Spruch:
Der Miteigentümer eines pfandbelasteten Liegenschaftsanteiles kann dann nicht auf Naturalteilung bestehen, wenn den Teilungsgenossen die Zuteilung von mit Simultanpfandrechten anteilsmäßig belasteten Grundstücken unzumutbar ist
Die Naturalteilung einer landwirtschaftlichen Liegenschaft ist untunlich, wenn die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sehr unwahrscheinlich ist
OGH 16. 2. 1984, 6 Ob 8/83 (OLG Graz 5 R 18/83; KG Leoben 3 Cg 175/81)
Text
Die Liegenschaft EZ 27 KG K steht im gemeinschaftlichen (gleichteiligen) Eigentum der beiden Streitteile.
Die Klägerin begehrte die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung. Zur Untunlichkeit einer Naturalteilung brachte sie vor: Der Gutbestand der gemeinschaftlichen Liegenschaft sei ein Bauerngut. Seinerzeit sei es ein Erbhof nach dem Reichserbhöferecht gewesen und im Eigentum des gemeinsamen Vaters der Streitteile gestanden. Der Vater sei 1944 gefallen. Nach den Abhandlungsergebnissen seien die beiden (damals noch mj.) Geschwister Miteigentümer des Hofes geworden. Der landwirtschaftliche Besitz sei von der Mutter der Streitteile auf Grund eines ihr als Witwe eingeräumten Fruchtgenußrechtes bis Ende Januar 1977 bewirtschaftet worden. Seit Feber 1977 bewirtschafte die Klägerin den Hof. Der Gutbestand der gemeinschaftlichen Liegenschaft bilde einerseits ein Bauerngut iS des § 5 Abs. 2 Stmk. GVG 1973; andererseits stellte er, sähe man vom geschwisterlichen Miteigentum ab, einen Erbhof iS des § 1 AnerbenG dar. Landwirtschaftliche Betriebe mit bloß der Hälfte des Gutsbestandes der gemeinschaftlichen Liegenschaft wären nicht lebensfähig. Das Haus für sich allein wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll teilbar; dazu kämen die argen persönlichen Mißstimmigkeiten unter den beiden Streitteilen.
Der Beklagte wendete gegen das Teilungsbegehren zunächst ein, es läge für Landwirtschaften dieser Art und Größe Unzeit vor, es müsse mit einer "anti-bäuerlichen" und nur profitorientierten Verwendung durch einen Dritterwerber gerechnet werden. Gegen die begehrte Aufhebung des Miteigentums durch gerichtliche Feilbietung machte der Beklagte die Möglichkeit und Tunlichkeit einer Naturalteilung geltend. Er behauptete, die land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen seien ohne technische Schwierigkeiten real in zwei nahezu wertgleiche Massen teilbar. Die Gründe seien zum Teil Bauerwartungsland. Die Gesamtheit des Gutsbestandes ermögliche bloß eine Nebenberufslandwirtschaft. Ein im § 1 Abs. 1 Z 2 AnerbenG umschriebener Mindestertrag sei nicht erzielbar.
Das Erstgericht gab dem Zivilteilungsbegehren statt und stellte folgenden Sachverhalt fest: Der Gutsbestand der Liegenschaft EZ 27 KG K umfaßt Grundstücke im Gesamtflächenausmaß von 23 ha 79 a 17 m2. Etwa 60 vH sind Wald, etwa 40 vH werden landwirtschaftlich bewirtschaftet. Das Wohn- und Wirtschaftsgebäude und ein Obstgarten mit Lagerschuppen liegen mitten im verbauten Ortsgebiet. Im Wohnhaus befindet sich ein (vermietetes) Geschäftslokal. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen bilden als Ergebnis eines Zusammenlegungsverfahrens drei voneinander getrennte Teile. Die 6 Waldgrundstücke sind von K aus gut erreichbar und fast alle wegemäßig gut erschlossen. Sie sind von unterschiedlicher Bonität, aber außerordentlich gut bestockt. Im November 1981 wurden auf dem Hof 6 Kühe, 3 Kalbinnen, 2 Stiere, 4 einjährige Kälber und ein halbjähriges Kalb, 2 Muttersauen mit Ferkeln und 2 Mastsauen sowie 30 Gebrauchshühner gehalten. Die zur Bewirtschaftung notwendigen Maschinen und Geräte sind vorhanden. Die beiden Geschwister wurden im Erbgang