OGH 3Ob274/05y

OGH3Ob274/05y15.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gustav T*****, vertreten durch Mag. Vinzenz Fröhlich und andere Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. D***** GmbH, *****, vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, und 2. S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Hans Georg Popp, Rechtsanwalt in Gratwein, wegen Widerspruchs nach § 37 EO (Streitwert: 20.000 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 29. Juni 2005, GZ 4 R 91/05i-19, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 31. August 2005, AZ 4 R 91/05i, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 3. Dezember 2004, GZ 46 C 2/04w-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.422,18 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 237,03 EUR USt) und der zweitbeklagten Partei die mit 1.063,80 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 177,30 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Nach Zustellung des Urteil des Berufungsgerichts am 12. Juli 2005 teilte der Klagevertreter mit an die jeweiligen Vertreter der beiden beklagten Parteien gerichteten Schreiben vom 20. Juli 2005 mit, „dass hinsichtlich des nunmehr vorliegenden zweitinstanzlichen Urteils kein Antrag gemäß § 508a ZPO gestellt werden wird". Darüber hinaus ersuchte der Klagevertreter jeweils einen Vorschlag für die Abstattung der jeweiligen Kostenschuld in 24 gleichen monatlichen Raten, beginnend mit September 2005, an die jeweilige Mandantschaft weiterzuleiten.

Dessen ungeachtet beantragte der Kläger am 4. August 2005 die Abänderung des berufungsgerichtlichen Zulassungsausspruchs nach § 508 ZPO und verband damit die ordentliche Revision gegen das Berufungsurteil.

Die erstbeklagte Partei übersandte daraufhin dem Erstgericht das ihrem Rechtsvertreter übermittelte Schreiben vom 20. Juli 2005 und beantragte den Abänderungsantrag gemäß § 508 ZPO zurückzuweisen. In ihrer Revisionsbeantwortung wies auch die zweitbeklagte Partei auf den Rechtsmittelverzicht des Klägers hin und übermittelte das an ihren Vertreter gerichtete Schreiben des Klägers vom 20. Juli 2005. Der Kläger trat der von den beklagten Parteien vertretenen Auffassung, in dem Schreiben seines Rechtsvertreters vom 20. Juli 2005 liege ein Verzicht auf Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil, entgegen. Er habe bereits mit einem weiteren Schreiben vom 26. Juli 2005 darauf hingewiesen, dass ein Antrag nach § 508 ZPO gestellt und auch die ordentliche Revision erhoben werde. Die beklagten Parteien hätten überdies auf ein in der Folge an sie gerichtetes Ersuchen, vorläufig auf die Exekutionsführung zur Hereinbringung der Kosten zu verzichten, ablehnend reagiert, ohne einen Verzicht auf ein Rechtsmittel zu behaupten.

Das Berufungsgericht ließ in Abänderung seines Ausspruchs die Revision nachträglich zu.

Daraus ergibt sich rechtlich:

Rechtliche Beurteilung

In der dem Kläger zuzurechnenden außergerichtlichen Erklärung seines Vertreters vom 20. Juli 2005 liegt ein Rechtsmittelverzicht. Aus dem Wortlaut der Erklärung, der nicht gerade das Wort „Verzicht" enthalten muss (3 Ob 161/74 = EvBl 1975/50 uva; RIS-Justiz RS0037278; Pimmer in Fasching/Konecny² § 472 ZPO Rz 4 mwN), ergibt sich zweifelsfrei, dass sich der Kläger schon entschlossen hat, das allein mögliche Rechtsmittel (Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts verbunden mit ordentlicher Revision gegen das Berufungsurteil) nicht zu erheben. Dass in den gleichlautenden Schreiben vom 20. Juli 2005 von einem „Antrag nach § 508a ZPO" die Rede ist, ändert daran nichts, zumal es sich um einen offenbaren Schreibfehler handelt (in § 508a ZPO kommt ein gegen zweitinstanzliche Entscheidungen zu richtender Rechtsbehelf nicht vor, sehr wohl aber in § 508 ZPO).

Dass ein Rechtsmittelverzicht auch außergerichtlich zwischen den Parteien erklärt werden kann, entspricht stRsp des Obersten Gerichtshofs (2 Ob 842/50 = SZ 24/29 uva; zuletzt 3 Ob 6/04k; RIS-Justiz RS0037317, RS0041904; E. Kodek in Rechberger², § 472 ZPO Rz 2 mwN; aA Pimmer aaO § 472 ZPO Rz 5, 8 mwN).

Der hier schriftlich erklärte Rechtsmittelverzicht ist jedenfalls verbindlich, ein Widerruf - sollte man die Ankündigung, dennoch Revision zu erheben, als solchen betrachten - ist wirkungslos, weil die Rechtskraft der Entscheidung schon eingetreten ist (3 Ob 1042/88 mwN).

Die Revision des Klägers ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Der Kläger hat den beklagten Parteien gemäß §§ 41, 50 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen, weil beide beklagten Parteien auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision infolge Rechtsmittelverzichts hingewiesen haben; Streitgenossenzuschlag steht der zweitbeklagten Partei aber nicht zu, weil ihr Rechtsanwalt nur sie vertritt und ihm auch nur ein Prozessgegner gegenübersteht (§ 15 RATG).

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