004 habe der geleistete Unterhalt in diesem Jahr den angemessenen Unterhalt sogar deutlich überstiegen. Auch nach der Herabsetzung der überwiesenen Beträge im Jahr 2005 hätten die monatlichen Zahlungen noch einem angemessenen Unterhalt entsprochen. Geringfügige Schwankungen des der Bemessung zugrunde zu legenden Prozentsatzes in Ansehung des um den vom Beklagten überwiesenen Betrags stünden dessen Angemessenheit nicht entgegen; sie folgten daraus, dass die Ergebnisse der selbständigen Tätigkeit des Beklagten relativ stark schwankten und der überwiesene Betrag dem nicht ständig angepasst worden sei. Das komme der Klägerin aber entgegen, weil es den ihr monatlich zur Verfügung stehenden Geldbetrag vorhersehbarer mache.
Die Klägerin bekämpfte dieses Urteil nur insoweit, als ihr Leistungsbegehren betreffend folgende weitere monatliche Unterhaltsbeträge (zusätzlich zum tatsächlich bezahlten Unterhalt) abgewiesen wurde: 1.356 EUR für 2003, 201 EUR für 2004, 1.493 EUR für Jänner bis Juni 2005 und 1.710 EUR ab Juli 2005 jeweils sA.
Das Berufungsgericht hob das Urteil im Umfang seiner Anfechtung auf und verwies die Sache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück; es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil die Rechtsprechung zur Unterhaltsbemessung in der Frage der Berücksichtigung von Verlusten im Zusammenhang mit einer weiteren Erwerbstätigkeit eines Unterhaltspflichtigen uneinheitlich sei. Die Klägerin begehre in ihrer Berufung monatliche Beträge „zusätzlich zum bezahlten Unterhalt" und stelle im Folgenden genau dar, wie sich - ausgehend von den dem Sachverständigengutachten zu entnehmenden - Einkünften des Beklagten und ihren eigenen Bezügen diese Beträge errechneten. Sie ermittle dabei jeweils den ihr zustehenden gesamten Unterhaltsbetrag und bringe davon die vom Beklagten geleisteten Zahlungen in Abzug. Es sei somit davon auszugehen, dass die Klägerin die Abweisung von Unterhaltsbeträgen nicht bekämpfe, die sich aus der Differenz ihres ursprünglichen Unterhaltsbegehrens (4.760 EUR zuzüglich 1.060,20 EUR, insgesamt also 5.820,20 EUR) und den von ihr in der Berufung angeführten Gesamtunterhaltsbeträgen (vor Abzug des tatsächlich bezahlten Unterhalts) ergäben. Die Klägerin habe im Ergebnis einen Gesamtunterhaltsbetrag von monatlich 5.820,20 EUR begehrt, dies aber im Hinblick auf den seinerzeitigen Prozenttitel immer in zwei getrennten Beträgen, nämlich 4.760 EUR zuzüglich 1.060,20 EUR; sie lege in ihrer Berufung ihren Unterhaltsanspruch zwar nachvollziehbar dar, begehre in ihrem Berufungsantrag jedoch die noch unberichtigten Beträge „zusätzlich zum bezahlten Unterhalt". Bereits daraus ergäbe sich - noch ungeachtet der im Folgenden ausgeführten Gründe - die Notwendigkeit der Verfahrensergänzung zur Erörterung dieser Rechtsansicht und neuerlichen Entscheidung.
