Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Den inhaltlichen Gegenstand des Verfahrens bildet die Frage, ob das antragstellende Stift (im Folgenden: Antragsteller) gegenüber der Stadt Wien (Antragsgegnerin) zur Zahlung eines bescheidmäßig vorgeschriebenen Kostenersatzes nach § 50 iVm § 17 Abs 4a WrBauO verpflichtet ist. Nunmehr ist die Frage zu lösen, ob für das vom Antragsteller im Rahmen der sukzessiven Kompetenz gestellte Begehren der Rechtsweg zulässig ist.
Am 22. März 2011 beantragte ein Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen die baubehördliche Genehmigung einer Abteilung betreffend eine im Eigentum des Antragstellers stehenden Liegenschaft in zwei Bauplätze entsprechend dem Teilungsplan vom 17. März 2011.
Mit Bescheid vom 27. September 2011 bewilligte die Stadt Wien die Abteilung entsprechend diesem Teilungsplan. Mit Bescheid vom 28. September 2011, GZ MA 64‑1099/2011, schrieb die Stadt Wien dem Antragsteller aus Anlass der bewilligten Abteilung einen Kostenersatz nach den §§ 50, 55 WrBauO von 121.040 EUR vor.
Mit dem am 27. Oktober 2011 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebrachten Antrag begehrte der Antragsteller gemäß § 59 Abs 8 WrBauO die Entscheidung des Gerichts über die Kostenersatzpflicht; eine solche Verpflichtung bestehe nicht.
Die Stadt Wien als Antragsgegnerin stellte ihrerseits den Antrag, dem Antragsteller ‑ so wie im Bescheid vom 28. September 2011 ‑ einen Kostenersatz für insgesamt 356 m² in der Höhe des vollen Grundwerts von 340 EUR je m², insgesamt daher 121.400 EUR (rechnerisch richtig: 121.040 EUR) aufzuerlegen.
Mit Teilzwischenbeschluss vom 10. September 2012 (ON 25) wies das Erstgericht den Antrag des Antragstellers, festzustellen, dass dieser nicht verpflichtet sei, der Antragsgegnerin aus Anlass der mit Bescheid vom 27. September 2011 bewilligten Grundabteilung einen Kostenersatz gemäß § 50 iVm § 55 WrBauO zu leisten, ab (Punkt 1.); weiters stellte es fest, dass das Begehren der Antragsgegnerin, der Antragsteller sei schuldig, der Antragsgegnerin aus Anlass der Grundabteilung der Liegenschaft einen Kostenersatz von 121.400 EUR zu leisten, dem Grunde nach zu Recht bestehe (Punkt 2.).
Das Rekursgericht bestätigte diesen Teilzwischenbeschluss (ON 31). Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs des Antragstellers mit Beschluss vom 21. August 2013, 3 Ob 61/13m, zurück (ON 38).
Daraufhin fasste das Erstgericht am 20. Februar 2014 den Beschluss, „zur weiteren Führung des Verfahrens unzuständig zu sein“ (ON 39).
Mit LGBl 2013/35 sei § 59 Abs 8 WrBauO ersatzlos und ohne Übergangsfrist gestrichen worden, somit auch die Bestimmung, nach welcher jede Partei binnen drei Monaten nach Zustellung des verwaltungsbehördlichen Bescheids die Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Entschädigung im Verfahren außer Streitsachen begehren habe können. Dies habe zur Folge, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte im gegenständlichen Fall nicht mehr gegeben sei.
Gemäß § 42 JN habe das Gericht in jeder Lage des Verfahrens seine Unzuständigkeit und die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens durch Beschluss auszusprechen, soweit die anhängig gewordene Rechtssache den ordentlichen Gerichten entzogen sei, was hier der Fall sei. Da aber die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit erst nach rechtskräftiger Bestätigung des Teil-Zwischenbeschlusses der ersten Instanz durch den Obersten Gerichtshof weggefallen sei, und in der Zwischenzeit weder eine Entscheidung noch eine Tagsatzung durch die Gerichte erfolgt sei, sei von einem Ausspruch der Nichtigerklärung des Verfahrens abzusehen und lediglich die Unzuständigkeit auszusprechen gewesen.
Etwaige Absichten in Bezug auf den weiteren Verfahrensfortgang sind dem Beschluss nicht zu entnehmen.
Infolge Rekurses der Antragsgegnerin hob das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichts ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Verfahrensfortsetzung auf.
