Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Dem verpflichteten Verein wurde mit einstweiliger Verfügung (EV) eines Landesgerichts geboten, den Aufenthalt des betreibenden Gläubigers auf dem Gelände der verpflichteten Partei, insbesondere des Golfspielen in deren Golfclub, die Teilnahme an Turnieren sowie an Generalversammlungen zu dulden und dem Betreibenden das Ausüben von Vereinsmitgliedschaftsrechten zu gestatten.
Der Betreibende brachte am 21. Mai und 1. Juni 2004 beim Titelgericht wegen behaupteten Verstößen gegen die dargestellte Duldungsverpflichtung Anträge auf Bewilligung der Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO ein. Das Titelgericht wies diese Anträge mit zwei Beschlüssen ab. In zweiter Instanz wurden diese Beschlüsse wegen Unzuständigkeit des Titelgerichts als nichtig aufgehoben; das Verfahren wurde an das Erstgericht überwiesen, das die Anträge ebenfalls abwies.
Das Rekursgericht hat einerseits diesen Beschluss - unangefochten - dahin abgeändert, dass gegen die verpflichtete Partei zur Erwirkung der Verpflichtung, den Aufenthalt des Betreibenden am Golfplatz der verpflichteten Partei und insbesondere das Golfspielen im Golfclub, die Teilnahme an Turnieren und zukünftigen Generalversammlungen sowie die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten zu dulden, die Exekution nach § 355 EO bewilligt und über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von 2.000 EUR verhängt wurde, und andererseits den erstgerichtlichen Beschluss bestätigt, soweit die Exekutionsanträge gegen vier namentlich angeführte Vorstandsmitglieder der verpflichteten Partei und drei namentlich genannte Mitglieder des - nach den Statuten des verpflichteten Vereins eingerichteten - Schiedsgerichts gerichtet sind. Die zweite Instanz sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht - soweit hier relevant - aus, bei Exekutionen zur Erwirkung von Duldungen und Unterlassungen nach § 355 EO, die gegen eine juristische Person geführt würden, seien Geldstrafen gegen die verpflichtete Partei selbst und nicht gegen deren Organwalter zu verhängen. Die Verhängung einer Geldstrafe gegen die Vorstandsmitglieder der verpflichteten Partei und die Mitglieder des Schiedsgerichts komme nicht in Betracht. Der Verhängung der Haft gegen diese Personen stehe entgegen, dass anlässlich der Bewilligung der Exekution nur eine Geldstrafe verhängt werden könne. Über mehrere unerledigte Strafanträge sei gemeinsam zu entscheiden, wobei für alle den Strafanträgen zugrundeliegenden Zuwiderhandlungen nur eine gemeinsame Strafe verhängt werden dürfe.
Der von der zweiten Instanz - mit der Begründung, zur Frage, ob die Willensbeugung zur Erwirkung einer Duldung gegenüber einem Verein auch durch Einwirkung auf dessen organschaftliche Vertreter und nicht bloß auf den Verein als juristische Person erfolgen könne, gesicherte Rsp des Obersten Gerichtshofs zu fehlen scheine - zugelassene Revisionsrekurs des betreibenden Gläubigers gegen den bestätigenden Teil des zweitinstanzlichen Beschlusses ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die EV, welche hier den Exekutionstitel darstellt, richtete sich nur gegen den verpflichteten Verein. Der Betreibende begehrte im Zuge der gegen diesen Verein geführten Duldungsexekution nach § 355 EO die Verhängung von Geldstrafen und von Haft auch gegen dessen Organe und die Mitglieder des Vereinsschiedsgerichts.
Rechtliche Beurteilung
a) Als Organe des Vereins können zufolge § 5 Abs 1 VerG 2002 nur die Mitglieder des Vorstands angesehen werden, nicht jedoch die Mitglieder eines statutarischen Vereinsschiedsgerichts (§ 8 VerG 2002), werden doch diese in § 5 VerG 2002 bei den Organen und Prüfern nicht genannt. Schon aus diesem Grund war der entsprechende Exekutionsantrag abzuweisen.
