OGH 2Ob188/23w

OGH2Ob188/23w25.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, die Hofräte Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger sowie die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am * 2021 verstorbenen P*, über den Revisionsrekurs der erbantrittserklärten Witwe M*, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Mai 2023, GZ 44 R 186/23p‑30, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 28. Februar 2023, GZ 7 A 48/21p‑25, infolge Rekurses der Witwe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00188.23W.1025.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

[1] Der 2021 verstorbene Erblasser hinterließ eine Witwe und zwei Töchter. Die Witwe gab aufgrund eines Testaments aus 2007 die unbedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass ab.

[2] Die pflichtteilsberechtigten Töchter stellten am 7. Oktober 2021 beim Erstgericht den Antrag auf Errichtung eines Inventars. Nach Einholung mehrerer Sachverständigengutachten gab der (nunmehrige) Rechtsvertreter der Töchter dem Gerichtskommissär mit (nicht qualifiziert signiertem) E‑Mail vom 11. Juli 2022 bekannt, dass „wie heute besprochen“ „der Antrag auf Inventarserrichtung zurückgezogen“ werde. Im Protokoll über eine am 20. September 2022 vor dem Gerichtskommissär abgehaltene Tagsatzung wurde „zunächst“ unter anderem auf den Antrag vom 7. Oktober 2021 und das E‑Mail vom 11. Juli 2022 „verwiesen“. In der Folge erstattete die Witwe eine Vermögenserklärung. Da der Rechtsanwalt der Töchter die Richtigkeit dieser Vermögenserklärung in einigen Punkten in Zweifel zog, stellte er „erneut den Antrag auf Inventarisierung des Verlassenschaftsvermögens“.

[3] Das Erstgericht gab dem Antrag der Töchter auf Inventarisierung des Verlassenschaftsvermögens statt. Zwar könne ein Antrag auf Inventarisierung (auch formlos) zurückgezogen werden, allerdings erfülle das E‑Mail vom 11. Juli 2022 weder formell noch materiell die Voraussetzungen eines gültigen Verzichts.

[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sei kein formell wirksamer Verzicht auf die Inventarisierung erfolgt. Dem Protokoll sei weder ein mündlicher Vortrag des E‑Mails durch den Rechtsanwalt zu entnehmen noch sei es zu einer Unterfertigung dieses E‑Mails gekommen.

[5] Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zur Frage zu, ob der Verweis des Gerichtskommissärs auf ein ihm zugegangenes E‑Mail für die Annahme eines förmlichen Parteienvorbringens ausreiche.

[6] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Witwe mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Abweisung des Antrags auf Inventarisierung.

[7] Eine Rekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

[8] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

[9] 1. Der Beschluss über einen Antrag auf Errichtung des Inventars ist abgesondert anfechtbar (2 Ob 229/09d Punkt 3.).

[10] 2. Einer der in § 165 AußStrG aufgezählten Fälle obligatorischer Inventarserrichtung liegt nicht vor. Zu beurteilen ist vielmehr ein Fall des § 165 Abs 1 Z 6 AußStrG. Nach dieser Bestimmung ist ein Inventar zu errichten, soweit eine dazu berechtigte Person oder der Verlassenschaftskurator dies beantragt.

[11] Die unstrittig pflichtteilsberechtigten Töchter sind zur Stellung eines solchen Antrags auf Inventarserrichtung nach den materiell‑rechtlichen Bestimmungen (Spruzina in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I² § 165 Rz 4) der § 778 Abs 1 und § 804 ABGB legitimiert (vgl auch RS0013007 [insb T4]). Zweck dieser im ABGB enthaltenen Vorschriften ist es, dem Pflichtteilsberechtigten eine Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils zu geben, ihm also die Geltendmachung seiner Pflichtteilsforderung überhaupt erst zu ermöglichen (RS0012906).