nach ihrem im Jahre 1944 gefallenen Vater je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft. Bis Feber 1977 stand der Mutter der beiden Streitteile die Fruchtnießung zu. Seither führt die Klägerin den landwirtschaftlichen Betrieb. Sie ist damit voll beschäftigt. In der Bewirtschaftung des Betriebes arbeiten der Ehemann der Klägerin, der hauptberuflich als Zimmerer bei Bauunternehmungen arbeitet, die Mutter und der Stiefvater der Klägerin sowie deren zwei minderjährige Kinder mit. Das aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzielbare Jahreseinkommen beträgt rund 125 000 S. Der Beklagte bewohnt mit seiner Ehefrau und seinen vier minderjährigen Kindern die ihm im gerichtlichen Benützungsregelungsverfahren zugewiesenen Räumlichkeiten des Wohnhauses. Es ist seit dem Jahre 1968 Werksarbeiter der VOEST-Alpine in Donawitz. Im landwirtschaftlichen Betrieb arbeitet er nicht mit. Zwischen den Streitteilen herrscht seit längerer Zeit "ein ungutes und gespanntes Verhältnis". Technisch ist eine Aufteilung des Gutsbestandes der gemeinschaftlichen Liegenschaft in einer Form möglich, daß jeder der beiden Streitteile im wesentlichen gleichartige und gleichwertige Grundstücke erhält. Eine derartige reale Teilung hätte aber zur Folge, daß kein Teil als Grundlage für einen bäuerlichen Familienbetrieb dienen könnte. Der derzeit vorhandene bäuerliche Familienbetrieb würde zerschlagen und vernichtet. Der Beklagte bietet infolge seiner in den letzten 15 Jahren ausgeübten Berufstätigkeit als Werksarbeiter "kaum Gewähr für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung und Erhaltung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen", die ihm zufallen würden.
In rechtlicher Beurteilung folgerte das Erstgericht: Der Beklagte habe seine Einwendung der Unzeit nicht iS des Vorliegens bloß vorübergehender Ausnahmeverhältnisse ausgeführt. Der Klägerin sei aber der Nachweis gelungen, daß eine Realteilung untunlich sei, weil eine solche zwar technisch möglich wäre, aber zwangsläufig zur Vernichtung eines Bauerngutes iS des § 5 Abs. 2 Stmk. GVG 1973 führen müßte. Jede Realteilung liefe daher dem Sinn des § 4 Abs. 1 Stmk. GVG 1973 zuwider. Der landwirtschaftliche Betrieb erfüllte, vom Eigentumsmerkmal des § 1 Abs. 1 Z 1 AnerbenG abgesehen, die Voraussetzungen eines Erbhofes nach § 1 AnerbenG. Mangels eines auch nur vorübergehend wirksamen Hindernisses gegen eine Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft und infolge dargetaner Untunlichkeit einer Realteilung sei das Zivilteilungsbegehren der Klägerin gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es ergänzte die erstrichterlichen Feststellungen über die Belastung der Liegenschaftsanteile beider Parteien in folgender Weise: Auf dem Hälfteanteil des Beklagten sind Kredithypotheken für die Höchstbeträge von 120 000 S (COZ 97), 70 000 S (COZ 98), 130 000 S (COZ 100), 50 000 S (COZ 104) und 80 000 S (COZ 105), eine Festbetragshypothek für eine Kreditforderung von 120 000 S (COZ 102) sowie ein Zwangspfandrecht für eine Forderung von 55 000 S (COZ 107) einverleibt. Auf dem Hälfteanteil der Klägerin ist die Reallast des Unterhaltes zugunsten des Stiefvaters der Klägerin (COZ 99) einverleibt; überdies ist der Liegenschaftsanteil der Klägerin mit der Reallast des Unterhaltes zugunsten der Mutter der Streitteile (COZ 87) belastet. Das Berufungsgericht folgerte aus seinen ergänzenden Feststellungen, daß die Belastung des Hälfteanteiles des Beklagten eine Realteilung (gegen den Willen der Klägerin) verbiete, weil einem Miteigentümer keine Solidarhaftung aufgezwungen werden dürfe, die ihn vor der Teilung nicht belastet habe.
