OGH 3Ob242/10z

OGH3Ob242/10z23.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen A*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erbin Mag. M*****, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 12. Oktober 2010, GZ 5 R 80/10m-92, womit über Rekurs der Erbin der Beschluss des Bezirksgerichts Leibnitz vom 24. März 2010, GZ 8 A 467/07y-68, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Revisionsrekurswerberin ist Alleinerbin ihres verstorbenen Vaters. Sie gab im Verlassenschaftsverfahren eine bedingte Erbantrittserklärung ab. Ein mj Enkel des Erblassers gehört als Nachkomme eines vorverstorbenen Sohnes des Erblassers zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten. Eine Inventarisierung oder Teilinventarisierung des Nachlasses fand bisher nicht statt.

Die Verlassenschaft ist ua Dritteleigentümerin einer aus zwei Grundstücken bestehenden Liegenschaft. Die Revisionsrekurswerberin beantragte die abhandlungsbehördliche Genehmigung eines zwischen der Verlassenschaft, vertreten durch die bedingt erbantrittserklärte Erbin, und der anderen Miteigentümerin (Mutter der Erbin) geschlossenen Realteilungsvertrags.

Die Vorinstanzen wiesen den Antrag mit der Begründung ab, der Realteilungsvertrag stelle ein Veräußerungsgeschäft iSd § 810 Abs 3 ABGB dar, das nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehöre. Vor Aufnahme der Liegenschaft in ein (Teil-)Inventar dürfe eine Veräußerung nicht erfolgen.

Rechtliche Beurteilung

In ihrem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Erbin keine erhebliche Rechtsfrage auf:

1. Die Revisionsrekurswerberin bezweifelt die Richtigkeit der Auffassung des Rekursgerichts ausschließlich mit dem Argument, dass ein Realteilungsvertrag keine „Veräußerung“ iSd § 810 Abs 3 ABGB darstelle und daher nicht genehmigungspflichtig sei.

2. Dass es sich bei einem Realteilungsvertrag um ein „Veräußerungsgeschäft“ handelt, entspricht jedoch entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung der herrschenden Meinung (6 Ob 8/83 = SZ 57/31; RIS-Justiz RS0038477; Sailer in KBB³ § 841 Rz 2). An der Richtigkeit dieser Rechtsauffassung kann nicht gezweifelt werden, stellt doch der Realteilungsvertrag als gegenseitiger, synallagmatischer Vertrag (RIS-Justiz RS0013242; Gamerith in Rummel³ § 841 Rz 2) den schuldrechtlichen Titel zur Übertragung der von den übrigen Teilhabern erworbenen ideellen Anteile (Gamerith aaO § 841 Rz 4) dar.

3. Die Entscheidung des Rekursgerichts widerspricht auch nicht der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 5 Ob 108/08f. Dort wurde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Anmerkung einer Rangordnung keine Veräußerung von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen iSd § 810 Abs 2 erster Satz ABGB darstellt, weil die Anmerkung noch keine Rechtsübertragung bewirkt. Genau darin liegt aber der maßgebliche Unterschied zum Realteilungsvertrag als tauglichem rechtsgeschäftlichen Titel für die Rechtsübertragung.

Die E 7 Ob 439/56 (SZ 29/64) ist schon deshalb nicht einschlägig, weil es dort um die Genehmigungsbedürftigkeit einer von einer mj Person erhobenen Zivilteilungsklage durch den übergeordneten Gerichtshof ging, die mit der Begründung verneint wurde, dass § 109 Abs 2 JN in der damals anzuwendenden Fassung eine Genehmigung nur bei Veräußerung unbeweglichen Vermögens vorsehe; mit einer Zivilteilungsklage werde keine rechtsgeschäftliche Verfügung über eine im Miteigentum befindliche Liegenschaft getroffen. Demgegenüber stellt der Abschluss eines Realteilungsvertrags, wie dargelegt, gerade eine „rechtsgeschäftliche Verfügung“ dar.

4. Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, dass der Realteilungsvertrag zwischen der Verlassenschaft und der weiteren Miteigentümerin der Liegenschaft nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört -, wobei den Materialien zum FamErbRÄG zu entnehmen ist, dass die Definition des „ordentlichen Wirtschaftsbetriebs“ in § 810 Abs 2 und 3 ABGB jener des § 154 Abs 3 ABGB entspricht (ErläutRV 471 BlgNR I 22. GP 32) -, wird von der Revisionsrekurswerberin ausschließlich mit dem unzutreffenden Argument bezweifelt, dass im Anlassfall kein Veräußerungsvertrag geschlossen wurde.

5. Mangels Relevierung ist daher nicht auf die Frage einzugehen, ob tatsächlich auch eine Liegenschaft erst veräußert werden darf, wenn sie in ein (Teil-)Inventar aufgenommen wurde oder ob § 810 Abs 3 ABGB nach seinem Zweck (Gläubigerschutz; vgl ErläutRV 471 BlgNR XXII GP 32) dahin zu reduzieren ist, dass nur bewegliche Sachen erst nach Inventarisierung veräußert werden dürfen, weil sich der Wert von Liegenschaften auch ohne Inventarisierung (vgl § 167 Abs 2 AußStrG) ermitteln lässt.

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