Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Das klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes wird wiederhergestellt.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 5.578,74 (darin EUR 735,27 USt und EUR 1.167,10 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte festzustellen, ihr und ihren Rechtsnachfolgern stehe als Halter des Motor- und Segelflugfeldes W*****, EZ 5694 Grundbuch *****, gegenüber den Beklagten als Eigentümern der EZ 5928 Grundbuch ***** und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum die Dienstbarkeit des hindernisfreien Überfluges bis zu einer solchen Höhe über das genannte Grundstück der Beklagten zu, als dies für die Hindernisfreiheit der Anflugflächen im Sinne des § 39 ZFV, insbesondere dessen Abs 2, für Pisten der Kategorie D (gemeint wohl: C) im Ausmaß von 3,3 % Neigung erforderlich sei. In eventu wurde begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, das zu Zahl 1Rb/366-2000 des Magistrats der Stadt W***** beantragte Bauvorhaben (Hochregallager) in einer solchen Höhe auszuführen, dass damit eine Durchragung der hindernisfrei zu bleibenden Anflugflächen im Sinne des § 39 ZFV im Ausmaß von 3,3 % verbunden sei. Weiters wurde begehrt, die Beklagten zu verpflichten, in die Einverleibung der im Feststellungsbegehren genannten Dienstbarkeit des hindernisfreien Überfluges einzuwilligen.
Die Klägerin brachte vor, sie sei gemeinsam mit dem ***** Sportfliegerclub A***** Mithalterin des Motor- und Segelflugfeldes W*****. Dieses liege auf den Grundstücken 1869/13 und 1869/23 der EZ 5694 Grundbuch *****. Dem ***** Sportfliegerclub A***** sei mit Bescheid vom 29. 10. 1971 die Flugplatzbewilligung erteilt worden. Seit damals benützten er bzw sein Mithalter beim Abflug Richtung Westen bzw beim Anflug aus Westen kommend Richtung Osten die Liegenschaft der Beklagten EZ 5928 Grundbuch *****. Die Beklagten hätten im Verfahren vor dem Magistrat der Stadt W*****, Magistratsabteilung 1, Referat Baurecht, zu AZ 1Rb/366-2000 die Bewilligung eines Bauvorhabens zur Errichtung eines Hochregallagers auf der ihnen gehörigen Liegenschaft beantragt. Das Verfahren sei noch anhängig. Durch die Errichtung dieses Hochregallagers würde die bisherige Benützung des Motor- und Segelflugfeldes massiv eingeschränkt werden. Im Sinne der §§ 35 ff ZFV dürfe ein Flugplatz nur dann betrieben werden, wenn der Schutzbereich der für den An- und Abflug bestimmten Bewegungsflächen frei von Hindernissen sei. Aus der ZFV ergäben sich die erforderlichen Mindestanflugflächen. Gemäß § 39 ZFV müssten die Grundrisse der Anflugflächen mit den Grundrissen der Anflugsektoren zusammenfallen, wobei als Basis der Anflugfläche eine horizontale Gerade in der Höhe der Schwelle über dem mittleren Meeresspiegel liege. Gemäß Abs 2 leg cit dürfe ausgehend von der Pistenschwelle die Neigung der Anflugflächen bei Landpisten der Klasse C 3,3 % nicht übersteigen. Durch das von den Beklagten beantragte Bauvorhaben würde jedoch die Anflugfläche durchschnitten, eine Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Neigung der Anflugfläche im Sinne des § 39 Abs 2 ZFV wäre nicht mehr hindernisfrei möglich. Auf Grund des regelmäßigen und ständigen Flugbetriebes am Motor- und Segelflugfeld sei es den Beklagten bei Ankauf ihrer Liegenschaft bekannt und bewusst gewesen bzw hätte ihnen bekannt und bewusst sein müssen, dass die Liegenschaft angesichts der seit mehr als 30 Jahren dauernden Benützung und der dargestellten An- und Abflugwinkel nur eingeschränkt bebaubar sei und eine nicht verbücherte Servitut auf Grund einer mehr als 30-jährigen Benützung längst erworben worden sei. Den Beklagten sei angesichts der Frequenz am Motor- und Segelflugfeld die Art und das Ausmaß der Benützung ihres Grundstückes schon von Beginn an bekannt gewesen bzw hätte es ihnen bekannt sein müssen. Das Klagebegehren werde auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auch auf § 2 LFG gestützt. Hilfsweise werde auch das Vorliegen einer unregelmäßigen Servitut geltend gemacht, wozu ein Bescheid vom 6. 4. 1977 vorgelegt werde, aus dem sich ergebe, dass der Flugplatz seit 1960 bewilligt sei. Der bisherige Alleinhalter Sportfliegerclub A***** habe mit diesem Bescheid von seinem damaligen Mutterverein die Halterschaft übernommen. Die Klägerin sei als Mithalterin den Rechten des vormaligen Halters beigetreten, dieser sei in diesem Sinne nicht Rechtsvorgänger.
