OGH 2Ob179/18i

OGH2Ob179/18i28.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L* A*, vertreten durch MMMag. Dr. Franz Josef Giesinger Rechtsanwalt GmbH in Götzis, gegen die beklagte Partei Fachverband der Versicherungsunternehmungen, Schwarzenbergplatz 7, Wien 3, vertreten durch Tramposch & Partner Rechtsanwälte KG in Innsbruck, wegen zuletzt 122.412,12 EUR sA, Feststellung (Streitwert: 5.000 EUR) und Rente (Streitwert: 46.980 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Juni 2018, GZ 2 R 78/18i‑106, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 10. März 2018, GZ 7 Cg 60/13p‑99, teilweise abgeändert wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E124853

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Aussprüche zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 111.344,26 EUR samt 4 % Zinsen aus 12.406,96 EUR vom 5. 3. 2013 bis 24. 5. 2013 und aus 14.395,18 EUR vom 7. 4. 2013 bis 24. 5. 2013, aus 20.621,32 EUR vom 25. 5. 2013 bis 26. 8. 2013, aus 30.451,94 EUR vom 27. 8. 2013 bis 1. 7. 2016 aus 34.251,94 EUR vom 2. 7. 2016 bis 5. 7. 2017, aus 100.194,08 EUR vom 6. 7. 2017 bis 23. 10. 2017 und aus 111.343,26 EUR seit 24. 10. 2017 zu bezahlen.

2. Das Mehrbegehren von 3.797,86 EUR samt 4 % Zinsen aus 3.061,24 EUR vom 7. 4. 2013 bis zur Klagszustellung, aus 17.100,62 EUR von Klagszustellung bis 13. 1. 2015, aus 19.930,04 EUR vom 14. 1. 2015 bis 1. 7. 2016, aus 19.929,88 EUR vom 2. 7. 2016 bis 20. 11. 2016, aus 20.379,88 EUR vom 21. 11. 2016 bis 5. 7. 2017, aus 1.056,24 EUR vom 6. 7. 2017 bis 23. 10. 2017 und aus 3.797,86 EUR seit 24. 10. 2017 zu bezahlen, wird abgewiesen.

3. a) Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für sämtliche zukünftige Schäden aus dem Unfall vom 10. 1. 2013 auf dem Firmengelände der L* GmbH in *, bei dem R* B* die Klägerin mit dem von ihm gelenkten Gabelstapler der Marke * niederstieß und schwer verletzte, zu haften hat, wobei die Haftung mit der gesetzlichen Mindestversicherungssumme nach dem KHVG begrenzt ist.

b) Das darüber hinausgehende Feststellungsbegehren einer über die gesetzliche Mindestversicherungssumme nach dem KHVG hinausgehenden unbegrenzten Haftung wird abgewiesen.

4. a) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei ab 1. 11. 2017 eine monatliche Rente von 1.255,47 EUR zu bezahlen, wobei die bis zur Rechtskraft des Urteils fällig werdenden Beträge binnen 14 Tagen, die künftig fälligen Rentenbeträge bis Ende eines jeden Monats zu zahlen sind.

b) Das darüber hinausgehende Begehren auf Wertsicherung der Rentenzahlung wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten erster und zweiter Instanz bleibt dem Endurteil vorbehalten.“

Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die mit 2.920,86 EUR (darin enthalten 248,31 EUR USt und 1.431 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde als Radfahrerin bei einem Unfall am 10. 1. 2013 auf dem eingezäunten Betriebsareal der L* GmbH verletzt. Den vormaligen Erstbeklagten trifft als Lenker eines Gabelstaplers das Alleinverschulden. Die Beklagte haftet nach dem VOEG (2 Ob 112/15g).

