European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133027
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Der Oberste Gerichtshof ist auch zur Auslegung von AGB‑Klauseln nicht „jedenfalls“, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RS0121516 [T3]). Das ist hier nicht der Fall. Wenn die aufgeworfenen Fragen zur Zulässigkeit von Klauseln in AGB oder in Vertragsformblättern bereits durch höchstgerichtliche Entscheidungen geklärt sind, dann werfen bloß unterschiedliche Formulierungen nicht per se eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0121516 [T27]).
1. Hauptbegehren:
[2] 1.1 § 28 Abs 1 KSchG bezieht sich auf gesetz- oder sittenwidrige Vertragsbedingungen, worunter im Kern die Kontrolle von Willenserklärungen zu verstehen ist. Dient ein Satz bloß der Aufklärung des Verbrauchers, ist er grundsätzlich unbedenklich (RS0131601). Ist ein Warnhinweis nicht dazu bestimmt, die vertragliche Beziehung zwischen der Beklagten und ihren Kunden zu regeln und hat er auf die daraus resultierenden wechselseitigen Rechte und Pflichten keinen Einfluss, ist dieser Warnhinweis von der Inhalts- und Geltungskontrolle von AGB im Rahmen des Verfahrens nach den §§ 28 f KSchG nicht umfasst (9 Ob 63/17f).
[3] 1.2 Eine sogenannte Tatsachenbestätigung ist eine widerlegbare Erklärung des Verbrauchers über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Tatsache (RS0121955). Nach der Judikatur unterliegen auch sogenannte Tatsachenbestätigungen der Klauselkontrolle, wenn sie zu einer unzulässigen Verschiebung der Beweislast oder zumindest im Ergebnis zu dieser Wirkung führen (1 Ob 57/20v; RS0121955) oder wenn es sich um völlig unklare Tatsachenbestätigungen zu Lasten des Verbrauchers handelt, die ihn von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten können (1 Ob 113/17z).
[4] 1.3 Jene Vertragsklauseln der beklagten Bank, die Tatsachenbestätigungen über die erfolgte Aufklärung über die Risiken eines Fremdwährungskredits oder über den Erhalt des formularmäßigen Informationsblatts „Risikoinformation für Fremdwährungsfinanzierungen“ enthalten, sind nicht Gegenstand des Klagebegehrens, worauf schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat.
[5] 1.4 Die vom Hauptbegehren des Klägers umfassten Teile des genannten Informationsblatts lauten:
„Währungs- (Wechselkurs-) risiko
Bei jedem Fremdwährungskredit besteht ein Wechselkursrisiko – sofern der Kreditnehmer nicht über Zahlungseingänge in der gewählten Fremdwährung verfügt.
Da der Kredit in Fremdwährung aushaftet, ändert sich der jeweilige Euro Gegenwert des Kreditbetrags entsprechend den Wechselkursschwankungen des Euros gegenüber der Kreditwährung.
Steigt der Kurs des Euros gegenüber der Kreditwährung, so sinkt der Euro‑Gegenwert der Kreditaushaftung. Für Zinszahlungen und Tilgung des Kapitalbetrages werden in diesem Fall nur geringere Euro Beträge benötigt, die Belastung wird geringer und es kann die Situation eintreten, dass Sie weniger zurückzahlen als Sie an Kapital aufgenommen haben.
Sinkt hingegen der Kurs des Euros gegenüber der Kreditwährung, so erhöht sich jedoch der Euro Gegenwert der Kreditaushaftung: Für Zinszahlungen und Tilgung des Kapitalbetrages werden dann höhere Euro Beträge benötigt, die Belastung wird für Sie höher und es kann der Fall eintreten, dass Sie mehr zurückzahlen müssen, als Sie ursprünglich an Kapital aufgenommen haben.
Die Auswirkung von Wechselkursschwankungen auf Ihre Belastung hängt auch davon ab, ob und in welcher Weise Ihnen gleichzeitig auch Einkünfte und Vermögenswerte in der gleichen Währung zur Verfügung stehen. So können Erträgnisse aus Veranlagungsprodukten, welche in der für den Kredit gewählten Währung zufließen, dazu beitragen, die Effekte von Wechselkursschwankungen zu mindern.“
[6] Diese Textpassagen enthalten lediglich allgemeine Erklärungen der beklagten Partei über die Risiken eines Fremdwährungskredits. Der Kreditnehmer erklärt oder bestätigt darin nichts, auch nicht die erfolgte Aufklärung. Gegenteiliges behauptet auch der Revisionswerber nicht.
[7] Die Ansicht des Berufungsgerichts, die den Gegenstand des Hauptklagebegehrens bildenden Teile des Informationsblatts gestalteten weder den Vertragsinhalt noch beeinflussten sie als Tatsachenbestätigung die Rechtsposition des Kreditnehmers, weshalb eine Inhaltskontrolle ausscheide, findet Deckung in der erörterten Rechtsprechung.
