Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
In dem am 21. 4. 1999 errichteten wechselseitigen Testament setzten einander die Ehegatten Dr. Herbert K***** und Elisabeth K***** wechselweise zu ihren Universalerben ein und beschränkten etwa vorhandene Noterben unter der Bedingung, dass der eingesetzte Erbe die Erbschaft antritt, auf den gesetzlichen Pflichtteil. Punkt IV. des wechselseitigen Testaments lautet:
"Der zuletzt Versterbende von uns setzt hiermit zu seinem Universalerben unseren Sohn Dr. Harald K***** ein und beschränkt etwa vorhandene sonstige Noterben unter der Bedingung, dass der eingesetzte Erbe die Erbschaft antritt, auf den gesetzlichen Pflichtteil.
Diese Erbseinsetzung zu Gunsten unseres Sohnes Dr. Harald K***** erfolgt hinsichtlich des unbeweglichen Nachlasses mit der Beschränkung durch die hiermit zu Gunsten der Kinder unseres Sohnes Dr. Harald K*****, Bettina K***** und Georg K***** angeordnete fideikommissarische Substitution und zwar in der Form, dass diese Kinder den unbeweglichen Nachlass entweder durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen zu gleichen Teilen (vorbehaltlich der Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes) ins Eigentum zu erhalten haben, wobei letzterenfalls das Ableben unseres Sohnes Dr. Harald K***** der Substitutionsfall ist.
Die fideikommissarische Substitution zugunsten unserer Enkelkinder Bettina K***** und Georg K***** ist nach dem zuletzt Versterbenden von uns im Grundbuch einzutragen.
Die in diesem Testamentspunkt IV. getroffenen letztwilligen Anordnungen haben auch für den Fall zu gelten, dass wir gleichzeitig versterben sollten".
Elisabeth K***** ist am 8. 10. 1999 verstorben. Der erblasserische Witwer gab zunächst die bedingte und in der Folge die unbedingte Erbserklärung ab. Er erstattete am 19. 4. 2000 vor dem Gerichtskommissär ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis, das als Nachlassaktivum unter anderem eine Liegenschaftshälfte im Wert von 2,500.000 S ausweist. Hiezu ist festgehalten, dass deren anteiliger Einheitswert 479.000 S beträgt, dass sie aber "entsprechend der mit dem erbl. Sohn Dr. Harald K***** geführten Korrespondenz ... zum Zweck der Erstattung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses und der Pflichtteilsberechnung, nicht auch zu Erbschaftssteuerzwecken", mit 2,500.000 S bewertet werde.
Der Sohn der Verstorbenen war bei dieser Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär, von der er Kenntnis hatte, nicht anwesend. Der Errichtung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses ging allerdings ein Briefwechsel des Gerichtskommissärs mit dem Sohn voraus. Daraus ergibt sich, dass der Gerichtskommissär zunächst den Ansatz des Einheitswertes und nach Ablehnung dieser Vorgangsweise seitens des Sohnes den Betrag von 2,500.000 S vorgeschlagen hatte. In seinem Antwortschreiben vom 26. 3. 2000 erklärte sich der Sohn mit der vorgeschlagenen Bewertung der Liegenschaft einverstanden (Punkt I. 1. seiner Stellungnahme). In diesem Schreiben wies er weiters unter anderem darauf hin, dass Punkt IV. Abs 1 des wechselseitigen Testaments seiner Meinung nach eine fideikommissarische Substitution zu seinen Gunsten darstelle, weshalb er im eigenen Namen sowie namens seiner Kinder die grundbücherliche Einverleibung des Substitutionsbandes hinsichtlich des gesamten unbeweglichen Nachlasses, in eventu hinsichtlich der Hälfte der Erblasserin, beantrage.
In einem weiteren Schreiben vom 14. 4. 2000 wies der Sohn der Erblasserin darauf hin, dass er zur Verlassenschaftsabhandlung nicht eigens anreisen könne. Der Ordnung halber wolle er nur noch eindeutig klarstellen, "dass die Ausführungen unter Punkt II. 1. sowie II. 3. in meinem Schreiben vom 26. 3. 2000 in ursächlichem und kausalem Zusammenhang stehen und daher nicht voneinander getrennt gesehen werden können".
