Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 686,88 EUR (darin 114,48 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 3. Februar 2000 der nun klagenden Bank (im Folgenden nur klagende Partei) wider den nun beklagten Masseverwalter (im Folgenden nur Masseverwalter) im Konkurs über das Vermögen einer Pensionsinhaberin die Zwangsversteigerung dreier Liegenschaften. Ein früheres Zwangsversteigerungsverfahren war mangels Anbots eingestellt worden.
Im Konkursverfahren fand am 4. Februar 2000 eine Gläubigerausschusssitzung statt, an der neben drei Ausschlussmitgliedern auch der Rechtsvertreter der klagenden Partei teilnahm. Dabei wurde u.a. besprochen, dass 156.000 S = 11.336,96 EUR für das auf den Liegenschaften befindliche Inventar der Konkursmasse zukommen sollen. Während die Mitglieder des Gläubigerausschusses wie bereits im ersten Zwangsversteigerungsverfahren die Meinung vertraten, das Inventar sei nicht Zubehör der Liegenschaft, weil der Betrieb bereits stillgelegt sei, war die klagende Partei immer der Ansicht, sie habe am Inventar ein Pfandrecht. Ihr Vertreter sprach sich bei der betreffenden Sitzung nicht gegen die Vorgangsweise des Masseverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses aus. Diese gingen davon aus, dass zwischen ihnen und dem Rechtsvertreter der klagenden Partei eine Einigung über die Verwendung des Meistbotserlöses im genannten Sinn zustande gekommen sei. Sie fassten auch einen diesbezüglichen Beschluss, der vom Masseverwalter in einem Amtsvermerk festgehalten wurde.
Nach erfolgter Versteigerung der Liegenschaften wies das Erstgericht mit Meistbotsverteilungsbeschluss vom 11. Juli 2001 den Verkaufserlös aus dem Inventar von 156.000 S der Konkursmasse als Vorzugspost im Hinblick darauf zu, dass der Masseverwalter sich in seiner Forderungsanmeldung auf die Vereinbarung vom 4. Februar 2000 berufen hatte. Die klagende Partei wurde gleichfalls am 11. Juli 2001 mit ihrem dagegen in der Verteilungstagsatzung erhobenen Widerspruch auf den Rechtsweg verwiesen. Sie hatte die behauptete Vereinbarung bestritten und sich auf ein ihr zustehendes Pfandrecht am Inventar berufen. Der gegen die Verweisung auf den Rechtsweg erhobene Rekurs der klagenden Partei blieb erfolglos. Ihr am 31. Juli 2001 eingebrachter Rekurs enthielt keinen Antrag auf Zuerkennung der hemmenden Wirkung.
Mit ihrer am 22. November 2001 beim Erstgericht eingelangten Widerspruchsklage begehrte die klagende Partei das Urteil, die im Meistbotsverteilungsbeschluss vorgenommene Zuweisung des Erlöses aus dem Inventar von 156.000 S = 11.336,96 EUR an die Konkursmasse bestehe nicht zu Recht. Der Betrag sei ihr zusätzlich zum Meistbotsrest von 1,641.069,82 S zuzuweisen.
Der Masseverwalter wendete ein, die Widerspruchsklage sei verspätet eingebracht worden. Die einmonatige Frist für die Erhebung der Klage beginne mit der Zustellung des Verteilungsbeschlusses und nicht mit der Zustellung der Entscheidung über den Rekurs des Gläubigers, der gegen die Zuweisung Widerspruch erhoben habe. Die Klage stütze sich teilweise unzulässig auf Rechtsgründe, die bei der Verteilungstagsatzung nicht mit Widerspruch geltend gemacht worden seien. Im Übrigen berief sich der Masseverwalter auf die Vereinbarung vom 4. Februar 2000.