Die in § 59 Abs 8 WrBauO enthalten gewesene Regelung habe eine sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach den Verwaltungsbehörden angeordnet. Die rechtzeitige Anrufung des (ordentlichen) Gerichts zur Entscheidung über den Entschädigungsanspruch habe bewirkt, dass der Bescheid der Verwaltungsbehörde über den zu leistenden Kostenersatz nach § 50 WrBauO für beide Teile außer Kraft getreten sei. Das (ordentliche) Gericht sei damit verpflichtet gewesen, über die Verpflichtung zum Kostenersatz zu entscheiden; der Rechtsweg hiefür sei zulässig gewesen.
Durch das Landesgesetz LGBl 2013/35 sei die Entscheidung über die Anliegerleistung nach der WrBauO den ordentlichen Gerichten entzogen und der neugeschaffenen Verwaltungsgerichtsbarkeit übertragen worden. Zu beantworten sei nun die Frage, ob diese Neuordnung des Kompetenzbereichs auch für zivilgerichtliche Verfahren gelte, die am 1. Jänner 2014 noch anhängig gewesen seien. Das Landesgesetz LGBl 2013/35 enthalte dazu keine expliziten Übergangsregelungen, sondern ordne (nur) an, dass dieses Gesetz „im Übrigen“ am 1. Jänner 2014 in Kraft trete.
Nachträgliche Rechtsänderungen, die die Unzulässigkeit des Rechtswegs zur Folge haben, vermögen die Fortführung des rechtmäßig vor den ordentlichen Gerichten eingeleiteten Verfahrens beim angerufenen Gericht nicht zu hindern. Wären durch das neue Gesetz „Altfälle“, also solche, die am 1. Jänner 2014 noch nicht zur Gänze von den Gerichten rechtskräftig erledigt gewesen seien, ab 1. Jänner 2014 der Kompetenz der ordentlichen Gerichte entzogen, hätte dies zur Folge, dass offene Kostenersatzansprüche nicht mehr einer rechtsstaatlichen Überprüfung zugänglich wären. Denn der Verwaltungsbescheid sei infolge rechtzeitiger Geltendmachung der gerichtlichen Überprüfung außer Kraft getreten und könne damit mangels Existenz auch nicht mehr durch Verwaltungsgerichte überprüft werden. Einer neuerlichen Antragstellung im Verwaltungsweg und nachfolgender Überprüfung im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit stehe § 59 Abs 8 letzter Satz WrBauO entgegen. Ein solches Ergebnis widerspreche Art 6 Abs 1 EMRK.
Zusammengefasst habe die durch das Landesgesetz LGBl 2013/35 angeordnete Rechtsänderung an der bereits rechtmäßig bewirkten sukzessiven Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts nichts geändert; der weiteren Rechtsverfolgung vor dem Erstgericht stehe nicht das Verfahrenshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die durch das Landesgesetz LGBl 2013/35 angeordnete Rechtsänderung bewirkt habe, dass vor dem 1. Jänner 2014 gerichtlich geltend gemachte Entschädigungsansprüche nach §§ 50, 55 WrBauO der Kompetenz der ordentlichen Gerichte entzogen worden seien.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers aus dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss wiederherzustellen, in eventu dem Erstgericht ‑ nach Aufhebung des Beschlusses des Rekursgerichts ‑ die Nichtigerklärung des Verfahrens und die Zurückweisung des Antrags aufzutragen.
Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Klarstellung der vom Rekursgericht aufgezeigten erheblichen Rechtsfrage zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Vorweg ist festzuhalten, dass es hier nicht um die Frage einer Zuständigkeit oder Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts geht, wie das Erstgericht im Spruch seiner Entscheidung zum Ausdruck gebracht hat, sondern um die Zulässigkeit des vom Antragsteller eingeschlagenen Rechtswegs. Die Zulässigkeit des Rechtswegs bildet eine absolute Sachentscheidungsvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens auch von Amts wegen wahrzunehmen ist (RIS‑Justiz RS0046861). Eine perpetuatio fori tritt nicht ein (RIS‑Justiz RS0046060). Das Fehlen der Sachentscheidungsvoraussetzung führt ebenso wie ihr nachträglicher Wegfall zur Nichtigerklärung des durchgeführten Verfahrens einschließlich bereits gefällter Entscheidungen und zur Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags (RIS-Justiz RS0046060 ua; Mayr in Rechberger 4 Vor § 1 JN Rz 8, § 42 JN Rz 1). Diese Folgen einer Unzulässigkeit des Rechtswegs wurden vom Erstgericht nicht ausgesprochen.