Die Klägerin begehrt unter anderem Schadenersatz für unfallbedingte Einschränkungen in der Haushaltsführung im Zeitraum vom 10. 1. 2013 bis 24. 10. 2017 in Höhe von 84.310,80 EUR und ab 1. 11. 2017 laufend als wertgesicherte monatliche Rente im Ausmaß von 1.255,47 EUR. In dritter Instanz ist nur noch jener Anteil strittig, der auf die für den Schwager der Klägerin erbrachten Haushaltsleistungen entfällt. Dazu brachte die Klägerin vor, sie betreue seit Jahren ihren geistig schwer behinderten Schwager, der mit ihr und ihrem Ehemann im gemeinsamen Haushalt lebe. Der Schwager erhalte Pflegegeld der Stufe 2. Das Pflegegeld sei nicht in Abzug zu bringen, da es sich um eine öffentliche Leistung mit Fürsorgecharakter handle, die nicht den Schädiger entlasten solle.

Der beklagte Verband bestritt und wendete ein, der Verlust der Fähigkeit, den Schwager unentgeltlich zu betreuen, sei nicht ersatzfähig. Der Schwager gehöre nicht zu den unterhaltsberechtigten Personen. Es handle sich um einen mittelbaren Drittschaden des Schwagers. Das Pflegegeld sei anzurechnen.

Das Erstgericht sprach der Klägerin die Haushaltsführungskosten samt dem auf den Schwager entfallenden Anteil sowie die begehrte Rente in voller Höhe wertgesichert zu.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus stellte es fest, dass die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann und ihrem geistig behinderten, pflegebedürftigen Schwager, der zudem starker Alkoholiker ist, in einem 160 m² großen Haus lebt. Darin befinden sich drei Badezimmer, die täglich genützt werden. Zudem ist auf der Liegenschaft ein 800 m² großer Obst- und Ziergarten samt Kartoffelacker und Gemüsebeet angelegt. Die Klägerin führt den Haushalt überwiegend allein. Ihr Ehemann hilft nur in geringfügigem Umfang bei der Reinigung, der Essenszubereitung und der Gartenpflege, das Heizen, die Schneeräumung, Rasen- und Parkplatzpflege übernimmt er allein. Der Schwager reinigt nur seinen Essplatz und sein Geschirr selbst. Die Klägerin unterstützt ihren Schwager auch bei der Körperpflege und -reinigung. Er erhält ein Pflegegeld von etwa 300 EUR monatlich, das er ihr für seine Pflege übergibt.

Der Haushaltsaufwand der Klägerin beträgt jährlich 2.684 Stunden, wovon 464 Stunden auf den Schwager entfallen.

Die Klägerin war in der Haushaltsführung nach dem Unfall für vier Wochen zu 100 %, für vier Wochen zu 50 % und für weitere vier Wochen zu 25 % und nach drei unfallbedingten Operationen jeweils für vier Wochen zu 100 % und für weitere sechs Wochen zu 50 % eingeschränkt. Auf Dauer kann die Klägerin 37,5 % der in ihrem Haushalt anfallenden Arbeitsstunden nicht mehr leisten.

Vom Unfall am 10. 1. 2013 bis zum 31. 12. 2016 betrug der benötigte „Fremdhilfeaufwand“ unter Berücksichtigung der Haushaltsleistungen für den Schwager insgesamt 4.801 Stunden, ohne diese 3.967 Stunden. Für jedes weitere Jahr, in dem die medizinischen Einschränkungen gleich sind, fällt einschließlich der Leistungen für den Schwager ein „Fremdhilfeaufwand“ von 1.007,4 Stunden, ohne diese ein solcher von 832 Stunden an.

Das Erstgericht erachtete einen Stundensatz von 15 EUR für angemessen und ging rechtlich davon aus, dass der Klägerin Ersatz für die fiktiven Haushaltshilfekosten einschließlich des auf den Schwager entfallenden Aufwands gebühre, zumal auch der Schwager zum von der Klägerin geführten Haushalt gehöre. Die der Klägerin zustehenden Haushaltshilfekosten errechneten sich daher bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 24. 10. 2017 mit 84.145,20 EUR. Für die Zukunft stehe der Klägerin eine monatliche Hausfrauenrente in Höhe von 1.255,47 EUR zu.