Die Berufungswerberin gehe bei den Einkünften des Beklagten erkennbar von den im Sachverständigengutachten angeführten Beträgen aus; die von ihr genannten Ansätze lägen - bezogen auf das Einkommen des Beklagten als Notar und ohne Berücksichtigung der Verluste aus dem Forstbetrieb - unter den vom Erstgericht festgestellten Beträgen, die im Hinblick auf das Gutachten nicht nachvollziehbar erschienen. Grundsätzlich sei ein Unterhaltspflichtiger, der ein seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechendes und - wie hier - weit überdurchschnittliches Einkommen erziele, nicht verpflichtet, eine weitere Erwerbstätigkeit auszuüben. Mache er dies dennoch, so könnten Verluste aus einer solchen zusätzlichen Tätigkeit nicht zu Lasten eines Unterhaltsberechtigten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden. Vielmehr seien Verbindlichkeiten für die Schaffung und aus dem Betrieb einer zusätzlichen Einkommensquelle nur bei dieser zu berücksichtigen. Der Forstbetrieb des Beklagten stehe mit seiner Tätigkeit als öffentlicher Notar in keinem inneren Zusammenhang und sei für die Erhaltung dieser Haupttätigkeit nicht erforderlich. Die vom Beklagten geltend gemachten Verluste aus dem Forstbetrieb seien gegebenenfalls mit künftigen Gewinnen aus diesem Betrieb zu verrechnen, nicht aber von seinem Einkommen aus dem Notariat abzuziehen. Das Erstgericht habe die eigenen Einkünfte der Klägerin nicht vollständig festgestellt; es sei nämlich nicht ersichtlich, ab wann sich die monatlichen Einkünfte der Klägerin von 1.630 EUR auf 1.790 EUR erhöht hätten. Da die Unterhaltsansprüche der Klägerin seit 1. 1. 2003 bestünden, sei es erforderlich, die Höhe ihrer Einkünfte aufgeschlüsselt nach Zeiträumen festzustellen; in der Berufung beziffere die Klägerin ihr monatliches Nettoeinkommen bis 30. 6. 2005 mit 1.630 EUR, danach mit 1.790 EUR.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Der Beklagte macht geltend, es müsse ihm unbenommen bleiben, auch dann, wenn er aus seiner Tätigkeit als Notar ein weit überdurchschnittliches Einkommen erziele, daneben eine weitere Erwerbstätigkeit auszuüben. Es sei zweifellos auch aus einem aus einer zweiten Quelle erzielten Einkommen Unterhalt zu leisten, dann seien jedoch Verluste daraus die nur vorübergehend und betriebswirtschaftlich notwendig aufliefen, bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage gleichfalls zu berücksichtigen, weil es sich diesfalls um Investitionen handle, die künftige Einnahmen auch aus dieser Tätigkeit gewährleisteten. Steuerlich unhaltbar sei die Auffassung des Berufungsgerichts, Verluste aus dem Forstbetrieb seien zwar gegebenenfalls mit künftigen Gewinnen daraus, aber nicht mit Einkünften aus dem Notariat gegenzurechnen; der horizontale Verlustausgleich umfasse nämlich beide Einkunftsarten. Sollten allerdings die im Forstbetrieb getätigten Aufwendungen unterhaltsrechtlich unbeachtlich sein, so müsse jedenfalls die auf die übrigen Einkünfte entfallende fiktive Einkommensteuer ermittelt und berücksichtigt werden, die nur aufgrund von Verlusten aus dem Forstbetrieb nicht vorgeschrieben worden sei. Ein widersprüchliches Begehren bilde ferner keinen durch Aufhebung der Entscheidung zu sanierenden Gerichtsfehler.
1.1. Bei der gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung ist an die Leitfigur eines pflichtbewussten Unterhaltsschuldners anzuknüpfen (RIS-Justiz RS0047421 [T3]). Ein Unterhaltsschuldner darf deshalb Änderungen seiner Lebensverhältnisse, die mit Einschränkungen seiner Unterhaltspflicht verbunden wären, nur insoweit vornehmen, als dies bei gleicher Sachlage ein pflichtbewusster, rechtschaffener Familienvater tun würde (RIS-Justiz RS0047590 [T8]).
