European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00158.14B.1022.000
Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der verpflichteten Partei aufgetragen. Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Kosten des Rekursverfahrens.
Begründung
Der Betreibende beantragte beim Bezirksgericht Leopoldstadt aufgrund eines vor diesem am 17. Jänner 2012 abgeschlossenen Vergleichs die Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294a EO sowie der Fahrnisexekution zum Hereinbringen der Beträge, zu deren Leistung sich der Verpflichtete verpflichtet hat, die Räumungsexekution in Ansehung des im Vergleich genannten Superädifikats sowie die Exekution zur Erwirkung von Handlungen (Unterfertigung der dem Vergleich beiliegenden Urkunde). Das zu räumende Superädifikat befindet sich auf einer Liegenschaft, die nicht im Sprengel des angerufenen Erstgerichts liegt.
Das Erstgericht bewilligte gleichzeitig die Fahrnis‑ und die Forderungsexekution, die Räumungsexekution (ON 5) sowie überdies die Exekution nach § 354 EO durch Androhung einer Geldstrafe von 500 EUR (ON 3).
Aus Anlass des vom Verpflichteten ausschließlich gegen die Bewilligung der Räumungsexekution erhobenen Rekurses hob das Rekursgericht den Räumungsexekutionsbewilligungsbeschluss als nichtig auf und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO nicht zulässig sei. Die Zuständigkeit zum Vollzug einer Räumungsexekution bestimme sich nach § 18 Abs 4 EO. Danach habe das Bezirksgericht als Exekutionsgericht einzuschreiten, in dessen Sprengel sich bei Beginn des Exekutionsvollzugs die Sachen befinden, auf welche Exekution geführt werde. Das zu räumende Superädifikat befinde sich auf einem Grundstück, dass in einem anderen Gerichtssprengel liege. Die Verletzung der nicht prorogablen Zuständigkeitsregel der Exekutionsordnung bewirke Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 3 ZPO. Die Exekutionsbewilligung eines dafür unzuständigen Gerichts sei nichtig.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Betreibenden, mit dem er die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung anstrebt, ist infolge unrichtiger Beurteilung der Zuständigkeitsfrage zulässig und im Sinn des in jedem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrag auch berechtigt.
Wurde der erstinstanzliche Exekutionsbewilligungsbeschluss als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den Exekutionsantrag durch dessen Überweisung an das zuständige Gericht (§ 44 JN) aufgetragen, so liegt eine in Wahrheit abändernde und daher anfechtbare Entscheidung vor (RIS‑Justiz RS0001893).
Gemäß § 6 EO hat der Gläubiger die Wahl, bei welchem der zum Einschreiten als Exekutionsgericht zuständigen Gericht er um die Bewilligung der Exekution ansucht, wenn in verschiedenen Gerichtssprengel Exekutionshandlungen vorzunehmen wären, 1. wegen der Lage des Vermögens, auf das Exekution geführt werden soll, oder 2. wegen des gleichzeitigen Ansuchens mehrerer Exekutionsarten oder 3. weil ein betreibender Gläubiger aufgrund desselben Exekutionstitels Exekution gegen mehrere Verpflichtete beantragt. Um diese Wahlmöglichkeit zu haben, muss es sich nicht um denselben der Exekution zugrundeliegenden Anspruch handeln, das Wahlrecht besteht sogar dann, wenn aufgrund mehrere Exekutionstitel Exekutiongeführt werden soll ( Jakusch in Angst ² § 6 EO Rz 3a, 5), lediglich die zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrags zusätzlich beantragte Exekutionsart begründet das Wahlrecht nach § 6 Z 2 EO nicht (3 Ob 13/11z).
In Ansehung der gemeinsam mit der Räumungsexekution beantragten Fahrnis‑ und Forderungsexekution ist die Zuständigkeit des Erstgerichts im Hinblick auf den im Sprengel gelegenen Wohnsitz des Verpflichteten, wo auch Fahrnisse grundsätzlich zu vermuten sind, offensichtlich. Das angerufene Erstgericht war daher gemäß § 6 Z 2 EO auch zur Bewilligung der gleichzeitig beantragten Räumungsexekution zuständig (vgl RIS‑Justiz RS0000197). Die vom Rekursgericht angenommene Nichtigkeit des Exekutionsbewilligungsbeschlusses infolge Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts liegt daher nicht vor.
Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts ist daher aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Verpflichteten gegen den Räumungsexekutionsbewilligungsbeschluss aufzutragen.
Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über den Rekurs des Verpflichteten in der Sache selbst kommt nicht in Betracht, weil dafür Voraussetzung wäre, dass das Rekursgericht die Sache in merito behandelt hätte und die Zurückweisung an die zweite Instanz nur überflüssige Formalität wäre. Der Oberste Gerichtshof darf aber nicht sachlich über eine Frage entscheiden, über die er unter Umständen gar nicht zu entscheiden hätte; der gesetzliche Instanzenzug darf nicht verändert werden (RIS‑Justiz RS0007060). Sollte das Rekursgericht die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung bestätigen, wäre ein Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO jedenfalls unzulässig.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO iVm § 78 EO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)