Die Beklagten wendeten ein, sie hätten die Liegenschaft im guten Glauben unbelastet aus dem Konkurs des Voreigentümers der Liegenschaft erworben. Der Umstand, dass die Klägerin eine nicht im Grundbuch eingetragene Servitut beanspruche bzw ausübe, sei ihnen beim Erwerb nicht bekannt gewesen und habe ihnen bei objektiver Betrachtung auch nicht auffallen müssen. Die Flugbewegungen für den Lande- bzw Abflug erfolgten für den Zivilflugplatz nicht über ihre, sondern vorwiegend über die Nachbarliegenschaft. Dies dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass sich auf ihrer Liegenschaft ein etwa 24 m hoher Turm befunden habe, der erst von ihnen im Zuge von Umbaumaßnahmen nach Erwerb der Liegenschaft entfernt worden sei und zuvor niedrige Flugbewegungen verhindert habe. Faktische Flugbewegungen im Luftraum über ihrer Liegenschaft - sofern sie vereinzelt überhaupt stattgefunden hätten - seien jedenfalls in einer Höhe weit über dem höchsten Punkt des zu errichtenden Hochregallagers erfolgt. Das Bauvorhaben sei der Klägerin seit dem Jahr 2000 bekannt, eine allenfalls laufende Ersitzung sei durch den Eintritt der Schlechtgläubigkeit unterbrochen worden. Bereits mit Schreiben des Klagevertreters vom 3. 1. 2001 habe die Klägerin gegenüber dem Magistrat W***** zum Bauvorhaben Stellung genommen, obwohl ihr im Verfahren nach der Niederösterreichischen Bauordnung keine Parteistellung zukomme. Dies habe zu gemeinsamen Besprechungen beim Magistrat geführt, bei denen die von der Klägerin behaupteten Rechte erörtert worden seien. Bereits bei der Besprechung vom 29. 11. 2001 hätten sich die Beklagten gegenüber der Klägerin ausdrücklich auf die Lastenfreiheit der Liegenschaft berufen. Dass die Klägerin die Freihaltung und Nichtverbauung einer über die faktischen Flugbewegungen hinausreichenden Sicherheitszone beanspruche, sei für die Beklagten nicht erkennbar gewesen. Schließlich sei die Klägerin erst mit Gesellschaftsvertrag vom 12. 5. 1998 gegründet und am 1. 7. 1998 im Firmenbuch eingetragen worden. Erst damit sei ein Rechtssubjekt entstanden, sodass die erforderliche Ersitzungszeit auch aus diesem Grund erst mit Gründung der Klägerin habe beginnen können und noch nicht abgelaufen sei. Da die Beklagten in allfälligen Betriebsbewilligungsverfahren hinsichtlich einer Sicherheitszone keine Parteistellung hätten, sei es unverständlich, dass die Klage davon ausgehe, die Beanspruchung einer bestimmten Sicherheitszone sei für sie ersichtlich gewesen. Die anwendbaren Bestimmungen des LFG bzw der ZFV sähen nämlich vor, dass die Frage der Nichtverbauung eines Sicherheitsbereiches Sache des Flugplatzbetreibers sei, der dafür im Wege einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit den Anrainern Sorge tragen müsse, wobei ihm jedoch gegenüber den Anrainern kein durchsetzbarer Rechtsanspruch zustehe. Die abstrakte Bestimmung der Anflugflächen im Sinne des § 39 ZFV scheide als objektiv für die Beklagten erkennbare Besitzanmaßung durch die Klägerin schon deswegen aus, weil dafür eine genaue Kenntnis der Beklagten von den örtlichen Gegebenheiten des Flugplatzes, also von der Lage bzw Ausdehnung der Piste bzw Pistenmitte bzw der „Schwelle" im Sinne dieser Bestimmung erforderlich wäre: Erst auf Grund dieser Koordinaten wäre - wenn überhaupt - eine örtliche Bestimmbarkeit bestimmter Anflugflächen möglich. Da die Beklagten allfälligen Betriebsgenehmigungsverfahren im Zusammenhang mit dem