Aus Anlass des zulässigen Revisionsrekurses des Antragstellers ist daher (auch) zu prüfen, ob von Amts wegen eine Unzulässigkeit des Rechtswegs im engeren Sinn (die Sache gehört nicht vor die ordentlichen Gerichte) aufzugreifen und die Unzulässigkeit des Rechtswegs samt den genannten Folgen auszusprechen ist.
2. § 59 Abs 8 WrBauO in der bis zum 31. 12. 2013 geltenden Fassung legte für die hier verfahrensgegenständliche Verpflichtung zur Erbringung einer Anliegerleistung (§ 50 iVm § 17 Abs 4a WrBauO) eine sukzessive Kompetenz fest (4 Ob 103/14x).
Mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz (LGBl 2013/35) wurde auch die WrBauO geändert. Art 1 Z 13 dieses Gesetzes lautet folgendermaßen: „§ 59 Abs. 8 entfällt.“ Nach dem neuen § 136 WrBauO steht den Parteien das Recht zu, gegen Bescheide, die aufgrund der WrBauO ergehen, eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien zu erheben. Die für den Entfall des § 59 Abs 8 WrBauO maßgebliche Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung in Art XIV Abs 2 Satz 2 lautet: „Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Jänner 2014 in Kraft.“ Eine explizite Übergangsbestimmung ist nicht vorhanden.
In den Gesetzesmaterialien (Beilage Nr. 13/2013, LG-00173-2013/001) wird der Entfall des § 59 Abs 8 WrBauO folgendermaßen begründet:
„Da künftig die nachprüfende Kontrolle der bescheidmäßigen Festsetzung von Entschädigungen durch das Verwaltungsgericht Wien als ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht („Tribunal“) im Sinne des Art. 6 EMRK erfolgt, ist eine diesbezügliche sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nicht mehr erforderlich und werden die diesbezüglichen Bestimmungen entsprechend angepasst.“
Ganz allgemein wird in den Materialien darauf hingewiesen, dass aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 2012/51 mit Wirkung vom 1. Jänner 2014 im Wesentlichen der administrative Instanzenzug abgeschafft wird und anstatt einer Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde in Angelegenheiten der Wiener Landesverwaltung künftig gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien offen steht. Als Ziel der Novelle wird die „Gewährleistung des Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der Vorgaben der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012“ genannt.
3. In der Entscheidung 4 Ob 103/14x hat der Oberste Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall aus der Inkrafttretensbestimmung geschlossen, dass seit 1. Jänner 2014 keine Kompetenz der ordentlichen Gerichte für eine Entscheidung über einen iSd § 59 Abs 3 WrBauO gestellten Antrag mehr besteht. Der nachträgliche Fortfall der Zulässigkeit des Rechtswegs habe immer die Nichtigerklärung des gesamten Verfahrens und die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags zur Folge. Auch noch im Rechtsmittelverfahren sei auf entsprechende Gesetzesänderungen von Amts wegen Bedacht zu nehmen, die Einfluss auf die Zulässigkeit des Rechtswegs haben.
4. Demgegenüber argumentiert das Rekursgericht damit, dass sich die Gesetzesänderung nicht auf bereits rechtmäßig ‑ im Rahmen der sukzessiven Kompetenz ‑ vor dem ordentlichen Gericht anhängig gemachte Verfahren beziehe, die am 1. Jänner 2014 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen seien; in solchen Verfahren sei weiterhin eine Sachentscheidung vom angerufenen ordentlichen Gericht zu treffen.
5. So wie beim KindNamRÄG 2013 (dazu 3 Ob 238/13s) nimmt das Problem der intertemporalen Rechtsanwendung ihren Ausgangspunkt bei einer „legistischen Unterlassungssünde“ ( Vonkilch , Rechtsprobleme im Übergangsrecht, Zak 2014/530, 283), die darin besteht, es in den Schlussbestimmungen eines neuen Gesetzes bei der bloßen Regelung des Inkrafttretens zu belassen, hingegen auf spezielle Übergangsbestimmungen, durch die die zeitlichen Anwendungsbereiche von altem und neuem Recht exakt abgegrenzt werden, zu verzichten.