Das Berufungsgericht erließ ein Teilurteil, in dem es den Zuspruch an Haushaltshilfekosten im Kapital um den auf den Schwager entfallenden Anteil von 14.483 EUR sA sowie in der Rente um jenen von 215,47 EUR verminderte. Das Begehren auf Wertsicherung wies es zur Gänze ab. In Bezug auf Heilungskosten im Betrag von 7.270 EUR sA hielt das Berufungsgericht eine Sachverhaltsergänzung für nötig und hob das erstgerichtliche Urteil insoweit auf.

Die Haushaltsführung sei – wie sich aus §§ 94, 231 ABGB ergebe – Teil der gesetzlichen Unterhaltspflicht. Ein Ersatzanspruch für die Minderung der Erwerbsfähigkeit eines Haushaltsführers komme nur insoweit in Betracht, als die Haushaltstätigkeit entweder der Befriedigung eigener Bedürfnisse oder jener Personen, denen gegenüber eine gesetzliche Unterhaltspflicht bestehe, diene.

Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Pflegegeld, das der Schwager beziehe, auf den Haushaltsführungsschaden anzurechnen sei, erübrige sich mangels Ersatzanspruchs der Klägerin.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der den Haushalt führende Geschädigte auch „für die Einschränkung von Haushaltsleistungen Ersatz verlangen kann, die er gegenüber im Haushalt lebenden Personen erbringt, denen gegenüber er jedoch nicht unterhaltspflichtig ist“.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Ziel einer Klagsstattgebung auch im Umfang der auf den Schwager entfallenden Haushaltshilfekosten von weiteren 14.482,80 EUR (insgesamt daher richtig: 111.344,26 EUR) sA; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Abweisung eines (weiteren) Teilbegehrens von 0,20 EUR blieb ebenso wie jene des Wertsicherungsbegehrens unbekämpft.

Der beklagte Verband beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zur Klärung der Rechtslage zulässig; sie ist auch berechtigt.

1. Nach § 1325 ABGB haftet der Verursacher einer Körperverletzung unter anderem für „den entgangenen, oder wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig wird, auch den künftig entgehenden Verdienst“.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit einer haushaltsführenden Person ist ersatzfähig, wobei die Einstellung einer Ersatzkraft nicht nötig ist; auch fiktive Haushaltsführerrenten werden zuerkannt (RIS‑Justiz RS0030606 [T1], RS0030922 [T2]; Reischauer in Rummel, ABGB3 II/2b § 1325 Rz 39; Danzl in KBB5 § 1325 Rz 24). Der Schaden entsteht bereits durch den Verlust oder die Beeinträchtigung der Arbeitskraft in allen Bereichen, in denen der Verletzte nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge seine Arbeitskraft eingesetzt hätte (2 Ob 191/07p). Soweit die Haushaltstätigkeit der Befriedigung eigener Bedürfnisse der Verletzten dient, steht die Entschädigung aus dem Titel der vermehrten Bedürfnisse zu (RIS‑Justiz RS0087380; vgl auch RS0087381, RS0030784), ansonsten liegt der Schaden bei Verlust oder der Erschwerung der Fähigkeit, einen Haushalt zu führen, im Verlust oder der Beeinträchtigung der Arbeitskraft (2 Ob 191/07p; 2 Ob 221/06y je mwN; vgl auch RIS‑Justiz RS0108904 [T1]). Er gehört damit zum sogenannten „Erwerbsschaden“ und begründet einen Anspruch auf Entschädigung für konkreten Verdienstentgang (2 Ob 221/06y mwN; 7 Ob 14/10z; RIS‑Justiz RS0030606 [T1], RS0087381; Reischauer in Rummel, ABGB3 II/2b § 1325 Rz 39; vgl auch Karner, Aktuelle Entwicklungen der Ersatzpflicht bei Personenschäden, ZVR 2016, 112 [115]).