Zivilflugplatz nicht als Partei beigezogen worden seien und ihnen entsprechende Informationen auch nicht von der Klägerin oder sonst übermittelt worden seien, sei es für sie auch bei objektiver Betrachtung nicht einmal ansatzweise erkennbar gewesen, von welchem konkreten Punkt aus die in § 39 ZFV bezeichneten Angaben zu berechnen wären. Es könnte lediglich eine Dienstbarkeit hinsichtlich der faktischen Flugbewegungen erworben worden sein, nicht jedoch hinsichtlich eines weit darüber hinaus gehenden Sicherheitsbereiches. Dazu komme, dass eine Dienstbarkeit des hindernisfreien Überfliegens bestimmter Grundstücke zu Start- und Landezwecken der Natur der Sache nach als Grunddienstbarkeit zu qualifizieren sei, weil damit die vorteilhaftere Nutzung jener Grundstücke ermöglicht werden solle, auf denen sich der Flugplatz befinde. Die Klägerin sei weder Grundeigentümerin des Flugplatzareales noch fänden sich in den Klagsbehauptungen Hinweise für das Vorliegen einer unregelmäßigen Servitut der Klägerin, wobei in diesem Fall keine Anrechnung von Vorbesitzzeiten erfolgen könne. Die Klägerin hätte alle Ansprüche bzw Rechte im Konkurs anmelden müssen. Hinsichtlich des Zivilflugplatzes sei - anders als für den Militärflugplatz - keine Sicherheitszone nach §§ 86 ff LFG festgelegt. Die Festlegung des Schutzbereiches im Sinne der ZFV belaste hingegen unmittelbar und ausschließlich den Flugplatzhalter. Zum Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung sei die Klägerin trotz Aufforderung nicht bereit gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Durchführung eines (über die Einsicht in Urkunden und den Bauakt hinausgehenden) Beweisverfahrens auf Grund der außer Streit stehenden Tatsachen ab. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, eine Grunddienstbarkeit entstehe gemäß § 473 ABGB dann, wenn das Recht der Dienstbarkeit mit dem Besitz eines Grundstückes zu dessen vorteilhafterer oder bequemerer Benützung verbunden werde. Wenn nun mit der actio confessoria das Bestehen einer Servitut behauptet werde, so habe der Servitutsberechtigte den Erwerb der Servitut, bei Grunddienstbarkeiten überdies sein Eigentum am herrschenden Grund darzutun, wozu regelmäßig die Berufung auf den Bucheintrag genüge. Es scheitere daher die Einverleibung einer Grunddienstbarkeit schon am mangelnden Eigentum der Klägerin, weil keine Aktivlegitimation vorliege. Die Rechtsprechung kenne jedoch auch den Fall, dass Grunddienstbarkeiten zu Gunsten eines mit dem berechtigten Grundstück verbundenen Unternehmens oder eines dort betriebenen Gewerbes zulässigerweise bestellt würden und lasse gleiches auch für die Ersitzung solcher Servituten gelten. In 1 Ob 542/93 = SZ 66/53 sei die Servitutsklägerin Pächterin eines Gaststättenbetriebes gewesen, der zuvor von der Eigentümerin der Liegenschaft geführt worden sei. Der Oberste Gerichtshof habe ausgesprochen, dass die Pächterin aktiv legitimiert sei, die Dienstbarkeit durchzusetzen, weil sie bei Erwerb und Erhaltung des Besitzes als Besitzmittlerin fungiere und es ihr daher obliege, die Rechte dem sich deren Ausübung widersetzenden Besitzer des belasteten Grundstückes gegenüber wahrzunehmen und auch klageweise durchzusetzen. Eine derartige Besitzmittlerschaft liege hier jedoch nicht vor. Die Klägerin sei gemäß dem Bescheid Mithalterin des Flugfeldes und bezeichne sich selbst auch als solche. Die Rechtsprechung, wonach Grunddienstbarkeiten für die jeweiligen