European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00215.14B.1218.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die dritt‑, die viert‑ und die sechstbeklagte Partei haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der damals 17 Jahre alte D***** J***** wurde als Beifahrer auf einem vom Drittbeklagten gelenkten Motorrad bei einem Verkehrsunfall am 12. September 2011 getötet. Der damals zehn Jahre alte Zweitkläger, der am Unfall nicht beteiligt war, ist der Halbbruder des Getöteten. Die Erstklägerin ist die Mutter des Getöteten und des Zweitklägers. Der Tod des Halbbruders verursachte beim Zweitkläger ein krankheitswertiges Störungsbild im affektiven Erleben und auf der Beziehungsebene. Ursächlich dafür war nicht die Nachricht vom Unfalltod seines Halbbruders, sondern die schwerste emotionale Belastung der Erstklägerin, weshalb sie sich den Bedürfnissen des Zweitklägers nur eingeschränkt widmen konnte.
Im Revisionsverfahren geht es nur mehr um das vom Zweitkläger aufgrund des Unfalls begehrte Schmerzengeld von 7.000 EUR sA.
Die Vorinstanzen wiesen dieses Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil bisher noch keine höchstgerichtliche Judikatur zur folgenden Rechtsfrage existiere: Hat der Halbbruder eines bei einem Verkehrsunfall Getöteten gegenüber den dafür verantwortlichen Schädigern Anspruch auf ein Schmerzengeld, wenn der Unfalltod zunächst eine psychische Erkrankung der gemeinsamen Mutter hervorrief, die ihrerseits zu einer Störung der Beziehung zwischen ihr und dem Schmerzengeldwerber führte, welche schließlich auch eine psychische Erkrankung des Schmerzengeldwerbers verursachte?
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Zweitklägers ist unzulässig.
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die vom Berufungsgericht bezeichnete Rechtsfrage wurde in einschlägigen Sachverhaltskonstellationen bereits beantwortet: Die krankheitswertige Beeinträchtigung des Zweitklägers ist nicht unmittelbar durch den Unfall, sondern nur mittelbar, nämlich durch die unfallkausale Beeinträchtigung der Erstklägerin, entstanden. In einem solchen Fall würde nach der Rechtsprechung die Ersatzfähigkeit des seelischen Ungemachs des Zweitklägers eine (hier nicht vorliegende) unfallbedingte „schwerste“ Verletzung der Erstklägerin voraussetzen. In vergleichbaren Fällen hat der Oberste Gerichtshof eine „schwerste“ Verletzung und damit die Ersatzfähigkeit verneint (2 Ob 53/05s = ZVR 2006/178 [zust Karner ]; 7 Ob 28/07d; vgl auch 2 Ob 136/11f = ZVR 2012/204 [zust Karner ]).
Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht dieser oberstgerichtlichen Rechtsprechung.
Auch die Revision des Zweitklägers wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb sie zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Die dritt‑, die viert‑ und die sechstbeklagte Partei haben in ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der in zweiter Instanz ausgesprochene Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 1 und 2 ZPO erfasst nur die vom Prozesserfolg in der Hauptsache abhängigen Kosten und steht daher der Kostenentscheidung im Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Revision nicht entgegen (1 Ob 44/14y; 2 Ob 100/14s).
Die erst‑, die zweit‑ und die fünftbeklagte Partei haben keine Revisionsbeantwortung erstattet, weshalb sie schon deshalb keinen Kostenersatzanspruch haben.
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