Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zur Vorlage an das Berufungsgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Über das Vermögen der D***** GmbH (kurz: Schuldnerin) wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 14. Oktober 2010 vorerst das Sanierungsverfahren eröffnet und dieses mit Beschluss vom 7. Dezember 2010 als Konkursverfahren weitergeführt. Zum Masseverwalter wurde der Kläger bestellt. Die Schuldnerin betrieb Telefonmarketing und stand mit der Beklagten, die mit Telefongesprächszeiten handelt und der Schuldnerin gegen Entgelt Telefonleitungen zur Verfügung stellte, seit etwa dem Jahr 2008 in einer Geschäftsbeziehung. Die Beklagte legte jeweils zu Beginn des Folgemonats Monatsrechnungen, die binnen 30 Tagen fällig waren. Jedenfalls im Jahr 2010 erfolgten Zahlungen der Schuldnerin in der Regel verspätet, und zwar ua am 15. April 2010 6.492,24 EUR, am 26. April 2010 7.535,47 EUR, am 17. Mai 2010 6.492,24 EUR, am 31. Mai 2010 8.965,07 EUR, am 7. Juli 2010 6.450 EUR, am 15. Juli 2010 7.912,39 EUR, am 12. August 2010 6.450 EUR und am 1. September 2010 9.220,21 EUR. Aus dem Fortbetrieb des Unternehmens während des laufenden Insolvenzverfahrens haftet eine Forderung zugunsten der Beklagten von 6.891,54 EUR unberichtigt aus.
Der Kläger ficht - im Revisionsverfahren nur mehr - die genannten Zahlungen „ab dem 15. April 2010 bis einschließlich 31. August 2010“ (gemeint wohl 1. September 2010), die insgesamt 59.517,62 EUR ausmachten, gemäß § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO an; wegen Aufrechnung mit der Forderung der Beklagten von 6.891,54 EUR lautet das Leistungsbegehren auf 52.626,08 EUR sA.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.
Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.
Dagegen erhob die Beklagte eine „außerordentliche Revision“, die dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorgelegt wurde.
Das widerspricht aus folgenden Gründen der geltenden Rechtslage:
Rechtliche Beurteilung
Ob der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über die Revision funktionell zuständig ist, richtet sich danach, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 und 4 JN vorliegen und die in der Klage relevierten Zahlungsbeträge zusammenzurechnen sind (RIS-Justiz RS0053096 [T7]). Ein tatsächlicher Zusammenhang iSd § 55 Abs 1 JN läge vor, wenn das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes Vorbringen erforderlich wäre (RIS-Justiz RS0037648 [T4]). Ein rechtlicher Zusammenhang läge etwa vor, wenn Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0037648). Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (RIS-Justiz RS0037648 [T18]). Bei der Prüfung ist von den Klageangaben auszugehen (RIS-Justiz RS0106759). Dass für alle Rechtshandlungen der gleiche Anfechtungstatbestand behauptet wird, reicht nach ständiger Rechtsprechung für die Annahme eines rechtlichen Zusammenhangs ebenso wenig aus wie der Umstand allein, dass Zahlungen der Abdeckung ein und derselben Kreditforderung gegen die Schuldnerin dienten (3 Ob 246/10p mwN) oder auf einen Leasingvertrag erfolgten (3 Ob 41/11t).
Die gegenständliche Anfechtungsklage richtet sich - soweit im Rechtsmittelverfahren noch relevant - ausschließlich gegen Zahlungen der Schuldnerin in einer Höhe zwischen über 5.000 EUR und 30.000 EUR. Da diese einzelnen Anfechtungen - etwa im Hinblick auf die zeitlichen Erfordernisse der in Anspruch genommenen Anfechtungstatbestände, aber auch des Kennenmüssens der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung - ein verschiedenes Schicksal haben können, liegen die Voraussetzungen nach § 55 Abs 1 JN nicht vor. Daher ist jede Zahlung zur Frage der Zulässigkeit der Revision gesondert zu beurteilen.
Somit sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen. Erhebt nämlich in den im § 508 Abs 1 ZPO angeführten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel - wie hier - als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, weil derartige Mängel jedenfalls verbesserungsfähig sind (RIS-Justiz RS0109623).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)