OGH 3Ob96/04w

OGH3Ob96/04w26.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei E***** AG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang G. Kiechl, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1.) Herbert P*****, und 2.) Friederike P*****, wegen 36.625,58 j s.A., infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 7. März 2004, GZ 21 R 363/03k-45, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Korneuburg vom 2. September 2003, GZ 9 E 49/02f-37, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei ist schuldig, der Republik Österreich zu Handen der Finanzprokuatur die mit 1.462,99 j bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Gegenstand des Verfahrens ist die Verteilung des Meistbots nach Versteigerung einer Liegenschaft, die je zur Hälfte im Eigentum der beiden Verpflichteten stand. Im Revisionsrekursverfahren ist nur die Berücksichtigung einer durch das damalige Finanzamt Korneuburg (jetzt Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln; Standort Korneuburg; im Folgenden nur Behörde) als Vertreter des Bundes angemeldeten Abgabenforderung des Bundes von 503.979 S = 36.625,58 j strittig, für die zu C-LNR 10 auf dem Hälfteanteil der Zweitverpflichteten B-LNR 2 „auf Grund des Schreibens des Finanzamts Korneuburg vom 8. März 2000, Steuernummer 122/6541" seit 13. März 2000 das Pfandrecht gemäß § 38 lit. c GBG vorgemerkt ist. Die Behörde begehrte die Berücksichtigung dieser vorgemerkten Forderung durch Barzahlung (ON 14). In der Meistbotsverteilungstagsatzung am 2. September 2003 (ON 35) schritt die Behörde nicht ein; der Erstrichter hielt die Anmeldung in der bücherlichen Rangordnung im zweiten Rang fest. Widerspruch wurde nicht erhoben.

Das Erstgericht wies dem Finanzamt (gemeint: Bund) in der bücherlichen Rangordnung 36.625,58 j samt Zinsenzuwachs zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zu.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass die Forderung (nur) vorbehaltlich des urkundlichen Nachweises durch die Behörde zugewiesen und dem Erstgericht aufgetragen wurde, das Meistbot bis zu der dem Bund (bedingt) zugewiesenen Höhe zinstragend anzulegen. In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz im Wesentlichen aus, ein urkundlicher Nachweis der von der Behörde angemeldeten Forderung sei nicht erfolgt. Allerdings sei das Pfandrecht für diese Forderung gemäß § 38 lit. c GBG vorgemerkt. Da hier eine Rechtfertigung durch Klage nicht in Betracht komme, sei dieses Pfandrecht stets als solches für eine aufschiebend bedingte Forderung gemäß § 221 EO zu behandeln. Aufschiebend bedingte Forderungen seien zwar (bedingt) zuzuweisen, der zugewiesene Betrag sei dem Gläubiger jedoch nicht auszufolgen, sondern zinstragend anzulegen.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei, für die nachrangig ein Pfandrecht einverleibt ist, ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 38 lit. c GBG findet die Vormerkung auf Grund des Einschreitens öffentlicher Behörden in Fällen statt, wenn diese nach ihrem Wirkungskreis berufen sind, von Amts wegen die pfandweise Sicherstellung von Ansprüchen des Bundes oder eines Landes zu verfügen. Das Gesetz verlangt für die erleichterte Vormerkung nach § 38 lit. c GBG nur eine generelle Kompetenz der einschreitenden Behörde zur Sicherstellung von Ansprüchen des Bundes oder eines Landes. Die nach § 38 lit. c GBG einschreitende Behörde ist nicht gehalten, dem Grundbuchsgericht einen die Pfandrechtsvormerkung rechtfertigenden Titel für die sicherzustellende Forderung vorzulegen. Die Behörde kann gemäß § 38 lit. c GBG beim Grundbuchsgericht bloß auf Grund ihres Einschreitens ohne Vorlage einer Urkunde die pfandrechtliche Sicherstellung von Abgabenforderungen durch Vormerkung eines Pfandrechts erwirken, ohne diese Forderung nachweisen oder individualisieren zu müssen (SZ 49/141 = EvBl 1977/131 = NZ 1979, 162; 5 Ob 163/99b = NZ 2000, 316 [Hoyer 319]). Die Bestimmung des § 38 lit. c GBG mit der Sonderstellung des Bundes und der Länder zur Sicherstellung nicht titulierter Abgabeforderungen ist, wie der Oberste Gerichtshof zuletzt in der E 5 Ob 163/99b eingehend begründete, verfassungsrechtlich unbedenklich (so schon 5 Ob 1004/92 = NZ 1992, 277 [Hofmeister 281]; vgl. dazu auch Angst in Angst, EO § 228 Rz 6; Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 228 Rz 2). Gegen diese Rsp hat Hoyer in der genannten Entscheidungsglosse NZ 2000, 319 weiterhin Einwände erhoben, die im Wesentlichen bereits in der zitierten Rsp des 5. Senats behandelt wurden und (nach wie vor) letztlich nicht überzeugen. Ergänzend ist dazu zu bemerken, dass der das österr. Pfandrecht beherrschende Akzessorietätsgrundsatz keineswegs zwingend eine Bescheinigung der Abgabenforderung bereits anlässlich der Vormerkung des Pfandrechts gemäß § 38 lit. c GBG fordert (s auch Hofmann in Rummel3, § 453 ABGB Rz 2). Die anlässlich der Rechtfertigung vorzunehmende Überprüfung der Deckung der dem vorgemerkten Pfandrecht zugrunde liegenden mit der zu rechtfertigenden Forderung (3 Ob 28/95 = SZ 68/50 = RPflE 1995/113) kann nämlich ohne weiteres klären, ob es sich bei den betreffenden Abgabenforderungen um diejenigen handelt, die durch die seinerzeitige Pfandrechtsvormerkung gesichert wurden. Hier reicht durchaus die Bezugnahme auf ein konkretes Schreiben der Behörde im Antrag auf Pfandrechtsvormerkung aus, auch wenn dieses Schreiben diesem Antrag nicht angeschlossen ist. Durch die Möglichkeit der Vormerkung nach § 38 lit. c GBG wird somit die Behörde keineswegs - wie Hoyer (aaO 320) meint - bei Verwirklichung öffentlich-rechtlicher Forderungen generell vom Akzessorietätserfordernis freigestellt.