5.1. Dabei wird nicht bedacht, dass durch die Regelung des Inkrafttretens eines neuen Gesetzes bloß festgelegt wird, ab welchem Zeitpunkt ein Gesetz grundsätzlich normative Wirkungen entfaltet. Zur Gänze offen bleibt demgegenüber, auf welche Sachverhalte im Detail dieses neue Gesetz ab seinem Inkrafttreten tatsächlich angewendet werden soll (näher dazu Vonkilch , Das Intertemporale Privatrecht [1999] 41 mwN; Vonkilch , Verbindlichkeitszeitraum versus zeitlicher Anwendungsbereich von Gesetzen, Zak 2013/178, 394).
Jedenfalls kann aus dem Umstand des Inkrafttretens eines Gesetzes zu einem bestimmten Zeitpunkt kein unmittelbarer Rückschluss auf dessen zeitlichen Anwendungsbereich gezogen werden.
5.2. Mit § 5 ABGB hat der Gesetzgeber den Versuch unternommen, eine allgemeine Regelung für die Abgrenzung der zeitlichen Anwendungsbereiche von altem und neuem Recht zu schaffen, der dahin geht, dass eine Gesetzesänderung auf „vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss hat“. Demnach sind nur die nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes verwirklichten Sachverhalte nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, vorher geschehene Handlungen und analog sonstige Sachverhalte aber wie vorher entstandene Rechte weiterhin dem alten Gesetz zu unterwerfen (RIS-Justiz RS0008715 [T2]).
5.3. Die Rechtsprechung betont, dass die Wirkungen einer Gesetzesänderung daher keine Tatbestände ergreifen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes „abschließend und endgültig verwirklicht“ wurden (RIS-Justiz RS0008715 [T5]).
Hier wurde zwar der Schritt der Anrufung des ordentlichen Gerichts, womit der Bescheid außer Kraft getreten ist, vor dem 1. Jänner 2014 verwirklicht, aber es wurde vom Gericht noch nicht über den Anspruch, der den Gegenstand des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde bildete, entschieden. Daher ist die Frage zu beantworten, ob die „abschließende und endgültige Verwirklichung“ in der Anrufung des Gerichts oder in der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch liegt.
5.4. Gerade bei Verfahrensvorschriften tendiert die Rechtsprechung dazu, jedenfalls die aktuelle Fassung auch auf früher eingeleitete Verfahren anzuwenden (RIS-Justiz RS0008733). Bei Fehlen von Übergangsvorschriften ist daher ein laufendes Verfahren vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweiligen neuen Vorschriften nach diesen fortzusetzen und zu beenden (RIS-Justiz RS0008733 [T3]).
5.5. Nach der Entscheidung 8 Ob 89/06f kommt dagegen eine „Rückwirkung“ von Verfahrensgesetzen auf Verfahrensschritte, die zu einem Zeitpunkt vor Inkrafttreten einer neuen Verfahrensregelung gesetzt wurden, ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung nicht in Betracht (RIS‑Justiz RS0008733 [T10]). In diesem Fall ging es um eine Klage, die bereits vor einer Gesetzesnovelle eingebracht worden war, mit der der Klage ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren vorgeschaltet wurde. Nach Ansicht des 8. Senats führt diese Gesetzesnovelle nicht zum Wegfall der Zulässigkeit des Rechtswegs (wegen Nichtbefassung der Streitbeilegungsstelle), weil zum Zeitpunkt der Klageeinbringung die Einleitung des Streitbeilegungsverfahrens noch nicht erforderlich war (RIS‑Justiz RS0008733 [T11]).
5.6. Der 4. Senat hat zuletzt mehrfach unter Berufung auf die dargestellte Entscheidung 8 Ob 89/06f darauf abgestellt, ob die jeweilige Verfahrenshandlung vor oder nach dem Geltungsbeginn der Novelle gesetzt wurde: Wurde sie vor der Geltung der Novellierung einer Verfahrensvorschrift gesetzt, ist auf sie die frühere Rechtslage anzuwenden (4 Ob 9/14y, 4 Ob 10/14w, 4 Ob 11/14t, 4 Ob 57/14g ‑ jeweils zu der seit 1. Jänner 2014 bestehenden Rechtsanwaltspflicht vor dem OGH in Patent- und Markensachen);
5.7. Nun ist richtig, dass aus den unter 5.5. und 5.6. genannten Entscheidungen nicht zwingend auf die Lösung der hier relevanten „Wegfallproblematik“ geschlossen werden kann: Zweifelsohne wurde der vorliegende Antrag entsprechend der seinerzeitigen Rechtslage beim ordentlichen Gericht gestellt. Es ist denkbar, dass die mit 1. Jänner 2014 wirksam gewordene Änderung der WrBauO anstrebte, die Entscheidungskompetenz der ordentlichen Gerichte generell zu beseitigen, also auch in Bezug auf die am 1. Jänner 2014 noch nicht rechtskräftig entschiedenen Gerichtsverfahren, und eine allgemeine Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichts Wien einzuführen. Der Rechtsschutz würde dadurch nicht entfallen (wie das Rekursgericht befürchtet), denn der vor dem ordentlichen Gericht bekämpfte Bescheid ist mit der Anrufung des Gerichts außer Kraft getreten.