Der Gerichtskommissär hielt hiezu im Protokoll über die Tagsatzung vom 19. 4. 2000 seine Ansicht fest, dass Punkt IV. des Testaments ausschließlich Anordnungen des zuletzt Versterbenden enthalte, im Verlassenschaftsverfahren nach dem zuerst Versterbenden keine Wirksamkeit entfalte und daher auch nicht zu berücksichtigen sei.
Mit sog. "Mantelbeschluss" vom 16. 5. 2000 hat das Erstgericht 1. die Umwandlung der bedingten Erbserklärung in eine unbedingte Erbserklärung durch den Witwer zur Kenntnis genommen; 2. das eidesstättige Vermögensbekenntnis mit Aktiven von 3,212.489,09 S und Passiven von 736.322,10 S, somit einem reinen Nachlass von 2,476.166,99 S der Verlassenschaftsabhandlung zu Grunde gelegt; 3. dem Witwer das freie Verfügungsrecht über einen Bausparvertrag eingeräumt, 4. den Testamentserfüllungsausweis als erbracht angesehen; 5. die Zustellung der Einantwortungsurkunde an den Gerichtskommissär zur Verbücherung angeordnet; 6. die Gebühren des Gerichtskommissärs bestimmt und dem Witwer zur Zahlung aufgetragen;
7. den Sohn hinsichtlich seines Antrages auf grundbücherliche Einverleibung des Substutitionsbandes am unbeweglichen Nachlass auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Mit Einantwortungsurkunde vom selben Tag antwortete es den gesamten Nachlass dem Witwer ein, erklärte die Verlassenschaftsabhandlung für beendet und bewilligte die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts des Witwers auf dem Hälfteanteil der Erblasserin.
Das Rekursgericht hob auf Grund des Rekurses des Sohnes, der damit die Einverleibung des Substitutionsbandes anstrebte und "in eventu" die Zugrundelegung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses (Punkt 2. des "Mantelbeschlusses") bekämpfte, die Einantwortungsurkunde sowie die Punkte 4. bis 7. des Beschlusses auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens auf. Es bestätigte den Punkt 2 des "Mantelbeschlusses" und sprach weiters aus, dass die Punkte 1. und 3. als unangefochten aufrecht blieben, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs (hinsichtlich der Bestätigung) und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof (hinsichtlich des aufhebenden Teiles) zulässig seien. Zur Klärung der hier strittigen Fragen, ob die Anordnung einer Nacherbschaft oder einer nach den §§ 707 bis 709 ABGB gleichgestellten Anordnung vorliege, seien die Beteiligten im Sinn der §§ 125 ff AußStrG unter Verteilung der Parteirollen und unter Fristsetzung auf den Rechtsweg zu verweisen. Das Abhandlungsverfahren könne erst nach Klärung dieser Fragen für beendet erklärt werden, wobei bejahendenfalls nach den §§ 158 und 174 Abs 2 Z 3 AußStrG vorzugehen sein werde. Eine amtswegige Inventarisierung und Schätzung im Sinn des § 92 Abs 2 Z 3 AußStrG sei nicht erforderlich, weil nur der Hälfteanteil an einer Liegenschaft an dritte Personen hinterlassen worden sei, nicht aber die Erbschaft oder ein verhältnismäßiger Teil der Erbschaft. Der unbewegliche Nachlass der Erblasserin stehe fest und bedürfe keiner amtswegigen Sicherung. Der Sohn könne zwar als pflichtteilsberechtigter Erbe die Inventarserrichtung gemäß § 804 ABGB verlangen, könne darauf aber auch verzichten und sich mit einem eidesstättigen Vermögensbekenntnis begnügen. Auf eine Inventarserrichtung habe der Sohn nicht ausdrücklich und mit seinem Einverständnis zur vorgeschlagenen Bewertung Bewertungsweise der Liegenschaft (Schreiben vom 26. 