OGH 3Ob59/21d

OGH3Ob59/21d20.5.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****, vertreten durch Engin‑Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei C*****, vertreten durch Mag. Daniel Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2021, GZ 39 R 187/20v‑59, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00059.21D.0520.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG setzt voraus, dass der Mieter den gänzlich weitergegebenen Mietgegenstand offenbar in naher Zukunft weder für sich noch für eintrittsberechtigte Personen iSd § 14 Abs 3 MRG dringend benötigen wird. Die Beweispflicht dafür, dass er in naher Zeit die Wohnung dringend benötigt, trifft den Mieter (RS0070679). Bei der in diesem Zusammenhang anzustellenden Zukunftsprognose ist nach der Rechtsprechung nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung, sondern auf jenen der Weitergabe des Mietgegenstands abzustellen (vgl RS0070701 [T2]).

[2] 1.2. Von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen: Es bejahte das Vorliegen des Kündigungsgrundes deshalb, weil die Beklagte anlässlich der gänzlichen Weitergabe der aufgekündigten Wohnung im Jahr 2013 (nur) erklärt hatte, sie werde die Wohnung für ihre damals knapp 13 Jahre alte Tochter, die seit 2003 nicht mehr mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebte, also keine eintrittsberechtigte Person iSd § 14 Abs 3 MRG mehr war, ab dem Sommer 2019 wieder benötigen, weil diese dann in Wien studieren werde. Mit ihrer Behauptung, sie habe (offenbar gemeint: von Anfang an) beabsichtigt und allen Beteiligten gegenüber kommuniziert, dass sie die Wohnung dann gemeinsam mit ihrer Tochter wieder bewohnen werde, entfernt sich die Beklagte von den getroffenen Feststellungen. Auf die Frage, ob ein bei Weitergabe konkret feststehender Bedarf an der Wohnung in rund sechs Jahren noch als „in naher Zeit“ angesehen werden kann, kommt es hier daher nicht an.

[3] 2.1. Die Frage, ob vom Berufungsgericht „überschießende“ Feststellungen berücksichtigt werden können, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes oder der erhobenen Einwendungen halten, hat grundsätzlich keine über den einzelnen Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung (RS0040318 [T3]).

[4] 2.2. Mit seiner Ansicht, die vom Erstgericht getroffene Feststellung zum Zeitpunkt der Weitergabe der Wohnung halte sich im Rahmen des Vorbringens der Beklagten zur Zukunftsprognose, hat das Berufungsgericht den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

[5] 3. Die Beklagte behauptet einen rechtlichen Feststellungsmangel, weil das Erstgericht nicht festgestellt habe, „aus welchem Grund“ sie die Wohnung nur vermindert genutzt habe, zum damit offenbar angesprochenen Thema eines angeblich schutzwürdigen Interesses liegen aber ohnehin erstgerichtliche Feststellungen vor. Der außerordentlichen Revision ist nicht zu entnehmen, welche für die rechtliche Beurteilung vermeintlich noch wesentlichen Tatsachen fehlen, die nach dem Vorbringen der Beklagten und den Ergebnissen des Verfahrens zur prüfen gewesen wären (RS0053317).

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