1.2. Im Zusammenhang mit dem finanziellen Risiko eines selbständigen Zusatzerwerbs wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) bisher danach unterschieden, ob der Unterhaltspflichtige ein unselbständig Erwerbstätiger ist, der über ein regelmäßiges und weitgehend sicheres Einkommen verfüge, oder ob es sich um einen selbständig Erwerbstätigen handle, der stets um die Sicherung und Erhaltung seines Einkommens bemüht sein müsse, was ihm oft nur durch die Erschließung neuer, zusätzlicher Erwerbsquellen gelinge. Das Maß wurde auch in solchen Fällen am pflichtbewussten Familienvater genommen (RIS-Justiz RS0106935 [T1]) und ausgesprochen, dass beim selbständig Erwerbstätigen eine größere Risikobereitschaft zu verlangen und zu tolerieren sei als beim unselbständig Erwerbstätigen (5 Ob 60/97b; 1 Ob 179/00f). Dem Unternehmer dürften trotz bestehender Unterhaltspflichten expansive Schritte nicht verwehrt bleiben (RIS-Justiz RS0106935 [T2]). Hingegen könne es nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten gehen, wenn der Unterhaltsschuldner, der aufgrund seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit ein überdurchschnittliches Einkommen erziele, die damit gegebene Unterhaltsbemessungsgrundlage durch Verluste verringere, die sich aus einer selbständigen Tätigkeit des Unterhaltspflichtigen ergäben (RIS-Justiz RS0047586), es sei denn, dass sich eine solche Tätigkeit nach einer gewissen Anlaufzeit für Unterhaltsberechtigte positiv auswirke (7 Ob 197/07g).
1.3. Grundsätzlich ist in der Rechtsprechung des OGH somit anerkannt, dass Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen zur Schaffung einer zusätzlichen Einkommensquelle die Unterhaltsbemessungsgrundlage verringern können (vgl auch RIS-Justiz RS0106933). Der Unterhaltsberechtigte hat eine kurzfristige Schmälerung seines Unterhalts hinzunehmen, wenn der Unterhaltspflichtige eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt und in der Anlaufphase dieses Unternehmens Einkommenseinbußen erleidet. Als Zeitrahmen für eine solche Aufbau- und Konsolidierungsphase werden im Normalfall etwa zwei Jahre toleriert. Es muss nur sichergestellt sein, dass die Bemühungen des Unterhaltspflichtigen um die Erschließung einer neuen Einkommensquelle ernsthaft und realistisch sind (5 Ob 60/97b; 1 Ob 179/00f mwN). Anderes gilt etwa im Fall bereits seit Jahren andauernder und auch in näherer Zukunft zu erwartender Verluste aus einem - neben einer florierenden Steuerberatungskanzlei geführten - Hotelbetrieb, weil dieser in keiner Weise geeignet ist, das Gesamteinkommen des unterhaltspflichtigen Beklagten zu heben (6 Ob 46/97a). Auch die von einem selbständig Erwerbstätigen erbrachten Ausgedingsleistungen können die Unterhaltsbemessungsgrundlage verringern, wenn sie als Entgelt für die Übernahme eines Betriebs erbracht werden und somit Voraussetzungen für die Schaffung einer - auch dem Unterhaltsberechtigten zugute kommenden - Erwerbsmöglichkeit sind; es handelt sich dann um Investitionen in eine auf Erzielung von Einkünften gerichtete Erwerbsmöglichkeit, die mit einer bloßen Ansammlung von Vermögenswerten nicht vergleichbar sind, und die daher gleich einer Betriebsausgabe bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage Berücksichtigung finden müssen (4 Ob 237/97z). Der Sanierungsaufwand eines Unterhaltspflichtigen für ein neues Unternehmen wurde auch dann in die Bemessungsgrundlage einbezogen, wenn der Unternehmer aus seiner hauptberuflichen Tätigkeit ein Einkommen bezieht, das den Regelbedarf des Minderjährigen deckt (5 Ob 60/97b).
2.1. Nach diesen Grundsätzen kann es dem Beklagten als Unternehmer aus unterhaltsrechtlichen Gründen auch dann nicht zum Nachteil gereichen, sich eine weitere Einkommensquelle zu schaffen, wenn er bereits bisher ein überdurchschnittliches Einkommen erzielt. Die unterhaltsberechtigte Klägerin hat eine solche Änderung der Lebensverhältnisse ihres Gläubigers (einschließlich des Risikos allfälliger Anlaufverluste) wie bei intakten Familienverhältnissen unter der Voraussetzung wirtschaftlich mitzutragen, dass die Erfolgsaussichten des weiteren Unternehmens ex ante angesichts der Marktlage, des Kapitaleinsatzes und einer realistischen Prognose unter Heranziehung aller dafür bedeutsamen Parameter günstig zu beurteilen sind (1 Ob 179/00f).