3. 2000) "wohl auch nicht schlüssig" verzichtet. Er habe aber vor Erlassung der Einantwortungsurkunde nie einen Antrag auf Errichtung eines Inventars gestellt. Das Neuerungsrecht des § 10 AußStrG gehe nicht so weit, dass ein solcher Antrag im Rekursverfahren nachgetragen werden könnte. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der Sohn seine Zustimmung zur Bewertung der Liegenschaftshälfte mit 2,500.000 S untrennbar von einer Einverleibung des Substitutionsbandes abhängig gemacht habe. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob der Pflichtteilsberechtigte auch noch im Rekurs gegen den "Mantelbeschluss" und die Einantwortungsurkunde eine Inventarisierung beantragen könne, fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der allein gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses gerichtete Revisionsrekurs des Sohnes ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Vorschriften der §§ 784, 804 ABGB über die Rechte des Noterben auf Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses haben den Zweck, dem Noterben eine Grundlage für die Berechnung seiner Pflichtteilsforderung zu geben. Das Inventar entfaltet keine konstitutive Wirkung, sondern ist nur Richtschnur für die Beteiligten. Neben seiner Funktion, eine Sachverhaltsgrundlage für eine einvernehmliche Aufteilung des Nachlasses zu bieten (§§ 165 ff AußStrG), kommt ihm auch Beweisfunktion zu (6 Ob 184/99y = NZ 2000, 149 = JBl 2000, 377 mwN).
Demgemäß kann der Noterbe auf die Errichtung des Inventars
verzichten. Ein derartiger Verzicht kann auch schlüssig erfolgen
(Welser in Rummel3, Rz 2 zu § 804 ABGB; RZ 1963, 137; 6 Ob 556/80 =
EFSlg 36.090, 36.091; 2 Ob 580/89 = RZ 1990/40). Hat der Noterbe auf
Inventarserrichtung und Schätzung verzichtet, kann er von diesem ihm im § 804 ABGB eingeräumten Recht nicht mehr Gebrauch machen (RZ 1963, 137; vgl auch 7 Ob 208/97g = NZ 1998, 179).
In seinem Schreiben vom 26. 3. 2000 erklärte sich der pflichtteilsberechtigte Sohn der Verstorbenen ohne Einschränkungen oder Vorbehalte mit der vom Gerichtskommissär vorgeschlagenen Bewertung der Liegenschaft einverstanden. Gegen die anderen ihm bekannt gegebenen Positionen des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses erhob er nur insoweit Einwände, als die von ihm im Zusammenhalt mit dem Begräbnis finanzierten Auslagen bei den Passiven nicht berücksichtigt worden seien. Diesem Einwand wurde in dem letztlich dem Verlassenschaftsgericht vorgelegten eidesstättigen Vermögensbekenntnis durch Aufnahme dieser Positionen, die nicht mehr Gegenstand der Auseinandersetzung sind, auf der Passivenseite entsprochen. Das Schreiben vom 26. 3. 2000 ist daher als schlüssiger Verzicht auf die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses aufzufassen, hat doch der Sohn bereits in seinem vorangehenden Schreiben vom 14. 1. 2000 mitgeteilt, dass er "nicht unbedingt auf einer formalen Schätzung bestehen würde", wenngleich er auch zum Ausdruck brachte, dass er mit der Bewertung der Liegenschaft nach dem Einheitswert nicht einverstanden sei.