2. Im einschlägigen Schrifttum haben sich (überwiegend deutsche) Autoren mit der zu lösenden Rechtsfrage befasst:

Ob der Haushaltsführer durch seine Tätigkeit eine familienrechtliche Verpflichtung erfüllt oder den Haushaltsmitgliedern gegenüber zur Leistung von (Natural-)Unterhalt verpflichtet ist, ist nach Ch. Huber (Fragen der Schadensberechnung2 [1995] 501 f; ders, Neuere Entwicklungen beim Personenschaden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Deutschlands und Österreichs, HAVE 2010, 253 [263 f] mit Hinweis auf die zunehmende Anzahl von Patchwork-Familien; vgl auch Karner/Wallner-Friedl, Liability for Loss of Housekeeping Capacity in Austria, in Karner/Oliphant, Loss of Housekeeping Capacity [2012], Austria, Rz 31) nicht von Bedeutung (aA Reischauer in Rummel³ II/2b § 1325 Rz 39).

Zoll (Entwicklungen im Personenschadensrecht, r + s 2011, 133 [139 f]), hält – bei vergleichbarer Rechtslage in Deutschland – ebenfalls den Verweis auf die gesetzliche Unterhaltspflicht nicht für überzeugend, stellt jedoch bei einer Lebensgemeinschaft darauf ab, ob die Haushaltsführung aufgrund entsprechender Absprache zum Ausgleich wirtschaftlicher Gegenleistung erfolgt. Eine solche Absprache sei schon dann anzunehmen, wenn das Zusammenleben einverständlich so gehandhabt werde. Bestehe also die Lebensgemeinschaft in einer echten Wirtschaftsgemeinschaft, sei in der Haushaltsführung für den Partner für die Dauer des Bestehens der Lebensgemeinschaft eine geldwerte Verwendung der eigenen Arbeitskraft zu sehen.

Auch Pardey (Der Haushaltsführungsschaden9 [2018], 112) betont ausdrücklich, dass für den „Hausarbeitsschaden“ auf das Bestehen einer Unterhaltspflicht „entgegen einer verschiedentlich als herrschend bezeichneten und obergerichtlich derzeit favorisierten Meinung“ nicht abgestellt werden dürfe (idS etwa auch BGH VersR 1974, 1016). Die Meinung Zolls anerkennt er als „gewissen Kompromiss“, der Trennlinien zu bloßen Wohnungsgemeinschaften mit zufälligem Zusammenleben ermöglicht bei denen es nur zu immateriellen Nachteilen wegen Belastung der Lebensgemeinschaft kommen kann (vgl auch Pardey in Geigel, Der Haftpflichtprozess27 Kap 4 Rn 149).

3. Die vom Obersten Gerichtshof entschiedenen Fälle des Haushaltsführungsschadens betrafen zumeist den Haushalt einer Kernfamilie führende Ehefrauen und Mütter (vgl 2 Ob 221/06y; RIS‑Justiz RS0030922). Bereits in der Entscheidung 3 Ob 403/60 JBl 1961, 419 = ZVR 1961/315 wurde aber auch ein Ersatzanspruch infolge Beeinträchtigung einer nicht im Familienrecht wurzelnden Haushaltsführung für den Lebensgefährten bejaht, weil die Verletzte während der Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft ihren Unterhalt durch die Haushaltsführung bestritten habe. Weiters wurde in der Entscheidung 8 Ob 86/85 ein Anspruch der geschädigten Haushaltsführerin für den weitgehenden Verlust der Fähigkeit zur Führung eines Haushalts, dem auch die Schwiegermutter und ein selbsterhaltungsfähiger Sohn angehörten, ungeschmälert bejaht.

4. Im vorliegenden Fall versorgte die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls einen Drei‑Personen‑Haushalt, dem auch der ihr gegenüber nicht unterhaltsberechtigte, geistig behinderte, pflegebedürftige und alkoholkranke Schwager der Klägerin angehört. Zu einer „wirtschaftlichen Gegenleistung“ für die Haushaltsführung ist er nicht in der Lage, er reinigt nur seinen Essplatz und sein Geschirr. Allerdings besteht auch keine bloß zufällige Wohn‑ oder Wirtschaftsgemeinschaft. Die getroffenen Feststellungen sind vielmehr insgesamt dahin zu deuten, dass schon vor dem Unfall wenigstens stillschweigendes Einvernehmen zwischen allen Beteiligten über die dauerhafte Haushaltszugehörigkeit und ‑versorgung des Schwagers bestand.