Der Oberste Gerichtshof hob infolge Revision des Beklagten die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Im gegenwärtigen Verfahrensstand ist davon auszugehen, daß dem Begehren der Klägerin auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft kein Hindernis iS des § 830 ABGB entgegensteht. Strittig ist ausschließlich die von der Klägerin geforderte Auseinandersetzungsart der gerichtlichen Feilbietung. Die für die Untunlichkeit einer körperlichen Teilung beweispflichtige Klägerin hat sich im erstinstanzlichen Verfahren nur auf die sich nach dem Grundverkehrsrecht gebotene Erhaltung der wirtschaftlichen Einheit der im Miteigentum stehenden Liegenschaft als Bauerngut nach § 5 Abs. 2 Stmk. GVG 1973 mit den sachlichen Voraussetzungen eines Erbhofes nach § 1 AnerbenG berufen, nicht aber auf eine der Realteilung widersprechende Belastung des Miteigentumsanteiles des Beklagten. Die gegenteiligen Rechtsmittelausführungen der Klägerin setzen sich darüber hinweg, daß die Berufung auf den Grundbuchsstand nicht zur Stützung von Behauptungen über die Anteilsbelastung dienen sollte; zu diesem Beweisthema unterblieb im erstinstanzlichen Verfahren jedes Parteienvorbringen. Die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufungsmitteilung waren verfahrensrechtlich als Neuerungen zu werten. Das Berufungsgericht hat sie zum Anlaß einer Erweiterung der Tatsachengrundlagen genommen. In diesem Vorgang kann aber nur insoweit ein nach § 503 Z 2 ZPO aF erheblicher Verfahrensmangel gelegen sein, als der Beklagte mangels Bezeichnung des Beweisgegenstandes in dem in der mündlichen Berufungsverhandlung verkundeten Beschluß auf Beweisergänzung im unklaren sein mochte, welchen aus dem Grundbuchsauszug zu entnehmenden Tatsachen aus welchen rechtlichen Gesichtspunkten das Gericht Beachtlichkeit zuzubilligen gedachte; das Berufungsgericht hat die Parteien mit seiner allein als streitentscheidend erachteten Rechtsmeinung über die Anteilsbelastung die Parteien überrascht und dem Beklagten die Möglichkeit versagt, Tatumstände und Rechtsansichten vorzubringen, die ihm zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt erheblich erscheinen mochten. Diesen Mangel des Berufungsverfahrens rügt der Rechtsmittelwerber zu Recht. Dies erfordert eine Ergänzung des Verfahrens.
In rechtlicher Hinsicht wird dabei zu beachten sein: Nach einem in der Lehre (Klang in Klang[2] III 1138; Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz. 13 zu § 830 und Rdz. 6 zu § 843; Heller-Berger-Stix, Komm. z. EO[4], 2531) und Rechtsprechung (SZ 36/49 ua.) vertretenen Leitsatz stellt eine nur den Anteil des die Möglichkeit der Realteilung geltend machenden Miteigentümers berührende Pfandbelastung "grundsätzlich" kein Hindernis für eine körperliche Teilung dar. Diese Aussage bezieht sich zunächst auf eine dem Grundsatz des § 847 ABGB gerecht werdende grundbuchstechnische Durchführbarkeit der Teilung nach den Bestimmungen des Liegenschaftsteilungsgesetzes. Materiell ergäbe sich aber für den sich einer körperlichen Teilung widersetzenden Miteigentümer die Folge, damit rechnen zu müssen, anstatt seiner (pfandfreien) ideellen Anteile am gesamten Gutsbestand Alleineigentum an einem realen Teil des Gutsbestandes zugewiesen zu erhalten, das aber zu einem ideellen Anteil simultan mit anderen seinem Teilungsgenossen zugewiesenen Liegenschaftsanteilen hypothekarisch belastet bliebe. Nach der Art einer solchen Belastung, der Möglichkeit ihrer Aufhebung einerseits, ihrer Geltendmachung und deren Folgen andererseits, könnte es für den Teilungsgenossen mit dem unbelasteten Anteil unzumutbar erscheinen, sich einen teilweise hypothekarisch belasteten realen Grundteil für seinen unbelasteten ideellen Liegenschaftsanteil aufdrängen lassen zu müssen. Das Revisionsgericht tritt der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht in dem Sinne bei, daß ein nur auf dem Anteil eines Miteigentümers lastendes Pfandrecht einem anderen Miteigentümer nicht auf jeden Fall das Recht einräumt, im Auseinandersetzungsfall die Form der körperlichen Teilung abzulehnen, daß nach der Art der Belastung aber die Zuweisung auch nur teilweise mitverhaftet bleibender Grundstücke für ihn unzumutbar sein könnte. Der Teilungsgenosse muß sich nicht einer für ihn nur schwer abzuwendenden Gefahr aussetzen, daß sein (Ersatz-)Eigentum wegen Belastungen, die nicht er begrundet hat, in Zwangsversteigerung gezogen werde und er möglicherweise letztlich auf Regreßansprüche in Geld verwiesen bleibe.