Mangels entschiedener Sache könnte ein neuer Bescheid beantragt und erlassen und dieser mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht bekämpft werden.
Die Annahme, dass der Landesgesetzgeber eben eine allgemeine Inkrafttretensregelung getroffen hat, ohne in irgendeiner Weise auf das Schicksal der vor den ordentlichen Gerichten anhängigen Verfahren Bezug zu nehmen, hätte zur Folge, dass ein unter Umständen hoher Verfahrensaufwand frustriert wird und die Anwendung der neuen Bestimmungen Rückwirkungskraft hätten, die ohne ausdrücklich gesetzliche Anordnung nicht in Betracht kommt (vgl zum Verbot der Rückwirkung auf Verfahrensschritte, die vor dem Inkrafttreten der neuen Regelung gesetzt wurden: 6 Ob 19/09a). Der Rechtssatz, dass ein laufendes Verfahren ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Vorschrift nach den neuen Verfahrensvorschriften fortzusetzen und zu beenden ist (RIS‑Justiz RS0008733 [T3]), setzt voraus, dass dies überhaupt möglich ist. Ohne gesetzliche Anordnung einer Überleitung (vgl § 44 JN) an eine andere Behörde oder Gericht ist eine Fortsetzung des anhängigen Verfahrens nicht möglich. Einer Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens steht das Rückwirkungsverbot entgegen.
5.8. Dagegen spricht ferner, dass der Wiener Landesgesetzgeber nur die Bestimmung (§ 59 Abs 8 WrBauO) entfallen hat lassen, die regelte, dass einer Partei des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde frei steht, die Entscheidung der ordentlichen Gerichte zu begehren. Inhaltlich trat an diese Stelle § 136 Abs 1 WrBauO neu, wonach gegen Bescheide Beschwerde beim Verwaltungsgericht Wien erhoben werden kann. Es wird also jeweils auf den verfahrenseinleitenden Akt beim Gericht abgestellt, während für anhängige Verfahren keine Regelung in die Richtung getroffen wird, dass die einmal begründete Zulässigkeit des Rechtswegs (beim ordentlichen Gericht) mit dem Geltungsbeginn der Gesetzesnovelle wegfallen sollte. In der gegebenen Konstellation hätte der Wegfall explizit in einer Übergangsbestimmung vorgesehen werden müssen.
5.9. Dazu kommt der Zweck der Neuregelung: Der gerichtliche Rechtsschutz kann ab 1. Jänner 2014 durch das neu geschaffene Verwaltungsgericht gewährleistet werden; dieser Schutz ist im Hinblick auf die Vorgaben des Art 6 EMRK dem durch die sukzessive Kompetenz gewährleisteten gleichwertig. Entscheidend ist also der Rechtsschutz durch ein Gericht, sei es durch ein ordentliches Gericht, sei es durch ein Verwaltungsgericht. Weder Gesetz noch Gesetzesmaterialien bringen zum Ausdruck, dass es ab 1. Jänner 2014 allein auf die Gewährung von Rechtsschutz durch das Verwaltungsgericht Wien ankommen soll und diese gesetzgeberische Absicht auch auf bei einem ordentlichen Gericht anhängige Verfahren durchschlagen soll.
6. Da im vorliegenden Fall die vor dem 1. Jänner 2014 begründete Kompetenz des ordentlichen Gerichts nicht mit Geltungsbeginn der Novellierung der WrBauO (mit 1. Jänner 2014) weggefallen ist, ist der Beschluss des Rekursgerichts zu bestätigen. Die in der Entscheidung 4 Ob 103/14x vertretene Rechtsansicht wird nicht geteilt.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 Abs 1 AußStrG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)