[12] 3. Der zur Antragstellung berechtigte Pflichtteilsberechtigte kann – sofern nicht zusätzlich ein Fall obligater Inventarserrichtung (§ 165 Abs 1 Z 1 bis 5 und 7 AußStrG) vorliegt – auf sein Recht zur Antragstellung verzichten (Spruzina in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I² § 165 Rz 10; Nemeth in Schwimann/Kodek 5 § 804 ABGB Rz 6).

[13] Hat er auf die Errichtung eines Inventars (wirksam) verzichtet, ist ihm eine neuerliche Antragstellung verwehrt (6 Ob 33/01y; vgl RS0013009), weil er sich seines in § 804 ABGB normierten Rechts endgültig begeben hat (so bereits 1 Ob 758/33 NZ 1933, 280). Der Pflichtteilsberechtigte verliert insoweit die ihm bei Schätzung des Nachlasses zukommende Parteistellung (RS0013005 [T2]).

[14] 4. Nach einem in zahlreichen Entscheidungen wiederholten Rechtssatz kann ein Verzicht auf die Errichtung eines Inventars auch konkludent erfolgen (RS0013010; RS0013005).

[15] Eine Durchsicht der zu RS0013010, RS0013009 und RS0013005 indizierten Entscheidungen zeigt folgendes Bild:

[16] 4.1. In 5 Ob 89/63 RZ 1963, 137 verzichteten die (zu Nachvermächtnisnehmern bestimmten) pflichtteilsberechtigten Söhne in einem an das Bezirksgericht adressierten Schreiben „auf Errichtung des Inventars“. Einer der Söhne beantragte (offenkundig zu einem späteren Zeitpunkt) die Inventarisierung des Nachlasses. Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass der Pflichtteilsberechtigte aufgrund seines abgegebenen Verzichts das Recht verloren habe, in seiner Eigenschaft als Pflichtteilsberechtigter die Errichtung eines Inventars zu verlangen. Nach einem solchen Verzicht könne vom Recht nach § 804 ABGB nicht mehr Gebrauch gemacht werden.

[17] 4.2. In der unveröffentlichten Entscheidung 6 Ob 556/80 erklärten die pflichtteilsberechtigten Töchter in einer vom Gerichtskommissär durchgeführten Tagsatzung, mit ihren Ansprüchen voll entfertigt zu sein und keine weiteren Ansprüche an den Nachlass zu stellen, woraufhin der Nachlass dem Testamentserben eingeantwortet wurde. Nach Hervorkommen weiteren Verlassenschaftsvermögens stellte eine der Töchter einen Antrag auf Errichtung eines Inventars. Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass der Pflichtteilsberechtigte auf die Errichtung eines Inventars verzichten und ein solcher Verzicht auch stillschweigend erfolgen könne. Das nachträgliche Hervorkommen von Vermögen sei auf diesen Verzicht ohne Einfluss.

[18] 4.3. In der Entscheidung 2 Ob 580/89 beantragte die pflichtteilsberechtigte Tochter zuerst die Inventarisierung des Nachlasses und schloss danach ein Pflichtteilsübereinkommen, in dem sie unter bestimmten – allerdings nicht eingetretenen – Bedingungen auf die „Durchführung der Nachlassschätzung“ verzichtete. Ein „neuerlicher“ Antrag auf Inventarisierung war letztlich erfolgreich, weil kein unbedingter und vorbehaltloser Verzicht auf die Inventarisierung erfolgt war. Der Oberste Gerichtshof referierte (letztlich obiter) die Aussage, dass ein Verzicht auf die Inventarisierung auch stillschweigend erfolgen und etwa in der Erklärung erblickt werden könne, mit Erb- und Pflichtteilsrechten abgefunden zu sein.

