OGH 5Ob101/61

OGH5Ob101/6119.4.1961

SZ 34/61

Normen

AußStrG §2 Abs2 Z1
AußStrG §92 Abs2 Z3
ZPO §477 Abs1 Z3
AußStrG §2 Abs2 Z1
AußStrG §92 Abs2 Z3
ZPO §477 Abs1 Z3

 

Spruch:

Bei Zweifeln über das Vorliegen einer fideikommissarischen Substitution ist ein Inventar zu errichten.

Das Abhandlungsgericht ist nicht berechtigt, über die Auslegung des letzten Willens eine Entscheidung zu treffen; eine solche Entscheidung ist gemäß § 477 Abs. 1 Z. 3 ZPO. nichtig.

Entscheidung vom 19. April 1961, 5 Ob 101/61.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der am 5. Oktober 1960 verstorbene Ernst L. hinterließ ein Testament vom 31. Jänner 1957, mit dem er Wolfgang N. und Josefa Z. zu gleichen Teilen als Erben einsetzte und u. a. die Bestimmung traf:

"Falls Wolfgang N. heiratet und sich möglicherweise scheiden läßt, so ist er verpflichtet, die von mir geerbten Dinge als sein Eigentum zu behalten und bei einem Ehekontrakt ausdrücklich von einer eventuellen Gütergemeinschaft auszunehmen. Seiner geschiedenen Frau darf er die von mir geerbten Dinge nicht hinterlassen. Falls er sich dazu nicht verpflichtet oder vor mir stirbt, so tritt als Erbe an seine Stelle Wilhelm K., dessen Legat damit hinfällig wird." Der Miterbe Wolfgang N. gab am 21. November 1960 die Erklärung ab, sich zu verpflichten, diese Bedingung gewissenhaft zu erfüllen. Er bemerkte, daß er derzeit noch nicht verheiratet sei.

Das Erstgericht nahm die von den Erben abgegebenen unbedingten

Erbserklärungen an, erklärte deren Erbrecht als ausgewiesen und

stellte fest, Wolfgang N. sei unter einer auflösenden Bedingung als

Erbe eingesetzt worden. Es ordnete die Inventur des Nachlasses an

und war der Meinung, der Erblasser habe sich mit den Worten "......

falls er sich dazu nicht verpflichtet ......" im Ausdruck vergriffen

und offenbar gemeint "...... nicht bereit ist ......".

Die Bedingung sei, solle nicht die Absicht des Erblassers vereitelt werden, eine auflösende.

Die Erben fochten den Ausspruch, daß Wolfgang N. unter einer auflösenden Bedingung zum Erben eingesetzt sei, und die Anordnung der Inventur an.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erben nicht Folge. Die Ansicht, die dem Erben Wolfgang N. auferlegte Bedingung sei schon durch die Abgabe der Verpflichtungserklärung erfüllt, treffe nicht zu. Dem Testament sei eindeutig der Wille zu entnehmen, daß die dem Wolfgang N. zufallenden Nachlaßsachen weder zum Gegenstand einer ehelichen Gütergemeinschaft gemacht noch einer allfälligen geschiedenen Frau hinterlassen werden, sondern dessen Eigentum bleiben sollten. Sollte N. diesen Anordnungen zuwiderhandeln, sollte an seine Stelle Wilhelm K. als Erbe treten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Erben teilweise Folge und hob den vom Rekursgericht bestätigten Ausspruch des Erstgerichtes, daß Wolfgang N. unter einer auflösenden Bedingung als Miterbe eingesetzt worden sei, als nichtig auf. Im übrigen wies der Oberste Gerichtshof den Revisionsrekurs als unzulässig zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs ist nur unter den Voraussetzungen des § 16 AußStrG. zulässig.

Das Abhandlungsgericht hatte sich wohl bei der Prüfung der Frage, ob

ein Inventar des Nachlasses zu errichten ist, in der Begründung mit

der Vorfrage zu befassen, ob das Testament dahin auszulegen sei,

Wolfgang N. sei nur als Vorerbe unter einer auflösenden Bedingung

eingesetzt, und für den Fall des Eintrittes der Bedingung sei

Wilhelm K. als Nacherbe berufen. Im Zweifel, ob eine

fideikommissarische Substitution vorliegt, ist vorsichtshalber ein

Inventar zu errichten (GlU. 13.808). Das Abhandlungsgericht war

jedoch nicht berechtigt, über die Auslegung des letzten Willens

hinsichtlich einer etwaigen fideikommissarischen Substitution eine

Entscheidung zu treffen, dies umso weniger, als die Rechte des

Wilhelm K. in Frage stehen, der bisher im Verfahren nicht gehört

wurde GlU. 946, 1494, 4397; ZBl. 1935 Nr. 137). Ergibt sich über die

Frage zwischen den Beteiligten ein Streit, wäre mit einer Verweisung

auf den Rechtsweg vorzugehen (§ 125 AußStrG.). Die unheilbare

Unzuständigkeit des Abhandlungsgerichtes, die zugleich den

Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z. 3 ZPO. bildet, war aus Anlaß des Rechtsmittels wahrzunehmen, obwohl auf sie nicht ausdrücklich hingewiesen wurde (SZ. XXII 107, SZ. XXV 21).

Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Anordnung der Inventur richtet, war er zurückzuweisen, da diesbezüglich kein Anfechtungsgrund nach § 16 AußStrG. vorliegt.

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