European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E122048
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Das als außerordentliche Revision zu behandelnde Rechtsmittel wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der weit zu verstehende Begriff der „Geschäftsräumlichkeit“ iSd § 1 Abs 1 MRG wird durch den Vertragszweck bestimmt (4 Ob 125/17m mwN; RIS‑Justiz RS0110398, RS0044863). Es ist demnach nicht entscheidend, in welcher Art ein Raum nach dem Abschluss des Mietvertrags tatsächlich verwendet wird; maßgeblich ist, zu welchem Zweck er nach der Parteienabsicht bei Vertragsabschluss in Bestand gegeben bzw genommen wurde (2 Ob 80/13y; 4 Ob 125/17m; RIS‑Justiz RS0066884). Die geschäftliche Tätigkeit selbst muss nicht unmittelbar im betreffenden Objekt ausgeübt werden, es genügt, wenn das Objekt diesen geschäftlichen Zwecken dient (5 Ob 120/10y mwN; 4 Ob 125/17m).
2. Die klagende Marktgemeinde vermietete mit Vertrag vom 1. 3. 1989 die von ihr errichtete Aufbahrungshalle samt Nebenräumen an einen Bestattungsunternehmer, den Vater der Beklagten (und nunmehrigen Unternehmensinhaberin). Das Bestandobjekt besteht aus zwei Gebäuden, die durch einen überdachten Durchgang verbunden sind. Im nördlichen Teil befindet sich die eigentliche Aufbahrungshalle, im südlichen Teil liegen die Nebenräume. Laut § 2 des Mietvertrags hat der Mieter pro Aufbahrung eine bestimmte Gebühr an den Vermieter zu entrichten. In § 4 erklärte sich der Mieter damit einverstanden, für jede Aufbahrung einen schriftlichen Auftrag anzunehmen und ihn auf Verlangen der Vermieterin vorzulegen.
3. Angesichts dieser Umstände sollte das Bestandobjekt nach der Absicht der Vertragsparteien unzweifelhaft den geschäftlichen Zwecken des Bestattungsunternehmens dienen, ist doch die Aufbahrung wesentlicher Teil der den Kunden des Unternehmens geschuldeten Leistungen. Dem Berufungsgericht ist daher keine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen, wenn es die Aufbahrungshalle samt Nebenräumen als „Geschäftsräumlichkeit“ iSd § 1 Abs 1 MRG beurteilt hat.
4. Die klagende Partei stellt in ihrer Revision zu Recht nicht mehr in Frage, dass zufolge der Übergangsbestimmung des § 49d Abs 2 Satz 1 MRG der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG auf den vor dem 1. 1. 2002 geschlossenen Bestandvertrag nicht anzuwenden ist (7 Ob 70/07f). Ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Übergangsbestimmung werden vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt.
5. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der geltend gemachte Kündigungsgrund (öffentliches Interesse) sei kein wichtiger iSd § 30 Abs 1 und 2 MRG, bleibt in der Revision unbekämpft. Die von der klagenden Partei erstmals gewünschte Prüfung, ob nicht ein Pachtverhältnis vorliege, muss schon daran scheitern, dass sie sich auf ein solches nicht gestützt hat. Den Hinweis des Berufungsgerichts auf ihre diesbezügliche Behauptungs‑ und Beweislast lässt sie unwidersprochen. Statt dessen vertritt sie auch in der Revision weiterhin den Standpunkt, dass das Bestandverhältnis als Mietverhältnis zu qualifizieren sei.
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