[19] 4.4. In der Entscheidung 6 Ob 33/01y wertete der Oberste Gerichtshof ein Schreiben des pflichtteilsberechtigten Sohnes an den Gerichtskommissär vom März 2000 als zumindest schlüssigen Verzicht auf das diesem in § 804 ABGB eingeräumte Recht auf Errichtung eines Inventars. Der später im Rekurs gegen den Einantwortungsbeschluss erstmals gestellte Antrag auf Inventarserrichtung sei damit jedenfalls unbeachtlich.

[20] 4.5. Der Entscheidung 6 Ob 73/03h, die das Vorliegen eines (schlüssigen) Verzichts annahm, lag zu Grunde, dass der Pflichtteilsberechtigte in einem Pflichtteilsprozess einen Vergleich mit umfassender Bereinigungswirkung geschlossen hatte. Dass der Pflichtteilsberechtigte vor diesem Vergleichsabschluss bereits einen Antrag auf Errichtung eines Inventars gestellt hätte, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen.

[21] 4.6. In der Entscheidung 6 Ob 105/03i führte der Oberste Gerichtshof aus, dass der Pflichtteilsberechtigte seine Parteistellung verliere, wenn er auf seine Ansprüche als Pflichtteilsberechtigter oder auf sein Recht, Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses zu verlangen, verzichte. Das sei hier der Fall, weil die Pflichtteilsberechtigte nach einer außergerichtlichen Vereinbarung ihre davor gestellten Anträge (um welche es sich dabei konkret handelte, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen) zurückgezogen habe.

[22] 4.7. In der Entscheidung 9 Ob 126/03z gab der Senat die Rechtsprechung zur Möglichkeit eines konkludenten Verzichts zwar wieder (und bezeichnete sie als richtig), verwies jedoch darauf, dass ein solcher Verzicht im Anlassfall nicht einmal geltend gemacht worden sei.

[23] 4.8. In der Entscheidung 6 Ob 105/06v billigte der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht, dass einer Pflichtteilsberechtigten, die keine Anträge gestellt, sondern vielmehr „fürs Erste“ auf eine Inventarisierung verzichtet habe, keine Rekurslegitimation gegen „das Verlassenschaftsverfahren finalisierende Beschlüsse“ zustehe. Der Verlust der Parteistellung könne auch konkludent geschehen. Dass es zu der zwischen den Beteiligten angestrebten einvernehmlichen Lösung über die Pflichtteilsansprüche nicht gekommen sei, sei ohne Relevanz, weil Willensmängel bei Parteiprozesshandlungen grundsätzlich unbeachtlich seien.

[24] 4.9. In der Entscheidung 2 Ob 229/09d gab die Tochter des 2008 verstorbenen Erblassers bereits 1991 einen Erb‑ und Pflichtteilsverzicht ab. Der Senat stellte die den Antrag dieser Tochter auf Inventarisierung abweisende Entscheidung des Erstgerichts wieder her. Er gab die Rechtsprechung über die Möglichkeit eines auch stillschweigenden Verzichts auf die Inventarisierung wieder und verwies darauf, dass die Tochter aufgrund des formgerecht erfolgten Erb‑ und Pflichtteilsverzichts nicht konkret pflichtteilsberechtigt sei. Wenn die Tochter die Unwirksamkeit des Verzichts behaupte, hätte sie dies dem Verlassenschaftsgericht gegenüber zumindest bescheinigen müssen, was nicht geschehen sei.

[25] 4.10. In der Entscheidung 3 Ob 119/11p billigte der Oberste Gerichtshof die Stattgebung eines von der Pflichtteilsberechtigten gestellten Antrags auf Inventarisierung durch das Rekursgericht. Zu erforschen sei, ob die gegenüber dem Gerichtskommissär abgegebene Erklärung, eine Schätzung und Inventarisierung nicht zu beantragen und den Pflichtteil auch nicht geltend zu machen, als Verzicht auf die Errichtung eines Inventars auszulegen sei. Bei der Auslegung von Prozesshandlungen seien objektive Maßstäbe anzulegen, der Parteiwille sei hingegen nicht zu erforschen. Diese objektive Auslegung lasse nicht den Schluss zu, die Pflichtteilsberechtigte habe ein für alle Mal auf ihren verfahrensrechtlichen Anspruch verzichtet, die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses zu verlangen, weil darin keine endgültige Aufgabe des Rechts enthalten sei. Sie habe daher in einem späteren Schreiben an den Gerichtskommissär vom ihr eingeräumten Recht nach § 804 ABGB iVm § 165 Abs 1 Z 6 AußStrG zulässig Gebrauch gemacht.