Abgesehen davon, dass sich der Sohn bereits mit Schreiben vom 26. 3. 2000 seines Rechtes auf Inventarisierung und Schätzung begeben hat, ist auch seinem nachfolgenden Schreiben vom 14. 4. 2000 eine Relativierung dieses Verzichtes dahin, dass er nur im Fall der Einverleibung des Substutitionsbandes für sich und seine Kinder mit der Abstandnahme von einer Schätzung einverstanden sei, nicht zu entnehmen. Er wies in diesem Schreiben zwar darauf hin, dass "Punkt II. 1. sowie II. 3." des Schreibens vom 26. 3. 2000 in ursächlichem und kausalem Zusammenhang stünden und daher nicht voneinander getrennt werden könnten, meint damit aber wohl - wie er auch in seinem Revisionsrekurs ausführt - Punkt I. 1. und I. 3. (Punkt II. des Schreibens vom 26. 3. 2000 hat keine weiteren Unterteilungen), also den Zusammenhang eines Einverständnisses zur Liegenschaftsbewertung mit 2,5 Mio S mit der Auszahlung der Erbschaftssteuer, der - ohnehin vom Gerichtskommissär vorgeschlagenen - bücherlichen Sicherstellung des Pflichtteilsanspruches sowie der von ihm gewünschten Verzinsung des Pflichtteils im Fall der Stundung. Damit enthält dieses Schreiben sinngemäß einen Vergleichsvorschlag betreffend die Besicherung und Gesamthöhe des Pflichtteils, macht aber das Einverständnis mit der vorgeschlagenen Liegenschaftsbewertung ebensowenig wie das Schreiben vom 26. 3. 2000 von der Einverleibung des Substitutionsbandes abhängig. Seine gegenteiligen Ausführungen im Rekurs sind durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Der erstmals im Rekurs gestellte Antrag auf Schätzung der Liegenschaft ist daher unbeachtlich. Ob oder unter welchen Voraussetzungen der Antrag auf Inventarisierung und Schätzung eines Noterben, der darauf nicht verzichtet hat, noch im Rekurs gegen die Einantwortung erfolgreich sein kann, ist daher hier nicht weiter zu erörtern.
§ 92 Abs 2 Z 3 AußStrG sieht allerdings für den Fall der fideikommissarischen Substitution die amtswegige Errichtung eines Inventars vor. Läge hier ein solcher Fall vor, stünde der Verzicht der Inventarisierung und Schätzung nicht entgegen. Schon bei Zweifel, ob eine fideikommissarische Substitition vorliegt, wäre vorsichtshalber ein Inventar zu errichten (SZ 34/61). Das Rekursgericht hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht einmal der Rechtsmittelwerber selbst das Testament dahin auslegt, dass er zum Nacherben des gesamten Nachlasses der Erblasserin oder einer Nachlassquote bestimmt wurde. Er sieht vielmehr selbst seine Nachfolge nach dem zuerst versterbenden Elternteil auf die Liegenschaft beschränkt. Da nach dem eidesstättigen Vermögensbekenntnis neben der Liegenschaftshälfte auch noch andere nicht unbeträchtliche Nachlassaktiven (insbesondere ein Guthaben aus einem Bausparvertrag und ein Wertpapierdepot) vorhanden sind, sich die angeordnete Rechtsnachfolge der Enkel, aus der der Sohn seine eigene Rechtsnachfolge ableitet, ausdrücklich nur auf die Liegenschaft bezieht und im Übrigen keine Beschränkung des überlebenden Ehegatten in seiner Verfügungsmacht über den Nachlass zu erblicken ist, scheidet eine Nacherbschaft des Sohnes im Sinn einer Universalsukzession aus (vgl zur Abgrenzung von Erbschaft und Vermächtnis Welser aaO, Rz 7 zu § 535 ABGB mwN). Es kommt daher allenfalls die Auslegung im Sinn eines Nachlegats, nicht aber im Sinn einer Nacherbschaft in Frage. Auf ein Nachlegat ist § 92 Abs 2 Z 3 AußStrG aber nicht anwendbar (SZ 70/41; RIS-Justiz RS0007777). Nur bei einem Substitutionslegat über Gesamtsachen lässt die Rechtsprechung eine analoge Anwendung des § 92 Abs 2 Z 3 AußStrG zu (SZ 24/227), nicht aber dort, wo eine Liegenschaft Gegenstand des Nachlegates ist (RZ 1963, 137; SZ 70/41). In seiner Eigenschaft als (allfälliger) Nachlegatar steht daher dem Rechtsmittelwerber das Recht, die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses zu verlangen, nicht zu (RZ 1963, 137). Da er in seiner Eigenschaft als Noterbe darauf verzichtet hat, hat das Rekursgericht den "Mantelbeschluss" insoweit, als damit ausgesprochen wurde, dass das eidesstättige Vermögensbekenntnis der Nachlassabhandlung zu Grunde gelegt werde (Punkt 2), zutreffend bestätigt.
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