Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die betreibende Partei hat der verpflichteten Partei die mit 1.754,82 EUR (darin 292,47 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Verpflichtete hat der Betreibenden aufgrund eines am 29. September 2004 abgeschlossenen gerichtlichen Scheidungsfolgenvergleichs eine letzte Rate von 35.000 EUR bis spätestens 31. März 2006 zu bezahlen. Im Punkt VI. des Vergleichs vereinbarten die Parteien, dass dieser Betrag schon vorher zur Zahlung fällig werde, wenn die Betreibende die näher bezeichnete Liegenschaft EZ 327 dem Verpflichteten früher übergibt. Die Fälligkeit des Geldanspruchs wurde mit einer Woche nach Übergabe vereinbart.
Mit dem am 28. März 2006 beim Exekutionsgericht - das auch Buchgericht ist - eingebrachten Exekutionsantrag beantragte die Betreibende zur Hereinbringung von 35.000 EUR die Bewilligung der Forderungsexekution gemäß § 294a EO durch Pfändung und Überweisung von Geldforderungen zur Einziehung, die Fahrnisexekution sowie die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung mit dem Vorbringen, dass die Betreibende am 1. Jänner 2006 ausgezogen und damit die Liegenschaft übergeben habe. Die Forderung von 35.000 EUR sei am 8. Jänner 2006 fällig gewesen. Der Verpflichtete habe nichts bezahlt. Die Betreibende habe drei Versuche unternommen, die Hausschlüssel dem Verpflichteten zu übergeben. Dies habe nicht durchgeführt werden können. Die Betreibende habe daher die Hausschlüssel bei einer Polizeiinspektion hinterlegt.
Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag (die Exekutionsanträge) mit der Begründung ab, dass eine Vollstreckbarkeitsbestätigung fehle. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betreibenden Folge und bewilligte die beantragten Exekutionen. Bei Vergleichen sei die Vorlage der Bestätigung der Vollstreckbarkeit nicht mehr erforderlich (3 Ob 77/04a). Der vorliegende Exekutionstitel bedürfe keiner weiteren gerichtlichen Genehmigung. Die Betreibende habe im Exekutionsantrag ein Vorbringen dahin erstattet, dass die Liegenschaft dem Verpflichteten bereits am 1. Jänner 2006 übergeben worden sei. Es sei daher der Exekutionsantrag zu bewilligen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Verpflichtete die Wiederherstellung des den Exekutionsantrag abweisenden Beschlusses des Erstgerichts.
Die Betreibende beantragt mit der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht stattzugeben. Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig, weil das Rekursgericht zur Urkundenvorlagepflicht nach § 7 Abs 2 EO von der oberstgerichtlichen Rsp abgewichen ist. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
I. Das Rekursgericht hat zutreffend den vom Erstgericht angenommenen Abweisungsgrund der fehlenden Vollstreckbarkeitsbestätigung verneint. Eine solche Bestätigung ist seit der EO-Novelle 1995 nicht mehr erforderlich.
II. Zur Urkundenvorlagepflicht nach § 7 Abs 2 EO:
Zu prüfen ist aber, ob die Betreibende, die ihren Exekutionsantrag schon vor dem 1. April 2006 stellte, also vor dem Zeitpunkt, zu dem die Geldforderung nach dem Vergleichstext ohne jede Bedingung fällig geworden wäre, den Eintritt der Bedingung, nämlich die Übergabe der Liegenschaft an den Verpflichteten, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen gehabt hätte. Das Rekursgericht hat die bloßen Behauptungen der Betreibenden über den die Fälligkeit auslösenden Sachverhalt genügen lassen. Mit dieser Ansicht setzt es sich mit der zwingenden Bestimmung des § 7 Abs 2 EO in Widerspruch. Wenn die Fälligkeit - wie hier - vom Eintritt einer Tatsache, namentlich von einer vorangegangenen Leistung des Berechtigten, abhängig gemacht wurde, hat der Betreibende die für die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit maßgebenden Tatsachen mit qualifizierten Urkunden zu beweisen. Neben der Urkundenvorlage hat der Betreibende ein entsprechendes Tatsachenvorbringen zu erstatten, um dem Verpflichteten eine Überprüfung der Berechtigung des Exekutionsantrags zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0115741).
III. Zur Frage der Verbesserungsmöglichkeit des Exekutionsantrags:
Fehlendes Tatsachenvorbringen über den Eintritt einer die Fälligkeit
aufschiebenden Bedingung ist nicht verbesserungsfähig (3 Ob 113/01s =
EvBl 2002/36 = RPflE 2002/23). Dies gilt aber auch für die Nichtvorlage von Urkunden iSd § 7 Abs 2 EO. Bei Nichtvorlage von Belegen ist der Exekutionsantrag abzuweisen (3 Ob 105/03t = RZ 2004/5), und zwar nach der im Schrifttum vertretenen Auffassung jedenfalls dann, wenn der Betreibende sich im Exekutionsantrag auf keine Urkunden beruft, mit der die zu beweisende Tatsache nachgewiesen werden könnte (Jakusch in Angst, EO, § 54 Rz 58; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 7 Rz 98). Ein solcher Sachverhalt liegt hier vor, weil die Betreibende keinerlei Urkunden zum Nachweis der schon erfolgten Übergabe der Liegenschaft an den Verpflichteten angeboten hat. Es braucht daher gar nicht mehr darauf eingegangen werden, ob sie mit ihrem Tatsachenvorbringen überhaupt in ausreichend schlüssiger Form eine Übergabe der Liegenschaft oder aber nur gescheiterte Übergabsversuche behauptet hat. Da schon die fehlende, nicht verbesserungsfähige Urkundenvorlage einen Abweisungsgrund in Ansehung aller gestellten Exekutionsanträge begründet, kommt es auch nicht mehr darauf an, dass jedenfalls beim Exekutionsantrag auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung eine Verbesserung durch nachträgliche Urkundenvorlage schon wegen der rangbegründenden Wirkung des Exekutionsantrags keinesfalls in Frage kommt (RIS-Justiz RS0105081; Angst in Angst, EO, § 88 Rz 3; Jakusch aaO § 54 Rz 54).
IV. Abschließend ist noch zu bemerken, dass die beantragten Exekutionen auch nicht aus dem Grund bewilligt werden können, dass in der Zwischenzeit die Fälligkeit der betriebenen Forderung ohne die Bedingung einer vorangehenden Übergabe der Liegenschaft jedenfalls eingetreten ist, weil für die Beurteilung des Exekutionsansuchens der Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz (hier der 30. März 2006) maßgebend ist (RIS-Justiz RS0000019; Jakusch aaO § 3 Rz 26). Zu diesem Zeitpunkt hatte die Betreibende aber aus den dargelegten Gründen den Eintritt der die Fälligkeit auslösenden Bedingung mit qualifizierten Urkunden nachzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf § 78 EO iVm §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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