2. Eventualbegehren:
[8] 2.1 Die vom Kläger in seinem Eventualbegehren beanstandete Klausel
„Fremdwährungskredite sind effektiv, das heißt, in der Währung zurückzuzahlen, in der sie das Kreditinstitut gegeben hat.“
in Z 75 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei war bereits Gegenstand der Entscheidung 6 Ob 228/16x (Klausel 21a). Der Oberste Gerichtshof sprach dazu aus, dass diese Klausel weder intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG) sei, noch den Kunden gröblich benachteilige (§ 879 Abs 3 ABGB). Auf diese Rechtsansicht verwies der Oberste Gerichtshof auch jüngst in seiner Entscheidung 1 Ob 93/21i Rz 30. In der Entscheidung 8 Ob 37/20dsprach der Oberste Gerichtshof überdies aus, dass der Kreditnehmer bei einem von einer österreichischen Bank vergebenen Fremdwährungskredit seine Zahlungsverpflichtungen grundsätzlich in der Fremdwährung tätigen muss und auch durch die Ersetzungsbefugnis des Kreditnehmers nach § 907b Abs 1 ABGB das Schuldverhältnis nicht inhaltlich dahin umgestaltet wird, dass die Fremdwährungsschuld auf Euro lautet (ErwGr II.3 ff und III.1). Die alleinige Tragung des Wechselkursrisikos durch den Kreditnehmer entspricht somit der dispositiven Rechtslage. Weiters wurde ausgesprochen, dass der typische, nicht juristisch geschulte Kunde weiß, dass er bei einem Fremdwährungskredit – laienhaft ausgedrückt – einen bestimmten Fremdwährungsbetrag bei der Bank ausgeliehen hat und dessen Rückzahlung zuzüglich Zinsen schuldet (8 Ob 37/20d [ErwGr III.3]; idS auch 6 Ob 154/21x Rz 1).
[9] 2.2 Zur behaupteten Intransparenz der im Eventualbegehren ebenfalls beanstandeten Klausel in 4.2 des „Fremdwährungskreditanbots“ der beklagten Partei mit dem Wortlaut
„Die Rückführung des Kredits zu den oben angeführten Stichtagen, umgerechnet zum jeweiligen Briefkurs auf Basis Bank Fixing, hat zulasten Ihres Kontos […] zu erfolgen, [...]“
verweist der Revisionswerber lediglich auf die Zusammenschau mit der obgenannten „Effektivklausel“ und dem Informationsblatt „Risikoinformation für Fremdwährungsfinanzierungen“ (dazu sogleich).
[10] 2.3 Die Auslegung des Art 4 Abs 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl 1993, L 95, S 29), der im Übrigen lediglich die ausnahmsweise vorzunehmende Missbrauchskontrolle von Klauseln über den Hauptgegenstand des Vertrags betrifft, durch den EuGH (C‑186/16 Andriciuc; C‑51/17 OTP Bank und OTP Faktoring ua) erfordert nicht, dass sich gerade in den Klauseln selbst die Hinweise für den Verbraucher finden müssen, nach denen er nicht nur die Möglichkeit einer Auf‑ oder Abwertung der Fremdwährung erkennen, sondern auch die – möglicherweise erheblichen – wirtschaftlichen Folgen einer Fremdwährungsschuld für seine finanziellen Verpflichtungen einschätzen kann. Der EuGH stellte dazu vielmehr auf den Inhalt der individuellen Aufklärung des Verbrauchers im betreffenden Einzelfall ab.
[11] 2.4 Das Berufungsgericht hat ohnehin den Wortlaut des Informationsblatts „Risikoinformation für Fremdwährungsfinanzierungen“ (siehe Punkt 1.4) in seine Beurteilung miteinbezogen, aus dem (vom Kläger unbeanstandet) auch hervorgeht, dass sich die beklagte Partei in den Kreditverträgen für den Fall einer einen vereinbarten Schwellwert überschreitenden negativen Entwicklung des Eurokurses unter anderem Ansprüche auf vorzeitige Teilrückführungen oder zusätzliche Sicherheiten vorbehalten hat.
[12] 2.5 Mit seiner Ansicht, auch in Zusammenschau mit dem Informationsblatt der beklagten Partei ergebe sich keine Intransparenz der beanstandeten Klauseln iSd § 6 Abs 3 KSchG wegen einer Verschleierung der wirtschaftlichen Folgen der Fremdwährungsschuld, hält sich das Berufungsgericht im Rahmen der erörterten Rechtsprechungsgrundsätze.
[13] 3. Da der Oberste Gerichtshof die Beantwortung der Revision nicht freigestellt hat, war die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Für diese steht daher kein Kostenersatzanspruch zu (RS0043690 [T6, T7]).
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