Auch die Haushaltstätigkeit der Klägerin für den Schwager ist sinnvolle Verwertung der eigenen Arbeitskraft, deren wirtschaftlicher Erfolg sich darin äußert, dass die notwendigen Dienstleistungen nicht durch Dritte erbracht werden müssen. Für die Ersatzfähigkeit des daraus resultierenden Verdienstentgangs der Klägerin kommt es daher nicht darauf an, zu welchem Ausmaß von Haushaltstätigkeiten sie familienrechtlich verpflichtet gewesen wäre, sondern nur darauf, welche Tätigkeiten sie ohne den Unfall auch künftig geleistet hätte (vgl BGH VersR 1974, 1016). Hingegen ist die Ersatzfähigkeit dieses Verdienstentgangs von einer allfälligen Gegenleistung für die Arbeitskraft unabhängig (vgl 2 Ob 56/95; 2 Ob 208/75 SZ 48/119; 2 Ob 367/67 SZ 41/58; Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1325 Rz 39; Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 1325 Rz 16). Somit kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin für ihre Arbeitsleistung von ihrem Schwager ein Entgelt erhält.

Haben daher Eheleute ihren Haushalt – wie hier aufgrund der Feststellungen über die Wohnsituation evident – einvernehmlich und dauerhaft so gestaltet, dass dort auch ein nicht unterhaltsberechtigter Angehöriger mitversorgt wird, ist im Fall der Verletzung der haushaltsführenden Person auch der auf diesen Haushaltsangehörigen entfallende Anteil des Schadens zu ersetzen.

5. Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden handelt es sich – entgegen der Ansicht des beklagten Verbandes – auch nicht um einen Drittschaden, weil der im Verlust der Arbeitskraft bestehende Primärschaden ausschließlich bei der Klägerin eingetreten ist.

6. Auch der Rechtsansicht des Beklagten, dass das vom Schwager bezogene Pflegegeld auf den Haushaltsführungsschaden anzurechnen sei, ist nicht zu folgen:

Zwar hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass das Pflegegeld nicht nur zum Anspruch auf Ersatz von Pflegeaufwendungen, sondern auch zum Anspruch auf Ersatz der Haushaltshilfekosten wegen unfallbedingter Unfähigkeit zur Führung des Haushalts sachlich kongruent ist (vgl 2 Ob 150/04d; 10 Ob 34/10p; RIS‑Justiz RS0087380 [T1]). Dies gilt aber nur in Bezug auf die Unfähigkeit zur Führung des eigenen Haushalts und nur, wenn die Pflegegeld beziehende Person auch die geschädigte Person ist, weil nur dann und insoweit die Ansprüche auf den Träger der Pflegegeldleistung übergehen (vgl 10 Ob 34/10p). Soweit die Führung des Haushalts für andere Haushaltsangehörige beeinträchtigt ist, besteht dagegen keine Kongruenz, auch wenn der Geschädigte selbst – anders als hier – der Pflegegeldbezieher wäre (2 Ob 150/04d).

Nach den Feststellungen hat der Pflegegeld beziehende Schwager dieses der Klägerin für seine Pflege zukommen lassen. Dass er es auch für die Haushaltsführung gegeben hätte, steht dagegen nicht fest. Eine Anrechnung kommt daher schon deshalb nicht in Frage.

7. Den Verjährungseinwand des Beklagten hat das Berufungsgericht in nicht korrekturbedürftiger Weise erledigt.

8. Es war daher das angefochtene Teilurteil wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern. Dabei wurden sinnstörende (offenkundige) Schreibfehler in den beiderseits unbekämpften Aussprüchen über das Zinsenbegehren korrigiert.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO (RIS‑Justiz RS0035972).

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