Das Erstgericht, im Wesentlichen von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen ausgehend, wies das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht berief es sich auf die Lehrmeinung von Heller/Berger/Stix (EO4 1585), wonach es für die Einhaltung der Monatsfrist genüge, wenn innerhalb eines Monats nach Zustellung der maßgeblichen Entscheidung der zweiten oder dritten Instanz die Klageführung dem Exekutionsgericht nachgewiesen werde. Da der Vertreter der klagenden Partei im vorliegenden Fall, weil er der Gläubigerausschusssitzung zugezogen worden sei, gemäß § 863 ABGB zum Widersprechen gehalten gewesen sei, sei eine Vereinbarung zustandegekommen. Zwar könne diese weder andere Gläubiger noch das Exekutionsgericht binden, wenn die Voraussetzungen nicht gegeben wären, das Stillschweigen des Vertreters der klagenden Partei sei aber wohl als Verzicht auf einen etwaigen Widerspruch aufzufassen. Die Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung der Vereinbarung lägen nicht vor.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. In der Frage der Rechtzeitigkeit der Klage folgte es der E MGA EO13 § 231/28 (= JBl 1906, 525), wonach die Frist von einem Monat zur Erhebung dieser Klage bei Einbringung eines Rekurses mit der Zustellung der Rekursentscheidung zu laufen beginne. Die Berufungsausführungen über das Pfandrecht des Finanzamts und über einen angeblichen Irrtum des Klagevertreters gingen ins Leere, weil diese Umstände in der Verteilungstagsatzung nicht vorgebracht worden seien; Tatsachen, die nicht Gegenstand des Widerspruchs gewesen seien, könnten aber im Widerspruchsprozess nicht geltend gemacht werden. Zu bejahen sei eine stillschweigende Zustimmung des Klagevertreters bei der Gläubigerausschusssitzung vom 4. Februar 2000. Die in diesem Zusammenhang bekämpfte Feststellung des Erstgerichts sei unbedenklich. Entscheidend sei hier nur, dass nach dem unbedenklich festgestellten Sachverhalt Masseverwalter und Gläubigerausschussmitglieder bei dieser Sitzung aus dem Verhalten des Klagsvertreters hätten schließen können, die klagende Partei werde das beanspruchte Recht auf den Erlös des Zubehörs nicht mehr weiter verfolgen.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Für dieses Ergebnis ist allerdings die Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall eine stillschweigende Vereinbarung über die Verteilung eines Betrags von 156.000 S = 11.336,96 EUR im Zwangsversteigerungsverfahren zustandegekam, ohne Bedeutung. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die festgestellte Vereinbarung die Voraussetzung einer Einigung nach § 214 Abs 2 EO erfüllt, die nach der Entscheidung 3 Ob 98/92 (= SZ 65/131 = RZ 1994/38 = RPflSlgE 1993/50) bei der Verteilungstagsatzung erzielt werden müsste. Schließlich ist es auch ohne Bedeutung, ob angesichts der Rsp zum außergerichtlichen Rechtsmittelverzicht, für den Ausdrücklichkeit (EvBl 1975/50; RZ 1995/41 u.a.; RIS-Justiz RS0037278) und Schriftlichkeit (1 Ob 2079/96h = EFSlg 82.276 mwN) verlangt werden, die Voraussetzungen eines wirksamen Verzichts auf den Widerspruch gegeben sind.