b) Die Funktion der im Zuge einer Exekution nach § 355 EO zu verhängenden Strafen liegt darin, einerseits der gesetzlichen Strafdrohung Gewicht zu verschaffen und damit schon für den vor der Verhängung der Strafen liegenden Zeitraum das Zuwiderhandeln gegen das Unterlassungs- oder Duldungsgebot zu verhindern und andererseits gegebenenfalls dasselbe für den nach der Verhängung liegenden Zeitraum zu bewirken. Im Zuge einer Exekution nach § 355 EO zu verhängende Strafen haben somit willensbeugenden und repressiven Charakter. Durch die verhängte Strafe soll der Verpflichtete für begangenes Unrecht wirksam zur Rechenschaft gezogen und von weiteren Verletzungen des Exekutionstitels abgehalten werden (Änderung der Rsp mit 3 Ob 12/93 = SZ 66/74 = ÖBl 1993, 116 = ecolex 1993, 686 und 3 Ob 51/92 = EvBl 1993/27 = ecolex 1993, 251 [Wiltschek] = RPflSlgE 1993/85; 3 Ob 156/00p; RIS-Justiz RS0010057; Erläuterungen der Gesetz gewordenen RV zur Erhöhung des Strafrahmens gemäß § 359 Abs 1 EO idF EO-Novelle 2000 in 3 Ob 191/04s, 3 Ob 192/04p = ÖBl 2005, 43). Dagegen haben die gemäß § 354 EO zu vollziehenden Geld- und Haftstrafen keinen repressiven, sondern nur einen auf die künftige Willensbeugung des Verpflichteten abzielenden Zweck (3 Ob 42/95 = SZ 68/83 = JBl 1995, 734 = EvBl 1995/125 = ÖBl 1996, 48 = GesRZ 1996, 117). Die in dieser E vertretene Rechtsauffassung, die Androhung und Vollziehung der Beugehaft gegen den (alleinigen) Komplementär und Geschäftsführer einer KG als natürliche Person in einem nur gegen die KG geführten Exekutionsverfahren auf Erwirkung unvertretbarer Handlungen begegne weder verfassungsrechtlichen noch einfachgesetzlichen Bedenken, ist daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
In de E 3 Ob 113/95 = RZ 1996/73 hat der erkennende Senat ausgeführt: Zwar habe er in der E JBl 1995, 734 die Meinung Jelineks unter Hinweis auf die überwiegend im Schrifttum in Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland vertretene Auffassung abgelehnt. Diese Entscheidung habe allerdings die Exekution nach § 354 EO betroffen. Die darin angeführten Argumente träfen aber in gleicher Weise auf die Exekution nach § 355 EO zu, weshalb auch bei solchen Exekutionen, wenn sie gegen eine juristische Person geführt werden, gelte, dass Geldstrafen gegen die verpflichtete juristische Person selbst und nicht gegen deren Organwalter zu verhängen seien.
In der Lehre vertraten Heller/Berger/Stix (EO4 2591) die in der E 3 Ob 113/95 dargestellte Auffassung. Auch Rechberger/Oberhammer (Das Recht auf Mitwirkung im österreichischen Zivilverfahren im Lichte von Art 6 EMRK, ZZP 1993, 357 [361]) meinen in Bezug auf eine gegen eine juristische Person geführte Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO, dass die Verhängung von „Strafen" gegen deren Organwalter, die nicht Parteien des Titelprozesses gewesen seien, Art 6 Abs 1 EMRK widerspreche, weil die Vorstellung, „das Organ der juristischen Person habe im Titelverfahren ohnehin rechtliches Gehör erfahren", ins Leere gehe. Offenkundig werde der Widerspruch einer solchen Exekution gegen Dritte zu Art 6 Abs 1 EMRK im „Fall eines Wechsels in der Person des Organwalters nach Verurteilung der juristischen Person". Zur Lösung des Problems bedürfe es aber gar keines Rückgriffs auf Art 6 Abs 1 EMRK, weil die Zwangsvollstreckung gemäß § 9 EO „natürlich immer nur gegen den Titelschuldner" stattfinden könne. Oberhammer (Verfassungsgesetzliche Schranken der Haft in zivilgerichtlichen Erkenntnis-, Exekutions- und Insolvenzverfahren, ÖJZ 1994, 265 [268 f]) bezieht die behandelten verfassungsrechtlichen Probleme ebenso auf die Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO. Er kommt zum Ergebnis, dass „jedenfalls die Verhängung einer Beugehaft gemäß § 355 EO gegen eine Person, die am geschehenen Verstoß kein Verschulden" treffe, „als (auch) verfassungsrechtlich unzulässig zu qualifizieren" sei. Rechberger (Strafhäufung und Strafanrechnung?, ÖBl 1992, 256 [263] und Wer soll „sitzen"?, ÖBl 1988, 57 [58]) und Rechberger/Simotta (Exekutionsverfahren2 Rz 843 mwN) tragen zur Exekution gemäß § 355 EO vor, gemäß § 9 EO könne Exekution nur gegen den Titelschuldner geführt werden.