2.2. Im Anlassfall steht fest, dass der vom Beklagten erworbene Forstbetrieb zunächst zwei Jahre lang einen Gewinn abgeworfen hat, ehe er infolge von - als wertsteigernd zu beurteilenden - Investitionen im Beobachtungszeitraum von vier Jahren in die Verlustzone geriet; es ist aber zu erwarten, dass der Betrieb bereits heuer wieder Erträge erwirtschaften wird. Berücksichtigt man diese positive Einkommensprognose und den weiteren Umstand, dass der Betrieb von der Mutter des Beklagten stammt und die anlässlich der Übergabe vereinbarten Rentenzahlungen zunächst der Mutter zuflossen und nach deren Tod einer Schwester des Beklagten zugute kommen, kann es dem Beklagten nicht verwehrt sein, eine solche weitere Erwerbschance zu ergreifen, würde doch bei gleicher Sachlage ein pflichtbewusster, rechtschaffener Familienvater nicht anders handeln. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts spielt es angesichts dieser Umstände keine Rolle, ob das weitere Unternehmen in einem sachlichen Zusammenhang mit der bereits ausgeübten unternehmerischen (Haupt-)Tätigkeit steht. Anhaltspunkte dafür, die Ausweitung der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers erfolge deshalb, um die Beklagte finanziell zu schädigen, sind ebenso wenig erkennbar wie eine Gefährdung des überdurchschnittlichen Lebensstandards der Beklagten (der 2003 3.090 EUR, 2004 bis Juni 2005 3.250 EUR, danach 2.930 EUR, jeweils monatlich aus eigenem Einkommen und Unterhaltsleistungen zur Verfügung standen) durch die - befristeten - Unterhaltseinbußen infolge von Anlaufverlusten des Forstbetriebs.
2.3. Die vom Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsansicht, die Unterhaltsbemessungsgrundlage werde durch die Betriebsausgaben der gesamten unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten (einschließlich der zeitweiligen Verluste aus dem Forstbetrieb über mehrere Jahre und der Rentenzahlungen) gemindert, ist daher ebenso zutreffend wie die daraus gezogene Schlussfolgerung, der Beklagte habe - ausgehend von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen der Jahre 2002 bis 2004 von 6.460 EUR, dem festgestellten Einkommen der Klägerin und den geleisteten Zahlungen - seine Unterhaltspflicht nicht verletzt.
2.4. Nicht zutreffend sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, angebliche Unklarheiten zwischen Klagebegehren und Berufungsantrag bedürften einer „Verfahrensergänzung zur Erörterung": Die Klägerin hat in ihrer Berufung nämlich klar und nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht, das Urteil nur insoweit zu bekämpfen, als ihr Leistungsbegehren betreffend näher bezifferte weitere monatliche Unterhaltsbeträge zusätzlich zum bezahlten Unterhalt abgewiesen worden ist. Der Umfang des in zweiter Instanz noch maßgebenden Streitgegenstands ist damit nicht zweifelhaft.
Zur Höhe der monatlichen Nettoeinkünfte der Klägerin hat das Erstgericht unzweideutige Feststellungen getroffen (1.630 EUR für 2003, danach 1.790 EUR), die in der Berufung unbekämpft blieben. Der Ergänzungsauftrag des Berufungsgerichts, die Einkünfte der Klägerin „konkret nach Zeiträumen festzustellen", beruht demnach ebenso auf einer unzutreffenden Rechtsansicht.
3. Der Oberste Gerichtshof kann gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache zur Entscheidung reif ist. Aus allen bisherigen Erwägungen folgt aber eine gebotene Wiederherstellung des in zweiter Instanz noch streitverfangenen abweisenden Urteils des Erstgerichts.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO.
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