Zu der vom Berufungsgericht bisher unerörtert gelassenen Untunlichkeit einer realen Grundstücksaufteilung aus dem Gesichtspunkt der Erhaltung eines lebensfähigen Bauerngutes sind nach dem derzeitigen Verfahrensstand für das weitere Verfahren nur folgende grundsätzlichen Rechtsansichten auszusprechen: Bei der Aufhebung des Miteigentums können die Teilungsgenossen - soweit nicht aufrecht bestehende vertragliche Bindungen oder Auflagen (etwa des Erblassers gegenüber seinen Erben) entgegenstehen - jede rechtlich zulässige Verwertungsart der gemeinschaftlichen Sache in Anschlag bringen. Die von der Klägerin geltend gemachten Regelungen des Anerbenrechtes hinderten rechtsgeschäftliche Verfügungen des oder der Eigentümer über einen Erbhof in keiner Weise. Abgesehen davon, daß die Liegenschaft schon infolge des Miteigentums der beiden Streitteile keinen Erbhof nach § 1 AnerbenG darstellen kann, würden die Erbteilungsvorschriften des Anerbengesetzes einer Naturalteilung des "Geschwisterhofes" im Zuge einer Aufhebung ihres Miteigentums in keiner Weise hindernd im Wege stehen.
Grundverkehrsrechtlichen Beschränkungen unterliegen auch Realteilungsvereinbarungen (vgl. Zedtwitz, Juridica Kurzkommentar Grundverkehrsgesetze in den Anm. B 1, S 7 und V 10; die gegenteilige, in N 2 wiedergegebene Ansicht der Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Nö. Landesregierung beruht auf einer unzutreffenden bürgerlich-rechtlichen Wertung der Naturalteilung). Denn die Teilung ist ein Veräußerungsgeschäft (vgl. Klang in Klang[2] III 1123; Gamerith aaO Rdz. 4 zu § 841; Ehrenzweig, System[2] II/1 , 752). Daß im Falle einer Teilungsklage die Rechtsgestaltung, auf die der Miteigentümer kraft seines Anteilsrechtes Anspruch hat, durch gerichtliche Entscheidung vorgenommen wird, macht aus der Sicht der in die Vollziehung durch die Grundverkehrsbehörden gelegten öffentlichen Interessen der Grundverkehrsregelung keinen Unterschied. Nicht die Art des Rechtstitels (Vertrag oder Urteil), sondern die durch den Titel, oder besser auf Grund des Titels, vorgenommene Eigentumsübertragung sollte für die Genehmigungsbedürftigkeit nach dem Grundverkehrsrecht maßgebend sein. Eine in Ansehung von Naturalteilungsurteilen anzunehmende Gesetzeslücke in den Grundverkehrsgesetzen der einzelnen Länder sollte daher - entgegen der Entscheidung EvBl. 1960/352 und entgegen Gamerith aaO Rdz. 8 zu § 841 - durch die erweiternde Auslegung geschlossen werden, daß die Übertragung des Eigentums auf Grund einer auf Naturalteilung lautenden Gerichtsentscheidung in derselben Weise wie eine entsprechende Teilungsvereinbarung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung unterliegt.
Das Gericht hat im Teilungsstreit eine den Grundverkehrsbehörden überantwortete Entscheidung nicht selbst zu treffen. Erachtet das Gericht aber die Erteilung der zur Durchführung einer von ihm in Erwägung gezogenen körperlichen Teilung erforderlichen Genehmigung als äußerst unwahrscheinlich, könnte darin eine Untunlichkeit dieser Auseinandersetzungsart liegen. Aller Voraussicht nach erfolglose Realteilungsversuche müssen nicht unternommen werden, um die Zulässigkeit eines Zivilteilungsbegehrens darzutun, weil dies im Ergebnis einem gesetzlich nicht vorgesehenen Aufschub der Auseinandersetzung gleichkäme.
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