Eigentümer auch vom Besitzmittler klageweise geltend gemacht werden könnten, durchbreche den Eintragungsgrundsatz und sei daher nicht ohne weiteres analogiefähig. Es finde sich kein Anhaltspunkt, dass ein Mithalter eines Flugfeldes dem Pächter eines Unternehmens oder Gewerbebetriebes gleichzuhalten sei. Selbst wenn man aber der Klägerin die Aktivlegitimation zugestehen wollte, würde die Grunddienstbarkeit nicht ihr, sondern der Liegenschaftseigentümerin zustehen. Die Klägerin habe jedoch im Urteilsantrag die begehrte Feststellung des Bestehens der Dienstbarkeit ausdrücklich für sich selbst formuliert, sodass das Klagebegehren schon aus diesem Grund verfehlt sei. Hilfsweise habe die Klägerin das Klagebegehren auch auf eine unregelmäßige Servitut gestützt. Anders als bei der echten Grunddienstbarkeit seien aber bei unregelmäßigen Servituten Ersitzungszeiten früherer Halter nicht auf den aktuellen Halter anzurechnen. Da die Klägerin erst seit 1998 existiere, könne die Ersitzungszeit noch nicht abgelaufen sein. Selbst wenn man konzediere, dass sie als Mithalterin den Rechten des vormaligen Halters beigetreten sei, dieser daher nicht Vorgänger sei, so habe auch dieser frühere Allein- und jetzige Mithalter seine Haltereigenschaft erst im Jahr 1977 erworben, sodass die Ersitzungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Auch das Unterlassungsbegehren sei abzuweisen gewesen, weil die Unterlassungsklage zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung bestimmter Handlungen auf Grund rechtsgeschäftlicher Unterlassungspflichten oder wegen rechtswidriger Eingriffe in geschützte Rechtsgüter erfolge. Ein derartiger Fall liege hier nicht vor.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,- -, nicht aber EUR 20.000,-- übersteige, und dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, und führte im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Dienstbarkeit des hindernisfreien Überfliegens bestimmter dienender Grundstücke zu Start- und Landezwecken sei, sofern darin nicht ohnehin eine sogenannte Legalservitut nach § 2 LFG zu erblicken sei, der Natur der Sache nach als Grunddienstbarkeit zu qualifizieren, diene ein solches Recht doch gleich einer Wegeservitut der Ermöglichung der vorteilhafteren Nutzung jener Grundstücke, auf denen sich der Flugplatz befinde. Auch zu Gunsten eines auf dem herrschenden Grundstück betriebenen Gewerbes oder einer dort errichteten Anlage sei die Einräumung einer Prädialservitut zulässig. Gleiches müsse auch für die Ersitzung einer solchen Dienstbarkeit gelten. Der Pächter einer Liegenschaft sei als Besitzmittler ein „selbständiger" und „selbstnütziger" Inhaber kraft eigenen Rechtsbesitzes, durch dessen Ausübung sich zugleich der Sachbesitz des Eigentümers auswirke. Die Wirkung dieser Vermittlung komme sowohl für die Erhaltung des Besitzes als auch für dessen Erwerb in Betracht. Daraus folge, dass der Eigentümer einer Sache diese - unter den für die Ersitzung erforderlichen Voraussetzungen - durch den Pächter als Besitzmittler ersitzen könne; es obliege ihm, die Rechte dem sich deren Ausübung widersetzenden Besitzer des belasteten Grundstücks gegenüber wahrzunehmen und auch - unter anderem klagsweise - durchzusetzen. Dies gelte für das Feststellungs- und das (eventualiter erhobene) Unterlassungsbegehren. Hier sei die Klägerin nach ihren Behauptungen (Mit-)Halterin des Flugplatzes, ihr Rechtsverhältnis zum Liegenschaftseigentümer