European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0300DS00005.19T.0618.000
Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt ***** von dem wider ihn erhobenen Vorwurf freigesprochen, er habe (unter Verstoß gegen § 10 Abs 5 RAO und §§ 47 f RL‑BA) durch mehrere im Erkenntnis wiedergegebene, gegenüber einer Redakteurin der Kronen Zeitung getätigte Aussagen, die in der genannten Zeitung am 3. Juni 2018 in einem Artikel mit dem Titel „Verfahrenshilfe trotz Millionenkosten, schlecht“ veröffentlicht wurden, insbesondere durch die Äußerung „Da soll dann plötzlich ein Spezialist für Wirtschaftsrecht als Strafverteidiger agieren. Das wäre in etwa so, als müsste ein Zahnarzt eine Augenoperation vornehmen … da wäre der Aufschrei groß!“, eine unsachliche und marktschreierische Werbung betrieben und auch nicht dafür gesorgt, dass eine standeswidrige Werbung für ihn durch die genannte Zeitung unterbleibt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die – Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend machende (RIS‑Justiz RS0128656 [T1]) – Berufung des Kammeranwalts wegen Schuld; sie schlägt fehl.
Bei sogenannten Äußerungsdelikten und sonstigen Fällen für die Tatbestandsmäßigkeit entscheidenden verbalen Handelns ist es unabdingbar, dass auch – die rechtliche Beurteilung erst ermöglichende – Tatsachenfeststellungen zum Bedeutungsinhalt (Sinn) der inkriminierten Äußerung getroffen werden, während die Wiedergabe des (exakten) Wortlauts lediglich der Begründung dieser Feststellungen dienen kann (vgl RIS‑Justiz RS0092588, RS0092437 [T4]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 286; Danek/Mann, WK‑StPO § 270 Rz 30/1 [in Druck]).
Vorliegend traf der Disziplinarrat aber keine Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der dem Beschuldigten zur Last gelegten Äußerungen, sondern beschränkte sich auf die Wiedergabe deren Wortlauts.
Damit reicht es aber für die – vom Kammeranwalt ausschließlich geltend gemachte – Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht aus, auf Basis der getroffenenen Konstatierungen eine andere Lösung der Rechtsfrage zu reklamieren, sondern wäre nach ständiger Rechtsprechung erforderlich gewesen, hinsichtlich der (fehlenden, aber für einen Schuldspruch unabdingbaren) Feststellungen zum Bedeutungsinhalt unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende Verfahrensergebnisse einen Feststellungsmangel geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0127315, RS0130018; 25 Ds 2/17m).
Dem wird die Berufung mit – unbegründeten – eigenen Tatsachenannahmen zum Bedeutungsinhalt und der daraus abgeleiteten Behauptung der Unrichtigkeit der Äußerungen des Beschuldigten nicht gerecht, sodass ihr schon aus diesem Grund kein Erfolg beschieden war.
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