[26] 4.11. Die Analyse der indizierten Entscheidungen zeigt, dass in keinem Fall ein bloß schlüssiger Verzicht auf das Recht zur Inventarserrichtung bejaht wurde, nachdem bereits im Verlassenschaftsverfahren ein Antrag nach § 165 Abs 1 Z 6 AußStrG iVm § 804 ABGB gestellt worden war. Teilweise behandeln die Entscheidungen im Übrigen in erster Linie die Frage der Parteistellung des Pflichtteilsberechtigten. Ganz überwiegend waren Fälle zu beurteilen, in denen die Pflichtteilsberechtigten eine Einigung über ihre Pflichtteilsansprüche erzielt oder auf diese verzichtet hatten.

[27] Davon unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall auf Sachverhaltsebene deutlich: Einerseits geht es darum, ob ein bereits im Verlassenschaftsverfahren wirksam gestellter Antrag auf Errichtung eines Inventars ebenso wirksam wieder zurückgezogen wurde. Andererseits fehlen nach der Aktenlage Anhaltspunkte dafür, dass die pflichtteilsberechtigten Töchter eine Einigung über ihre Pflichtteilsansprüche erzielt oder auf diese verzichtet hätten. Die dargestellte Rechtsprechung ist für den vorliegenden Fall damit nicht einschlägig.

[28] 5. Die Antragstellung der pflichtteilsberechtigten Töchter nach § 165 Abs 1 Z 6 AußStrG im Oktober 2021 war wirksam (§ 144 iVm § 10 Abs 1 AußStrG). Anhaltspunkte dafür, dass sie bereits vor dem Zeitpunkt dieser Antragstellung Handlungen gesetzt hätten, die als Verzicht auf ihr in § 804 ABGB normiertes Recht angesehen werden könnten, fehlen.

[29] 6. Die Stellung des Antrags nach § 165 Abs 1 Z 6 AußStrG (hier iVm § 804 ABGB) im Oktober 2021 ist ebenso wie die Zurückziehung dieses Antrags als Prozesshandlung anzusehen (zum Verzicht als Prozesshandlung: 3 Ob 119/11p; vgl auch Spruzina in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I² § 165 Rz 10) und damit nach objektiven Maßstäben (vgl RS0037416, RS0097531) auszulegen (3 Ob 119/11p).

[30] 7. Zu prüfen ist, ob die Töchter ihren Antrag vom Oktober 2021 wirksam zurückgezogen haben.

[31] 7.1. Die Zurücknahme eines Antrags kann durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll erfolgen (§ 10 Abs 1 AußStrG). Entscheidend ist also, ob das E‑Mail vom Juli 2022 und/oder der im September 2022 erfolgte „Verweis“ des Gerichtskommissärs auf dieses E‑Mail eine prozessual wirksame Zurücknahme des Antrags bewirkten. Das haben die Vorinstanzen aus folgenden Erwägungen zutreffend verneint:

[32] 7.2. Eingaben im Verlassenschaftsverfahren sind nach § 144 Abs 1 AußStrG grundsätzlich an den Gerichtskommissär zu richten. Die Ausnahmen gemäß § 144 Abs 2 AußStrG (Rechtsmittel und ‑beantwortungen; Eingaben, die auf eine gerichtliche Entscheidung abzielen; schriftliche Abhandlungspflege) kommen hier nicht zum Tragen.