sei nicht bekannt. Gerade darauf komme es aber an, weil der Besitzmittler nach der wiedergegebenen Rechtsprechung auch berechtigt sei, Rechte aus Grundservituten gegenüber den Besitzern des belasteten Grundstücks durchzusetzen. Das Erstgericht werde daher die Klägerin im fortgesetzten Verfahren aufzufordern haben, ein Tatsachenvorbringen zu erstatten, auf Grund dessen beurteilt werden könne, ob die Klägerin - allenfalls über eine Vertragskette - als Besitzmittlerin für die Liegenschaftseigentümerin fungiere. Erst dann könne beurteilt werden, ob die Klägerin aktiv klagslegitimiert sei. Nach dem Akteninhalt sei eine Erörterung der im Urteil vertretenen Rechtsmeinung durch das Erstgericht nicht erfolgt, sodass die Klägerin durch diese überrascht worden sei. Es sei ihr die Möglichkeit genommen worden, das Klagebegehren dahin zu modifizieren, dass die Feststellung des Bestehens der Servitut zu Gunsten der Liegenschaftseigentümerin begehrt werde. Auch dazu werde der Klägerin im fortgesetzten Verfahren Gelegenheit zu geben sein.
Der Rekurs sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Aktivlegitimation des Mithalters eines Flugplatzes hinsichtlich einer Klage auf Feststellung des Bestehens einer Servitut und der Einverleibung derselben nicht vorliege.
Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, in der Sache selbst auf Klagsabweisung zu erkennen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, weil die Rechtslage einer Klarstellung bedarf; er ist auch berechtigt.
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
In ihrer Rechtsrüge machen die Rechtsmittelwerber zusammengefasst geltend, die Zivilflugplatzbewilligung habe keine dingliche Wirkung, die Anrainer hätten keine Parteistellung und keine Informationen über die Lage der von der Klägerin nunmehr beanspruchten Einflugschneise; die Klägerin sei nicht Grundeigentümerin und könne eine Grunddienstbarkeit nicht im eigenen Namen geltend machen, die Anrechnung von Vorersitzungszeiten scheide aus; ein allfälliger Anspruch hätte von allen Mithaltern des Flugfeldes geltend gemacht werden müssen; die Beklagten hätten ihre Liegenschaft aus dem Konkurs des Voreigentümers 1997 ohne Belastung erworben, alle früheren Ansprüche und Ersitzungszeiten könnten von der Klägerin nicht herangezogen werden.
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 2 Luftfahrtgesetz (LFG; BGBl 253/1957) ist die Benützung des Luftraumes durch Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät im Fluge frei, soweit sich aus dem LFG nichts anderes ergibt. Das von der Klägerin in Anspruch genommene Recht auf Hindernisfreiheit lässt sich aus diesem Grundsatz nicht ableiten (Hinteregger, Privatflugplätze und Hindernisfreiheit, ZVR 2002, 236, 239). Um ein Luftfahrthindernis gemäß § 85 Abs 2 lit a LFG (außerhalb von Sicherheitszonen Anlagen mit mehr als 100 m Höhe in der Ebene) handelt es sich beim Bauvorhaben der Beklagten nach der Aktenlage nicht.
Die Klägerin hat sich nur am Rande auf § 2 LFG, im Wesentlichen aber auf die Ersitzung einer Dienstbarkeit des hindernisfreien Überfluges gestützt. Zu einer solchen Dienstbarkeit wurde in 6 Ob 209/00d = ZVR 2002/59 = RIS-Justiz RS0011597 T3 ausgeführt, sie wäre der Natur der Sache nach als Grunddienstbarkeit zu qualifizieren, diene ein solches Recht doch gleich einer Wegeservitut der Ermöglichung der vorteilhafteren Nutzung jener Grundstücke, auf denen sich der Flugplatz befinde.