Der Hinweis im Rechtsmittel auf die neue Rechtslage bei Höchstbetragshypotheken, wo nach Aufhebung des § 224 Abs 2 EO durch die EO-Novelle 2000 nur eine gemäß §§ 210, 211 Abs 1 und 5 EO gehörig angemeldete Forderung zugewiesen wird, ist nicht zielführend, weil hier gerade keine Höchstbetragshypothek vorliegt. Eine Gleichstellung eines nach § 38 lit. c GBG vorgemerkten Pfandrechts, bei dem es sich um kein Höchstbetragspfandrecht handelt, mit einem Höchstbetragspfandrecht ist wegen dessen Besonderheiten, die eine unterschiedliche Behandlung auch im Meistbotsverteilungsverfahren rechtfertigen, nicht angebracht. Auch das in diesem Zusammenhang im außerordentlichen Revisionsrekurs gebrauchte Argument, aus der Forderungsanmeldung der Behörde ergebe sich, dass die Bezug nehmende Urkunde (Schuldschein) bereits vorliege, ist unrichtig; derartiges ist der Anmeldung nicht zu entnehmen. Ein derartiger Schuldschein wird nirgends erwähnt, worauf auch in der Revisionsrekursbeantwortung hingewiesen wird. Die auf das Vorliegen eines Schuldscheins - und damit bereits einer unbedingten privatrechtlichen Verpflichtung - gestützte Argumentation der Revisionsrekurswerberin geht daher ins Leere.

Für die im vorliegenden Fall zu beurteilende Frage der Berücksichtigung von Forderungen (Steuern und öffentliche Abgaben), für die gemäß § 38 lit. c GBG ein Pfandrecht vorgemerkt ist, im Meistbotsverteilungsverfahren stellt sich die Rechtslage folgendermaßen dar: Da hier eine Rechtfertigung durch Klage nicht in Betracht kommt, ist dieses Pfandrecht stets als solches für eine aufschiebend bedingte Forderung gemäß § 221 EO zu behandeln, es sei denn, dass spätestens in der Verteilungstagsatzung ein Rückstandsausweis vorgelegt wird, in welchem Fall die Forderung sofort zu berichtigen ist (ZBl 1936/318 = RZ 1936, 175; Angst aaO § 228 Rz 6). Das Gesetz bestimmt keine Fristen, innerhalb deren das durch Vormerkung erworbene Pfandrecht erlischt oder gelöscht werden kann; vielmehr soll diese Vormerkung ihrem Zweck entsprechend Dauerwirkung erzielen (ZBl 1936/318). Der erkennende Senat erachtet es angesichts der fehlenden gesetzlichen Bestimmung nicht als gangbaren Weg, dem Exekutionsgericht im Interesse der übrigen Gläubiger die Pflicht aufzuerlegen, der Behörde im Meistbotsverteilungsbeschluss aufzutragen, binnen einer bestimmten Frist den Abgabenbescheid dem Gericht vorzulegen (vgl. bei der Vormerkung selbst für die Zulässigkeit der Setzung eines Termins, bis zu dem der Abgabenbescheid dem Grundbuchsgericht vorgelegt werden müsse bzw. die Rechtfertigung iSd § 41 lit. b GBG zu erfolgen habe, Hofmeister in NZ 1992, 281). Dem Schutz der übrigen Gläubiger dienen letztlich die Verjährungsbestimmungen der BAO. Die durch das gemäß § 38 lit. c GBG vorgemerkte Pfandrecht gesicherte Forderung ist somit zuzuweisen, der zugewiesene Betrag jedoch zufolge § 221 Abs 1 EO dem Gläubiger nicht auszufolgen, sondern zinstragend anzulegen (Angst aaO § 221 Rz 1).

Dass hier Barzahlung verlangt wurde, ohne dass die Voraussetzungen hierfür durch Vorlage eines Rückstandsausweises nachgewiesen worden wären, hat nicht zur Folge, dass überhaupt keine Zuweisung, also auch nicht durch zinstragende Anlegung zu erfolgen hätte. Der unrichtig bzw. mangelhaft anmeldende buchberechtigte Gläubiger darf nämlich nicht schlechter gestellt werden als derjenige, der keine Anmeldung vorgenommen hat (RIS-Justiz RS0003226 [T 1]; Angst aaO § 210 Rz 21 mwN).

Der von den Vorinstanzen nicht erwähnte Umstand, dass das gemäß § 38 lit. c GBG vorgemerkte Pfandrecht nicht auf der gesamten Liegenschaft, sondern nur auf dem Hälfteanteil der Zweitverpflichteten vorgemerkt ist und daher an sich zwei Massen zu bilden gewesen wären (SZ 53/80 u.a.) bewirkt wegen der Höhe der Forderung der Revisionsrekurswerberin im Ergebnis keine Änderung der Zuweisungen. Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO.

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