[33] 7.2.1. Nach jüngerer Rechtsprechung und Lehre ist ein an das Gericht (Richter oder Diplomrechtspfleger) gerichtetes E‑Mail unzulässig und nicht fristenwahrend (RS0127859, zuletzt 1 Ob 2/23k Rz 6 § 6 ERV 2021; 2 Ob 212/16i Punkt I.3. mwN).

[34] 7.2.2. Anderes gilt nach der Rechtsprechung des Fachsenats für Eingaben an den Gerichtskommissär. Eine E‑Mail‑Eingabe an den Gerichtskommissär ist damit zulässig und fristenwahrend, insbesondere wenn auf dem Briefkopf des Gerichtskommissärs seine E‑Mail‑Adresse aufscheint, wodurch dieser zu erkennen gibt, Zustellungen auch im Weg eines E‑Mails an die angegebene E‑Mail‑Adresse entgegenzunehmen.

[35] Allerdings sind auf solche Schriftsätze, die per E‑Mail oder als PDF‑Anhang eines E‑Mails an den Gerichtskommissär übermittelt werden, in Analogie die für die Telefax‑Eingabe geltenden Grundsätze anzuwenden. Das Postlaufprivileg des § 89 Abs 1 GOG gilt mangels einer Aufgabe bei der Post für Eingaben per E‑Mail nicht. Das E‑Mail muss durch Nachbringung der Unterschrift verbessert werden (vgl RS0112018). Liegt der Originalschriftsatz nicht vor und wurde die Unterschrift auch nicht auf der E‑Mail‑Eingabe original nachgetragen, ist zur Behebung des Formmangels ein Verbesserungsverfahren nach § 10 Abs 4 AußStrG einzuleiten (zu alldem 2 Ob 212/16i Punkt I.3. mwN).

[36] Die Richtigkeit dieser Rechtsprechung wird im Revisionsrekurs nicht in Zweifel gezogen.

7.2.3. Als Zwischenergebnis folgt:

[37] Das (nicht qualifiziert elektronisch signierte) E‑Mail vom Juli 2022 stellt zwar eine zulässige Eingabe an den Gerichtskommissär dar, ist aber mangels Nachtrags einer originalen Unterschrift verbesserungsbedürftig. Da die pflichtteilsberechtigten Töchter zwischenzeitig klargestellt haben, den im E‑Mail enthaltenen Verzicht nicht mehr zu wünschen, kann jedoch von der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens im konkreten Einzelfall Abstand genommen werden. Im Ergebnis ist damit von der Unwirksamkeit der E‑Mail‑Eingabe vom Juli 2022 auszugehen.

[38] 7.3. Der im E‑Mail vom Juli 2022 enthaltene Verzicht wurde auch nicht durch Vortrag in der vom Gerichtskommissär abgehaltenen Tagsatzung vom September 2022 wirksam. Der Inhalt des vom Gerichtskommissär ausgefertigten Protokolls macht nach § 22 AußStrG iVm §§ 215 f ZPO vollen Beweis über den Verlauf und Inhalt der Verhandlung (Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I² § 22 Rz 3). Da die Witwe den (zulässigen) Beweis des Gegenteils nicht angetreten hat, ist damit davon auszugehen, dass der Gerichtskommissär am Beginn der Tagsatzung bloß den Aktenstand dargestellt hat (arg „verwiesen wird“). Ein mündlicher Vortrag des im E‑Mail enthaltenen Verzichts durch den Rechtsanwalt der Töchter in der Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär ist dem Protokoll hingegen nicht zu entnehmen.

[39] 7.4. Insgesamt liegt damit keine wirksame Zurücknahme des Antrags auf Errichtung eines Inventars vor, sodass die Vorinstanzen zu Recht ausgesprochen haben, dass ein Inventar zu errichten ist.

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