Hiebei sind (wie bei Wegeservituten) die allgemeinen Grundsätze des Ersitzungsrechtes zu beachten: Voraussetzung ist der Besitz eines Rechtes; der Besitzwille muss sich aus dem äußeren Verhalten ergeben; dem Grundeigentümer muss die Ausübung des Rechtes erkennbar sein; die Besitzausübung muss nach Inhalt und Umfang dem zu erwerbenden Recht entsprechen (2 Ob 159/04b; RIS-Justiz RS0009762, RS0010140, RS0010145, RS0011591, RS0034138; M. Bydlinski in Rummel II/33 § 1460 ABGB Rz 2, 3 mwN; Hinteregger aaO 240 mwN).
Die Klägerin macht in ihren Klagebegehren Hindernisfreiheit im Sinne des § 39 Zivilflugplatz-Verordnung (ZFV 1972; BGBl 313/1972; „Anflugflächen") geltend. Diese Vorschrift im Abschnitt „Schutzbereich" der ZFV richtet sich an den Flugplatzhalter und nicht an die Anrainer (vgl § 35 Abs 1 und 2 lit c ZFV; Hinteregger aaO 239). Sie hat folgenden Wortlaut:
(1) Die Grundrisse der Anflugflächen müssen mit den Grundrissen der Anflugsektoren [§ 38] zusammenfallen, wobei als Basis der Anflugfläche eine horizontale Gerade in der Höhe der Schwelle über dem mittleren Meeresspiegel gilt.
(2) Die Neigung der Anflugflächen darf nicht übersteigen:
2,0 % bei Instrumentenpisten sowie bei Wasserpisten der Klassen A und B,
2,5 % bei anderen Landpisten der Klassen A und B,
3,3 % bei Land- und Wasserpisten der Klasse C,
4 % bei Landpisten der Klasse D,
5 % bei Landpisten der Klassen E, F,
Hubschrauberpisten der Klasse A und
Landeflächen für Segelflugzeuge,
10,0 % bei Hubschrauberpisten der Klassen B und C.
(3) Würde eine Anflugfläche von einem Hindernis überragt werden, welches die Sicherheit der An- und Abflüge gefährdet, dann ist die Schwelle so weit gegen die Pistenmitte zu versetzen, dass die auf die versetzte Schwelle bezogene Anflugfläche von keinem Hindernis überragt wird. Ist der vor der versetzten Schwelle liegende Pistenteil als Sicherheitsstreifen gemäß § 23 nicht benützbar (zB schadhafte Oberfläche), so muss die Schwelle im Ausmaß des festgelegten Sicherheitsstreifens entsprechend weiter pisteneinwärts versetzt werden.
Als erkennbare Besitzausübungshandlung hat die - hiefür behauptungs- und beweispflichtige (RIS-Justiz RS0034237 insbesondere T5) - Klägerin lediglich den regelmäßigen und ständigen Flugbetrieb am Flugfeld ins Treffen geführt. Das bloße Setzen von Flugbewegungen durch die Klägerin und das Hinnehmen dieser Flugbewegungen durch die Anrainer ist aber unzureichend. Das Überfliegen der Liegenschaft der Beklagten stellt nämlich bloß die Ausübung von öffentlich-rechtlichen Berechtigungen dar. Mit diesen Aktivitäten wurde nicht nach außen erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin ein privates Recht auf Hindernisfreiheit in Anspruch nimmt (Hinteregger aaO 241). Insbesondere war für die Beklagten nicht erkennbar, dass ein solches Recht den Umfang des § 39 ZFV haben soll. Somit fehlt es schon an einem für die Ersitzung des behaupteten Rechtes tauglichen Rechtsbesitz.
Diese Frage ist bereits im erstinstanzlichen Verfahren thematisiert worden. Auf das einschlägige, oben auszugsweise wiedergegebene Vorbringen der Beklagten (ON 5) hat die Klägerin lediglich mit einem neuerlichen Hinweis auf die Erkennbarkeit der ständigen umfassenden Flugbewegungen repliziert (ON 7), ohne darüber hinausgehende Besitzergreifungshandlungen zu behaupten (vgl etwa die Beispiele von Hinteregger aaO 241). Es war daher nicht mit Bestätigung der Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils zur Erörterung dieser Umstände, sondern sogleich mit Wiederherstellung des klagsabweisenden erstgerichtlichen Urteiles vorzugehen. Auf die übrigen Ersitzungsvoraussetzungen, insbesondere die Aktivlegitimation der Klägerin, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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