Nach Auffassung des erkennenden Senats haben nämlich die Vorinstanzen zu Unrecht die Klage als rechtzeitig iSd § 231 Abs 2 EO beurteilt. Nach dieser Bestimmung beginnt die Frist zur Erhebung (bzw. nach dem Gesetzestext sogar zum Nachweis der Einbringung der Klage) mit der Zustellung des Verteilungsbeschlusses. Bekämpft nun der auf den Rechtsweg Verwiesene den Verteilungsbeschluss in diesem Punkt, so kann sich auf Grund des üblichen zeitlichen Ablaufs der Fall ergeben, dass er mit einem solchen Rechtsmittel Erfolg hat und damit eine in der Zwischenzeit bereits eingebrachte Widerspruchsklage gegenstandslos würde. Unter Berufung auf eine Entscheidung JBl 1906, 525 vertraten Heller/Berger/Stix (EO4 1585) die Auffassung, die einmonatige Frist beginne am Tag der Zustellung der Erledigung des Rekurses oder des Revisionsrekurses. Dagegen lehnt Angst (in Angst, EO, § 231 Rz 11) die Ansicht von Heller/Berger/Stix mit der Begründung ab, dem Rekurs komme zufolge § 67 EO keine hemmende Wirkung zu. Die Gegenansicht treffe nur dann zu, wenn auf Antrag des Rekurswerbers die hemmende Wirkung des Rekurses verfügt worden sei. Mangels eines solchen (positiv erledigten) Antrags werde die Frist durch die Zustellung des Verteilungsbeschlusses an den Widersprechenden in Gang gesetzt.
Berücksichtigt man nun, dass die Frist des § 231 Abs 2 EO eine gesetzliche (Angst aaO § 231 Rz 11; Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, §§ 231-233 Rz 7) und deshalb gemäß § 58 Abs 1 EO unerstreckbare Frist ist, die dem Adressaten nur "bekanntzugeben" (Abs 2 letzter Satz) ist und nicht erst vom Richter festgesetzt wird, ist es fraglich, ob tatsächlich ein Antrag nach § 78 EO iVm § 524 Abs 2 ZPO auch eine Hemmung der Klagefrist bewirken könnte. Schließlich geht es nach § 524 ZPO um die Hemmung der Ausführung des angefochtenen Beschlusses und den Eintritt von dessen Vollstreckbarkeit. Nach dem Gesetz ist aber, wie dargelegt die Zustellung des Meistbotsverteilungsbeschlusses das den Fristenlauf auslösende Ereignis, um die Ausführung des Meistbotsverteilungsbeschlusses (bzw. eine durch diesen angeordnete Verweisung auf den Rechtsweg) geht es im Grunde gar nicht. Die Frage braucht aber hier nicht entschieden zu werden, hat doch die klagende Partei einen entsprechenden Antrag nicht gestellt.
Was allerdings die Frage angeht, ob ein Rekurs gegen die Verweisung des Widerspruchs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss auf den Rechtsweg die Klagefrist hemmt oder unterbricht, ist der zutreffenden Ansicht von Angst (aaO § 231 Rz 11) zu folgen. Dabei ist vorerst festzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof in der von Heller/Berger/Stix zitierten Entscheidung JBl 1906, 525 zur hier zu entscheidenden Frage gar nicht Stellung genommen hat, war doch in Ansehung des entsprechenden Teils der zweitinstanzlichen Entscheidung eine Beschwerde nach § 528 ZPO in der damals geltenden Fassung unzulässig. In Wahrheit hat sich in dem zugrundeliegenden Verfahren nach den in der Veröffentlichung wiedergegebenen Ausführungen der Vorinstanzen lediglich das Landesgericht Prag der Rechtsansicht eines Bezirksgerichts in seinem Sprengel angeschlossen. Dieses hatte eingeräumt, dass nach dem Wortlaut des (insoweit unverändert gebliebenen) Gesetzes der Tag der Zustellung des Verteilungsbeschlusses entscheidend sei. Nach seiner Auffassung verfolge die Beschränkung der Klagefrist den Zweck, die Durchführung des Verteilungsbeschlusses nicht zu verzögern. Davon könne dann keine Rede sein, wenn ein Interessent die Abänderung des Beschlusses, mit dem er auf den Rechtsweg gewiesen wurde, im Instanzenzuge anstrebe. In einem solchen Fall könne die gleichzeitige Einleitung des Rechtsstreits von demselben Interessenten nicht verlangt werden, weil bei einem Erfolg mit seinem Rekurs derselbe vollkommen gegenstandslos wäre. Demnach beginne die Frist zur Einleitung des Rechtsstreits erst vom Tag der Zustellung der Rekurserledigung, eventuell der Revisionsrekurserledigung zu laufen.