Jelinek (Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen [1974] 213) meint dagegen, sowohl die „Erzwingungshaft" als auch die Geldstrafe könnten gegen die Organmitglieder der juristischen Person verhängt werden. Dem folgte Burgstaller (Beugestrafen zur Durchsetzung von Zivilurteilen, ÖJZ 2000, 134, 145), sowohl Geld- als auch Haftstrafen seien gegen die Organwalter juristischer Personen zu verhängen, weil deren Wille gebeugt werden solle. Dass man Geldstrafen auch von der juristischen Person selbst fordern könne, lasse sich dadurch rechtfertigen, dass so mittelbar der Wille der Organwalter gebeugt werde, und zwar auch dann, wenn diese wechseln. Höllwerth (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 355 Rz 48) referiert Rsp und Lehre, ohne hiezu Stellung zu beziehen. Klicka (in Angst, EO § 355 Rz 21) referiert die beiderseitigen Standpunkte ausführlich und abwägend und meint hiezu abschließend, die Frage entschärfe sich nur insoweit, als bisweilen ohnedies eine Klage gegen das Organ, dh die Schaffung eines gegen dieses gerichteten Titels gleichzeitig mit der gegen die juristische Person gerichteten Klage, möglich sei, was bedeute, dass der Gläubiger häufig ohnedies gegen das Organ vollstrecken könne. Bei einer im Unternehmensbereich spürbaren Höhe der Geldstrafe könnte man jedoch durchaus das Auslangen mit einer Geldstrafe gegen die juristische Person finden, ohne auf eine effektive Unterlassungsvollstreckung zu verzichten.
Nach Auffassung des erkennenden Senats lässt sich in Kenntnis der verschiedenen Standpunkte bei der Exekution nach § 355 EO die Verhängung von Zwangsstrafen gegen Vorstandsmitglieder eines Vereins, gegen die kein Titel besteht, angesichts der Bestimmung des § 9 EO nicht rechtfertigen. Obwohl nicht verkannt werden soll, dass dadurch die Möglichkeiten der Durchsetzung von Exekutionstiteln nach § 355 EO gegenüber einer juristischen Person - wenn die Schaffung von Titeln gegen deren Organe ausscheidet - geringer sind und de facto der Wille der Organwalter gebeugt werden soll, besteht doch angesichts der nunmehr in § 359 Abs 1 EO idF EO-Nov 2000 vorgesehenen Höchstgrenze der Geldstrafe von 100.000 EUR je Antrag, die doch eine sehr effektive Zwangsmaßnahme darstellt, keine Veranlassung, neben der im Exekutionstitel als Schuldner bezeichneten Partei weitere, dort nicht genannte Personen in die Exekution nach § 355 EO einzubeziehen. Der erkennende Senat hält demnach an seiner Rsp fest, dass bei der Exekution nach § 355 EO die im Gesetz vorgesehenen Zwangs- und Beugemittel nur gegen die juristische Person - die von der titelmäßigen Verpflichtung unmittelbar getroffen wird - selbst und nicht gegen deren Organwalter zu verhängen sind.
c) Die Frage, ob im vorliegenden Fall eine Haftverhängung schon deshalb nicht in Betracht komme, weil das Erstgericht über die beiden Anträge des Betreibenden, die als Exekutionsantrag und erster Strafantrag zu beurteilen seien, gemeinsam zu entscheiden hatte, wobei für alle diesen zugrundeliegenden Zuwiderhandlungen nur eine gemeinsame Strafe verhängt und in einem solchen Fall anlässlich der Bewilligung der Exekution nur eine Geldstrafe verhängt werden dürfe (§ 355 Abs 1 EO), stellt sich nicht mehr.
Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.
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