Diese Erwägungen vermögen allerdings nicht zu überzeugen. Zunächst trifft es schon nicht zu, dass der sicher zutreffend erkannte Zweck der Fristsetzung im Falle der Bekämpfung des Verweisungsbeschlusses nicht beeinträchtigt würde. Der Zweck der Verweisung auf den Rechtsweg zur Entscheidung über einen Widerspruch wegen streitiger Tatsachen liegt darin, jede Verzögerung durch die Klärung dieser Tatsachen zu vermeiden. Die Verteilung soll ja "den Versteigerungs- und Verkaufserlös denjenigen möglichst rasch zukommen lassen, die hierauf Rechte erworben haben" (Jud 220 = GlUNF 7404; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 540). Im Falle der Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung verzögert sich der Beginn des Rechtsstreits jedenfalls um die Dauer des Rekursverfahrens. Die Anfechtung der bestätigenden Entscheidung wäre ja gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Noch länger dauert die Verzögerung aber, wenn die zweite Instanz dem Rekurs Folge gibt, in der Folge aber der Oberste Gerichtshof die erstinstanzliche Entscheidung wiederherstellt. Im Interesse einer raschen Klärung der Verteilungsfrage muss daher die für den Widersprechenden nachteilige Konsequenz in Kauf genommen werden, dass er auch dann, wenn er gegen die Verweisung auf den Rechtsweg rekurriert, fristgerecht die Widerspruchsklage beim Exekutionsgericht mit dem Risiko einbringen muss, dass sich dies nachträglich als überflüssig erweist. Ob damit auch nachteilige Kostenfolgen verbunden sind, ist hier nicht zu beurteilen. Wohl aber ist zu berücksichtigen, dass nach § 231 Abs 4 EO die Klage aus dem besseren Recht ohnehin weiter offen steht, weshalb keine hinreichenden Gründe dafür bestehen, entgegen dem Wortlaut des § 231 Abs 2 EO den Fristbeginn auf den Tag der Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung über den Verweisungsbeschluss zu verlegen. Somit beginnt die einmonatige Frist des § 231 Abs 2 erster Satz EO zur Erhebung der Widerspruchsklage mit der Zustellung des Verteilungsbeschlusses, unabhängig von dessen Rechtskraft, zu laufen. Anderes gilt nur dann, wenn erst in höherer Instanz die Verweisung auf den Rechtsweg erfolgt. Nur in diesem Fall löst die Zustellung des Verteilungsbeschlusses erster Instanz die Frist deshalb noch nicht aus, weil eben eine Verweisung auf den Rechtsweg noch gar nicht vorliegt und daher die Voraussetzung des § 231 Abs 2 EO fehlt.
Diese Erwägungen führen im vorliegenden Fall zur Bestätigung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Vorinstanzen haben zwar keine Feststellungen darüber getroffen, wann der Meistbotsverteilungsbeschluss des Erstgerichts der klagenden Partei zugestellt wurde. Das Erstgericht stellte jedoch fest, dass bereits am 31. Juli 2001 die klagende Partei gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss Rekurs erhoben hatte. Da die Klage im vorliegenden Prozess erst am 22. November 2001 beim Erstgericht einlangte, war zu diesem Zeitpunkt die Frist des § 231 Abs 2 EO bereits abgelaufen, selbst wenn der Rekurs bereits am ersten Tag der Rechtsmittelfrist eingebracht worden wäre. Die Versäumung der Klagefrist führt - mangels rechtlichen Interesses an einer die Ausübung des Verteilungsbeschlusses gemäß § 231 Abs 2 EO nicht mehr berührenden Urteils - zur Abweisung der Widerspruchsklage (zutreffend Angst aaO § 231 Rz 14; Heller/Berger/Stix aaO 1585 f).
Schon aus diesem Grund muss die Revision erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)